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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 7 K 4695/04
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

7 K 4695/04

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte die Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung 2001 mit einem Vorsteuerüberschuss von ......... DM zu Recht verweigert hat.

Der Kläger errichtete in ................., ............. .., ein neues Wohnhaus mit drei 3 Wohnungen. Nachdem das Gebäude am .......2002 bezugsfertig geworden war, vermietete er ab dem 01.10.2002 zwei Wohnungen zu Wohnzwecken, die dritte Wohnung nutzen der Kläger und seine Ehefrau seit dem 01.09.2002 selbst. Diese selbstgenutzte Wohnung entspricht 38% der Gesamtwohnfläche. Diesbezüglich gewährte der Beklagte auf entsprechenden Antrag eine Eigenheimzulage.

Für das Streitjahr 2001 reichte der Kläger eine Umsatzsteuererklärung ein, mit welcher er im Hinblick auf die selbstgenutzte Wohnung einen - der Höhe nach unstreitigen - Vorsteuerüberhang von insgesamt ......... DM geltend machte.

Mit Bescheid vom .......2003 verweigerte der Beklagte die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO unter Hinweis auf die seinerzeit nach Abschn. 24c Abs. 7 UStR 2000 anzuwendende Rechtslage, weil die private Verwendung eines im übrigen unternehmerisch genutzten Gebäudes einer nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfreien Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ) ohne Optionsmöglichkeit gleichzustellen sei.

Den gegen den Ablehnungsbescheid vom ........2003 eingelegten Einspruch begründete der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH im Verfahren Seeling (Urteil vom 08.05.2003 C-2691/00, BFH/NV Beilage 2003, 157) sowie auf die Folgeentscheidung des BFH (Urteil vom 24.07.2003 V R 39/99, BStBl II 2004, 371). Danach sei die bisher vertretene Rechtsaufassung der Finanzverwaltung unzutreffend.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom .......2004 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass er das Dreifamilienhaus insgesamt seinem Unternehmensvermögen zugeordnet habe. Soweit er das Haus steuerfrei vermietet habe, scheide ein Vorsteuerabzug (in Höhe von 62 %) nach § 15 Abs. 2 UStG aus. Die Selbstnutzung sei Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen, so dass ihm der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten insoweit (38%) zustehe.

Die Auffassung des Beklagten, die in der Literatur bestritten werde, führe zu dem Ergebnis, dass dem Unternehmer kein Vorsteuerabzug zustehe, da keine unentgeltliche Wertabgabe vorliege, weil dem Unternehmer kein Vorsteuerabzug zu gewähren sei. Die Versagung des Vorsteuerabzuges werde somit mit der Versagung des Vorsteuerabzuges begründet. Dies sei ein unzulässiger Ringschluss.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung 2001 zu erteilen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.

Ergänzend trägt er unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 13.04.2004, BStBl I 2004, 469 vor, dass der geltend gemachte Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei, weil die entsprechende Eigennutzung der Wohnung als unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG nicht steuerbar sei. Der Kläger habe originär keine steuerpflichtigen Umsätze im Zusammenhang mit der Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes ausgeführt. Der "Ersatztatbestand" der unentgeltlichen Wertabgabe solle ohne steuerpflichtige Grundgeschäfte nicht in den Vorsteuerabzug führen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung des Klägers verweigert. Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf diese Zustimmung. Denn der geltend gemachte Vorsteueranspruch steht dem Kläger materiellrechtlich nicht zu.

Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch zu eigenen Wohnzwecken nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude _ einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils _ entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen (EuGH-Urteil vom 08.05.2003 Rs. C-269/00, BFH/NV Beilage 2003, 157, Rn. 40 bis 44). Dies führt vorliegend dazu, dass der Kläger als Unternehmer grundsätzlich das gesamte Gebäude seinem Unternehmensvermögen zuordnen konnte.

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG in Höhe von 62% ausgeschlossen ist, weil der Kläger zwei Wohnungen umsatzsteuerfrei vermietet und insoweit steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12a UStG erzielt.

Der Vorsteuerabzug in Höhe von 38% für den selbstgenutzten Teil des Gebäudes kommt entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Kläger verwendet seine Eingangsleistungen - die Bauleistungen - nicht für die Erbringung von besteuerten Umsätzen. Dies ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG i.V. mit Art. 17 Abs. 2 6.MwSt-RL jedoch erforderlich.

Ein besteuerter Umsatz folgt im Streitfall auch nicht aus § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG in Form einer unentgeltlichen Leistungsabgabe aus dem Unternehmensvermögen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Danach werden einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden u.a. gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Diese Regelung, die insoweit wörtlich mit Art. 6 Abs. 2 lit. a 6. MwSt-RL übereinstimmt, ist als Vorsteuer-Korrekturvorschrift anzusehen (Nieskens, UR 2005, 57, 64; Dziadkowski, IStR 2004, 602), die einen unbelasteten Endverbrauch vermeiden soll (Martin/Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 603). Deshalb entscheidet sich die Anwendung dieser Vorschrift auch danach, dass der verwendete Gegenstand zuvor zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Logisch vorrangig ist somit die vorherige Vorsteuerabzugsberechtigung. Denn ohne einen vorherigen Vorsteuerabzug, der aufgrund der nachfolgenden außerunternehmerischen Verwendung teilweise zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist, besteht nicht das Bedürfnis nach einer Korrektur. Dieser Rechtsgedanke wird auch in der Rechtsprechung des EuGH zumindest angedeutet, wonach die Vorsteuerabzugsberechtigung nur dann besteht, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, vorhanden ist (EuGH-Urteil vom 22.02.2001 Rs. C-408/98 - Abbey National -, BFH/NV Beilage 2001, 48). Ein derartiger Ausgangsumsatz ist beim Kläger nicht vorhanden. Denn die auf den eigengenutzten Teil des Gebäudes rechnerisch entfallenden Bauleistungen berechtigen nicht zum (teilweisen) Vorsteuerabzug. Der Kläger erbringt mit ihnen keine besteuerten Ausgangsumsätze. Andere Ausgangsumsätze als die - steuerfreien und den Vorsteuerabzug ausschließenden - Vermietungsleistungen hat der Kläger nicht erbracht. Die private Verwendung der Wohnung durch den Kläger und seine Ehefrau ist wegen der o.g. logischen Nachrangigkeit nicht als Ausgangsumsatz in diesem Sinne anzusehen. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht auf das EuGH-Urteil in der Sache Tijmens ((Urteil vom 14.07.2005 C-434/03, BFH/NV Beilage 2005, 328) berufen. Denn in diesem Verfahren wurden durch die kurzfristige Vermietung von Ferienbungalows steuerpflichtige Ausgangsumsätze erbracht.

Dieses Verständnis des Gesetzes folgt nach Auffassung des Senats auch aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG i.V. mit Art. 6 Abs. 2 lit. a 6. MwSt-RL. Denn nach diesen Vorschriften liegt eine steuerbare außerunternehmerische Verwendung nur vor, wenn der verwendete Gegenstand zum Vorsteuerabzug berechtigt "hat". Damit bringt das Gesetz eindeutig zum Ausdruck, dass entsprechende andere Umsätze als der Verwendungsumsatz zuvor vorhanden sein müssen. Der Vorsteuerabzug ist damit Tatbestandsvoraussetzung und nicht die Rechtsfolge des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Bei Erbringung nur steuerfreier Ausgangsumsätze kann die Verwendung eines Teils des Unternehmensvermögens zu außerunternehmerischen Zwecken somit nicht den Vorsteuerabzug eröffnen. Das Gesetz geht in Übereinstimmung mit europäischem Recht - unausgesprochen - davon aus, dass in den Genuss des Vorsteuerabzugs nicht solche Unternehmer kommen sollen, die keine steuerpflichtigen Leistungen erbringen, sondern nur unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG tätigen.

Der vom Senat vorgenommenen Auslegung des Gesetzes folgt die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur (Martin/Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 610; Weimann, Umsatzsteuer - national und international, § 3 Anm. 2.5; Schmidt, DB 2004, 897; Huschens, INF 2004, 498; Dziadkowski, IStR 2004, 602; Nieskens, UR 2005, 57; wohl auch Lehr, DStR 2004, 899; a.A. Hegemann/Querbach, Stbg 2004, 349; König, DStR 2004, 1072). Auch das BMF hat sich der vorliegend vertretenen Ansicht angeschlossen (Schreiben vom 13.04.2004, BStBl I 2004, 469; Abschn. 24c Abs. 7 UStR 2005).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).



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