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Gericht: Finanzgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.01.2002
Aktenzeichen: 8 V 6312/01
Rechtsgebiete: DVStB, FGO, BGB


Vorschriften:

DVStB § 21
FGO § 114 Abs. 1
BGB § 105 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln

8 V 6312/01

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

Antrag auf einstweilige Anordnung ist unbegründet.

Für eine einstweilige Anordnung fehlt der dafür nach § 114 Abs. 1 FGO erforderliche Anordnungsanspruch. Nach ihrem Rücktritt von der Steuerberaterprüfung hat die Antragstellerin keinen Anspruch darauf, daß ihre Aufsichtsarbeiten vorn Prüfungsausschuß vorläufig bewertet werden.

Die Antragstellerin ist gemäß § 21 DVStB wirksam von der Prüfung zurückgetreten. Die entsprechende Willenserklärung ist nicht gemäß § 105 Abs. 2 BGB wegen vorübergehender Störung der Geistestätigkeit nichtig. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Willensbildung oder das Urteilsvermögen der Antragstellerin durch Menstruationsbeschwerden und Prüfungsangst so erheblich gestört war, daß die Antragstellerin zu einer normalen Urteilsbildung oder Motivation nicht mehr in der Lage war. Entsprechende Feststellungen sind nicht mehr möglich. Es wäre Sache der Antragstellerin gewesen, eine solche Störung nach ihrem Abklingen unverzüglich ärztlich feststellen zu lassen.

Die Erklärung des Rücktritts kann nicht widerrufen werden. Dies ergibt sich daraus, daß nach § 21 Abs. 1 DVStB der Rücktritt nur bis zum Ende der Bearbeitungszeit der letzten Aufsichtsarbeit erklärt werden kann. Damit ist unvereinbar, daß die Rücktrittserklärung später noch widerrufen werden könnte. Der Rücktritt kann nicht freibleibend oder auf Probe erklärt werden. Vielmehr muß am Ende der Bearbeitungszeit der letzten Aufsichtsarbeit endgültig feststehen, ob der Kandidat an der Prüfung weiter teilnehmen will oder nicht.

Dahin stehen kann, ob die Regeln über die Irrtumsanfechtung gemäß § 119 ff BGB auch im öffentlichen Recht und insbesondere im Verfahrensrecht angewendet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1958 V 93/57, StRK, RAO, § 253 Rechtsspruch 9, BFH-Urteil vom 1. Dezember 1960 IV 73/59 U, BStBl III 1962, 91, BFH-Urteil vom 21. Januar 1965 V 128/62, HFR 1965, 376; BFH-Urteil vom 20.06.1967 II 73/63, BStBl II1 1967, 794). Denn die Antragstellerin hat einen Irrtum über Inhalt und Bedeutung der von ihr abgegebenen Erklärung jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Ihre eidesstattliche Versicherung reicht für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dieser Umstände nicht aus. Das Rücktrittsformular ist derart einfach, übersichtlich und unmißverständlich und seine Bedeutung so in die Augen springend, daß ein Irrtum ausgeschlossen erscheint, auch wenn man Prüfungsangst und körperliches Unwohlsein berücksichtigt. Die Antragstellerin war nicht nur bei der früheren, nicht bestandenen Prüfung dreimal, sondern auch schon in der laufenden Prüfung dreimal durch einen verlesenen Text über die Rücktrittsmodalitäten und vor allem die dafür zu unterzeichnende Erklärung belehrt worden. Die Unterzeichnung irgendeines anderen Formulars kam überhaupt nicht in Betracht, insbesondere nicht bei einer bloß vorzeitigen Abgabe der Klausur. Nach dem Aktenvermerk der Aufsichtführenden vom 26.10.2001 hat die Antragstellerin auch nicht etwa bloß im Vorbei-oder Hinausgehen die Rücktrittserklärung unterschrieben, sondern sich zunächst ein Rücktrittsformular geholt, dieses (offenbar an ihrem Platz) ausgefüllt und dann mit der Klausur abgegeben. Dies zeigt, daß die Antragstellerin sich der Bedeutung der Erklärung bewußt war und nicht gänzlich unüberlegt gehandelt hat. Im übrigen hätte der, der eine Urkunde ungelesen unterschreibt, kein Anfechtungsrecht (vgl. Heinrichs in Palandt, 60. Auflage, § 119 Rdnr. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Rechtsmittelbelehrunq

Dieser Beschluss ist gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung unanfechtbar.



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