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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 08.08.2007
Aktenzeichen: 1 K 1274/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 3 Nr. 2
EStG § 10c Abs. 3 Nr. 1
EStG § 10c Abs. 3 Nr. 2
EStG § 19 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 1274/04

In der Streitsache

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 8. August 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Vorläufigkeitsvermerk zu erweitern ist, sowie die Höhe des Vorwegabzugs bei der Berechnung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen.

Die Kläger werden vom Beklagten -dem Finanzamt (FA) -für die Streitjahre 1996 bis 1999 als Eheleute antragsgemäß zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Schlosser, die Ehefrau in einzelnen Jahren geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielten die Kläger aus einer Landwirtschaft geringe Einkünfte.

In den Streitjahren veranlagte das FA unter Übernahme der erklärten Zahlen. Bei der Berechnung des Abzugs der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben minderte es den Vorwegabzug in Höhe von jeweils 12.000 DM gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) um 16 vom Hundert der Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (Jahre 1996 bis 1998). Im Jahr 1999 minderte es den Vorwegabzug um 16 vom Hundert der Summe der Einnahmen des Klägers und der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einsprüche der Kläger blieben erfolglos.

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor,

die bisherigen Vorläufigkeitsvermerke müssten um die Bezugnahme auf eine Vielzahl weiterer bei den obersten Gerichten anhängiger Verfahren erweitert werden oder die Verfahren müssten bis zum Ergehen von Entscheidungen zum Ruhen gebracht werden. Der Vorwegabzug der Ehefrau sei entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Dezember 2003 XI R 11/03 (BStBl II 2004, 709) aufzuheben. Schließlich äußern sie den Wunsch einer abschließenden Klärung des Umfangs des zur landwirtschaftlichen Wohnung gehörenden Grund und Bodens.

Die Kläger beantragen,

folgende ESt-Bescheide aufzuheben:

ESt-Bescheid für 1996 vom 30. Juli 1997,

ESt-Bescheid für 1997 vom 23. Februar 1999,

ESt-Bescheid für 1998 vom 19. Mai 2000,

ESt-Bescheid für 1999 vom 22. September 2003,

sämtlich geändert mit Bescheid vom 19. Februar 2004;

die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung (EE) vom 20. Februar 2004 aufzuheben

und die Steuer für diese Jahre neu festzusetzen und bei der Berechnung jeweils einen Betrag von 13.830 DM als "Summe der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben" anzusetzen;

darüber hinaus begehren sie die Aufnahme umfänglicher weiterer Vorläufigkeitsvermerke in die vorgenannten ESt-Bescheide, wegen denen auf die Klagebegründung vom 17. Juni 2004 (Bl. 11 der Klageakte) verwiesen wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die EE.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben der Kläger vom 17. Juni 2004 und des FA vom 12. Juli 2004).

II. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags auf Ansatz höherer abziehbarer Sonderausgaben nicht begründet, im Übrigen unzulässig.

1. Vorwegabzug

Das FA hat in den Streitjahren zutreffende Beträge als "Summe der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben" bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt.

Nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr 2001 geltenden Fassung beträgt der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten 12 000 DM. Dieser Betrag ist gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG um 16 v.H. der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.S. des § 19 EStG ohne Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG zu kürzen, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden oder der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört. Die in dieser Vorschrift enthaltene Kürzungsregelung ist unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zweckes sowie ihrer Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte dahin gehend auszulegen, dass im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten nur der Arbeitslohn desjenigen Ehegatten in die Bemessungsgrundlage "Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit" einzubeziehen ist, für den Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden sind oder der zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2003 XI R 11/03, BStBl II 2004, 709).

Das FA hat in den Streitjahren 1996 bis 1998 den Vorwegabzug den vorstehenden Rechtsgrundsätzen entsprechend berechnet. Im Jahr 1999 hat das FA zwar die Einkünfte der Klägerin einbezogen. Durch diesen Einbezug sind die Kläger jedoch nicht beschwert, weil sich die Summe der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben und damit die Steuer bei einer zutreffenden Berücksichtigung nur der Einkünfte des Klägers nicht ändern würden. Die Klage ist daher insoweit unbegründet.

2. Vorläufigkeitsvermerke

Soweit die Kläger die Aufnahme einer Vielzahl von Vorläufigkeitsvermerken begehren, ist die Klage unzulässig.

Der Große Senat des BFH hat in seiner Entscheidung vom 26. November 1979 (GrS 1/78, BStBl II 1980, 99) klargestellt, dass ein Kläger das Klagebegehren so deutlich zum Ausdruck bringen muss, dass für das Gericht das Ziel der Klage ausreichend erkennbar wird. Das Gericht müsse in die Lage versetzt werden, das Klagebegehren zu ermitteln, um die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen; dem Gericht müsse deshalb insoweit substantiiert der konkrete Sachverhalt unterbreitet werden, in dessen rechtlicher Würdigung durch den Beklagten der Kläger die Rechtsverletzung erblicke (vgl. auch BFH-Beschluss vom 23. September 1998 IV B 130/97, BFH/NV 1999, 486). Hinsichtlich der beantragten Vorläufigkeitsvermerke haben die Kläger schon nicht substantiiert vorgetragen, wie sich das jeweilige Verfahren im Streitfall auf die Steuerfestsetzung der Kläger auswirken soll. Ihr Vortrag erschöpft sich in der Aufzählung einer Vielzahl von anhängigen Verfahren. Dies ermöglicht dem Gericht nicht nachzuvollziehen, worin -bezogen auf das jeweils in Bezug genommene Verfahren - eine Beschwer der Kläger liegen soll.

Im Übrigen hat das FA in seinem Schriftsatz vom 12. Juli 2004 überzeugend und detailliert für jedes zitierte Verfahren dargelegt, weshalb es keine Bedeutung für den hier zu entscheidenden Streitfall hat. Die Kläger haben darauf nichts entgegnet. Dieser Darlegung schließt sich der erkennende Senat an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Schriftsatz (Bl. 22 ff. der Klageakte). Eine Beschwer der Kläger ist für den Senat insoweit nicht ersichtlich.

3. Hinsichtlich des "Wunsches" der Kläger einer abschließenden Klärung des Umfangs des zur landwirtschaftlichen Wohnung gehörenden Grund und Bodens geht das Gericht nicht von einem Feststellungsantrag aus. Prozessuale Erklärungen sind vom Gericht auszulegen. Dabei ist an von einem fachkundigen Vertreter abgegebene Erklärungen ein strengerer Maßstab zu stellen als an die von einem Laien stammenden. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Klägervertreter bewusst den Begriff "Antrag" vermeidend lediglich einen Wunsch geäußert hat, der im Zusammenhang mit den anderen Besteuerungsgrundlagen einer Klärung bedürfte und als Hinweis an das FA gedacht war. Diese Auslegung entspricht auch dem Kosteninteresse der Kläger. Ein Feststellungsantrag wäre wegen § 41 Abs. 2 der Finanzgerichtordnung (FGO) unzulässig. Die Kläger haben nichts vorgetragen, was ein Feststellungsinteresse begründen würde. Die Entnahme des Grund und Bodens zum 31. Dezember 1998 ist nach dem Schreiben des FA vom 12. Juli 2004 einvernehmlich steuerfrei erfolgt. Die Kläger haben dem nichts entgegengehalten. Auch ist durch die Entnahme keine Steuer verursacht worden, so dass auch keine Beschwer der Kläger im Zusammenhang mit der Anfechtung der Steuerfestsetzungen zu erkennen ist. Im Übrigen hat das FA den Wunsch nach einer Klärung laut Schreiben vom 12. Juli 2004 aufgegriffen. 4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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