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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 22.10.2008
Aktenzeichen: 1 K 4247/06
Rechtsgebiete: EStG 2003


Vorschriften:

EStG 2003 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 4247/06

Einkommensteuer 2003

In der Streitsache

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers für eine doppelte Haushaltsführung im Streitjahr 2003 im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit steuerlich zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist (seit 1997) verheiratet und unterhielt seinen Familienwohnsitz bis zum Jahr 2002 in einer Mietwohnung in H (Wohnung H), wo er bei der ...KG (KG) nichtselbstständig beschäftigt war.

Im Jahr 2001 erwarben der Kläger und seine Ehefrau (F) in V ein Haus (gekauftes Haus V), in das sie nach der Fertigstellung im Oktober 2005 selbst eingezogen sind; zur Finanzierung dieses Hauskaufes nahmen sie u.a. eine Bausparsumme in Anspruch, welche am ... 2002 an sie ausgezahlt wurde.

Am ... 2001 schloss der Kläger mit der ... GmbH (GmbH) einen Arbeitsvertrag (Einkommensteuerakte 2003, Bl. 94), nach dem er frühestens ab dem ... 2002 und spätestens ab dem ...2003 eine Tätigkeit bei der GmbH in M ausüben sollte.

Mit Schreiben vom ...2002 kündigte er seinen Arbeitsvertrag mit der KG fristgerecht zum ...2003; in diesem Kündigungsschreiben regte er eine einvernehmliche und zeitlich frühere Aufhebung seines Arbeitsvertrages an.

Am ...2002 unterzeichneten der Kläger und F einen Mietvertrag (Einkommensteuerakte 2003, Bl. 31) über ein ab dem ... 2002 von ihnen zu nutzendes Haus in V (gemietetes Haus V).

Mit Schreiben vom ... 2002 (Einkommensteuerakte 2003, Bl. 107) kündigten der Kläger und F ihren Mietvertrag über die Wohnung H spätestens zum ... 2002.

Am ... 2002 schloss der Kläger mit der KG einen Aufhebungsvertrag (Einkommensteuerakte 2003, Bl. 100), mit dem sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum ... 2002 beendet wurde. Am ...2002 trat er seine neue Tätigkeit bei der GmbH in M an.

Der Kläger bewohnte ab dem ...2002 ein von der GmbH angemietetes Einzimmerapartment in M (vgl. Einkommensteuerakte 2003, Bl. 108) und ab dem ...2003 als Untermieter ein Zimmer in einer Wohnung in M.

In der Einkommensteuererklärung für 2003 (Eingang beim Beklagten - dem Finanzamt -: ...2004) machte der Kläger u.a. gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von ...EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (Einnahmen: ...EUR brutto) geltend. Zur Begründung teilte der Kläger u.a. mit, dass er im Veranlagungszeitraum 2003 neben seinem Familienwohnsitz im gemieteten Haus V einen aus beruflichen Gründen begründeten zweiten Haushalt in M unterhalten habe.

Im Einkommensteuerbescheid für 2003 vom ...2005 berücksichtigte das Finanzamt diese Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten des Klägers.

Mit seinem hiergegen mit Schreiben vom ... 2005 eingelegten Einspruch begehrte der Kläger eine u.a. in diesem Punkt erklärungsgemäße Veranlagung für 2003.

Im Laufe dieses Einspruchsverfahrens teilte u.a. F dem Finanzamt für den Kläger mit, dass der Umzug der Familie des Klägers aus der Wohnung H in das gemietete Haus V am ...2002 unter privater Mithilfe von Freunden stattgefunden habe. Der Kläger wies das Finanzamt in der Folge darauf hin, dass F und die beiden gemeinsamen Kinder nie einen Haushalt in M begründet hätten; sie seien lediglich aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen dort gemeldet gewesen. Die Begründung seines doppelten Haushaltes in M sei ausschließlich beruflich veranlasst gewesen.

Sein Hauptwohnsitz habe sich im Jahr 2003 bei seiner Familie im gemieteten Haus V befunden, wohin der Familienwohnsitz aus privaten Gründen - seine Familie habe in H keine "Wurzeln" mehr gehabt und F habe in ... bereits früher viele Jahre lang gelebt und gearbeitet, so dass eine Affinität zum Nachbarland bereits vorhanden gewesen sei - verlegt worden sei. Ab dem ... 2002 bis zum endgültigen, aus Kostengründen privat mit Freunden organisierten Gesamtumzug der Familie am ... 2002 sei insbesondere F mehrmals von H nach V gependelt und habe mit der Einrichtung des gemieteten Hauses V begonnen. Es könne von einem "fließenden Übergang" des Wohnsitzes seit dem ... 2002 ausgegangen werden. Zum ...2002 habe er aus beruflichem Anlass eine doppelte Haushaltsführung in M begründet.

Unerheblich sei hierbei, dass er seine berufliche Zweitwohnung in M von ... aus neu bezogen habe.

Das Finanzamt änderte den angegriffenen Einkommensteuerbescheid für 2003 vom ...2005 mit Bescheid vom ... 2006 aus nicht (mehr) streiterheblichen Gründen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO 1977); u.a. legte das Finanzamt der Einkommensteuerfestsetzung nunmehr gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG Aufwendungen des Klägers für Familienheimfahrten nach V in Höhe von ... EUR (...EUR abzüglich einer Arbeitgebererstattung in Höhe von ...EUR) als Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und damit als zusätzliche Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu Grunde.

Im Übrigen wurde der Einspruch des Klägers mit der Einspruchsentscheidung vom ...2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger weiterhin begehrt, als Mehraufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG geltend gemachte Unterkunftskosten in Höhe von ... EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit steuerlich zu berücksichtigen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen und zum Teil sinngemäß auf folgende Punkte:

Zwar habe der Kläger im Zeitraum vom ... bis ... 2002 aus privaten Gründen zwei Haushalte (in der Wohnung H bzw. im gemieteten Haus V) unterhalten und damit die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht erfüllt. Im Gegensatz dazu sei jedoch die Begründung des zweiten Haushalts in M ab dem ... 2002 beruflich veranlasst gewesen und damit als doppelte Haushaltsführung steuerlich zu berücksichtigen. Zum maßgeblichen Stichtag ... 2002 habe er nämlich bereits seinen Familienwohnsitz in das gemietete Haus V verlegt gehabt.

Die erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte Arbeitsaufnahme in M (einfache Entfernung zum Familienwohnsitz: 837 km) sei als berufliche Veranlassung für die Begründung des zweiten Haushalts des Klägers in M zu werten. Auch wenn die Familie des Klägers den Familienwohnsitz nach M hätte verlegen können, dürfe die Tatsache, dass dies nicht erfolgt sei, dem Kläger nicht zum Nachteil werden. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Wohnsitzverlegung und der Aufnahme der neuen Arbeitsstelle ändere hieran nichts.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2003 vom ... 2006 und der Einspruchsentscheidung vom ... 2006 weitere Werbungskosten in Höhe von ... EUR bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit steuerlich zu berücksichtigen und die Einkommensteuer für 2003 entsprechend festzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das Finanzamt auf sein bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2008 Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat im Streitfall zu Recht die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG verneint, weil der Kläger den doppelten Haushalt nicht aus beruflichen Gründen begründet hat.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist für den Werbungskostenabzug nicht ausreichend, dass eine einheitliche Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte aufgesplittet ist. Die doppelte Haushaltsführung muss vielmehr ganz oder überwiegend aus beruflichen Gründen veranlasst sein. Das ist nur der Fall, wenn die zweite Wohnung aus beruflichem Anlass begründet worden ist. Es kommt entscheidend auf die im Einzelfall konkret erkennbaren privaten oder beruflichen Umstände an, die zur Gründung des zweiten Haushalts geführt haben, da nur insoweit eine Mehraufwendungen auslösende Veränderung in der Haushaltsführung erfolgt. Danach ist die doppelte Haushaltsführung regelmäßig privat veranlasst, wenn der Steuerpflichtige die Familienwohnung verlegt und am früheren Beschäftigungsort eine Zweitwohnung beibehält. Die Fortführung einer zunächst privat veranlassten doppelten Haushaltsführung auch aus beruflichen Gründen berechtigt nicht zum Werbungskostenabzug (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Mai 2006 VI B 4/06, BFH/NV 2006, 1475). Es handelt sich hierbei um eine konkrete Kodifizierung des Veranlassungsprinzips.

Die gesetzliche Regelung geht dabei davon aus, dass grundsätzlich zunächst ein eigener (Haupt-)Hausstand des Steuerpflichtigen bestanden haben muss, bevor es zur Einrichtung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort gekommen ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 31/05, BFHE 217, 453, BStBl II 2007, 533).

b) Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist wegen des Zusammenhangs mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 EStG dahin zu interpretieren, dass nur die Aufwendungen aus Anlass einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung erfasst werden. Es kommt dabei auf die Umstände an, die zur Gründung des zweiten Hausstandes geführt haben. Deshalb hat der BFH keine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung angenommen, wenn der Steuerpflichtige die Familienwohnung aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt hat und er von der am Beschäftigungsort begründeten oder beibehaltenen Zweitwohnung seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgeht.

Andererseits liegt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht nur dann vor, wenn ein Arbeitnehmer an einem von seinem bisherigen Wohn- und Beschäftigungsort verschiedenen Ort eine neue Tätigkeit aufnimmt. Auch ohne Wechsel der Arbeitsstätte kann die doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst sein, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen an dem vom örtlichen Lebensmittelpunkt entfernt liegenden Beschäftigungsort eine Zweitwohnung bezieht und dadurch eine Aufsplitterung der normalerweise gemeinsamen Haushaltsführung eintritt. Dies hat der BFH entschieden für den Fall, dass der Arbeitnehmer erstmals an den Beschäftigungsort zieht. Nicht grundsätzlich anders kann der Fall beurteilt werden, wenn der Steuerpflichtige bereits früher einmal am Beschäftigungsort gewohnt hat.

Für die Beurteilung der beruflichen Veranlassung ist auf die Gründe für die Errichtung des zweiten Wohnsitzes abzustellen. Es sind danach die Umstände zu prüfen, die zur Errichtung des zweiten Haushalts geführt haben. Dabei kann der Tatsache, dass der Steuerpflichtige seinen Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort früher aus privaten Gründen wegverlegt hat, dann Bedeutung zukommen, wenn ein enger Zusammenhang zwischen der Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort und der Errichtung oder Beibehaltung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsorts besteht. Dann kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige bereits bei Wegzug vom Beschäftigungsort beabsichtigte, eine doppelte Haushaltsführung aufzunehmen, die deshalb als privat veranlasst anzusehen ist. Die spätere Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort kann somit beruflich veranlasst sein, wenn zwischen der vorherigen, privat veranlassten Aufgabe der Familienwohnung am Beschäftigungsort und der späteren, beruflich veranlassten Errichtung des zweiten Haushalts kein enger Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 30. Oktober 1987 VI R 76/84, BFHE 152, 78, BStBl II 1988, 358).

c) Das Erfordernis eines beruflichen Anlasses für die Aufsplitterung des einheitlichen Hausstandes folgt nicht nur aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, von dem die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nur eine spezielle Ausprägung enthält; diese Auslegung verhindert ferner, dass ohne sachlich zwingende Notwendigkeit die Kosten einer Wohnung steuermindernd abgezogen werden, obwohl sie als Aufwendungen der Lebensführung des Steuerpflichtigen dem ausdrücklichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG unterfallen (Finanzgericht Köln, Urteil vom 11. Mai 2000 7 K 499/94, EFG 2000, 786). Für die Prüfung der beruflichen Veranlassung sind die objektiven Umstände maßgeblich, Vorstellungen und Absichten der Beteiligten bleiben außer Betracht (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 29. März 1993 15 K 147/91, EFG 1993, 573 m.w.N.).

2. In Anwendung dieser Grundsätze sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG hinsichtlich der streitigen Mietaufwendungen des Klägers für seine doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt. Der Senat kann hierbei sowohl offen lassen, ob der Kläger am ... 2002 tatsächlich bereits seinen Familienwohnsitz im gemieteten Haus V begründet hatte, als auch, ob der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages über das gekaufte Haus in V bereits davon ausging, dass er in absehbarer Zeit eine neue Arbeitsstelle bei der GmbH in M antreten werde.

Die Begründung des zweiten Haushaltes des Klägers in M am ... 2002 war jedenfalls unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles nicht beruflich veranlasst in dem dargelegten Sinne.

a) Hierbei ist dem Kläger zwar zuzugestehen, dass seine Wohnsitznahme am ... 2002 in dem von der GmbH angemieteten Einzimmerapartment in M durch den Antritt seiner neuen Arbeitsstelle und damit - isoliert betrachtet - beruflich veranlasst im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG war. Zumindest nach Aktenlage unstreitig ist auch, dass sich zu diesem Zeitpunkt wie im Streitjahr 2003 der Hauptwohnsitz des Klägers an seinem Familienhausstand und folglich sein Lebensmittelpunkt im gemieteten Haus V befand. Insofern wären somit die streitigen Aufwendungen des Klägers als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.

b) Nach Ansicht des Senats gebietet es jedoch eine wortlautnahe Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG unter Berücksichtigung der dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze, dass jede Begründung einer doppelten Haushaltsführung nach einer Gesamtschau auf ihre berufliche oder private Veranlassung hin zu überprüfen ist. Diese Gesamtschau verbietet es, allein und isolierend darauf abzuheben, ob die Wohnung am Arbeitsort gegebenenfalls ohne Ansehung des Orts des Familienhausstandes beruflich veranlasst ist, sondern führt dazu, dass diese Prüfung auch in der Relation zu dem Familienhausstand erfolgt, denn nur im Zusammenhang mit einem abweichenden Familienhausstand ist überhaupt eine doppelte Haushaltsführung gegeben. Auch die systematische Beziehung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG zu § 12 Nr. 1 EStG spricht dafür, das sowieso schon nur auf den Gründungsakt einer doppelten Haushaltsführung bezogene Merkmal der beruflichen Veranlassung durch die alleinige Beziehung auf die Wohnung am Arbeitsort weiter zu verengen. Der Senat sieht hiernach im Gesetz keinen Anhaltspunkt, dass die Gemeinschaft der Steuerzahler in der Regel eine erhebliche Verschiebung des Familienhausstandes außerhalb des Arbeitsorts zu honorieren hat, jedenfalls wenn der Vereinigung von Familienhausstand und Wohnung am Arbeitsort nichts entgegensteht (vgl. hierzu auch Finanzgericht München in EFG 1993, 573 m.w.N.) aa) Dementsprechend ist im Streitfall festzustellen, dass dem Kläger bei der nach Aktenlage - insoweit auch bestätigt durch das Ergebnis der mündlichen Verhandlung - offenkundig bereits im Jahr 2001 getroffenen und durch den Ankauf eines Hauses in diesem Jahr dokumentierten Entscheidung, den Familienhausstand nach V zu verlegen, bewusst war, dass er hiermit aus privaten Gründen eine dauerhafte Aufspaltung seines privaten von seinem beruflichen Wohnsitz herbeiführen würde. Hierbei kann offen bleiben, ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits davon ausging, dass er seinen Arbeitsplatz in H beibehalten oder eine neue Arbeitsstelle bei der GmbH in M annehmen werde. In jedem Fall entschied er sich im Jahr 2001 aus privaten Gründen - seinen älteren Sohn in ... einzuschulen -, künftig seinen Familienwohnsitz nicht mehr am Arbeitsort (H oder M), sondern an einem erheblich davon entfernten Wohnort zu unterhalten. Folglich kann der Streitfall nicht mit dem - auch vom Kläger vorgetragenen - Regelfall gleichgestellt werden, in dem ein Arbeitnehmer an einem anderen Ort als dem Familienwohnsitz eine neue Stellung annimmt und aus diesem beruflichen Anlass dort einen zweiten Haushalt einrichtet. Vielmehr erfolgte die Aufsplitterung der vorher einheitlichen Haushaltsführung des Klägers auf zwei getrennte Haushalte nicht allein oder überwiegend aus beruflichen, sondern jedenfalls auch aus erheblichen privaten Gründen (vgl. hierzu auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 6. November 2001 IV 906/96, EFG 2002, 319).

bb) Der Senat sieht es deshalb hinsichtlich der Beurteilung der beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung des Klägers im Streitjahr 2003 als entscheidend an, dass diese im Jahr 2002 erfolgte Aufsplitterung von Familienhausstand und Wohnung am Arbeitsort sich insgesamt gesehen nicht als zumindest überwiegend beruflich begründet darstellt, da das auslösende Element bzw. der unmittelbare Anlass für diese Aufsplitterung des Wohnens des Klägers auf zwei Haushalte ab dem ... 2002 im Wunsch des Klägers (und wohl auch F) zu sehen ist, den Familienwohnsitz in V zu begründen, und demnach im privaten Bereich.

Demgegenüber würde die vom Kläger im vorliegenden Klageverfahren vorgetragene Betrachtungsweise zu einer willkürlichen Aufspaltung eines ersichtlich einheitlichen Lebenssachverhaltes - welcher in der jedenfalls bereits im Jahr 2001 getroffenen und im Jahr 2002 umgesetzten Entscheidung des Klägers zu sehen ist, künftig seinen Familienwohnsitz an einem örtlich von seinem Arbeitsort weit entfernten Wohnort in zu unterhalten - führen. Er hatte sich damit ersichtlich entschlossen, aus privaten Gründen arbeitstäglich getrennt von seiner Familie einen eigenen Wohnsitz zu unterhalten, wobei unerheblich ist, ob er hierbei davon ausging, dies in H oder in M zu tun. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum auch nur in Erwägung gezogen haben sollte, künftig an seinem Familienwohnsitz in ... auch zu arbeiten, ergeben sich weder aus der Aktenlage, noch trägt der Kläger Entsprechendes vor. Dementsprechend ist die vorliegende Aufspaltung der Haushalte des Klägers im Ergebnis als privat veranlasst zu beurteilen und nicht als beruflich durch den Arbeitsplatzwechsel des Klägers veranlasst. Hierbei wirkte die entsprechende, im Jahr 2001 getroffene Entscheidung des Klägers - sofern sie vor seiner Entscheidung zu seinem Arbeitsplatzwechsel zur GmbH getroffen worden sein sollte - jedenfalls entsprechend auch nach der Verlegung seines Arbeitsplatzes nach M weiter.

cc) Hierbei ist nach Ansicht des Senats auch zu berücksichtigen, dass weder aus den dem Gericht vorliegenden Akten noch dem sonstigen Klagevortrag erhebliche Gründe ersichtlich sind, weshalb der Kläger seinen Familienwohnsitz im Zuge seines Arbeitsplatzwechsels nicht ebenfalls nach M verlegte, nachdem spätestens ab dem ... 2001 sicher absehbar war, dass er zukünftig dort arbeiten würde. Auch insoweit wird somit die aus privaten Gründen getroffene Entscheidung des Klägers, den Familienwohnsitz ab dem Jahr 2002 auf Dauer nach V zu verlegen, nicht durch den beruflichen Anlass des Arbeitsplatzwechsels des Klägers nach M mit der Folge überlagert, dass dessen ab dem ... 2002 begründete doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst in dem dargelegten Sinn beurteilt werden könnte (vgl. hierzu auch Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Januar 2006 16 K 589/04 E, EFG 2006, 563).

Der Vereinigung von Familienhausstand und Wohnung am Arbeitsort M stand im Streitfall - soweit ersichtlich - nichts entgegen.

dd) Der Umstand, dass der Kläger im Zuge der Umsetzung dieser Entscheidung, künftig seinen Familienwohnsitz getrennt von seinem Arbeitsort zu unterhalten, seinen neuen Familienwohnsitz im gemieteten Haus V - nach seinem Vortrag - wenige Tage vor Antritt seiner neuen Arbeitsstelle in M und damit der Begründung seines zweiten Haushaltes am Arbeitsort begründet hat, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Bereits aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhanges ist dies nicht geeignet, die Begründung der doppelten Haushaltsführung des Klägers an seinem neuen Arbeitsort in M als zumindest überwiegend beruflich veranlasst im Sinne der dargelegten Grundsätze zu beurteilen.

c) Zudem kann im Streitfall nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwischen der privat veranlassten Verlegung des Familienwohnsitzes aus der Wohnung H in das gemietete Haus V und der auch nach dem Klagevorbringen zeitlich unmittelbar darauf folgenden (beruflich veranlassten) Begründung des zweiten Haushalts des Klägers in M ein sehr enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil in BFHE 152, 78, BStBl II 1988, 358) folgt jedoch auch hieraus nach Ansicht des Senats für den Streitfall, dass die Begründung des zweiten Haushaltes des Klägers in M zumindest nicht als überwiegend beruflich veranlasst gewertet werden kann, da der Kläger ersichtlich bereits anlässlich der unstreitig privat veranlassten Verlegung des Familienwohnsitzes beabsichtigte, künftig eine doppelte Haushaltsführung aufzunehmen.

Der Kläger hatte damit durch die parallel vorbereitete und faktisch gleichzeitig durchgeführte Begründung des Familienhausstands im gemieteten Haus V sowie eines getrennten Hausstands am neuen Beschäftigungsort M die Kosten für diese zweite Wohnung ohne zwingende berufliche Notwendigkeit zusätzlich in Kauf genommen. Dies ist nach Ansicht des Senats steuerrechtlich wie eine - nicht zu Werbungskosten führende - Wegverlegung der Wohnung vom Arbeitsort zu behandeln, weil die tatsächliche Situation des Klägers mit dieser Sachverhaltskonstellation vergleichbar ist (vgl. hierzu Finanzgericht München, Urteil vom 20. Oktober 2004 10 K 3879/02, EFG 2005, 275).

d) Die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichtes vom 7. April 1987 II 406/84 (III) (EFG 1987, 454) steht diesem Ergebnis entgegen dem Klagevorbringen nicht entgegen. Während in dem dort zu entscheidenden Streitfall der Kläger ohne die vorliegende Verlegung seines Arbeitsplatzes keinen Anlass gehabt hätte, einen doppelten Haushalt zu begründen, stand im hier zu entscheidenden Streitfall durch die Entscheidung des Klägers im Jahr 2001, seinen Familienwohnsitz nach V zu verlegen, fest, dass er künftig - unabhängig davon, ob er weiter bei der KG oder aber stattdessen bei der GmbH arbeiten werde - zwei getrennte Haushalte würde unterhalten müssen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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