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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 1 K 1364/06
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 150 Abs. 2 S. 1
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 33a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 1364/06

In der Streitsache

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung sowie

der ehrenamtlichen Richter und

ohne mündliche Verhandlung

am 18. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist der Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - erließ am 1. März 2004 den Bescheid für 2003 über Einkommensteuer (ESt), wobei es die vom Kläger in der Steuererklärung erklärten Beträge übernahm. Auf Seite 4 des eingereichten Mantelbogens der ESt-Erklärung (d.h. zu den außergewöhnlichen Belastungen) hatte der Kläger keine Angaben gemacht. Mit Schreiben vom 27. Februar 2005 beantragte der Kläger die Änderung u.a. der Steuerfestsetzung 2003 dahingehend, dass Unterstützungsleistungen an seine in seiner Wohnung lebende polnische Lebensgefährtin in Höhe von mindestens 7.188,-- EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Das FA lehnte mit Verfügung vom 15. März 2005 die begehrte Änderung unter Hinweis auf die Bestandskraft des ESt-Bescheides für 2003 ab. Der Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 23. März 2006 erfolglos.

Der Kläger trägt vor, ihn treffe kein Verschulden an der dem FA erst mit dem Antrag vom Februar 2005 bekannt gewordenen Tatsache der Unterhaltsleistungen, er habe keine ausdrücklich gestellte Frage im Mantelbogen unbeantwortet gelassen. Auch habe er seine Steuererklärung früher abgegeben, als er verpflichtet gewesen wäre. Erst im zweiten Halbjahr 2004 sei ihm zufällig bekannt geworden, dass die Möglichkeit bestehe, Unterhaltsleistungen geltend zu machen, was er nunmehr für 2004 auch gemacht habe.

Wegen des Vortrages des Klägers im Einzelnen wird auf den Schriftwechsel im Einspruchsverfahren und dem Klageschriftsatz verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das FA unter Aufhebung des Verwaltungsakts vom 15. März 2005 und der EE vom 23. März 2006 zu verpflichten, die ESt-Festsetzung für 2004 durch Änderungsbescheid dahingehend zu ändern, dass Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 7.188,-- EUR bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abgezogen werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist auf die EE und bringt umfangreiche Ausführungen und Gründe gegen die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE und die umfangreichen Rechtsausführungen im Einspruchs- und Klageverfahren verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung 2003.

Die Frist für die Einlegung eines Anfechtungseinspruchs hinsichtlich des ESt-Bescheides vom 1. März 2004 war im Februar 2005 bereits abgelaufen. Der Klageantrag ist daher als Verpflichtungsantrag auf Änderung der Steuerfestsetzung gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auszulegen.

Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind indes im Streitfall nicht gegeben. Die Tatsache der Unterstützungsleistungen ist dem FA zwar nachträglich bekannt geworden.

Den Kläger trifft hieran jedoch grobes Verschulden.

Grobes Verschulden als grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Steuerpflichtige eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht, schlecht oder unvollständig oder falsch beantwortet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441, m.w.N.). Gemäß § 150 Abs. 2 Satz 1 AO hat der Steuerpflichtige die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Dazu gehört, dass er den Erklärungsvordruck gewissenhaft durchliest und ausfüllt. Auch ein steuerrechtlich nicht vorgebildeter Steuerpflichtiger handelt daher in der Regel grob fahrlässig, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte und auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet (BFH-Urteile vom 9. August 1991 III R 24/87, BStBl II 1992, 65 und vom 4. Februar 1993 III R 78/91, BFH/NV 1993, 641, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall hat der Kläger auf Seite 4 des Mantelbogens keinerlei Angaben gemacht, obwohl sich dort unter der Überschrift "Außergewöhnliche Belastungen" in Zeile 106 die Frage nach "Unterhalt für bedürftige Personen" befand und in Zeile 111 nach "Aufwendungen für die unterhaltene Person" gefragt wurde. In Zeile 110 wird darüber hinaus ausdrücklich nach dem ankreuzbaren Sachverhalt gefragt, dass die unterstützte Person zwar nicht unterhaltsberechtigt ist, jedoch bei ihr wegen der Unterhaltszahlungen öffentliche Mittel gekürzt oder nicht gewährt wurden. Dass der Kläger sich - wie er vorträgt - in einem Rechtsirrtum über die Absetzbarkeit der ihm bekannten Unterstützungsleistungen befand, ändert hieran nichts. Zwar mag der Steuerpflichtige Angaben zu Fragen unterlassen, die er nach eigener Meinung für steuerlich irrelevant hält. Das Risiko, dass sich seine Rechtsansicht später als irrig herausstellt und das FA aufgrund fehlender Kenntnis von dem Sachverhalt die Steuer zu hoch festsetzt, hat jedoch dann er zu tragen.

Danach brauchte sich der Senat nicht näher mit der Frage auseinander zu setzen, ob die Berücksichtigung der neuen Tatsache überhaupt zu einer niedrigeren Steuer führen würde, was im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH und des Finanzgerichts (FG) München bei überschlägiger Betrachtung allerdings zweifelhaft erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 57/99, BStBl II 2003, 187; BFH-Beschluss vom 28. Juni 2004 III B 104/03, BFH/NV 2004, 1637; BFH-Urteil vom 23. Oktober 2002 III R 57/99, BStBl II 2003, 187; Urteil des FG München vom 19. Juli 2006 9 K 847/05, veröffentlicht in der Datenbank Haufe Online).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

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