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Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 7 K 97/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in den Streitjahren 2004 und 2005 unbegrenzt als Betriebsausgaben abziehen kann.

Der Kläger wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist pensionierter Beamter und erzielte neben seinen Versorgungsbezügen unter anderem Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Dozent sowie aus einer schriftstellerischen und beratenden Tätigkeit. Darüber hinaus ist er seit dem Jahr 1977 als Rechtsbeistand zugelassen.

Der Kläger betrieb seine Kanzlei in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Dort übte er auch seine schriftstellerische und beratende Tätigkeit aus. Zudem bereitete er sich in seinem Arbeitszimmer auf die Lehr- und Vortragsveranstaltungen vor und erstellte und aktualisierte die entsprechenden Lehrgangs- und Unterrichtsmaterialien. Er nutzte das Arbeitszimmer darüber hinaus, um sich durch die Lektüre der von ihm abonnierten Fachzeitschriften fortzubilden, Loseblattsammlungen zu aktualisieren und seine Akten zu verwalten bzw. verwahren.

Seine freiberufliche Tätigkeit erstreckte sich auf das Abhalten und Vorbereiten von steuerjuristischen Vorträgen und Lehrveranstaltungen bzw. Seminaren, das Verfassen steuerjuristischer Fachgutachten und Fachaufsätze sowie die Kommentierung von Steuergesetzen. Darüber hinaus erstellte er Unterrichtsmaterialien für einen Fernlehrgang und war zudem als deutscher Korrespondent für die Zeitschrift " ... " tätig, wobei er in diesem Zusammenhang unentgeltlich etwa zwei Zeitschriftenbeiträge pro Jahr verfasste.

Die einzelnen Tätigkeitsfelder der freiberuflichen Arbeit ließen sich nicht eindeutig voneinander abgrenzen. Die schriftstellerische Tätigkeit war eng mit der Vortrags- und der Lehrtätigkeit verknüpft, da der Kläger einerseits als Dozent engagiert wurde, weil er Fachbeiträge veröffentlichte und er andererseits publizierte, weil ihm die Dozententätigkeit hierfür einen Anlass gab. Die Vortrags- und Beratungstätigkeit wurde insgesamt höher vergütet als die schriftstellerische Arbeit, wobei die aus der schriftstellerischen Tätigkeit erzielten Einnahmen dem Kläger nicht stets schon im Jahr der Leistungserbringung, sondern teilweise erst in einem Folgejahr zuflossen.

Die unstreitigen Gesamteinnahmen des Klägers aus selbständiger Arbeit belaufen sich ausweislich der jeweiligen Gewinnermittlungen für das Jahr 2004 auf ...,29 Euro und für das Jahr 2005 auf ...,66 Euro. Darin enthalten sind Einnahmen aus der schriftstellerischen Tätigkeit in Höhe von ...,72 Euro für 10 Veröffentlichungen in 2004 bzw. in Höhe von ...,22 Euro für 5 Veröffentlichungen in 2005 sowie Einnahmen aus zwei Beratungsleistungen im Jahr 2004 in Höhe von ...,31 Euro. Die Einnahmen aus den Vortrags- und Lehrveranstaltungen betrugen ... Euro für 15 Veranstaltungen im Jahr 2004 und ... Euro für 22 Veranstaltungen im Jahr 2005.

Die Gesamteinnahmen setzen sich im wesentlichen wie folgt zusammen:

 Art der Einnahmen20042005
   
Autorenhonorare... Euro... Euro
Vorträge, Referate, Seminare etc.  
...-Seminare... Euro... Euro
...-...-Seminare ... Euro
... Referat ...... Euro... Euro
...-Lehrgang... Euro... Euro
Beratungsleistungen  
...export... Euro 
... & ....... Euro

Nach einer am Gesamtzeitaufwand orientierten und vom Beklagten nicht beanstandeten Schätzung war der Kläger im Hinblick auf seine freiberufliche Tätigkeit im Jahr 2005 an etwa 60 Tagen außerhalb seines Arbeitszimmers und an etwa 200 Tagen in seinem Arbeitszimmer tätig. Dabei benötigte er nach seiner Einschätzung für die Ausarbeitung von Beiträgen für die Zeitschriften "...-... International" und "...-... International ...." jeweils etwa zwei Wochen und für die Kommentierung zum ...steuergesetz einen "erheblichen Teil" seiner Arbeitszeit. Auf die Überarbeitung des ...-Fernlehrganges entfielen im Jahr etwa zwei Arbeitstage und auf die Vorbereitung dieser Lehrgangsveranstaltung jeweils etwa eine Woche. Der Vorbereitungsaufwand für die ...-Seminare betrug etwa einen Tag pro Seminar, wobei der Kläger für die Erstellung des Skriptes nebst der Übungsmaterialien im Jahr 2004 "mit Unterbrechungen" etwa sechs Monate und für eine im Jahr 2005 vorgenommene Aktualisierung dieses Skriptes etwa eine Woche benötigte. Die Vorbereitungszeit für die ...-...-Seminare betrug jeweils etwa zwei Wochen (100 Stunden), für die Assessorenkurse an der ... und für ein Referat vor ... etwa einen Tag pro Lehrgang/Vortrag, für die Fortbildungsseminare an der ... belief er sich auf etwa eine Woche je Seminar. Die Ausarbeitung von zwei Referaten zum ...abkommen nahm jeweils etwa eine Woche in Anspruch. Für die Lektüre seiner Fachzeitschriften veranschlagte der Kläger pro Woche etwa 15 Stunden. Für nähere Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Aufstellungen vom 18.5.2008 (Bl. 48 f. d.A.) und vom 1.6.2008 (Bl. 55 f. d.A.) sowie die in der Rechtsbehelfsakte befindliche Übersicht vom 17.1.2006 Bezug genommen.

In den für die Streitjahre eingereichten Einkommensteuererklärungen begehrte der Kläger unter anderem den Abzug von Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.610,07 Euro (2004) bzw. 1.602,47 Euro (2005) als Betriebsausgaben. Der Beklagte ließ diese Aufwendungen bei den jeweiligen Einkommensteuerveranlagungen nur in beschränktem Umfang in Höhe von jeweils 1.250 Euro zum Abzug zu.

Gegen die Steuerbescheide legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein und begehrte den unbeschränkten Abzug der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bilde. Bei einer Vortragstätigkeit sei die Vorbereitung des Vortrags der wichtigste Teil der Arbeit. Der Vortrag selbst sei lediglich die "Frucht" der Vorbereitung und mache nur einen kleinen Teilbereich der eigentlichen Arbeit aus. Vor diesem Hintergrund sei das Arbeitszimmer selbst dann als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Arbeit anzusehen, wenn lediglich eine Vortragstätigkeit und nicht zusätzlich noch eine schriftstellerische Tätigkeit ausgeübt werde. Im übrigen sei die im Arbeitszimmer ausgeübte schriftstellerische Betätigung ohnehin umfangreicher als die Vortragstätigkeit.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung zurück und führte zur Begründung aus, dass der Schwerpunkt der selbständigen Arbeit in der Vortrags- und Lehrtätigkeit liege, da der Kläger hierdurch "rund 85 %" der gesamten Einnahmen aus selbständiger Arbeit erziele. Die Durchführung der Vortrags-/Lehrveranstaltungen vor Ort sei für das Berufsbild des Klägers prägend. Bei einer Lehr- und Vortragstätigkeit stehe der Vortrag bzw. die Lehre im Vordergrund, nicht aber die vorherige Ausarbeitung des Redekonzepts bzw. Skriptes. Dies gelte auch dann, wenn eine umfangreiche Vorbereitung der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer erfolge.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter und trägt unter Vertiefung seines bisherigen Sachvortrags vor, dass seine schriftstellerische Betätigung von "ganz erheblicher Bedeutung" sei und den überwiegenden Teil seiner gesamten freiberuflichen Tätigkeit ausmache. Die schriftstellerische Tätigkeit dürfe nicht bereits deswegen als im Verhältnis zur Lehr- bzw. Vortragstätigkeit geringfügiger eingeschätzt werden, weil die Vergütungen hierfür geringer seien. Aus der Höhe der erzielten Einnahmen dürfe nicht darauf geschlossen werden, ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilde.

Der Kläger beantragt,

die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in vollem Umfang als Betriebsausgaben zu berücksichtigen und das zu versteuernde Einkommen in 2004 um 361 Euro und in 2005 um 353 Euro zu verringern sowie die Einkommensteuer 2004 und 2005 entsprechend herabzusetzen, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers in den Streitjahren über die bereits berücksichtigten 1.250 Euro hinaus als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit anzuerkennen.

a) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3, 2. Halbsatz Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer nur dann uneingeschränkt als Betriebsausgaben geltend machen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Dabei darf dem Steuerpflichtigen für seine berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der "Mittelpunkt" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3, 2. Halbsatz EStG nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen zu bestimmen (vgl. BFH-Urteile vom 15.3.2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133 m.w.N. undvom 13.11.2002 VI R 28/02, BStBl. II 2004, 59; BFH-Beschluss vom 22.10.2007 XI B 12/07, BFH/NV 2008, 47 m.w.N.). Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Rahmen einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133 m.w.N.). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Tätigkeit im Arbeitszimmer für das Berufsbild prägend ist (vgl. BFH-Urteile vom 29.4.2003 VI R 34/01, BFH/NV 2004, 319 undvom 15.3.2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133). Dem zeitlichen (qualitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kann in diesem Zusammenhang lediglich eine indizielle Bedeutung beigemessen werden, so dass das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden kann, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten überwiegen (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133 m.w.N.). Den außerhäuslichen Tätigkeiten darf dabei im Verhältnis zu den im Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten allerdings nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen; die im Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten müssen weiterhin für den ausgeübten Beruf so maßgeblich sein, dass sie diesen prägen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 28.8.2003 IV R 34/02, BStBl. II 2004, 53 undvom 23.3.2005 III R 17/03, BFH/NV 2005, 1537). Alleine der Umstand, dass die Tätigkeiten im Arbeitszimmer zur Erfüllung der außerhäuslichen Tätigkeit - etwa vor- oder nachbereitend - erforderlich sind, genügt in diesem Zusammenhang nicht (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2002 VI R 28/02, BStBl. II 2004, 59).

Übt ein Steuerpflichtiger mehrere Tätigkeiten aus, ist der Mittelpunkt anhand einer Gesamtbetrachtung aller von ihm ausgeübten Tätigkeiten zu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212 m.w.N.). Im Rahmen der umfassenden Gesamtbetrachtung sind dabei zunächst die jeweiligen Mittelpunkte der einzelnen Tätigkeiten zu bestimmen, um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212 m.w.N.). Der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit wird durch den Mittelpunkt der Haupttätigkeit indiziert (vgl. BFH-Beschluss vom 22.2.2006 IV B 10/05, BFH/NV 2006, 1088). Bei mehreren selbständigen Tätigkeiten ist zur Bestimmung der Haupttätigkeit auf alternativ oder kumulativ zu berücksichtigende Indizien zurückzugreifen, wie etwa auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand. Dabei ist die Gewichtung der einzelnen Indizien vom Finanzgericht als Tatsachengericht nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zueigen macht, bildet das Arbeitszimmer im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung nicht den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit des Klägers.

Die im Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten - insbesondere die schriftstellerische und beratende Betätigung sowie die Vorbereitung der Vortrags- bzw. Lehrveranstaltungen - bilden keinen qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit und sind für die gesamte Tätigkeit des Klägers nicht prägend. Dem Senat ist dabei vor dem Hintergrund der Ausführungen des Klägers bewusst, dass die schriftstellerische und beratende Betätigung sowie die Vorbereitung der jeweiligen Vortrags- und Lehrveranstaltungen nebst der in diesem Zusammenhang erforderlichen Aus- und Überarbeitung der Skripten und Übungsmaterialien durchaus anspruchsvoll, zeitintensiv und für die Gesamttätigkeit des Klägers von wesentlicher Bedeutung sind.

Es mag in diesem Zusammenhang auch durchaus zutreffen, dass der Kläger in den Streitjahren einen bedeutsamen Teil seiner beruflichen Tätigkeit in seinem Arbeitszimmer ausgeübt hat. Gleichwohl ist der Senat bei einer umfassenden Wertung der einzelnen Tätigkeitsmittelpunkte nicht der Auffassung, dass die vom Kläger in seinem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten auch derart prägend sind, dass dort der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit liegt. Denn die Gesamttätigkeit des Klägers zeichnet sich neben der im Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten auch dadurch aus, dass in nicht unerheblichem Umfang Vortrags- und Lehrveranstaltungen außerhalb des Arbeitszimmers wahrgenommen werden, aus denen im übrigen der Großteil der Gesamteinnahmen erzielt wird.

aa) Hinsichtlich der vom Kläger ausgeübten Vortrags- bzw. Lehrtätigkeit bildet das Arbeitszimmer keinen qualitativen Tätigkeitsmittelpunkt. Der qualitative Schwerpunkt einer Vortrags- und Lehrtätigkeit liegt vielmehr dort, wo die jeweiligen Vorträge bzw. Lehrveranstaltungen tatsächlich abgehalten werden.

Denn wesentlich und prägend für die Vortrags- bzw. Lehrtätigkeit ist die persönliche Durchführung der jeweiligen Veranstaltung durch den Dozenten "vor Ort" und das in diesem Zusammenhang durch die persönliche Präsenz des Vortragenden zwischen ihm und seinen Zuhörern geschaffene Nähe- und Kommunikationsverhältnis sowie die hierdurch ermöglichte Art und Weise einer konkreten und intensiven Wissensvermittlung. In qualitativer Hinsicht sind die persönliche Durchführung der Vortrags- bzw. Lehrveranstaltungen durch den Dozenten "vor Ort" bzw. die Präsenz des Vortragenden für die dozierende Tätigkeit von grundlegender Bedeutung und stellen die prägenden Hauptelemente dieser Tätigkeit dar, zumal ein Dozent regelmäßig gerade aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten und Fachkenntnisse zur (persönlichen) Durchführung der Vortrags- bzw. Lehrveranstaltung verpflichtet wird (vgl. dazu auch FG München, Urteil vom 13.12.2006 1 K 5264/05, [...]; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.9.2008 14 K 6286/04 B, [...]).

Dem steht nicht entgegen, wenn sich der Kläger in seinem häuslichen Arbeitszimmer auf die jeweiligen Veranstaltungen vorbereitet und dort zudem die entsprechenden Unterrichtsmaterialien bzw. Vortragsunterlagen verfasst hat. Denn diese Vorbereitungshandlungen sind für die Lehr- und Vortragstätigkeit nicht prägend; sie gehören als Nebenarbeiten mit lediglich dienendem Charakter (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.9.2008 14 K 6286/04 B, [...]) vielmehr dazu, zumal mit einer Lehr- bzw. Vortragstätigkeit regelmäßig auch das Erstellen entsprechender (Lehrgangs)Unterlagen verbunden ist. Das Erstellen der Unterlagen führt nicht dazu, dass die Lehr- und Vortragstätigkeit hierdurch ihre schwerpunktmäßige und wesentliche Prägung erfährt. Alleine der Umstand, dass eine - unter Umständen auch sehr zeitintensive - Betätigung im Arbeitszimmer zur Vorbereitung der außerhäuslichen Tätigkeit erforderlich ist bzw. vorgenommen wird, genügt nicht, um den Mittelpunkt der jeweiligen Tätigkeit in das Arbeitzimmer zu verlagern (vgl. etwa BFH-Urteil vom 13.11.2002 VI R 28/02, BStBl. II 2004, 59). In qualitativer Hinsicht steht nach wie vor die persönliche Durchführung der jeweiligen Veranstaltung "vor Ort" im Vordergrund.

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn - wie vorliegend etwa im Hinblick auf das ...-Seminar - das Abfassen eines Skriptes im Jahr 2004 mehrere Monate in Anspruch genommen hat. Denn unabhängig davon, dass zeitliche Aspekte in diesem Zusammenhang allenfalls eine Indizwirkung entfalten können (vgl. etwa BFH-Urteile vom 15.3.2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133 m.w.N. undvom 9.4.2003 X R 52/01, BFH/NV 2003, 1172), ist zu berücksichtigen, dass das Skript nach den eigenen Angaben des Klägers in den beiden Folgejahren (2005 und 2006) nur "gelegentlich" aktualisiert wurde und erst in 2007 wieder "gründlich angepasst" werden musste. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die in dem Skript behandelte Thematik jedenfalls über zwei Jahre hinweg offensichtlich nur geringfügigen Veränderungen unterworfen war und der Überarbeitung des Themas im Arbeitszimmer dementsprechend sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht enge Grenzen gesetzt waren. Die nach einem längeren Zeitablauf erfahrungsgemäß gerade im steuerrechtlichen Bereich erforderlich werdende grundlegende Überarbeitung von Seminar- bzw. Vortragsmaterialien führt jedoch ebenso wenig wie die erstmalige Ausarbeitung solcher Unterlagen dazu, dass die Vortragstätigkeit hierdurch ihre Gesamtprägung erhielte.

bb) An diesem Ergebnis ändert sich auch im Hinblick auf die im vorliegenden Fall bei mehreren selbständig nebeneinander ausgeübten Tätigkeiten gebotene Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212) unter Berücksichtigung der schriftstellerischen und beratenden Betätigung des Klägers nichts.

Zwar liegt der Mittelpunkt der schriftstellerischen und beratenden Tätigkeit des Klägers bei isolierter Betrachtung zweifellos im häuslichen Arbeitzimmer, zumal der Kläger dort alle in diesem Zusammenhang anfallenden Arbeiten erledigte. Gleichwohl kann die schriftstellerische und beratende Tätigkeit die wesentlichen und prägenden Elemente der Vortrags- und Lehrtätigkeit im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht verdrängen. Die schriftstellerische und beratende Tätigkeit stellt sich nach Auffassung des Senats im Verhältnis zur Vortrags- und Lehrtätigkeit nicht als Haupttätigkeit des Klägers dar.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die schriftstellerische Arbeit und die Vortrags- bzw. Lehrtätigkeit nach dem Sachvortrag des Klägers eng miteinander verbunden sind und sich nicht eindeutig voneinander abgrenzen lassen. Der Kläger hat nachvollziehbar ausgeführt, dass er unter anderem auch wegen seiner (Fach)Veröffentlichungen für Vortrags- bzw. Lehrveranstaltungen verpflichtet wird und er andererseits Fachbeiträge verfasst, weil er als Dozent tätig ist und ihm die Dozententätigkeit hierzu einen Anlass gibt. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die in den jeweiligen Fachbeiträgen behandelten Themenbereiche bzw. die in diesem Zusammenhang ausgearbeiteten Ergebnisse - zumindest teilweise - vom Kläger im Rahmen der jeweiligen Vortrags- und Lehrveranstaltungen verwertet bzw. berücksichtigt wurden. Die schriftstellerische Betätigung bildet somit bei einer wertenden Gesamtbetrachtung - zumindest teilweise - ein die Vortrags- und Lehrtätigkeit ergänzendes und unterstützendes Element. Darüber hinaus spricht das bei mehreren selbständigen Einzeltätigkeiten im Hinblick auf die Bestimmung der Haupttätigkeit als Abgrenzungskriterium in Betracht kommende Verhältnis der aus der schriftstellerischen und der Lehr- bzw. Vortragstätigkeit erzielten Einnahmen (vgl. zu den insoweit in Betracht kommenden Indizien: BFH-Urteil vom 19.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212) für eine prinzipielle Nachrangigkeit der schriftstellerischen und beratenden Betätigung. Denn die Einnahmen aus diesen beiden Tätigkeitsfeldern beliefen sich im Jahr 2004 auf rund 15 % (.... Euro) und im Jahr 2005 lediglich auf rund 1 % (... Euro) der vom Kläger in dem jeweiligen Jahr erzielten Gesamteinnahmen. Sowohl vor diesem Hintergrund als auch unter Berücksichtigung einer vom Senat anhand der allgemeinen Verkehrsanschauung vorgenommenen Gewichtung ist der vortragenden Tätigkeit als Dozent bei 15 bzw. 22 durchgeführten Veranstaltungen pro Jahr in qualitativer Hinsicht ein höheres Gewicht beizumessen als der schriftstellerischen und beratenden Betätigung, auch wenn die schriftstellerische und beratende Tätigkeit quantitativ einen höheren Zeitaufwand im Arbeitszimmer in Anspruch nahm.

Dem steht der vom Kläger jedenfalls für das Jahr 2005 angegebene zeitliche Umfang der freiberuflichen Nutzung des Arbeitszimmers von etwa 200 Tagen bei rund 60 Abwesenheitstagen nicht entgegen. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die 200 Tage auf die gesamten im Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten beziehen und daher unter anderem sowohl den auf die Vorbereitung der Vortrags- und Lehrtätigkeit nebst der Ausarbeitung und Aktualisierung der (Vortrags-/Seminar)Skripten als auch den auf die unentgeltliche Tätigkeit für die Zeitschrift "... ....... International ......" entfallenden Arbeitsaufwand umfassen. Der auf die Vortrags-/Lehrtätigkeit bzw. eine unentgeltliche Betätigung entfallende Zeitaufwand kann jedoch bei der Gesamtabwägung zur Bestimmung der Haupttätigkeit nicht zugunsten der schriftstellerischen und beratenden Tätigkeit herangezogen werden. Da zudem die einzelnen Betätigungsbereiche aufgrund ihrer inneren Verknüpfung nicht eindeutig voneinander abgrenzbar sind, lässt sich eine konkrete Zuordnung des auf die jeweilige Einzeltätigkeit entfallenden Zeitaufwands nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit vornehmen. Auch aus den Angaben des Klägers zu dem im Jahr 2004 für die einzelnen Tätigkeiten angefallenen Zeitaufwand ergibt sich in diesem Zusammenhang nichts abweichendes. Im übrigen überwiegt das rein zeitliche Moment im vorliegenden Fall nicht die für die Vortrags- und Lehrtätigkeit als Haupttätigkeit sprechenden Gesamtindizien, die sich bereits aufgrund der Höhe der jeweiligen Einnahmen und des den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsanschauung beizumessenden Gewichts ergeben.

Aus der Indizwirkung der Vortrags- und Lehrtätigkeit als Haupttätigkeit und dem Umstand, dass sich deren qualitativer Schwerpunkt nicht im Arbeitszimmer befindet, folgt dabei regelmäßig, dass auch der qualitative Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nicht im Arbeitszimmer des Klägers liegt (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2004 IV R 19/03, BStBl. II 2005, 212; BFH-Beschluss vom 22.2.2006 IV B 10/05, BFH/NV 2006, 1088). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit dennoch ausnahmsweise im häuslichen Arbeitszimmer befände, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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