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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 1 K 5083/04
Rechtsgebiete: GewStG


Vorschriften:

GewStG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 5083/04

In der Streitsache

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung ... sowie

der ehrenamtlichen Richter ... und ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Veräußerung einer Bäckerei-Verkaufsfiliale des Klägers mit verpachtetem Café als steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung zu beurteilen ist.

Der Kläger betreibt als Alleininhaber eine Bäckerei/Konditorei. Der Hauptbetrieb mit Backstube und einem Verkaufsgeschäft (im folgenden auch als Hauptgeschäft bezeichnet) befindet sich in A, B-Straße. Daneben betrieb er eine Verkaufsfiliale in A, C-Straße. Neben der Filiale C-Straße befinden sich räumlich bedingt getrennte Räumlichkeiten, die er als Tagescafé an Dritte verpachtet hatte (ein Grundriss befindet sich bei den Klageakten). Mit Wirkung zum XX. März 2000, 24:00 Uhr veräußerte er die Filiale C-Straße an die Fa. X, A. Diese übernahm auch den Mietvertrag für die Filialräume nebst Tagescafé sowie den Arbeitsvertrag einer Verkäuferin (Fr. H). Eine weitere Verkäuferin wurde in das Haupt-Verkaufsgeschäft übernommen. Die Ehefrau des Klägers, die überwiegend in der Filiale C-Straße tätig war, wechselte ebenfalls ins Hauptgeschäft.

Der Kläger erklärte in seiner Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2000 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von XXX.771 DM, davon einen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung seiner Bäckerei-Verkaufsfiliale C-Straße in Höhe von XXX.838 DM. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - setzte mit Bescheid vom 27. August 2002 den Gewerbesteuermessbetrag unter Übernahme der erklärten Zahlen fest. Allerdings behandelte es den erklärten Veräußerungsgewinn als laufenden Gewinn.

Im Einspruchsverfahren folgte das FA dem Vortrag des Klägers nicht, die Filiale C-Straße sei als Teilbetrieb zu beurteilen (Einspruchsentscheidung [EE] vom 2. November 2004).

Mit seiner Klage begehrt der Kläger weiterhin den Ansatz des Veräußerungserlöses der Filiale C-Straße als begünstigte Teilbetriebsveräußerung.

Die Verhältnisse des Betriebs stellen sich nach dem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 18. September 2006 und den dortigen Zeugeneinvernahmen sowie den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen in Eckpunkten wie folgt dar (wegen der Einzelheiten wird auf das umfangreiche Geheft mit Zusammenstellungen und Kopien aus den Buchhaltungsunterlagen verwiesen, das mit Schriftsatz vom 13. September 2006 eingereicht wurde, sowie auf die Niederschriften über die Zeugeneinvernahmen im Termin am 18. September 2006):

Im Hauptbetrieb war die Backstube selbst untergebracht, in der der Kläger als Bäcker und 2 Mitarbeiter backten. Im dortigen Ladengeschäft beschäftigte der Kläger eine Vollzeitkraft als Verkäuferin. Im Filialbetrieb C-Straße waren durchschnittlich 2 Vollzeit-Mitarbeiter, darunter regelmäßig die Ehefrau des Klägers, und 1 Teilzeitkraft beschäftigt sowie verschiedentlich Aushilfen. Die Ehefrau des Klägers half gelegentlich auch im Hauptgeschäft als Verkäuferin aus, etwa in Krankheitsfällen. Verkaufspreise kalkulierte der Kläger nach Beobachten der Konkurrenz sowie in Absprache mit seiner Ehefrau und setzte die Preise einheitlich fest, wobei die Ehefrau des Klägers es in der Filiale in der Hand hatte, vor Ort die Preise gelegentlich hinauf oder herunter zu setzen (z.B. bei Sonderaktionen bzw. Abverkauf).

Die Umsätze von Haupt-Verkaufsgeschäft und Filiale lassen sich grob in sieben Gruppen aufteilen. Bei geringfügigen Abweichungen zwischen den Jahren stellen sich die Umsätze der Gruppen in Haupt-Verkaufsgeschäft und Filiale C-Straße - exemplarisch dargestellt am Jahr 1999, dem Jahr vor der Veräußerung -wie folgt dar (mit nicht aufgelöster Rundungsdifferenz):

 GruppeVerteilung innerhalb 
 HauptbetriebFiliale
Bäckerei49,17%35,31%
Konditorei21,50%35,49%
Fremdartikel (Bäko)23,79%9,65%
Tchibo Handelsware 7,01%
Tchibo Kaffee 9,59%
Zigaretten5,53%2,75%
Sonstiges0,02%0,20%
 100,01%100,00%

Das Tchibo-Sortiment führte das Unternehmen nur in der Filiale und übernahm es erst nach deren Veräußerung - reduziert auf das Kaffeesortiment - ins Hauptgeschäft. Auch Speiseeis verkaufte das Unternehmen nur in der Filiale. Kunden des Cafés neben der Filiale konnten sich Kuchen in der Filiale aussuchen und die Bedienungen sich diese gegen Bon aushändigen lassen. Die Bons wurden dann monatlich mit den Café-Pächtern abgerechnet. Die nur in der Filiale angebotenen Torten fertigte die Backstube und lieferte sie an die Filiale. Zur Vermeidung von Transportschäden garnierten der Kläger oder seine Ehefrau diese erst vor Ort.

Die Einnahmen zeichnete das Unternehmen wie folgt auf: Die Tagesendsummenbons der Kassen im C-Straße und im Hauptgeschäft wurden nebeneinander aufgeklebt und hintereinander mit einem Kennbuchstaben für Filiale oder Hauptbetrieb unter dem Datum in das Kassenbuchblatt des Tages eingetragen. Die Tageseinnahmen wurden auf zwei unterschiedlichen Bankkonten eingezahlt und Ausgaben, die der Filiale oder dem Hauptgeschäft zuordenbar waren, von diesen Konten bezahlt. Beim Grossisten Bäko wie beim Frischdienst waren Filiale und Hauptgeschäft unter gesonderten Kundennummern erfasst und wurden gesondert beliefert. Die Waren hatten grundsätzlich denselben Preis in Hauptgeschäft und Filiale. Über die Lieferungen der Eigenproduktion zur Verkaufsstelle B-Straße oder zur Filiale führte das Unternehmen keine gesonderten Aufzeichnungen. Die Backstube lieferte die Ware morgens und 2-3mal tagsüber nach Bedarf an die Filiale.

In der Buchhaltung erfasste das Unternehmen Aufwendungen und Umsätze im Wesentlichen getrennt nach Hauptgeschäft und Filiale und führte sie erst in der Gewinnermittlung zusammen, wo sie nicht mehr gesondert ausgewiesen waren. Inventuren wurden in Filiale und Hauptgeschäft getrennt durchgeführt. Den Wareneinsatz für die selbst in der Backstube produzierten Produkte erfasste das Unternehmen zusammen mit dem sonstigen Wareneinkauf der Verkaufsstelle B-Straße und zahlte auch vom für diese geführten Bankkonto. Wegen der weiteren Einzelheiten und der anderen Jahre wird auf das bei den Akten befindliche Geheft und die Niederschriften über die Zeugenvernehmungen bzw. die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2006 verwiesen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2000 in Gestalt der EE vom 2. November 2004 aufzuheben und den Gewerbesteuermessbetrag für dieses Jahr neu festzusetzen und dabei von einem um XXX.339 DM niedrigeren steuerbaren Gewerbeertrag auszugehen. Im Schriftsatz vom 26. Oktober 2006 (Eingang bei Gericht am 27. Oktober 2006) teilte der Klägervertreter mit, dass sein im Schreiben vom 13. September 2006 enthaltener Antrag auf Revisionszulassung aufrecht erhalten bleibe.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die EE.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das FA hat im Ergebnis zu Recht die Filiale C-Straße nicht als Teilbetrieb angesehen und den Veräußerungserlös als steuerbaren Gewerbeertrag behandelt.

1. Nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung ist nur der "laufende" Gewinn Gegenstand der Besteuerung nach dem Gewerbesteuergesetz. Veräußert ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft einen Betrieb, so ist der dabei erzielte Gewinn kein "laufender" Gewinn, und er gehört deshalb nicht zum Gewerbeertrag. Dies folgt aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 27. März 1996 I R 89/95, BStBl II 1997, 224). Da mit der Veräußerung der Betrieb gerade beendet wird, kann der Veräußerungsvorgang nicht mehr als Teil der betrieblichen Betätigung gewertet werden. Dies entspricht der ertragsteuerlichen Sicht, die den Grund für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns i. S. des § 16 EStG nicht in der Erfassung des Ergebnisses einer betrieblichen Betätigung sieht. Vielmehr soll die Besteuerung - systematisch folgerichtig - geboten sein, um die Erfassung der bis zur Betriebsbeendigung noch nicht realisierten stillen Reserven sicherzustellen (vgl. Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG, § 16 A 22 m.w.N.).

2. Steuerbegünstigt ist auch die Veräußerung eines Teilbetriebs. Unter einem Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein lebensfähig ist. Es muss eine Untereinheit des Gesamtbetriebs, ein selbständiger Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens vorliegen. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - beim Veräußerer - zu entscheiden. Den Abgrenzungsmerkmalen - z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm - kommt je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu (BFH-Urteil vom 12. Februar 1992 XI R 21/90, BFH/NV 1992, 516 m.w.N.). Die Annahme einer gewissen Selbständigkeit von Einzelhandelsfilialen setzt u.a. voraus, dass das dort beschäftigte leitende Personal nicht nur die Waren zu dem von der Zentrale vorgeschriebenen Preis verkauft, sondern beim Wareneinkauf und bei der Preisgestaltung mitwirkt (BFH-Urteil vom 12. Februar 1992 XI R 21/90, BFH/NV 1992, 516). Bei Einzelhandelsfilialen reichen räumliche Trennung, eigenes Personal, eigenes Anlagevermögen, eigene Kassenführung, eigener Kundenstamm nicht aus, um die einzelne Filiale als Teilbetrieb zu werten. Die hier notwendige Selbständigkeit gegenüber der Zentrale muss sich - zur Abgrenzung gegenüber der unselbständigen Verkaufsstelle, die regelmäßig dieselben äußeren Merkmale aufweist - auch in der auf der internen Unternehmensorganisation beruhenden Führung der Geschäfte der Filiale ausdrücken. Erschöpft sich diese Geschäftsführung in der Durchführung des Verkaufs der von der Zentrale zugewiesenen Waren und einer eigenen Kassenführung, so fehlt der Filiale die notwendige Eigenständigkeit. Darüber hinaus ist ein Einzelhandelsbetrieb ohne eigene Einkaufsbeziehungen für sich nicht lebensfähig (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 516, m.w.N.).

Dieses BFH-Urteil betrifft den Verkauf von 12 über das Stadtgebiet verteilten Kaffee-Shops mit denen ein Kaffeeimporteur, -röster und -großhändler im Einzelhandel Kaffee vertrieb. Der BFH beurteilte den einzelnen Kaffee-Shop als unselbständige Verkaufsstelle. Das Finanzgericht (FG) München hatte die Teilbetriebseigenschaft von regional verteilten Supermärkten einer Supermarktkette zu beurteilen und kam in Anwendung der oben zitierten Maßstäbe des BFH zu dem Ergebnis, dass Voraussetzung für die Annahme eines Teilbetriebes eine eigene Einflussnahme auf die Preisgestaltung durch die Filiale sei. Sie müsse selbst kalkulieren und ihre eigene Ertragsberechnung durchführen können. Dies war im damaligen Streitfall nicht gegeben, weil der Filialleiter keine Befugnis zur eigenen Preisreduzierung oder -anhebung besaß (FG München, Urteil vom 27. Oktober 1992 7 K 7143/87, veröffentlicht in [...] m.w.N.). Im Fall eines Textilhauses mit mehreren Ladengeschäften hat der BFH herausgestellt, dass nur ein solches Ladengeschäft Teilbetrieb sein könne, dem nicht nur der Absatz obliege, sondern das im wesentlichen auch die übrigen Funktionen des Einzelhandels erfülle. Dazu gehört nach Ansicht des BFH vor allem der Wareneinkauf, der im Einzelhandel in besonderem Maße über den Geschäftserfolg bestimmt. Ein Einzelhandelsbetrieb ohne Einkaufsbeziehungen ist für sich nicht lebensfähig. Übernimmt eine Filiale lediglich Waren von einer Unternehmenszentrale, so erfüllt sie nur die Aufgaben einer unselbständigen Verkaufsstelle des Unternehmens. Die erforderliche Verselbständigung des Teilbetriebes verlangt auch, dass ihm die sachlichen und personellen Mittel für die Beschaffung, die Darbietung und den Absatz der Ware zur Verfügung stehen, dass er in seinem Bereich auf die Gestaltung der betrieblichen Leistung Einfluss nehmen und den Betriebserfolg gesondert ermitteln kann (BFH-Urteil vom 24. April 1980 IV R 61/77, BStBl II 1980, 690).

3. Nach diesen Maßstäben ist die verkaufte Filiale C-Straße als unselbständige Verkaufsstelle und nicht als Teilbetrieb zu beurteilen. Dabei stützt sich der Senat auf eine Gesamtschau der betrieblichen Verhältnisse unter Würdigung aller in den Akten, den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen, den Zeugenaussagen und dem Vortrag des Klägers zum Ausdruck kommenden Merkmale.

a) Danach ist der verkauften Filiale durchaus eine gewisse Selbständigkeit zuzuerkennen. So hat der Kläger in Hauptgeschäft und Filiale getrennte Kassen geführt und diese Trennung im Kassenbuch auch dokumentiert. Auch wurden die Umsätze von Hauptgeschäft und Filiale auf getrennte Konten gebucht, die Bareinnahmen auf getrennten Bankkonten eingezahlt und der Wareneinkauf für die Filiale auch gesondert erfasst. Das Personal war im Wesentlichen nur in der Filiale oder dem Hauptgeschäft tätig. Die Filiale hatte aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage einen anderen Kundenkreis - wohl auch mehr Laufkundschaft - als das wenige Straßen weiter im Wohngebiet ansässige Hauptgeschäft. Durch das vertriebene Tchibo-Sortiment und auch durch das benachbarte Tagescafé erschloss die Filiale einen zusätzlichen Kundenkreis, den das Hauptgeschäft so nicht hatte. Schließlich wurde auch das Anlagevermögen in getrennten Bestandsaufnahmen festgehalten. Somit erfüllt die Filiale eine gewisse Anzahl der Kriterien, die für einen Teilbetrieb sprechen.

b) Trotzdem ist der erkennende Senat bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass die Filiale C-Straße nicht als Teilbetrieb zu beurteilen ist. Dabei ist der Geschäftsgegenstand der Filiale nicht nur von der Verkaufsstelle B-Straße abzugrenzen, sondern insbesondere auch die dienende Funktion der Filiale für das Gesamtunternehmen unter Einbeziehung der Eigenproduktion zu betrachten.

aa) Das die Filiale prägende Geschäft war der Verkauf von Back- und Konditoreiwaren. Sie erwirtschaftete mit diesen in der Backstube des Betriebs hergestellten Produkten über 70% ihres Umsatzes. Sie unterschied sich damit in Ihrer Funktion für das Gesamtunternehmen nur unwesentlich von der Verkaufsstelle B-Straße. Auch dort prägte der Verkauf der Eigenproduktion von Bäckerei- und Konditoreiwaren den Charakter des Geschäfts. Filiale wie Verkaufsstelle B-Straße hatten danach nicht nur eine gleichartige betriebliche Tätigkeit, sie nahmen im Gesamtbetrieb "Bäckerei/Konditorei" gleichermaßen die wichtige Absatzfunktion wahr. Das Unternehmen war geprägt durch Produktion und direkten Verkauf der Eigenproduktion; letzteren in zwei Verkaufsstellen, wobei die Filiale gegenüber der anderen Verkaufsstelle den weitaus höheren Umsatz mit der Eigenproduktion erzielte.

Demgegenüber nehmen die anderen in den Verkaufsstellen vertriebenen Warengruppen im Unternehmen nur eine Nebenrolle ein. Bei den "Fremdartikeln", die im Wesentlichen vom Spezial-Grossisten "Bäko" bezogen wurden, handelt es sich um ein typisches Randsortiment, das der Kunde einer Bäckerei/Konditorei im Vorübergehen mitnimmt oder das Kunden in einem solchen Geschäft erwarten. Der Umsatzanteil dieser Waren ist mit rund 10% in der Filiale und rund 24% in der Verkaufsstelle B-Straße insbesondere in letzterer zwar nicht zu vernachlässigen, jedoch nicht prägend. Gleiches gilt für das sonstige Rahmensortiment wie Zigaretten und Speiseeis. Auch das nur in der Filiale angebotene Tchibo-Sortiment führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar nimmt der Umsatz mit Tchibo-Handelsware mit rund 7% (exemplarisch in 1999) ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Umfang ein. Gleichwohl ist dieses Geschäft nicht prägend für die Filiale. Vielmehr wird vom Verkehr das Tchibo-Depot als typisches Neben- und Randsortiment von Bäckerei-/Konditoreigeschäften wahrgenommen. Eine Ausnahme bilden hier reine Tchibo-Verkaufsstellen, die sich von diesem traditionellen Nebensortimentsverkauf gelöst haben. Um eine solche handelt es sich im Streitfall aber nicht. Darüber hinaus war der Ergebnisbeitrag der Tchibo-Handelsware nach Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung vernachlässigbar. Der Verkauf von Tchibo-Kaffee (10% im Jahr 1999) nur in der Filiale erscheint dem Senat ebenfalls nicht als prägend und ist ebenfalls als typisches Randsortiment derartiger Geschäfte zu beurteilen.

Schließlich führt auch nicht das benachbarte Tagescafé zu einem ungleichartigen Geschäftsgegenstand von Filiale C-Straße und Verkaufsstelle B-Straße. Zwar ist der deutlich höhere Anteil der Konditoreiwaren - vor allem der nur in der Filiale angebotenen Torten - am Gesamtumsatz sicherlich auch durch die Kunden dieses Cafés zu erklären. Gleichwohl wurde durch dieses benachbarte Café der Charakter der Filiale als Straßenverkaufsgeschäft nach Auffassung des Senats nicht prägend verändert.

Die Caféverpachtung selbst ist ebenfalls nicht als Teilbetrieb zu beurteilen. Im Streitfall wurde lediglich der Mietvertrag über die gesamten Räumlichkeiten an den Erwerber der Filiale "weitergeleitet". Der (Unter-)Pachtvertrag mit dem Café-Pächter wurde hingegen zum Übergangszeitpunkt beendet. Entgegen dem Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung hatte ein möglicher Pachterlös kein eigenes wirtschaftliches Gewicht im Rahmen der Veräußerung der Filiale, zumal es dem Erwerber frei stand, die früheren Café-Räumlichkeiten erneut zu verpachten oder für eine vergrößerte Verkaufsfläche zu nutzen. Selbst wenn einem möglichen Pachterlös ein eigenes wirtschaftliches Gewicht beizumessen gewesen wäre, wäre nach der Rechtsprechung alleine daraus kein Teilbetrieb abzuleiten. Der BFH - dem sich der erkennende Senat anschließt - beurteilt selbst die Verpachtung eines eigenen Grundstücks nicht als Teilbetrieb, weil die Grundstücksverwaltung ihrer Natur nach keinen Gewerbebetrieb darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1969 IV R 202/68, BStBl II 1969, 397).

bb) Gegen die Annahme eines Teilbetriebes spricht aber vor allem, dass die Filiale nicht mit einer solchen Selbständigkeit ausgestattet war, dass sie selbständig überlebensfähig gewesen wäre. Hierzu fehlte es vor allem an einer alle wesentlichen Funktionen des Einkaufs umfassenden eigenständigen Einkaufstätigkeit der Filiale. Zwar wurden Bestellungen des oben beschriebenen Randsortiments durch die in der Filiale beschäftigte Ehefrau des Klägers und gelegentlich durch andere Beschäftigte aufgegeben. Hierbei handelte es sich jedoch um den mechanischen Bestellvorgang zur Auffüllung des ständigen Sortiments. Um als Einzelhandelsverkaufsgeschäft sämtliche wesentlichen Einkaufsfunktionen zu erfüllen, hätte die Filiale auch selbst über die grundsätzlichen Fragen des Einkaufs, wie Auswahl des Lieferanten, Kalkulation und Verhandeln des Einkaufspreises u.s.w., entscheiden müssen. Dies war aber nicht der Fall, vielmehr wurden diese Funktionen in der Person des Geschäftsinhabers einheitlich für beide Verkaufsstellen wahrgenommen. Vor allem fehlte es aber an einem eigenständigen Einkauf der prägenden Hauptprodukte - der Eigenproduktion. Die Filiale hatte insoweit eine der Backstube dienende Absatzfunktion, die einen selbständigen Einkauf solcher Produkte dem Grunde nach verbot. Lediglich in untergeordenetem - im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht wesentlichen - Umfang wurde im Bereich des Hauptsortiments - aber insoweit wiederum vom Geschäftinhaber vorgegeben - Ware an solchen Tagen zugekauft, an denen die Backstube geschlossen war. Die Verzahnung von Eigenproduktion und Absatz zeigt sich auch deutlich daran, dass die Torten in der Backstube produziert und zur Vermeidung von Transportschäden in der Filiale garniert wurden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass diese Garnierungsarbeiten nicht zu einer weiteren "Verselbständigung" der Filiale führen, sondern vielmehr die Verzahnung mit der Eigenproduktion und somit die Unselbständigkeit derselben betonen.

cc) Die Funktion der Filiale C-Straße als unselbständige Verkaufsstelle wird darüber hinaus dadurch unterstrichen, dass keine eigenständige Kalkulation durch und für diese durchgeführt und auch keine eigenständige Verkaufs- und Preispolitik betrieben wurde. Von der Verkaufsstelle B-Straße abweichende Preise gab es nur in Ausnahmefällen, etwa zu Zwecken des Abverkaufs. Die Preisgestaltung im Übrigen erfolgte nach einer einheitlichen Kalkulation des Gesamtunternehmens bzw. nach einheitlichen Kriterien durch den Inhaber, der letztlich auch über die Teilnahme an Sonderaktionen im Zusammenhang mit Tchibo-Werbeaktionen zu entscheiden hatte.

dd) Die Ehefrau des Klägers spielte in diesem Zusammenhang eher die Rolle eines verlängerten Arms des Geschäftsinhabers. Sie ist insoweit auch nicht so sehr als "Mitarbeiterin" eines verselbständigten Unternehmensteils zu betrachten, sondern unterstreicht vielmehr die Verzahnung der Filiale mit dem Gesamtbetrieb. Dies wird belegt durch den Arbeitsvertrag des Klägers mit seiner Ehefrau, in dem der Ehefrau ein Weisungsrecht gegenüber allen - im gesamten Bäckereibetrieb - tätigen Mitarbeitern eingeräumt wird. Darüber hinaus lässt der Arbeitsvertrag auch keinerlei Beschränkung auf die Filiale oder dortige Verkaufstätigkeiten erkennen. Vielmehr sieht er die umfassende Mitwirkung der Ehefrau im Betrieb sowie die Vertretung und Unterstützung des Unternehmensinhabers auch im Bereich der Vorbereitung (Einkauf der Rohstoffe) der Eigenproduktion vor. Belegt ist diese dem Gesamtbetrieb dienende Tätigkeit der Ehefrau auch dadurch, dass sie - etwa in Krankheitsfällen - in der Verkaufsstelle B-Straße die Vertretung der dortigen Verkäuferin übernahm. Eine alleinige Zurechnung der von der Ehefrau wahrgenommenen beruflichen Funktionen zur Filiale als dort selbständig ausgeführte - deren Selbständigkeit betonende - Tätigkeiten scheidet daher aus. Letztendlich können die von der Ehefrau wahrgenommen Funktionen auch deshalb nicht (alleine) der Filiale zugerechnet werden, weil die Funktionsträgerin nach dem Verkauf gerade nicht in der Filiale verblieben ist, sondern in die andere Verkaufsstelle bzw. in das Hauptgeschäft wechselte.

Nach alledem war die Filiale C-Straße als unselbständige Verkaufsstelle zu beurteilen und die Klage abzuweisen.

4. Das Gericht entscheidet über die Frage der Zulassung der Revision von Amts wegen. Eines Antrages der Prozessbeteiligten bedarf es insoweit nicht (Gräber/Ruban, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung -FGO- § 115 Rdnr. 106). Die Revision war im Streitfall nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Einzelhandelsfiliale keine bloße Verkaufsstelle, sondern ein selbständiger Teilbetrieb ist, ist höchstrichterlich geklärt (vgl. BFH-Beschluss vom 2. April 1997 X B 269/98, BFH/NV 1997, 481). Welches Gewicht die einzelnen vom BFH herausgearbeiteten Kriterien bei der Entscheidung des Einzelfalles haben, unterliegt im Wesentlichen der tatrichterlichen Beurteilung. 5. Die vom Kläger angeführte Entscheidung des FG Münster vom 8. Februar 2006 (1 K 908/04 E, G, EFG 2006, 1550) betrifft einen anderen Sachverhalt, als er im Streitfall zu beurteilen ist. Im Urteilsfall ist das Gericht davon ausgegangenen, dass die dort zu beurteilende Eisdiele "eine organisatorische Selbständigkeit" besessen hat. Das hat der erkennende Senat für den vorliegenden Streitfall aus den oben angeführten Gründen verneint. Weshalb das FG Münster die Revision zugelassen hat, ist aus der veröffentlichten Urteilsfassung nicht ersichtlich. Allerdings rückt das FG Münster anders als der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung die Käufersicht in den Mittelpunkt der Überlegungen, was die Revisionszulassung erklären würde. Im vom erkennenden Senat zu entscheidenden Fall hat der Erwerber den Betrieb jedoch anders als im vom FG Münster entschiedenen Fall gerade nicht unverändert fortgeführt, sondern vielmehr seine eigene Produktion in der erworbenen Filiale vertrieben und die Filiale funktional seinem Gesamtbetrieb eingegliedert. Daher wäre auch nach der modifizierten Betrachtungsweise des FG Münster im Streitfalle nicht von einer begünstigten Teilbetriebsveräußerung auszugehen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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