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Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 2 K 187/03
Rechtsgebiete: FGO, EStG, KStG


Vorschriften:

FGO § 46 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2 S. 1
EStG § 17 Abs. 4
KStG § 30
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern

2 K 187/03

Einkommensteuer 2001

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2. Senat,

im Wege schriftlicher Entscheidung aufgrund der Beratung vom 24. Mai 2007

unter Mitwirkung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 10.783,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Strittig ist die Höhe der Verluste aus der Auflösung einer GmbH, an der der Kläger beteiligt war.

Der Kläger war seit Mai 1992 an der GmbH beteiligt, und zwar zunächst mit einem Anteil von 26%, seit 2000 mit einem Anteil von 37,5%.

Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der GmbH wurden für die Jahre 1992 bis 1999 verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter festgestellt. Die GmbH hatte den Gesellschaftern zur Finanzierung der Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligungen ein zinsloses Darlehen i.H.v. 767.000 DM zur Verfügung gestellt. Unter Zugrundelegung einer üblichen Verzinsung von 8% und unter Berücksichtigung von Zinseszins wurden die verdeckten Gewinnausschüttungen für die Jahre 1992, 1996 und 1997 wie folgt ermittelt:

1992: 35.793 DM, 1996: 80.902 DM und 1997: 80.092 DM.

Die verdeckten Gewinnausschüttungen wurden auf die einzelnen Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote aufgeteilt, da auch die Darlehen den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligungsquoten gewährt worden waren. Dem Kläger, der bis 1999 zu 26% an der GmbH beteiligt war, wurden daher verdeckte Gewinnausschüttungen in folgender Höhe zugerechnet: 1992: 9.306 DM, 1996: 21.035 DM und 1997: 20.824 DM.

Auf Grund des BP-Berichts vom 12.05.1997 (Bl. 3 ff. der BP-Akte betreffend GmbH) wurde u.a. der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG (Bescheid über die Verwendung des verwendbaren Eigenkapitals, vEK-Bescheid) zum 31.12.1992 geändert. Aus dem geänderten vEK-Bescheid zum 31.12.1992 vom 26.08.1997 in Verbindung mit den Feststellungen des BP-Berichts vom 12.05.1997 ergibt sich, dass die von der Betriebsprüfung ermittelte verdeckte Gewinnausschüttung i. H. v. 35.793 DM aus dem nicht mit Körperschaftsteuer belasteten EK 04 (aus Einlagen i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG) "abfließt". Der vEK-Bescheid zum 31.12.1992 wurde bestandskräftig.

Zum 31.12.1996 und 31.12. 1997 liegen keine wirksam bekanntgegebenen vEK-Bescheide vor. Jedoch ergibt sich aus den vEK-Erklärungen der GmbH zum 31.12.1996 und 31.12.1997 sowie aus dem BP-Bericht vom 23.07.2001 (Bl. 30 ff. der BP-Akte betreffend GmbH) und der dort enthaltenen Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen auch für die Jahre 1996 und 1997 als aus dem EK 04 verwendet zu gelten hatten, da die sonstigen Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1996 und 31.12.1997, der mit 45% Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag EK 45 und der nicht mit Körperschaftsteuer belastete Teilbetrag E 02, negativ waren.

Mit Schreiben vom 22.01.2001 beantragte der Kläger in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Der Geschäftsbetrieb wurde zum 22.01.2001 eingestellt. Vorangegangene Sanierungsversuche waren gescheitert. Mit Beschluss vom 27.02.2001 wurde über das Vermögen der GmbH zum 01.03.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 07.05.2001, beim Insolvenzgericht eingegangen am 09.05.2001, zeigte der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO an. In seinem Bericht vom 08.05.2001 führte er u.a. aus, dass "die Verwertung des beweglichen sowie unbeweglichen Anlagevermögens und der Forderungseinzug noch einige Zeit in Anspruch nehmen" werde und die Insolvenzgläubiger mit keiner Quote rechnen könnten. In der vorläufigen Insolvenzeröffnungsbilanz auf den 01.03.2001 schätzte er die "freie Masse" auf 520.000 DM, der Masseverbindlichkeiten (Kosten des Verfahrens und der Verwaltung) von 615.000 DM und Insolvenzforderungen von 2.105.000 DM gegenüberstanden. In dem Protokoll über die erste Gläubigerversammlung am 16.05.2001 wurde vermerkt, dass der Insolvenzverwalter keine Möglichkeiten für die Durchführung eines Insolvenzplanes sah. Die Gläubigerversammlung schloss sich dieser Einschätzung an und beschloss, dass das bereits stillgelegte Unternehmen nicht fortgeführt wird. Das Insolvenzverfahren dauert noch an.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2001 erklärten die Kläger für den Ehemann Verluste aus Gewerbebetrieb i.H.v. ./. 64.975 DM, die dadurch entstanden seien, dass dessen Anteil von 37,5% an der GmbH mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wertlos geworden sei.

In seinem Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 14.08.2002 berücksichtigte das FA jedoch nur einen Verlust i.H.v. ./. 13.810 DM und begründete dies damit, dass der geltend gemachte Verlust um die verdeckten Gewinnausschüttungen für 1992 i.H.v. 9306 DM, für 1996 i.H.v. 21.035 DM und für 1997 i.H.v. 20.824 DM zu mindern sei. Diese Gewinnausschüttungen seien nämlich "aus dem EK 04 realisiert" worden und minderten deshalb die Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung.

Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein mit der Begründung, die verdeckten Gewinnausschüttungen seien bereits in den Jahren 1992, 1996 und 1997 zum Nachteil der Steuerpflichtigen als Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden. Zwar hätte sich dies steuerlich nicht ausgewirkt, weil - erst auf ihren Einspruch hin - in demselben Umfang fiktive Werbungskosten angesetzt worden seien. Dem FA sei aber widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen, weil es ein und dieselben verdeckten Gewinnausschüttungen in den Vorjahren als sonstige steuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, für das Streitjahr aber als steuerfreie Kapitalrückgewähr im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG behandelt habe.

Da das FA noch nicht über den Einspruch entschieden hatte, haben die Kläger am 28.03.2003 Untätigkeitsklage mit dem Antrag erhoben, "dem Einspruch der Kläger vom 20.08.2002 gegen den Einkommensteuerbescheid vom 14.08.2002 ... in vollem Umfang stattzugeben".

Mit Einspruchsentscheidung vom 25.06.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die aus dem EK 04 "geflossenen" Gewinnausschüttungen i.H.v. insgesamt 51.164 DM die Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG nachträglich gemindert hätten. Ausschüttungen aus dem EK 04 beträfen Eigenkapitalanteile einer Kapitalgesellschaft, die durch Vermögensvermehrungen entstanden seien, die nicht körperschaftsteuerbelastet gewesen seien; hierzu gehörten insbesondere verdeckte Einlagen der Anteilseigner. So wie die Einlage zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten und des Buchwerts der Beteiligung führe, so habe die Rückzahlung der Einlage und die Ausschüttung aus dem EK 04 eine Minderung der Anschaffungskosten und des Buchwerts der Beteiligung zur Folge. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien die aus dem EK 04 "geflossenen" verdeckten Gewinnausschüttungen daher auch nicht als Kapitaleinkünfte steuerbar gewesen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Zugleich mit Übersendung der Einspruchsentscheidung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.06.2003 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 12.07.2003 haben die Kläger beantragt, dem Beklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, nachdem durch die Einspruchsentscheidung vom 25.06.2003 die anhängige Untätigkeitsklage "erledigt" sei. Die Einspruchsentscheidung sei aber fehlerhaft und müsse daher "zu einem weiteren Prozess" führen.

Mit am 21.07.2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz haben die Kläger - entsprechend der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung - erneut "Klage" erhoben, mit der sie sich nunmehr auch gegen die Einspruchsentscheidung vom 25.06.2003 wenden. Darin halten sie an ihrer Auffassung fest, das FA habe die verdeckten Gewinnausschüttungen in den Einkommensteuerfestsetzungen 1992, 1996 und 1997 als steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen behandelt und könne diese für das Streitjahr nicht anders behandeln.

Dem schriftsätzlichen Vorbringen der Kläger ist der Antrag zu entnehmen, den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 14.08.2002 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25.06.2003 zu ändern und die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

Dem Senat haben folgende Akten vorgelegen: ein Band Einkommensteuerakten der Kläger, drei Bände Steuerakten der GmbH (je ein Band Körperschaftsteuerakten, vEK-Akten und BP-Akten) sowie ein fotokopierter Auszug der Insolvenzakten des Amtsgerichts 51/N 19/01.

Entscheidungsgründe:

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt; der Senat konnte daher gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1. Das Verfahren wurde nicht durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet.

Zwar hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.06.2003 ausdrücklich den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem nach Erhebung der Untätigkeitsklage die noch ausstehende Einspruchsentscheidung ergangen war. Daraufhin haben die Kläger mit Schriftsatz vom 12.07.2003 ebenfalls erklärt, die Einspruchsentscheidung habe den Rechtsstreit "erledigt", und beantragt, die Verfahrenskosten dem beklagten Finanzamt aufzuerlegen. Entsprechend der in der Einspruchsentscheidung enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung haben die Kläger mit Schriftsatz vom selben Tag erneut "Klage" erhoben, sind also - ebenso wie ursprünglich der Beklagte - davon ausgegangen, der ursprüngliche Rechtsstreit habe sich durch die Einspruchsentscheidung vom 25.06.2003 erledigt und es sei für die Weiterverfolgung des Klagebegehrens die Erhebung einer neuen Klage erforderlich.

Es ist aber anerkannt, dass sich eine Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO nicht dadurch erledigt, dass nach Erhebung der Klage eine den Einspruch zurückweisende Einspruchsentscheidung ergangen ist (BFH, Beschluss vom 28.10.1988 - III B 184/86, BFHE 155, 12, BStBl II 1989, 107). Vielmehr ist in einem solchen Fall das alte Verfahren fortzusetzen, die Erhebung einer neuen Klage ist unzulässig.

Im Streitfall geht der Senat dennoch zugunsten der Kläger davon aus, dass es an einer wirksamen Hauptsachenerledigungserklärung der Kläger fehlt.

In ihrem Schriftsatz vom 25.06.2003 haben die Kläger nämlich zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Beklagten fortgeführt werden soll, nachdem zwar eine Einspruchsentscheidung ergangen war, diese aber nicht dem Klagebegehren entsprach. Danach begehrten die Kläger von Anfang an nicht etwa nur ein Tätigwerden des Beklagten, sondern den Erlass einer Einspruchsentscheidung mit einem ganz bestimmten Inhalt (so schon im ursprünglichen Klageantrag, "dem Einspruch der Kläger ... in vollem Umfang stattzugeben"). Dieses Klagebegehren war auch nach der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2006 noch nicht erledigt, sondern nach wie vor noch offen. Dementsprechend haben die Kläger sich der Hauptsachenerledigungserklärung des Beklagten nicht ausdrücklich und unmissverständlich angeschlossen, sondern lediglich - wenn auch missverständlich - erklärt, der anhängige Rechtsstreit sei erledigt und es werde "zu einem weiteren Prozess" kommen. Im Sinne rechtsschutzgewährender Auslegung von Prozesserklärungen vermag der Senat darin noch keine prozessbeendende Erledigungserklärung im Sinne des § 138 FGO zu sehen.

2. Der Beklagte hat den Auflösungsgewinn (Auflösungsverlust) i. S. des § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 EStG der Höhe nach richtig berechnet. Zu Recht hat er angenommen, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen, die in den Jahren 1992, 1996 und 1997 als aus dem EK 04 entnommen galten, die Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG nachträglich gemindert haben.

Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH (vgl. nur BFH, Urt. v. 19.07.1994 - VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362), wonach der Teil der Ausschüttung einer Körperschaft, für den EK 04 als verwendet gilt, zu einer Minderung der Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 2 EStG führt. Ebenso wie die Einlage zu nachträglichen Anschaffungskosten und damit zu einer Erhöhung des Buchwerts der Beteiligung führt, so hat die Kapitalrückzahlung und die Ausschüttung aus dem EK 04 eine Minderung der Anschaffungskosten und des Buchwerts der Beteiligung zur Folge (BFH a.a.O.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Fälle der offenen, sondern auch für diejenigen der - hier vorliegenden - verdeckten Gewinnausschüttung.

Ebenfalls folgt der Senat dem BFH a. a. O insoweit, als die für die GmbH erstellte Gliederungsrechnung (Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals nach § 30 KStG) maßgeblich für die Beantwortung der Frage ist, ob und ggf. in welcher Höhe (offene oder verdeckte) Ausschüttungen als aus dem EK 04 verwendet gelten.

Soweit ein Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG (Bescheid über die Verwendung des verwendbaren Eigenkapitals, vEK-Bescheid) vorliegt, ist dieser für das Veranlagungsfinanzamt im Rahmen der Berechnung des gewerblichen Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG ebenso bindend wie im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, wo es um die fehlende Steuerbarkeit von Ausschüttungen aus dem EK 04 der Körperschaft als Kapitaleinkünfte geht. Diese Bindungswirkung ergibt sich zwar nicht aus § 182 Abs. 1 AO, denn der vEK-Bescheid ist nur Grundlagenbescheid für Folgebescheide, die sich an die Körperschaft richten. Die Bindungswirkung ist aber eine materiell-rechtliche, die allgemein auf der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten beruht (BFH a.a.O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist schon auf Grund der Tatbestandswirkung des (bestandskräftig gewordenen) vEK-Bescheids zum 31.12.1992 davon auszugehen, dass für die unstreitig festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung für 1992 i. H. v. 35.793 DM (Anteil des Klägers: 9.306 DM) Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (EK 04) als verwendet gilt.

Hinsichtlich der - ebenfalls unstreitig festgestellten - verdeckten Gewinnausschüttungen in 1996 und 1997 liegen zwar keine wirksam gewordenen vEK-Bescheide zum 31.12.1996 und 31.12.1997 vor. Jedoch geht der Beklagte auch hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttungen für 1996 (Anteil des Klägers: 21.035 DM) und 1997 (Anteil des Klägers 20.824 DM) zu Recht davon aus, dass auch diese verdeckten Gewinnausschüttungen als aus dem EK 04 abgeflossen zu gelten haben.

Dies ergibt sich aus den Gliederungsrechnungen der GmbH und der Betriebsprüfung im Betriebsprüfungsbericht vom 23.07.2001 in Verbindung mit den seinerzeit gültigen gesetzlichen Bestimmungen des KStG zur Reihenfolge der Verwendung des Eigenkapitals (Hinweis auf die sog. Verwendungsfiktion in § 28 KStG). Danach gelten die verschiedenen Vermögensmehrungen der GmbH in der Reihenfolge ihrer Tarifbelastung als verwendet. Je höher die Tarifbelastung, um so eher gilt der entsprechende Teilbetrag des Eigenkapitals als verwendet (§ 28 Abs. 3 KStG). Entscheidend ist somit nicht die zeitliche Reihenfolge, sondern die Höhe der Tarifbelastung. Die Verwendungsfiktion gilt auch für die weiteren Untergliederungen des EK-0-Bereichs, also im Wesentlichen derjenigen Vermögensmehrungen, die nicht der Körperschaftsteuer unterliegen (§ 30 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 KStG). EK 01 bis EK 04 gelten als in dieser Reihenfolge verwendet (§ 28 Abs. 3 KStG).

Aus den Gliederungsrechnungen der GmbH zum 31.12.1996 und 31.12.1997 ergibt sich, dass jeweils lediglich negative Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals aus den Bereichen EK 45 (mit 45% Körperschaftsteuer belastete Teilbeträge) und EK 02 (nicht der Körperschaftsteuer unterliegende Vermögensmehrungen i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG) vorhanden waren, so dass für die Herstellung der Ausschüttungsbelastungen für die verdeckten Gewinnausschüttungen nur noch das EK 04 in Betracht kam.

Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass der Beklagte sich widersprüchlich verhält, wenn er einerseits in den Veranlagungsjahren 1992, 1996 und 1997 die verdeckten Gewinnausschüttungen unter Außerachtlassung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG behandelt, andererseits eben diese Gewinnausschüttungen im Veranlagungsjahr 2001 als anschaffungskostenmindernd i. S. des § 17 Abs. 2 EStG ansieht. Denn die Anschaffungskostenminderung der fraglichen Gewinnausschüttungen im Rahmen der Berechnung des Auflösungsgewinns nach § 17 EStG setzt voraus, dass diese aus dem EK 04 stammen. Genau dies ist auch die tatbestandliche Voraussetzung für deren Nichtsteuerbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Nur folgt daraus nicht die Rechtswidrigkeit der hier streitbefangenen Berechnung der Höhe der gewerblichen Auflösungsverluste im Streitjahr 2001, sondern allenfalls die Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerfestsetzungen in den Jahren 1992, 1996 und 1997. Von Letzterem kann aber auch nicht ausgegangen werden, da der Beklagte - wenn auch erst auf den Einspruch der Kläger hin - die entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG berücksichtigten Einkünfte aus Kapitalvermögen mit fiktiven Werbungskosten in derselben Höhe verrechnete, so dass sich für die Kläger insoweit keine rechtswidrige Belastung mit Einkommensteuer ergab.

3. Da nach alledem schon aus den vorgenannten Gründen die Klage abzuweisen ist, könnte der Senat auch die Frage dahinstehen lassen, ob die Klage auch deshalb abzuweisen ist, weil der Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4 EStG im Streitjahr 2001 noch nicht in Ansatz gebracht werden durfte.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BFH-Urteil vom 12.12.2000 - VIII R 36/97, BFH/NV 2001,761 m.w.N.), dass der Auflösungsverlust bei insolvenzbedingter Auflösung der GmbH mit anschließender Liquidiation grundsätzlich erst dann eintritt, wenn die Liquidation abgeschlossen ist. Wird die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgelehnt, so entsteht der Auflösungsverlust bereits zu diesem Zeitpunkt. Beide Fälle liegen hier nicht vor. Die Insolvenzeröffnung wurde nicht mangels Masse abgelehnt, sondern das Insolvenzverfahren wurde eröffnet. Das Insolvenzverfahren ist bis heute nicht beendet, die Liquidation dauert also noch an.

Diese Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, knüpft an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und insbesondere an das Realisationsprinzip an und verfolgt den Zweck, den Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsverlustes an unschwer objektivierbare Kriterien zu knüpfen, wie sie der Abschluss der Liquidation oder die Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse darstellen.

Lediglich ausnahmsweise und nur unter ganz engen Voraussetzungen kann der Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsverlustes vorverlagert werden. Hierzu müssen folgende Feststellungen getroffen werden können, wobei die den Auflösungsverlust geltend machenden Kläger die Feststellungslast tragen (vgl. hierzu insbesondere BFH, Urt. v. 25.01.2000 - VIII R 63/98, BStBl II 2000, 343 undv. 21.01.2004 - VIII R 9/02, BFH/NV 2004, 947):

Auf der Ebene der GmbH muss zum einen auf Grund des Inventars und der Insolvenzeröffnungsbilanz oder einer Zwischenrechnungslegung "ohne weitere Ermittlungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" festgestellt werden, dass das Vermögen der GmbH zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken und ferner eine Weiterführung des Unternehmens auf Grund eines Insolvenzplanes ausgeschlossen ist.

Zwar hat der Insolvenzverwalter in der ersten Gläubigerversammlung erläutert, dass er keine Möglichkeiten für die Durchführung eines Insolvenzplanes sieht (vgl. das Protokoll vom 16.05.2001). Ferner hat der Insolvenzverwalter im Mai 2001 eine sog. Masseunzulänglichkeitsanzeige gem. § 208 InsO abgegeben, in der er mitteilt, dass einem Massebestand von 520.000 DM Masseverbindlichkeiten von voraussichtlich 615.000 DM gegenüberstehen. Hinzu kommen auf der Passivseite der Eröffnungsbilanz auf den 01.03.2001 Insolvenzforderungen nach § 38 InsO i. H. v. rund 2,1 Mio. DM, so dass es - trotz der noch vorhandenen erheblichen Vermögenswerte - sehr unwahrscheinlich erscheint, dass sich an dem für den Kläger festgestellten Auflösungsverlust noch etwas ändert. Ob aber die ersten - naturgemäß nur oberflächlichen - Schätzungen der insbesondere in den Grundstücken enthaltenen stillen Reserven durch den Insolvenzverwalter "ohne weitere Ermittlungen" zugrunde gelegt werden können und schon zum damaligen Zeitpunkt "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" der Schluss auf die "Vermögenslosigkeit" der GmbH gerechtfertigt war, begegnet jedoch Zweifel, die eine Vorverlegung des Realisierungszeitpunkts auf das Jahr der Insolvenzeröffnung nach Ansicht des Senats noch nicht rechtfertigen. Eine Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 211 InsO ist bis heute nicht erfolgt.

Auf der Ebene des Gesellschafters muss hinzukommen, das der Auflösungsverlust auch der Höhe nach feststeht, insbesondere musste es schon im Jahre 2001 "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ausgeschlossen sein, dass noch weitere im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Aufwendungen anfallen, die die Höhe des Auflösungsverlustes verändern konnten. Als nachträgliche Anschaffungskosten kommen z.B. Nachschüsse im Sinne der §§ 26 ff. GmbHG, verdeckte Einlagen (verdeckte Eigenkapitalzuführungen) und Verluste aus kapitalersetzenden Finanzierungsmaßnahmen in Betracht. Auch insoweit fehlt es an hinreichend sicheren Feststellungen.

Die nach alledem unterliegenden Kläger haben gem. § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Revisionszulassungsgründe i. S. des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Der Streitwert wird auf 10.783,00 EUR festgesetzt.

Den Streitwert hat der Senat auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 GKG a.F. festgesetzt (Hinweis auf die Streitwertberechnung des Beklagten im Schriftsatz vom 23.04.2004).

Ende der Entscheidung

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