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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 1 K 597/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 15 Abs. 2 S. 1
EStG § 18 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 K 597/07

In der Streitsache ...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Kläger eine Rechtanwaltstätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht ("Liebhaberei") betreibt und daher entstandene Verluste steuerlich nicht absetzen darf.

Die Kläger werden beim Beklagten - dem Finanzamt (FA) - zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Für das Streitjahr 2001 reichten die Kläger nach Schätzung im Einspruchsverfahren Steuererklärungen ein, in denen der 1934 geborene Kläger für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt einen Verlust in Höhe von - 8.031 DM (fälschlich als EUR erklärt) errechnet hatte. Darüber hinaus erzielte der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 70.477 DM. Wegen der Gewinnermittlung im Einzelnen wird auf die Steuererklärung in der ESt-Akte (2001, Bl. 18) verwiesen.

Das FA lehnte in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 16. Januar 2007 den Ansatz der Verluste aus Rechtsanwaltstätigkeit mangels Gewinnerzielungsabsicht ab. Es begründete dies mit den langjährigen Verlusten des Klägers aus dieser Tätigkeit. Er habe im Zeitraum 1999 bis 2003 bei geringen Betriebseinnahmen und geringen, in 2001 jedoch stark gestiegenen, Betriebsausgaben stets Verluste erzielt. Aufgrund einer Gesamtwürdigung kam es zum Ergebnis der fehlenden Absicht, einen Totalgewinn zu erzielen. Während das FA bis zum Jahr 2000 die Verluste anerkannt hatte, sah es wegen der - insbesondere durch Anmietung eines Büros - im Jahr 2001 stark gestiegenen Betriebsausgaben ab diesem Zeitpunkt keine Gewinnerzielungsabsicht mehr. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die EE verwiesen.

In den ESt-Bescheiden für die Folgejahre 2002 bis 2005 behandelte es die erklärten Verluste aus Rechtsanwaltstätigkeit entsprechend. Über den Einspruch der Kläger insoweit ist noch nicht entschieden.

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor, der Kläger habe sich ernsthaft und nachhaltig bemüht, einen dauerhaften Gewinn zu erzielen, was ihm u.a. wegen länger andauernden Krankheiten, Operationen, unerfreulicher Auftragslage und Zahlungsunfähigkeit einiger Mandanten nicht gelungen sei. Er habe sich bemüht, die Ausgaben möglichst zu reduzieren.

Die Kläger beantragen,

den ESt-Bescheid für das Jahr 2001 in der Gestalt der EE vom 16. Januar 2007 aufzuheben, die ESt neu festzusetzen und dabei den erklärten Verlust in Höhe von -8.031 DM aus selbständiger Arbeit (Rechtsanwaltstätigkeit) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zu berücksichtigen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die EE.

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2007 wird verwiesen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Bei der Ermittlung des Einkommens für die Festsetzung der Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Einkunftsarten fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C.IV.3.c a.A. (1)). Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse wegen Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen (BFH-Urteile vom 6. März 2003 XI R 46/01, BFHE 202, 124, BStBl II 2003, 602, undvom 5. November 2002 IX R 18/02, BFHE 200, 556, BStBl II 2003, 914).

Auch bei der Einkunftsart "selbständige Arbeit" ist eine derartige Gewinnerzielungsabsicht zu fordern (BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 IV R 81/99, BFHE 195, 382, BStBl II 2002, 276; in BFHE 186, 206 , BStBl II 1998, 663, undvom 26. April 1989 VI R 104/86, BFH/NV 1989, 696). Einer ausdrücklichen Verweisung auf § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG in § 18 Abs. 4 (Satz 2) EStG bedarf es nicht, weil die Definition des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG insoweit auch für die anderen Gewinn-Einkunftsarten (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) gilt, wie sich nicht zuletzt aus den in dieser Vorschrift enthaltenen Negativmerkmalen ergibt, wonach die Betätigung weder als Ausübung von Land-und Forstwirtschaft noch als Ausübung selbständiger Arbeit anzusehen sein darf (BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455).

Nach dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766 ist die Gewinnerzielungsabsicht eine innere Tatsache, die -wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge -nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Wegen der möglichen Indizien wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392 verwiesen.

Nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände führt der Kläger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt aus persönlichen Gründen fort, obwohl er - jedenfalls in der Art und Weise wie er in dem überschaubaren Zeitraum seit 1999 die Kanzlei betreibt - absehbar keinen Totalgewinn wird erzielen können. Er kann die Verluste durch seine zum Lebensunterhalt ausreichenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgleichen. Die Höhe der Einnahmen lässt darauf schließen, dass er keine besonderen Anstrengungen unternommen hat, die Zahl seiner Mandate zu steigern und so wenigstens die hohen Fixkosten auszugleichen. Auch seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung bestätigen dies. Im Gegenteil hat er durch die Anmietung von außerhalb seiner Wohnung gelegenen Büroräumen die Betriebsausgaben im Streitjahr deutlich erhöht, ohne dass dem eine auch nur annähernd entsprechende Steigerung der Einnahmen gegenüberstünde. Dazu lässt die Einlassung des Klägers in seiner Gewinnermittlung für 2002, er habe Büroräume angemietet, um den Streit über das Arbeitszimmer zu beenden, darauf schließen, dass ihm die Kosten/Nutzen-Relation bei der Ausübung seiner Rechtsanwaltstätigkeit nicht so wichtig war. Auch die Einlassung des Klägers in seinem Schreiben vom 9. Januar 2005 an das FA (Bl. 48 der ESt-Akte), die er sinngemäß in der mündlichen Verhandlung wiederholte, stützt die Schlussfolgerung, dass es ihm nicht auf einen Totalgewinn ankam, sondern er vielmehr aus anderen Gründen seinen Rechtsanwaltsstatus aufrecht erhalten wollte. Dies ist in Zusammenhang zu sehen mit der Tatsache, dass er seinen Lebensunterhalt aus anderen Einkünften (Vermietung und Verpachtung) bestreiten konnte und er daher keinem wirtschaftlichen Zwang zur Gewinnerzielung unterlag. Im Übrigen folgt der erkennende Senat der zutreffenden Würdigung durch das FA in der EE (dort unter Tz. II. 2) und sieht gem. § 105 Ab. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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