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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 1 K 4023/05
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 25
EStG § 26
EStG § 26b
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 4023/05

Einkommensteuer 2002 und 2003

In der Streitsache

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 13. Dezember 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Kläger mit seinem Lebenspartner zur Einkommensteuer (ESt) zusammenzuveranlagen ist.

Der Kläger lebt mit seinem Lebenspartner im Rahmen einer am 30. November 2001 durch notariellen Partnerschaftsvertrag begründeten Lebenspartnerschaft zusammen. Er wird mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die Streitjahre 2002 und 2003 beim Beklagten - dem Finanzamt (FA) - zur ESt veranlagt. Sein Lebenspartner führt den Haushalt und verfügt daher über kein eigenes Einkommen.

In seinen ESt-Erklärungen für die Streitjahre beantragte der Kläger die Zusammenveranlagung mit seinem Lebenspartner. Das FA lehnte dies ab und führte mit ESt-Bescheiden für 2002 vom 26. Januar 2005 und für 2003 vom 28. Januar 2005 für den Kläger eine Einzelveranlagung durch.

Die Einsprüche des Klägers blieben in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 30. September 2005 erfolglos.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, zwar entspreche die Verweigerung der Zusammenveranlagung der einfachgesetzlichen Rechtslage. Diese verstoße jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und sei daher verfassungswidrig, weshalb eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angeregt werde.

Er sei aufgrund der eingegangenen Lebenspartnerschaft verpflichtet, diese durch seine Arbeit und sein Vermögen angemessen zu fördern. Aus dem Gebot der Steuergerechtigkeit, das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebe, und dem hieraus abzuleitenden Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei der Gesetzgeber verpflichtet, unvermeidbare Sonderbelastungen im Privatbereich - wie Unterhaltsverpflichtungen - bei der Steuerberechnung als Minderung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Wenn der Gesetzgeber diese Minderung der Leistungsfähigkeit durch die Zusammenveranlagung von Ehegatten berücksichtigt, so müsse er dies auch bei den Partnern einer Lebenspartnerschaft tun, die wie Ehegatten einander zum Unterhalt verpflichtet seien. Während aber durch den Splittingtarif der Ehegattenunterhalt in voller Höhe berücksichtigt werde, sei die Berücksichtigung bei Lebenspartnern auf das Existenzminimum beschränkt. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes, wenn einerseits den Partnern einer Lebenspartnerschaft dieselben Verpflichtungen auferlegt würden wie Ehegatten, andererseits aber nur letztere in den Genuss der Zusammenveranlagung kämen. Daher verstoße die Versagung einer Zusammenveranlagung gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 14 EMRK, Art. 13 EG-Vertrag, EG-RL 2000/78/EG, EP-Entschließung vom 4. September 2003 u.ä, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 2 EG-Vertrag, gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 8 EMRK) und das Gebot der Steuergerechtigkeit (abgeleitet aus Art. 3 Abs. 1 GG). Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf den Klageschriftsatz vom 4. November 2005 samt Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung der ESt-Bescheide für 2002 vom 26. Januar 2005 und für 2003 vom 28. Januar 2005, beide in Gestalt der EE vom 30. September 2005, die ESt neu festzusetzen und zur Ermittlung der Steuer eine Zusammenveranlagung mit dem Partner des Klägers vorzunehmen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die EE und stützt sich auf folgende Kernargumente: Eine Zusammenveranlagung durch eine erweiterte - auch Lebenspartnerschaften umfassende - Auslegung des Begriffs "Ehe" in § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) scheide aus, weil dies dem Wortlaut der Norm und dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers widerspreche. Die unterschiedliche Behandlung verstoße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, weil Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe besonders schütze. Auch liege dem Ehegattensplitting eine grundsätzlich andere Bewertung des wirtschaftlichen Hintergrundes der Ehe im Vergleich zu der der eingetragenen Lebenspartnerschaft zugrunde. Diese unterschiedliche Bewertung zeige sich deutlich daran, dass die Zugewinngemeinschaft der gesetzliche Güterstand der Ehe sei, während die Ausgleichsgemeinschaft - die der Zugewinngemeinschaft angenähert sei - bei der Lebenspartnerschaft nicht der Regelfall sei. Aus einer gewissen Parallelität der Unterhaltsverpflichtungen bei Ehe und Lebenspartnerschaft ergebe sich noch nicht die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer völligen steuerlichen Gleichbehandlung. Tatsächliche Unterhaltsleistungen seien mit der Abzugsmöglichkeit nach § 33a EStG ausreichend berücksichtigt. Wegen der umfangreichen rechtlichen Auseinandersetzung des FA mit dieser Frage wird auf die EE verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Für den Kläger ist nur eine Einzelveranlagung nach § 25 EStG mit einer Berechnung der ESt nach der Grundtabelle möglich. Die Wahl der Zusammenveranlagung nach §§ 26, 26b EStG unter Anwendung der Splitting-Tabelle ist nur für Ehegatten vorgesehen. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind Ehegatten nicht gleichgestellt (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH-vom 26. Januar 2006 III R 51/05, BStBl II 2006, 515, BFH/NV 2006, 1192;vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966).

1. Eine erweiterte Auslegung des Begriffs "Ehe" in der Art, dass auch die Lebenspartnerschaft hierunter zu subsumieren wäre, kommt nicht in Betracht. Der Begriff umfasst nach seinem eindeutigen Wortlaut nur die Ehe zwischen Mann und Frau nach dem 4. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Auch hat der Gesetzgeber anlässlich der Einführung der Lebenspartnerschaft unter gleichgeschlechtlichen Paaren im geplanten Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz (LPartErgG) eine ausdrückliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Unterhaltszahlungen erwogen. Das LPartErgG ist jedoch mangels Zustimmung des Bundesrats nicht Gesetz geworden (BTDrucks 14/4875). Der damit zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers, die Lebenspartnerschaft steuerlich nicht der Ehe anzunähern ist von der Rechtsprechung zu respektieren. Aus demselben Grund liegt keine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, weshalb eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Zusammenveranlagung (oder das Realsplitting) nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966, m.w.N.). Auch ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen über die abziehbaren Höchstbeträge des § 33a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EStG hinaus ist daher ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966).

2. Die Voraussetzungen für eine vom Wortlaut abweichende "verfassungskonforme" Auslegung oder eine Anrufung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG sind nicht gegeben. Der erkennende Senat schließt sich der Beurteilung des BFH an, der die geltenden Regelungen, nach denen eingetragene Lebenspartner nicht zusammen veranlagt werden können und Unterhaltsaufwendungen nur unter den Voraussetzungen des § 33a EStG abziehbar sind, für verfassungsgemäß hält (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966).

a) Der BFH hat in der vorstehend zitierten Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, herausgestellt, dass eingetragene Lebenspartner nicht stets durch die gegenüber Ehegatten unterschiedliche steuerliche Behandlung benachteiligt werden. Aber auch die je nach Einkommen mögliche - und im hier zu entscheidenden Fall eintretende - steuerliche Benachteiligung von eingetragenen Lebenspartnern gegenüber Ehegatten verletzt das Gleichbehandlungsgebot nicht. Art. 3 Abs. 1 GG ist gegenüber Art. 6 Abs. 1 GG nachrangig, der als wertentscheidende Grundsatznorm den Gesetzgeber nicht nur zum Schutz, sondern auch zur Förderung der Ehe verpflichtet. Die steuerliche Besserstellung der Ehe gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist daher durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt (BFH-Urteil vom 26. Januar 2006 III R 51/05, BStBl II 2006, 515, BFH/NV 2006, 1192, m.w.N. zur Rspr. des BVerfG). Dem Gesetzgeber ist es wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen (BVerfG-Urteil vom 17. Juli 2002 1 BvF 1/01, BGBl. I 2002, 3197, BVerfGE 105, 313).

b) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die steuerliche Berücksichtigung der gegenseitigen Unterhaltspflichten ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 33a EStG auch nicht gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966). Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des BFH im vorstehenden Urteil an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung der Rechtsprechung des BVerfG in diesem veröffentlichten Urteil. Hervorzuheben ist, dass sich danach der Abzug der sog. existenzsichernden Unterhaltsaufwendungen nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen und nicht nach dem Maßstab bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsansprüche bemisst. Insoweit kann die Argumentation des Klägers mit der gleichförmigen Unterhaltspflicht von Ehegatte und Lebenspartner keinen Erfolg haben. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den anderen vom Kläger genannten europäischen Normen erübrigt sich aus Sicht des erkennenden Senats, weil diese inhaltlich dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes entsprechen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen. Der BFH hat in den vorstehend zitierten Entscheidungen ausführlich zur streitgegenständlichen Rechtsfrage Stellung genommen. Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. Die Rechtsprechung der anderen Finanzgerichte entspricht der hier vertretenen Auffassung und ist einheitlich (vgl. die Aufzählung in dem BFH-Urteil vom 26. Januar 2006 III R 51/05, BStBl II 2006, 515, BFH/NV 2006, 1192, a.E.). 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

Ende der Entscheidung

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