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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Köln
Urteil verkündet am 06.05.2008
Aktenzeichen: 8 K 1385/05
Rechtsgebiete: UStG, AO


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
AO § 160
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

8 K 1385/05

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten stritten im Streitjahr - 2001 - ursprünglich über die Frage, ob die Klägerin aus einer Rechnung der G GmbH den Vorsteuerabzug geltend machen bzw. Betriebsausgaben abziehen darf; im Laufe des Klageverfahrens ist zusätzlich die Frage der Berechtigung zur Bildung einer Rückstellung streitig geworden.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Gebäude-Sanierung. Sie schloss am 30. Mai 2000 mit der Firma C GmbH (folgend nur: C GmbH) einen Baurahmenvertrag über die Sanierung bzw. Renovierung des Objekts K-Str. in L. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieses Vertrags Bezug genommen (Bl. 106 ff. d.A.).

Mit Vertrag vom 30. Juni 2000 beauftragte die Klägerin die G GmbH, seinerzeit noch ansässig in der V-Straße in B, mit der Durchführung der Arbeiten aus dem Vertrag mit der C GmbH. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Vertrags verwiesen (Bl. 40 d.A.).

Die G GmbH rechnete die geleisteten Arbeiten mit Schlussrechnung vom 9. Januar 2001 mit insgesamt 150.000 DM netto abzüglich nicht erbrachter Sanitärleistungen (10.000 DM) ab. Unter Berücksichtigung einer geleisteten à conto Zahlung vom 7. Juli 2000 ergab sich daraus ein zu zahlender Betrag in Höhe von 106.000 DM brutto. Als Geschäftssitz der G GmbH ist die Adresse I-Str. in C1 und als Geschäftsführer Herr W angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieser Rechnung Bezug genommen (Bl. 63 d.A.).

Die Klägerin bezahlte den angeforderten Rechnungsbetrag mit einem Verrechnungsscheck vom 29. Januar 2001; der entsprechende Betrag wurde ihrem Konto am 31. Januar 2001 belastet. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 62 und 64 d.A. Bezug genommen.

Nach den Feststellungen ... (der Steuerfahndung( (folgend nur: Steufa ...) handelt es sich bei der G GmbH um eine Strohmanngesellschaft als Nachfolger der U GmbH, die dazu benutzt worden sei, Schwarzarbeiterkolonnen mit Papieren auszustatten und Rechnungen an interessierte Bauunternehmen zu verkaufen, die damit ihre Schwarzlohnzahlungen hätten abdecken können. Die Gesellschaft sei Ende 1999 mit Sitz zunächst in W1 gegründet worden. Sie habe dann ihren Sitz nach B und zuletzt am 2. November 2000 nach C1 verlegt. Im März 2000 habe W von den Gesellschaftern N und A sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH erworben und sei zu deren alleinigem Geschäftsführer bestellt worden. Mit Schreiben vom 1.3.2001 habe Herr W mitgeteilt, der Betrieb sei aus gesundheitlichen Gründen mit sofortiger Wirkung eingestellt worden. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die angeblichen Bauleistungen der Gesellschaft mit einem Volumen von rund 11 Mio. DM Umsatz in 15 Monaten gar nicht hätten erbracht werden können. Den wenigen erklärten Umsätzen hätten Vorsteuern in fast nämlicher Höhe gegenübergestanden. Die Vorsteuern resultierten dabei aus Rechnungen ebenfalls von Strohmanngesellschaften. Die Verantwortlichen der G GmbH hätten sich mehrfach der Umsatzsteuersonderprüfung des Finanzamts B entzogen. Bei einer Ortsbesichtigung durch die Sonderprüferin - Frau C2 - hätte festgestellt werden können, dass es sich bei der Adresse in B nicht um den Firmensitz gehandelt haben könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Bericht vom 1. Juni 2004 über die steuerlichen Feststellungen bei der G GmbH Bezug genommen.

Zum Unternehmenssitz der G GmbH in B befinden sich in den Steuerakten ein Vermerk der Umsatzsteuersonderprüferin vom 11. Dezember 2000 und eine Niederschrift zur Zeugenaussage des S vom 21. August 2001. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Zum Unternehmenssitz in C1 befindet sich in den Akten ein Büroservicevertrag zwischen der G GmbH und der Firma C3 vom 9. November 2000. Auf dessen Inhalt wird Bezug genommen.

Herr W hatte den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Betrieb der G GmbH vollständig eingeräumt. Anlässlich seiner Vernehmungen am 20. April und 20. Mai 2005 hatte er dazu angegeben, dass es die Aufgabe der Gesellschaft gewesen sei, Arbeitnehmer mit Papieren zu versorgen. Am Geschäftssitz in B habe es kein Lager gegeben; es sei dort auch nicht gearbeitet worden. Er habe auf Veranlassung des Herrn Q den Büroraum in B angemietet. An der Garagentür habe sich ein ca. 20 cm großes Schild mit der Aufschrift G befunden. Im Büro habe sich ein Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl, zwei weitere Stühle und ein Regal mit einem dahinterstehenden Register befunden. Dort hätten sich einige Ordner und Papiere befunden, die alle bedeutungslos gewesen seien. Alle wichtigen Papiere seien zum Steuerberater E in L verbracht worden. Im Büro habe sich noch ein Fax befunden. Das Büro sei nie besetzt gewesen, Publikumsverkehr habe dort nicht stattgefunden. Das Telefon sei auf Herrn N umgeleitet gewesen. Etwa einmal pro Woche sei er entweder mit Herrn N oder Herrn Q zum Geschäftssitz gefahren, um dort die Post bzw. Faxe abzuholen. Das habe jeweils etwa 10 Minuten gedauert. Den Hintergrund zur Sitzverlegung nach C1 kenne er nicht, allerdings habe er den entsprechenden Mietvertrag unterschrieben.

Die Tätigkeit der G GmbH habe sich am Beispiel eines Auftrags mit dem Auftraggeber T wie folgt abgespielt: Q sei mit Unterlagen zu T gegangen, mit denen nachgewiesen werden sollte, dass die auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmer alle angemeldet seien. Dann habe J - ein Kolonnenführer - mit seinen Leuten auf der Baustelle von T gearbeitet. Die Fa. G habe hierüber eine Rechnung geschrieben, T habe den Rechnungsbetrag auf das Bankkonto der Fa. G überwiesen. Er - W - habe das Geld mit Q abgehoben und Q gegeben. In dessen Lokal habe Q das Geld an J (abzüglich 16%) gegeben, der damit seine Leute bezahlt habe. Diese hätten an Q auch nochmals ca. 1.000 DM monatlich zahlen müssen (für Sozialversicherungsbeiträge). Dies laufe bei allen Firmen so. Er glaube, dass allen Auftraggebern klar gewesen sei, wer die Leistungen erbringt, dies sei allerdings seine persönliche Einschätzung.

Er - W - habe Deutschland kurz vor Weihnachten 2000 verlassen. Schriftstücke nach diesem Zeitpunkt, die angeblich von ihm stammten, seien von ihm nicht unterschrieben worden. Die Herren Q und N hätten nach seiner Ausreise aus Deutschland seinen Namen weiter genutzt. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Vernehmungsprotokolle Bezug genommen.

W ist mit Urteil des Landgerichts L1 vom 7. Juni 2005 im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der G GmbH wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil enthält eine tabellarische Aufstellung der von der G GmbH ausgestellten Rechnungen. Neben der streitgegenständlichen Rechnung sind zwei weitere Rechnungen an die Klägerin vom 30.6.2000 über brutto 58.000 DM und vom 31.12.2000 über brutto 10.000 DM aufgeführt. Daneben sind zwei weitere Rechnungen an eine B1/N1 GbR enthalten, nämlich vom 8.12.2000 über brutto 69.900 und vom 15.12.2000 über brutto 81.200 DM betreffend die Baustelle U1-Str., L. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um eine "Schwestergesellschaft" der Klägerin, bestehend aus den Gesellschaftern B1/N1. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des genannten Urteils Bezug genommen.

Im Zuge der Ermittlungen der Steufa haben die Gesellschafter der Klägerin als Zeugen einen schriftlichen Fragebogen ausgefüllt, aus dem sich folgende Angaben ergeben:

Die erste Kontaktaufnahme sei durch Bewerbung der G GmbH um Aufträge im Büro der Klägerin erfolgt. Die Vertragsverhandlungen habe Herr W geführt, der den Vertrag als Geschäftsführer im Büro der Klägerin unterschrieben habe. Die Preise seien ausgehandelt und aufgrund des Leistungsumfangs pauschaliert worden. Herr W sei manchmal in Begleitung mit Q1 (Vorname), seinem Bauleiter erschienen. Die Rechnungen seien per Post gekommen, bezahlt worden seien sie per Überweisung oder per Scheck. Die G GmbH sei über die Firmennummer oder die Funknummer des Bauleisters zu erreichen gewesen. Tätig geworden seien 2-3 Personen italienischer Herkunft. Zusätzlich ggf. erforderliche Absprachen habe Herr B1 mit dem Geschäftsführer der G GmbH auf der Baustelle besprochen. Die Klägerin habe weitere Subunternehmer eingesetzt, nämlich die Firmen ... . Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Fragebogens Bezug genommen.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 529.529 DM und machte Vorsteuern in Höhe von 36.740 DM geltend. Der Beklagte folgte der Erklärung zunächst und rechnete die Umsatzsteuer am 21. September 2004 ab.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.757 DM. In der Gewinnermittlung für das Streitjahr war ein laufender Gewinn in Höhe von 30.513,87 DM ausgewiesen, der sich zusammensetzte aus Erlösen aus der Sanierung in der K-Str. in Höhe von 529.529,66 DM, denen Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren in Höhe von 216.823,34 DM, verschiedene betriebliche Kosten in Höhe von 2.192,45 DM und außerordentliche Aufwendungen in Höhe von 280.000 DM - die hier nunmehr streitig gewordene Rückstellung - gegenüberstanden. In den Betriebsausgaben sind Aufwendungen in Höhe von 91.379,31 DM als Nettobetrag aus der Rechnung der G GmbH enthalten. Der deklarierte Gewinn in Höhe von 5.757 DM erklärt sich daraus, dass die Klägerin im Jahr 2001 die Gewinnermittlungsart gewechselt hat und der laufende Gewinn sich wegen verschiedener weiterer ertragswirksamer Posten auf 5.757 DM minderte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Gewinnermittlung, insbesondere auf den Kontennachweis zur Gewinn- und Verlustrechnung und auf die Anlage zur Feststellungserklärung 2001 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte dieser Erklärung nicht, sondern ging im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften (folgend nur: Gewinnfeststellungsbescheid) vom 19. Oktober 2004 von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.936,06 DM aus. Dabei erkannte er den Betriebsausgabenabzug aus dem Bruttorechnungsbetrag der Rechnung der G GmbH in Höhe von 30 v.H. (= 31.800 DM) nicht an, erhöhte im Gegenzug allerdings die Betriebsausgaben um 14.621 DM als nicht abziehbare Vorsteuer. Hierzu führte er aus, hinsichtlich der Aufwendungen betreffend die G GmbH werde wie im Vorjahr verfahren. Dem liegt zugrunde, dass der Betriebsausgabenabzug aus der Rechnung der G GmbH über brutto 58.000 DM in einem Rechtsbehelfsverfahren für das Vorjahr - nach erfolgter Außenprüfung (Bericht vom 26. April 2002) - bereits streitig war. In dem Prüfungsbericht für das Jahr 2000 stellte der Prüfer in Tz. 11 fest, der Betriebsausgabenabzug aus der Rechnung der G GmbH über netto 50.000 DM sei gemäß § 160 AO zu versagen, weil der Aussteller der Rechnung nicht identisch sei mit dem tatsächlichen Zahlungsempfänger.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2004 änderte der Beklagte die Umsatzsteuer für das Streitjahr und berücksichtigte Vorsteuern lediglich in Höhe von 22.119,31 DM (zuvor: 36.740 DM, Differenz: 14.620,69 DM). Hierzu führte er aus, die Vorsteuer aus der Rechnung der G GmbH sei zu versagen und verwies auf die anhängigen Rechtsbehelfsverfahren.

Gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2001 legte die Klägerin am 2. November 2004, gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2001 am 1. Dezember 2004 Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2005 wies der Beklagte die Einsprüche sowohl bei der Umsatzsteuer als auch bei der Gewinnfeststellung als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus, weil es sich bei der G GmbH um eine Strohmannfirma handele, sei nicht die G GmbH die tatsächlich Leistende, sondern deren "Hintermänner". Dadurch, dass die Klägerin die Abrechnungspapiere nicht vorgelegt habe, könne nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorlägen. Analog hierzu sei auch der Betriebsausgabenabzug in der geschätzten Höhe zu versagen. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin hat am 4. April 2005 die vorliegende Klage erhoben.

Sie macht geltend, der Beklagte habe den Vorsteuerabzug zu Unrecht versagt, weil nach der Rechtsprechung des BFH Leistender derjenige sei, der die Lieferungen oder Leistungen in eigenem Namen gegenüber einem anderen ausführen lasse. Dabei sei auf die dem Leistungsempfänger objektiv erkennbaren Umstände abzustellen. Der Steuerpflichtige habe seine für den Vorsteuerabzug obliegende Feststellungslast erfüllt, wenn er darlege, dass die Vertragsgesellschaft zum Zeitpunkt der Leistungserbringung rechtlich existent gewesen sei, Zahlungen an die Gesellschaft erbracht worden seien und die tatsächliche Aktivität der Gesellschaft anhand von amtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen nachweisen könne. Etwas anderes gelte nur, wenn der Leistungsempfänger wisse oder davon ausgehen müsse, dass der "Leistende" keine eigenen oder durch Subunternehmer auszuführende Verpflichtungen übernehmen und folglich auch keine eigenen Leistungen versteuern wolle.

Auf ihr Bestreben hin habe die G GmbH verschiedene Unbedenklichkeitsbescheinigungen (Bl. 93 - 96 d.A) sowie eine Handwerkskarte und eine Gewerbeanmeldung vorgelegt; deswegen hätten die Gesellschafter-Geschäftsführer keine Zweifel daran gehegt, dass die G GmbH selbst Arbeitnehmer beschäftigt habe. Ihre Gesellschafter hätten auch die Betriebsräume der Gesellschaft in C1 besichtigt; die mit den Baumaßnahmen betrauten Arbeitnehmer seien ihr gegenüber als solche der G GmbH aufgetreten. Weshalb Herr W etwas andere bekunde, könne nicht beurteilt werden. Barzahlungen seien nicht erfolgt; der Scheck sei per Post übermittelt worden. Weil keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass sie von der vermeintlichen Leistungsunfähigkeit der G GmbH gewusst habe, bestehe für die Versagung des Vorsteuerabzugs keine Grundlage.

Auch die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs komme nicht in Betracht. Unzumutbare Empfängerbenennungen gemäß § 160 AO seien rechtswidrig. Sie habe sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Mittel ergriffen, um sicherzustellen, dass die ihr gegenüber als Vertragspartnerin aufgetretene GmbH auch tatsächlich Empfängerin der geleisteten Zahlungen gewesen sei.

Auch sei die Rückstellung berechtigterweise gebildet worden. Die C GmbH habe ihr gegenüber den Bauvertrag vom 15. Oktober 2001 (geschlossen auf der Grundlage des Baurahmenvertrags) mit Schreiben vom 23. April 2002 wegen Nichterfüllung und Verzugs fristlos gekündigt und unter Bezugnahme auf eine Bautenstands- und Kostenstandsermittlung eine Überzahlung zu ihren - der Klägerin - Gunsten in Höhe von 167.322,52 EUR ausgewiesen, deren Rückzahlung die C GmbH mit dem Schreiben gefordert habe. Zudem habe sich die C GmbH weitergehende Regressansprüche vorbehalten, wie sie dann in einem späteren Schreiben der Rechtsanwälte K1 vom 27. Februar 2003 geltend gemacht worden seien. Diese fristlose Kündigung sei noch vor der Erstellung der Bilanz zum 31.12.2001 erfolgt, so dass sie als wertaufhellender Umstand im Streitjahr zu berücksichtigen gewesen sei. Hierzu hat die Klägerin diverse Unterlagen zu ihren Beziehungen mit der C GmbH vorgelegt (Bl. 99 - 123, 164 - 173, 192 - 279), auf die Bezug genommen wird.

Die Klägerin beantragt,

1. den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 28. Oktober 2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben,

2. unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitlich Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 vom 19. Oktober 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.757 DM festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Zur Frage des Vorsteuerabzugs macht er geltend, wenn der Geschäftsführer der G GmbH aussage, dass die Gesellschaft nicht tätig gewesen sei, könne davon ausgegangen werden, dass die G GmbH die in der Rechnung ausgeführte Leistung nicht ausgeführt habe. Wenn dies aber so sei, dürfte die Klägerin während der Bauzeit auch keinen Kontakt zum Geschäftsführer der G GmbH gehabt haben. Sie habe sich über diesen Umstand offensichtlich keine Gedanken gemacht, es sei denn - die Vermutung liege nahe - sie habe von diesem Umstand gewusst. Beim Vorsteuerabzug bestehe kein Gutglaubensschutz. Sei eine Rechnung nicht ordnungsgemäß - weil hier keine Leistung der G GmbH vorliege - sei deren Anerkennung zu versagen. Es stehe auch nicht fest, an wen die Zahlung erfolgt sei. Weil die Zahlung per Scheck erfolgt sei, sollte offensichtlich der tatsächliche Zahlungsempfänger im Verborgenen bleiben. Das gelte umso mehr, als der Vertrag und die Rechnung die Zahlung per Überweisung vorsehe.

Hinsichtlich der Kürzung des Betriebsausgabenabzugs liege die Vermutung nahe, dass der Betrag in Höhe von 106.000 DM (brutto) gar nicht gezahlt worden sei, weil es sich um eine Scheinrechnung gehandelt habe. Eine Zahlung ohne betriebliche Veranlassung - die im Bezug auf eine hier offensichtlich vorliegende Scheinrechnung vorliege - begründe keinen Betriebsausgabenabzug. Zudem sei die G GmbH nach den Feststellungen der Steufa nicht die Zahlungsempfängerin. Nach § 160 AO sei der Betriebsausgabenabzug davon abhängig, dass der Geldempfänger genau bezeichnet werde. Da dies nicht die G GmbH gewesen sei, habe die Klägerin den korrekten Empfänger noch genau zu bezeichnen.

Hinsichtlich der Rückstellung gelte, dass aus dem Schreiben der C vom 23. April 2002 zwar die Geltendmachung eines Anspruches i.H. von 167.322 EUR hervorgehe. Dieser Betrag könne auch die Höhe der Rückstellung "für ungewisse Verbindlichkeiten" für das Jahr 2001 wiedergeben. Ob dieser Betrag aber bis zum eigentlichen Bilanzerstellungstag (30.09.2002) so konkret gewesen sei, lasse sich dem vorliegenden Schriftverkehr nicht entnehmen. Auch die Errechnung des Betrages sei nicht bekannt. Wenn aber schon wertaufhellende Umstände berücksichtigt werden sollten, müssten auch "alle möglichen wertaufhellenden Umstände" geprüft werden. Hier sei auf das Schreiben der Klägerin vom 21.Mai 2002 hinzuweisen, wonach sie der C "das Verschulden" wegen Nichterfüllung des Bauauftrages vorhalte. Beim Ansatz der letztendlich ermittelten Rückstellungen sei schließlich zu beachten, dass diese nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist in vollem Umfang zulässig.

Zwar ist die Klage für die B1 & N1 GbR erhoben worden. Soweit die Umsatzsteuer betroffen ist, ist dies auch zutreffend, weil die GbR, nicht aber ihre Gesellschafter Unternehmer i.S. des Umsatzsteuergesetzes sind (vergl. Klein/Rüsken, AO, 9. Auflage, § 33 Rz 20 m.w.N.). Soweit die Klage die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften betrifft, ist sie indes durch ihre vertretungsberechtigte Gesellschafter für die Gesellschaft zu erheben (Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage, § 48 Rz 12). Als in dieser Form erhoben ist die Klage hier auszulegen (zur Auslegung einer Klageschrift hinsichtlich der Klägerbezeichnung: BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306). Das ergibt sich daraus, dass die Prozessvollmacht von beiden Gesellschaftern unterzeichnet ist und das Gericht mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2008 eine entsprechende Auslegung angekündigt hatte, der die Prozessbevollmächtigten nicht widersprochen haben. Der Senat sah angesichts dessen auch keine Notwendigkeit, Personen zum Verfahren beizuladen.

2. Die Klage ist unbegründet.

a. Zu Recht hat der Beklagte im Umsatzsteuerbescheid vom 28. Oktober 2004 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung den Vorsteuerabzug aus der Rechnung der G GmbH vom 9. Januar 2001 abgelehnt.

aa. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des im Streitjahr geltenden Umsatzsteuergesetzes - UStG - kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach der vom Senat für zutreffend erachteten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - setzt der Vorsteuerabzug nach dieser Vorschrift voraus, dass der in der Rechnung angegebene Sitz einer GmbH tatsächlich bestanden hat, weil es der Sofortabzug der Vorsteuer gebietet, dass der Finanzverwaltung eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglicht wird. Dabei trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast dafür, dass der in der Rechnung einer GmbH angegebene Sitz tatsächlich bestanden hat; denn es besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern (vergl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BB 2008, 807 und [...]).

Die bisherige Rechtsprechung des BFH im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Strohmann als leistender Unternehmer i.S. des UStG in Betracht kommt, hat dabei auch einen Briefkastensitz mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen lassen. Danach bedarf es besonderer und detaillierter Feststellungen, um die Annahme eines Scheinsitzes zu rechtfertigen. Anhaltspunkte könnten sich etwa dann ergeben, wenn am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, Behördenkontakt und Zahlungsverkehr stattfindet (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622).

Der Senat entnimmt indes nachfolgenden Entscheidungen des BFH eine Tendenz, diesen weiten Sitzbegriff einzuschränken:

So hat er im Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05 (BB 2008, 807 und [...]) offengelassen, ob ein "Briefkasten-Sitz" mit postalischer Erreichbarkeit des Unternehmers nach den Umständen des Einzelfalles als hinreichende Adresse des leistenden Unternehmers überhaupt in Betracht kommen kann. Denn er hat die Tatsache, dass die Tätigkeit der GmbH über einen Büroservice ausgeübt wurde, der sich darauf beschränkt habe, eingehende Telefonanrufe und Postsendungen weiterzuleiten, ohne dass eine sonstige unternehmerische Tätigkeit in Form von Geschäftsleitung, Behördenkontakten oder Zahlungsverkehr stattgefunden habe und dass am angeblichen Firmensitz keinerlei Geschäftsunterlagen aufbewahrt worden waren, als besondere und detaillierte Feststellungen zur Annahme eines Scheinsitzes ausreichen lassen. Er hat in diesem Zusammenhang auf das EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C 73/06, UR 2007, 654 verwiesen, wonach eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohmannfirma" charakteristisch ist, nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. der 13. Mehrwertsteuer-Richtlinie angesehen werden kann.

In einem weiteren Urteil vom 29. Januar 2008 I R 26/06, [...], hat der BFH - allerdings in Zusammenhang mit der Erstattung von Kapitalertragsteuer ausgeführt - eine (ausländische ) Kapitalgesellschaft sei "substanzlos", wenn sie weder über Büroräume oder Personal oder Kommunikationsmittel verfüge.

(1) Der Senat ist der Auffassung, dass die getroffenen Feststellungen laut Inhalt der Akten unter Berücksichtigung der oben dargestellten Tendenz der Rechtsprechung es rechtfertigen, von einem Scheinsitz der G GmbH jedenfalls hinsichtlich des Firmensitzes in B - dem Sitz bei Leistungserbringung - auszugehen. Das ergibt sich aus folgendem:

Bei dem Firmensitz handelte es sich - dies ergibt sich aus der Zeugenaussage des S und den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüferin - nicht um einen Büroraum im herkömmlichen Sinne, sondern um einen durch die Garage zu erreichenden Raum im Kellergeschoss.

Der Raum war ausweislich der Bekundungen des W lediglich mit dem Nötigsten ausgestattet, um den Anschein eines Büros zu erzeugen, nämlich einem Schreibtisch, einem Schreibtischstuhl, zwei weiteren Stühlen, einem Regal und Register sowie einem Telefaxgerät; Geschäftsunterlagen waren dort nicht vorhanden, sondern lediglich bedeutungslose Papiere und Ordner.

Personal war am "Geschäftssitz" nicht tätig. Das Büro war nie besetzt. Publikumsverkehr fand dort nicht statt. Das Telefon war umgeleitet auf Herrn N.

Die einzige feststellbare Tätigkeit am Firmensitz bestand daraus, dass W in Begleitung einmal, möglicherweise auch zwei bis dreimal die Woche am "Sitz" erschien, um dort die Post abzuholen und nach ca. 10 Minuten den "Sitz" wieder zu verlassen.

Aus diesen Umständen ergibt sich, dass am "Sitz" eine geschäftsleitende Tätigkeit in keiner Form stattgefunden hat. Alleine das Abholen der Post ist keine Tätigkeit, die einem zu fordernden "Minimum an wirtschaftlichem Leben" am Sitz der Gesellschaft entspricht.

(2) Der Senat hat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sich auch nicht davon überzeugen können, dass am späteren Sitz der Gesellschaft in C1 ein derartiges "Minimum an wirtschaftlichem Leben" stattgefunden hat; dies geht zu Lasten der insoweit die Feststellungslast tragenden Klägerin. Denn auch wenn zum Sitz in C1 nur rudimentäre Feststellungen getroffen worden sind, scheinen sich dennoch die in B vorgefundenen Umstände auch beim Sitz in C1 fortgesetzt zu haben. Dies schließt der Senat aus dem Büroservicevertrag mit der Firma C3 vom 9. November 2000. Denn wenn dort neben dem Büromietvertrag die Leistung "Repräsentanz plus" vereinbart war, ergibt sich daraus, dass auch dort Vertreter der G GmbH offenbar nie anwesend waren.

bb. Unabhängig von den obigen Ausführungen zu 2. a. aa. war der Vorsteuerabzug zudem zu versagen, weil es an der Identität zwischen dem Rechnungsaussteller und dem leistenden Unternehmer fehlt (vergl. zu diesem Erfordernis: BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622).

Wer umsatzsteuerlich als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Maßgeblich ist hiernach, wer aus dem entsprechenden Rechtsgeschäft zu einer Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 UStG an den Leistungsempfänger verpflichtet ist. Ohne Bedeutung ist insoweit, ob er seine Leistungsverpflichtung höchstpersönlich ausführt oder durch andere ausführen lässt und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts endgültig verbleibt. Tritt deshalb jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will - ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat. Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d.h. wenn die Vertragsparteien - der Strohmann und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem Hintermann eintreten sollen (vergl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139 m.w.N.). Der Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigenen - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtungen aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622).

Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der G GmbH nach den Feststelllungen der Steuerfahndung um eine Strohmanngesellschaft, deren Funktion alleine darin bestand, es den tatsachlich auf den Baustellen tätigen Personen zu ermöglichen, ihre Bauleistungen unerkannt gegenüber den Auftraggebern abrechnen zu können. Dem ist die Klägerin auch nicht substantiiert entgegengetreten, so dass der Senat hierzu von weiteren Ausführungen absieht.

Angesichts dessen ist der Vorsteuerabzug zu versagen, weil der Senat anhand der Umstände im Streitfall davon überzeugt ist, dass die Gesellschafter der Klägerin wenigstens davon ausgehen mussten, dass es sich bei der G GmbH um eine Strohmanngesellschaft handelte.

Zunächst ist festzustellen, dass die Umstände der Vertragsanbahnung bereits ungewöhnlich sind, wenn die Gesellschafter der Klägerin angeben, eine erste Kontaktaufnahme sei durch Bewerbung der G GmbH um Aufträge im Büro der Klägerin erfolgt. Denn im Normalfall ist zu erwarten, dass der Auftraggeber einer Bauleistung selbst suchend aktiv tätig wird, um einen geeigneten Leistenden - etwa durch eine Ausschreibung seitens des Architekten - zu finden, nicht aber umgekehrt der Leistende von sich aus auf einen - lediglich potentiellen - Auftraggeber zutritt. Das gilt erst Recht für eine Baugesellschaft aus B, wenn sie von sich aus auf potentielle Auftraggeber in L zutritt.

Auch die Umstände anlässlich des Vertragsschlusses erscheinen nicht plausibel, wenn sich die Klägerin lediglich mit den diversen vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigungen zufriedengegeben hat, um sich von der Zuverlässigkeit der G GmbH zu überzeugen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erlöse der Klägerin im Streitjahr und auch schon im Jahr davor ausschließlich aus der Tätigkeit betreffend die Sanierung des Objekts K-Straße stammten. Angesichts dessen musste für die Klägerin die Qualität der in diesem Zusammenhang in Auftrag gegebenen Arbeiten und die Verlässlichkeit der eingesetzten Subunternehmer im Vordergrund stehen, um die ordnungsgemäße Abwicklung ihres einzigen Auftrags sicherzustellen. Es wäre deswegen zu erwarten gewesen, dass die Klägerin sich entsprechende Referenzen einholt, zumal es sich bei der G GmbH nicht um eine alteingesessene Baufirma handelte. Behördliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen sind hierfür indes untauglich. Es ist auch ungewöhnlich, dass sich die Klägerin angesichts des Umfangs der zu erbringenden Arbeiten mit einem lediglich aus einer Seite bestehenden Vertrag zufrieden gab und hinsichtlich der Bonität der G GmbH offensichtlich keinerlei Erkundigungen eingeholt hatte, obschon Insolvenzen in der Baubranche zahlreich sind und eine solche Insolvenz der G GmbH möglicherweise dazu hätte führen können, dass sie - die Klägerin - die von ihr gegenüber der C GmbH geschuldeten Leistungen nicht mehr (rechtzeitig) würde erbringen können.

Schließlich ist auch die Art und Weise der Zahlung der streitgegenständlichen Rechnung ungewöhnlich, wenn im Vertrag mit der G GmbH eine Zahlung per Überweisung vorgesehen ist, die Rechnung entsprechend auch eine Bankverbindung ausweist und dennoch per Verrechnungsscheck gezahlt wird, der per Post versandt worden sein soll. Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang der Erklärungsversuch der Klägerin, man habe mit der regelmäßig mit der Scheckhingabe verbundenen längeren Kapitalverfügung einen - wenn auch geringen - Zinsgewinn erzielen wollen.

Angesichts dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin die Strohmanneigenschaft der G GmbH erkennen konnte, wenn sie sie nicht sogar positiv gekannt hat. Denn in Baubranchenkreisen ist nach der Überzeugung des Senats ohne weiteres bekannt, dass Strohmanngesellschaften auftreten, um illegale Arbeitnehmer einsetzen zu können, die - und daran wird die Strohmanneigenschaft ohne weiteres zu erkennen sein - zu anderen Preisen Leistungen anbieten, als legal tätige Gesellschaften.

b. Zu Recht hat der Beklagte in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften solche aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.936,06 DM festgestellt.

aa. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte zutreffend geltend macht, die Rückstellung in Höhe von 280.000 DM hätte jedenfalls im Streitjahr nicht gebildet werden dürfen.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 des im Streitjahr geltenden Einkommensteuergesetzes - EStG - i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches gebietet die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzt voraus das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde und/oder der Höhe nach, die wirtschaftliche Verursachung der Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag und dass der Schuldner mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss; die bloße Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit reicht zur Bildung einer Rückstellung nicht aus.

Danach setzt jede (ungewisse) Verbindlichkeit einen Gläubiger voraus, der grundsätzlich seinen Anspruch gegen den Schuldner (Steuerpflichtigen) kennen muss. Bei Schadensersatzansprüchen ist eine Inanspruchnahme des Schuldners erst dann wahrscheinlich und damit passivierbar, wenn die den Anspruch begründenden Tatsachen entdeckt und dem Geschädigten bekannt geworden sind oder dies doch unmittelbar bevorsteht (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 34/99, BFH/NV 2002, 486).

Darüber hinaus muss die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zum Bilanzstichtag gegeben sein. Wertaufhellende Tatsachen können noch in einem bestimmten zeitlichen Rahmen berücksichtigt werden, nicht aber neue Tatsachen. Als wertaufhellend sind nur Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist daher auf die am Bilanzstichtag - objektiv - bestehenden Verhältnisse zu beziehen (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BStBl II 2006, 371).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lagen zu dem hier maßgeblichen Bilanzstichtag, dem 31.12.2001, keine objektiven Umstände vor, die die Bildung einer Rückstellung gerechtfertigt hätten. Dies wäre nur der Fall, wenn zum 31.12.2001 bereits objektive Umstände vorgelegen hätten, die die fristlose Kündigung des Bauvertrags zwischen der Klägerin und der C gerechtfertigt hätten, so dass die dann tatsächlich erfolgte Kündigung im April 2002 (nur) noch als wertaufhellend zu beurteilen wäre. Nach Aktenlage ist dies indes nicht der Fall:

Aus dem Schreiben der C GmbH vom 23. April 2002 ergibt sich, dass sie den Vertrag fristlos kündigt, weil sie aus den Gesamtumständen den Schluss gezogen hatte, es komme der Klägerin nicht darauf an, die im Bauvertrag vereinbarten Leistungen zu erbringen, sondern alleine darauf, Zahlungen von der C ohne die Erbringung von Bauleistungen zu erhalten. Indes ist nicht erkennbar, dass diese Umstände (u.a. Nichtbezahlung der Vorlieferanten der Klägerin, ständige Verzögerungen) bereits zum Bilanzstichtag vorgelegen hätten. Aus der weiter vorgelegten Korrespondenz ist nämlich lediglich an einer Stelle erkennbar, dass es bereits im Jahr 2001 zu Schwierigkeiten bei der Durchführung des Bauvertrags gekommen war, nämlich im Schreiben der Klägerin vom 23. April 2002, in dem es heißt, am 26. November 2001 und am 5. Februar 2002 seien Verzögerungen angemeldet worden (Bl. 165). Dass aber eine erstmalig angezeigte Verzögerung im November 2001 bereits zum Bilanzstichtag am 31.12.2001 objektiv darauf hindeutet, es werde zur fristlosen Kündigung des gesamten Bauvertrags mit der Folge von Rückzahlungsverpflichtungen der Klägerin kommen, hält der Senat für ausgeschlossen. Tatsachen hingegen, die erst im Jahr 2002 eingetreten sind, die zur fristlosen Kündigung im April 2002 geführt hatten, bilden keine wertaufhellenden Tatsachen, sondern stellen neue Tatsachen nach dem Bilanzstichtag dar, die im Streitjahr nicht mehr berücksichtigt werden können.

Weil dem Senat die Verböserung des angefochtenen Bescheids verwehrt ist (Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage, § 96 Rz 5), bleibt es bei den festgestellten Einkünften, obschon eine weit höhere Einkünftefeststellung als vom Beklagten vorgenommen gerechtfertigt wäre.

bb. Aber auch unabhängig von den obigen Ausführungen zu 2 b. aa. ist die Höhe der vom Beklagten festgestellten Einkünfte zutreffend, weil er den Betriebsausgabenabzug im erfolgten Umfang zu Recht gekürzt hat. Denn die Klägerin hat trotz eines entsprechenden Benennungsverlangens gemäß § 160 AO - das der Senat für das Streitjahr in der Bezugnahme auf die Handhabung im Vorjahr erblickt, im Rahmen dessen während der erfolgten Betriebsprüfung ein solches Benennungsverlangen gestellt worden war - den Empfänger der Zahlung aus der streitgegenständlichen Rechnung nicht genau bezeichnet.

Dass der Empfänger der Zahlung nicht die G GmbH sondern die hinter ihr stehenden Leistungserbringer waren, seht aufgrund der Strohmanneigenschaft der G GmbH fest.

Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das Benennungsverlangen ihr gegenüber sei unzumutbar. Zwar steht ein Benennungsverlangen gemäß § 160 AO in besonderem Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Das bedeutet, dass das Verlangen nicht unverhältnismäßig sein darf und die für den Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile (z.B. wirtschaftliche Existenzgefährdung) nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg (z.B. geringfügige Steuernachholung bei den Empfängern) stehen dürfen. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens kann dabei nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen (BFH-Urteil vom 20. April 2005 X R 40/04, BFH/NV 2005, 1739). Ein Benennungsverlangen ist ermessensfehlerhaft, wenn der Steuerpflichtige selbst Opfer einer für ihn nicht durchschaubaren Täuschung geworden ist ( BFH-Urteil vom 4. April 1996 IV R 55/94, BFH/NV 1996, 801; vergl. auch BFH-Urteil vom 30.11.2004 XI B 48/04, BFH/NV 2005, 1209 und BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2002 IV B 126/01, BFH/NV 2003, 291).

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Gesellschafter der Klägerin selbst Opfer einer für sie nicht durchschaubaren Täuschung geworden sind. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Umsatzsteuer verwiesen, die hier sinngemäß gelten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen der Ausführungen des Senats zum Sitz der Rechnungsausstellerin zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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