Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 1 V 4900/06
Rechtsgebiete: EStG, UmwStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 22 Nr. 2
EStG § 23 Abs. 1
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 2
UmwStG § 2
UmwStG § 13 Abs. 1
AO 1977 § 42
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

1 V 4900/06

In der Streitsache

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung ...

ohne mündliche Verhandlung

am 08. März 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens

Gründe:

I Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Antragstellerin im Jahr 2000 Einkünfte aus sonstigen Leistungen (treuhänderisches Halten von Aktien) oder aus privaten Veräußerungsgeschäften (Aktienverkäufen binnen der Jahresfrist) zu versteuern hat

[...] Im [...] wurde die C AG (im Folgenden: C AG) mit einem Grundkapital von x.000 DM in Y gegründet. Gründungsgesellschafter war neben Anderen mit einem Anteil von xx% der Bruder der Antragstellerin

1. Aktienersterwerb der Antragstellerin Unter den Beteiligten ist unstreitig, dass der Antragstellerin im Dezember 1998 x.xxx Aktien der C AG und somit ein rechnerischer Anteil von 9,x% am Nennkapital im Wege der Abtretung von B übertragen wurden. [...]

2. Kapitalerhöhung vom xx.xxx 1999 Die Hauptversammlung der C AG beschloss am xx. xxx 1999, das Grundkapital der Gesellschaft um x.000 DM auf x.000 DM zu erhöhen. An dieser Kapitalerhöhung nahm die Antragstellerin teil und zeichnete x.xxx Aktien im Nenn- und Ausgabebetrag von je x DM. Den auf sie entfallenden Zeichnungsbetrag in Höhe von xx.xxx DM zahlte sie durch Überweisung [...]

Die Antragstellerin finanzierte diesen Betrag nach Angabe mittels eines Darlehens in Höhe von xx.xx DM, das ihr Bruder ausgereicht habe. [...]

3. Kapitalerhöhung vom xx. xxx 1999 Am xx. xxx 1999 beschloss die Hauptversammlung der C AG eine neuerliche Kapitalerhöhung um x.xxx DM unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre. [...]

4. Verschmelzung auf die A-AG (im Folgenden A-AG) 3 Am xx. xxx 1999 vereinbarten die C AG und die A AG sowie die für diese handelnden Vorstandsmitglieder für sich persönlich die Verschmelzung der C AG auf die A AG gegen Gewährung von Aktien an der übernehmenden Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme).

Als Gegenleistung gewährte die A AG den Aktionären der C AG je vinkulierter Namensaktie der C AG (im Nennbetrag von x DM) xxxx Inhaberstückaktien der A AG (im Nennbetrag von x EUR). Gem. § xx des Verschmelzungsvertrages stand dieser unter einer Mehrzahl aufschiebender Bedingungen, darunter der Zustimmung der Hauptversammlungen beider Gesellschaften.

Die Hauptversammlung der C AG stimmte am xx. xxx 1999 der Verschmelzung zu, die der A AG am xx. November 1999. Die Verschmelzung wurde entweder am xx. xxx 1999 (Schreiben und handschriftlicher Vermerk des FA [...] vom 12. Januar 2000) oder aber am xx. November 1999 (schriftsätzlicher Vortrag sowohl der Antragstellerin wie des FA) im Handelsregister der C AG eingetragen. Wann die Verschmelzung im Handelsregister der A AG eingetragen wurde, ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Dies muss jedoch nach der Zustimmung der Hauptversammlung der A AG am xx. November 1999 gewesen sein, da sonst die Eintragungserfordernisse nicht erfüllt gewesen wären.

5. Verkäufe der Aktien Die Antragstellerin erhielt durch die Verschmelzung für ihre x.xxx Stück Aktien der C AG nach dem vereinbarten Tauschverhältnis xx.xxx Stück Aktien der A AG. [...] Am xx. xxx 2000 wurden die Aktien auf dem Depot der Antragstellerin [...] bei der [...] in Zürich eingeliefert.

Nach einem Split X:X am xx. xxx 2000 betrug ihr Bestand xxx.xx Stück. Von diesen verkaufte sie am xx. September 2000 xx.xxx Stück zu einem Preis von x.xxx.xxx DM (gerundet auf ganze DM).

[...]

6. Verbindliche Auskunft (Oktober 2000) Mit Schreiben vom xx. xxx 2000 beantragte die Antragstellerin[...] beim Finanzamt [...] die Erteilung einer verbindlichen Auskunft, die ausdrücklich auf die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verkauften Aktien beschränkt war. Mit Schreiben vom xx. November 2000 erteilte dieses die Auskunft, dass die Jahresfrist des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für "die verbleibenden xx,75% der Aktien" am xx. August 1999, dem steuerlichen Übertragungsstichtag, zu laufen beginne. Wegen des genauen Wortlauts der Anfrage und der Auskunft wird auf die in den Akten befindlichen Schreiben verwiesen.

[...]

8. Weitere Aktienverkäufe Im Zeitraum ab x. Dezember 2000 verkaufte die Antragstellerin aus dem Depot bei [...] weitere Aktien der A AG:

[...] [...] [...]

13. Erklärung In ihrer am xx. April 2002 beim Antragsgegner - dem Finanzamt (FA) - eingegangenen ESt- Erklärung für 2000 erklärte die Antragstellerin neben Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in N in Höhe vo n[...] Zinserträge aus der Schweiz in Höhe von rd. [...] DM sowie geringe inländische Zinserträge. Der Erklärung lagen "Portfolioübersichten zum Jahresende" für die beiden o.g. Depots bei der [...] Bank, Zürich bei. Aus diesen Übersichten sind die erklärten Zinsen ersichtlich. Auch die Aktienverkäufe im Dezember 2000 gehen daraus hervor, nicht jedoch der Verkauf im September 2000. Das FA veranlagte im ESt-Bescheid vom xx. September 2002 unter Übernahme der erklärten Beträge. Wegen eines Übernahmefehlers erging am x. Dezember 2002 ein berichtigter Bescheid.

14. Änderungsbescheid Nach Einzelermittlungen bei der Antragstellerin, [...] nach § 88 AO kam das FA zu der Auffassung, die oben genannten Aktiengeschäfte seien dem Bruder der Antragstellerin, xx, gem § 39 AO zuzurechnen. Die Differenz zwischen den erzielten Veräußerungsgewinnen und dem an xx geschenkten Betrag sei als Entgelt für eine sonstige Leistung, nämlich die Treuhändertätigkeit der Antragstellerin hinsichtlich der Aktien zu besteuern. Es erließ am xx. August 2006 einen geänderten ESt-Bescheid, in dem es Einkünfte aus Leistungen in Höhe von x.xxx.xxx DM festsetzte. Zur Begründung verwies es auf sein Schreiben vom xx. Mai 2006.

Gegen die Änderung wandte sich die Antragstellerin unter dem 15. September 2006 mit dem Einspruch und einem Antrag auf AdV. Mit Schreiben vom 6. November 2006 lehnte das FA die AdV hinsichtlich der ESt 2000 ab. Es verwies darauf, dass - bei Zugrundelegung der Argumentation der Antragstellerin - aus dem Aktienverkauf am xx. September 2000 ein Reinerlös von x.xxx.xxx DM zu versteuern wäre, was zu einer höheren Steuer führen würde, als 5 bislang festgesetzt. Hiergegen wandte sich der steuerliche Vertreter der Antragstellerin, der auch [...] vertritt, mit Schreiben vom 29. November 2006, auf das - auch wegen der Argumentation im Einzelnen - verwiesen wird. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 zog das FA die Antragstellerin zum Einspruchsverfahren des [...] betreffend ESt 2000 hinzu.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 stellte die Antragstellerin beim Gericht den vorliegenden AdV-Antrag.

Die Antragstellerin trägt zur Begründung vor,

das FA rechne zu Unrecht sämtliche dargestellten Aktienkäufe und Verkäufe dem Bruder [...] zu. Sie habe daher auch keine Provisionen für vom FA unterstellte Treuhandtätigkeit bezogen.

Vielmehr habe sie Aktien, die in ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum gestanden hätten, steuerfrei - weil nicht wesentlich beteiligt - veräußert. [...] Die im Rahmen der AdV-Bearbeitung vom FA vorgenommene "Alternativveranlagung" sei bedenklich. Nur der tatsächliche Änderungsbescheid könne Maßstab für die Frage der AdV sein. Unabhängig hiervon seien die Aktienverkäufe außerhalb der Spekulationsfrist des § 23 EStG erfolgt. Die Frist beginne nicht erst mit der Handelsregistereintragung der Verschmelzung am xx. November 1999, sondern mit dem steuerlichen Verschmelzungsstichtag - dem xx. xxx 1999 - oder gar dem obligatorischen Geschäft im xxx 1999. Dies hätten das FA [...] wie auch das FA [...] anderen Aktionären in verbindlichen Auskünften bestätigt. Das BMF-Schreiben vom 25. Oktober 2004, das die Auffassung des FA stütze, sei nicht rückwirkend anwendbar. Insbesondere sei keine Korrektur des ESt-Bescheides möglich gewesen, weil dem FA bei der früheren Veranlagung alle Daten vorgelegen hätten. Die Nichterklärung habe auf einer verbindlichen Auskunft des FA [...] beruht. Bei der ESt-Erklärung für 1999 habe die Antragstellerin ihr bisheriges Wohnsitzfinanzamt [...] angegeben. Daher sei dem FA der Akteninhalt aus [...] bekannt gewesen, weshalb eine Änderung wegen neuer Tatsachen nach Treu und Glauben ausscheide. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antragsschriftsatz nebst Anlagen und die weiteren Schriftsätze vom 29. Januar und 15. Februar 2007 verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des ESt-Bescheids für 2000 vom 16. August 2006 in folgender Höhe auszusetzen: - ESt 2000: EUR [...] - Zinsen zur ESt 2000: EUR [...] - Solidaritätszuschlag zur ESt 2000 EUR [...] 6 hilfsweise für den Fall der Ablehnung die Zulassung der Beschwerde.

Die Entscheidung solle aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es hält die AdV für unbegründet, unabhängig davon, ob ein Treuhandverhältnis zu bejahen ist und daher ein Entgelt aus sonstiger Leistung angesetzt wird oder ob die Aktienverkäufe der Antragstellerin zuzurechnen sind. Lediglich die Höhe der festgesetzten Steuer dürfe die Antragstellerin im Ergebnis nicht beschweren. Dies sei der Fall. Die zutreffende Beurteilung sei in den Steuerverfahren des Bruders [...] und der Antragstellerin folgerichtig zu treffen, weshalb die Hinzuziehung erfolgt sei. Der Anwendung des BMF-Schreibens stünden keine Gründe des Vertrauensschutzes entgegen.

Im Schriftsatz vom 29. Mai 2006 führt das FA weiter aus, die Treuhänderstellung der Antragstellerin für ihren Bruder ergebe sich aus einer Gesamtschau verschiedener Indizien, insbesondere [...] Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des FA vom 23. Januar 2007 verwiesen.

II Der Antrag ist hinsichtlich des Solidaritätszuschlags unzulässig. Insoweit fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis.

Bei der Veranlagung zur ESt ist die festgesetzte ESt vorbehaltlich gewisser Abweichungen Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag. Wird die Bemessungsgrundlage geändert, ändert sich auch der Solidaritätszuschlag entsprechend (vgl. § 3 Abs. 1 Solidaritätszuschlagsgesetz). Der ESt-Bescheid ist Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 9. November 1994 I R 67/94, BStBl II 1995, 305).

Im Übrigen ist der Antrag nicht begründet.

Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der AdV-Antrag ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; und vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

1. Bei überschlägiger Prüfung hält der erkennende Senat die vom FA angeführten Indizien für geeignet, eine Treuhänderstellung der Antragstellerin für ihren Bruder zu belegen. Dies würde auch die Annahme des FA stützen, der ihr nach der Schenkung verbliebene Betrag sei als Entgelt für ihre Treuhändertätigkeit zu betrachten und deshalb nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern.

Sollte eine umfassende Prüfung der Indizien zu dem Ergebnis führen, dass die Antragstellerin - wie von ihr vorgetragen und entgegen der Annahme des FA - wirtschaftliches Eigentum an den Aktien erworben hat, so hält der Senat - anders als offenbar das FA -die Anwendung des § 42 der Abgabenordnung (AO) nicht für von vorneherein ausgeschlossen. Dem vom FA angesprochenen Urteil des BFH vom 1. März 2005 (VIII R 25/02, BStBl II 2005, 436) lag ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Während im vom BFH entschiedenen Fall nur die Frage der Vermeidung der wesentlichen Beteiligung zu beurteilen war, ist im vorliegenden Fall die Frage des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten auch daran zu messen, dass der Erlös des Aktienverkaufs zum ganz überwiegenden Teil dem [...] wieder zugeflossen ist. Darüber hinaus wird bei der Prüfung des § 42 AO auch die besondere Stellung zu berücksichtigen 8 sein, die [...] innehatte. Auch aus einer Anwendung des § 42 AO würde im Ergebnis der der Antragstellerin verbliebene Betrag nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern sein.

2. Im Rahmen der hier zu beurteilenden AdV kann der Senat die streitige Frage des wirtschaftlichen Eigentums und des Vorliegens einer Treuhandvergütung jedoch dahingestellt sein lassen, weil die Steuer im angefochtenen Änderungsbescheid bei überschlägiger Beurteilung jedenfalls nicht zu hoch festgesetzt ist.

Würde der - insoweit unstreitige - Sachverhalt hinsichtlich des wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien so gewürdigt, wie es die Antragstellerin wünscht, ginge man also von der sachenrechtlichen Zuordnung der Aktien auch für steuerliche Zwecke aus, so hätte die Antragstellerin den Erlös aus dem ersten Aktienverkauf ([...] DM abzüglich der hierauf entfallenden historischen Anschaffungskosten der Aktien der C AG) nach § 23 EStG zu versteuern, was zu einer erheblich höheren Steuer führen würde als der bisherige hälftige Ansatz nur des der Antragstellerin verbliebenen Betrages nach § 22 Nr. 3 EStG.

Nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerbar, wobei bei Wertpapieren ein solches nach dem Gesetz gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Jedenfalls der erste Verkauf von Aktien der A AG am 26. September 2000 erfolgte bei überschlägiger Beurteilung innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Die Aktien der A AG gelten nach der Fiktion des § 13 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu den historischen Anschaffungskosten (der Aktien der C AG; vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) im Wege der Verschmelzung als angeschafft. Zeitpunkt des fiktiven Erwerbs der Aktien ist der des handelsrechtlichen Wirksamwerdens der Verschmelzung und damit der der Eintragung im Handelsregister der übernehmenden Körperschaft (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz/Umwandlungssteuergesetz (UmwStG), § 13 Rz. 8; § 20 Abs. 1 Nr. 3 des Umwandlungsgesetzes). Die Rückwirkung des § 2 UmwStG auf den steuerlichen Übertragungsstichtag gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2 UmwStG nur für die Ermittlung des Einkommens und Vermögens der übertragenden und übernehmenden Körperschaft. Ein Rückbezug auf den Abschluss des schuldrechtlichen Verschmelzungsvertrages verbietet sich nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut.

Im Streitfall erfolgte die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister der übernehmenden A AG jedenfalls nach dem xx. September 1999, so dass die Veräußerung innerhalb der Jahresfrist erfolgte. Wenn in den bisherigen Schriftsätzen teilweise auf den Zeitpunkt der 9 Eintragung im Handelsregister der C AG abgestellt wird, ist das irreführend. Ein etwaiges Hauptsacheverfahren wird zu klären haben, ob die weiteren Veräußerungen im Dezember möglicherweise auch noch innerhalb der Jahresfrist erfolgt sind, mit der möglichen Folge, dass auch diese Veräußerungsgewinne nach § 22 Nr. 3 EStG steuerverstrickt sind.

Selbst wenn man - wie die Antragstellerin - auf das obligatorische Geschäft als Beginn der Jahresfrist abstellen wollte, so wäre nach § 158 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf den Eintritt der letzten aufschiebenden Bedingung nach § xx des Verschmelzungsvertrages abzustellen, der ebenfalls nach dem xx. September 1999 lag. Jedenfalls stimmte die Hauptversammlung der A AG erst am xx. November 1999 zu. Im Übrigen wäre - wenn auf das obligatorische Geschäft abzustellen wäre - der Zeitpunkt der vertraglichen Bindung der Aktionäre maßgebend, die erst mit der Zustimmung in der jeweiligen Hauptversammlung einträte.

Wie bereits oben dargestellt, hat der Gesetzgeber zur Vermeidung derartiger Schwierigkeiten bei der Terminsbestimmung auf den festen Termin der Eintragung im Handelsregister abgestellt.

3. Eine Selbstbindung der Verwaltung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben steht der Besteuerung der Aktienverkäufe nicht entgegen. Die vorgelegten verbindlichen Auskünfte beziehen sich entweder auf andere Steuersubjekte oder aber ausdrücklich auf geplante Sachverhalte nach dem Aktienverkauf am xx. September 2000. Auch war der Verkauf bei Erteilung der Auskunft im November 2000 bereits ausgeführt, so dass die Auskunft schon deswegen keinen Vertrauenstatbestand schaffen konnte. Danach konnte der erkennende Senat dahingestellt sein lassen, ob das FA hinsichtlich der Beurteilung der späteren Aktienverkäufe gebunden sein könnte.

4. Die Ausführungen der Antragstellerin zu einer "unzulässigen echten Rückwirkung" des vom FA angewendeten BMF-Schreibens vom 25. Oktober 2004 gehen nach dem oben unter Tz. 2 Ausgeführten fehl. Die Rechtsfolge und der Zeitpunkt der (fiktiven) Anschaffung ergeben sich aus dem Wortlaut des im Zeitpunkt der Verschmelzung geltenden Gesetzes. Der Frage, ob ein möglicherweise eine andere Auffassung vertretender Entwurf eines Verwaltungsschreibens zu einem früheren Zeitpunkt öffentlich wurde, brauchte der Senat nicht nachzugehen, weil ein solcher Entwurf keine Rechtswirkung entfaltet hätte.

5. Auch die Ausführungen der Antragstellerin, es habe keine neue Tatsache vorgelegen, die das FA zu einer Änderung der Steuerfestsetzung berechtigt hätte, gehen bei der im Eilverfahren gebotenen überschlägigen Beurteilung fehl. In den mit der Steuererklärung eingereichten und bei den Akten befindlichen Depotaufstellungen von [...] für die beiden Depots 10 [...] und [...] ist die Veräußerung vom xx. September 2000 nicht enthalten. Weshalb dies so ist, wird ein etwaiges Hauptsacheverfahren klären müssen. Somit liegt jedenfalls hinsichtlich dieser Veräußerung eine neue Tatsache vor, die das FA zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt hat. Die Anfrage auf verbindliche Auskunft und die Antwort des FA [...] lagen dem FA nach Aktenlage bei der Veranlagung nicht vor. Ohne weiteren Hinweis hatte es auch keine Veranlassung, beim [...] Finanzamt nachzufragen.

6. Soweit die vorrangige Beurteilung des Sachverhalts durch das FA - einbehaltener Betrag als Entgelt für sonstige Leistungen - in Frage steht, ist dieses bei überschlägiger Beurteilung ebenfalls zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO befugt. Wesentliche Tatsachen, die das vom FA angenommene Treuhandverhältnis und die wirtschaftliche Zuordnung der Aktienverkäufe zu xx bzw. eine unangemessene Sachverhaltsgestaltung erst offenbar werden lassen, sind nämlich erst nach Erlass des Ausgangsbescheides dem FA bekannt geworden.

Dies gilt einmal für die Schenkung, die dem FA nach Aktenlage erst durch die Kontrollmitteilung vom xx. November 2003 bekannt wurde, aber auch für andere Indizien, wie etwa Kontovollmachten, Erbvertrag, Schenkungsüberlegungen usw., die erst die Ermittlungen des Finanzamtsprüfers zutage förderten.

7. Soweit die Antragstellerin kritisiert, das FA könne nicht im AdV-Verfahren eine Alternativbegründung vortragen, geht der Vorwurf ins Leere. Das FA ist nicht gehindert, im Rahmen des AdV-Verfahrens alternative rechtliche Beurteilungen vorzutragen. Die Antragstellerin ist durch den Änderungsbescheid dann nicht beschwert, wenn zwar die Besteuerungsgrundlagen vom FA unzutreffend angenommen wurden, jedoch bei zutreffendem Ansatz keine niedrigere Steuer festzusetzen wäre (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 40 FGO Rz. 35). Aus § 157 Abs. 2 AO ergibt sich, dass die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen keinen selbständig anfechtbaren Teil der Steuerfestsetzung bildet. Eine Rechtsverletzung durch einen Steuerverwaltungsakt ist danach aufgrund des Entscheidungssatzes zu beurteilen, d.h. ob der Verwaltungsakt den Adressaten durch seinen Ausspruch in seinen Rechten verletzt. Grundsätzlich leitet sich hingegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht aus dessen Begründung bzw. unselbständigen Besteuerungsgrundlagen ab. Die Begründung des Steuerbescheides erwächst nicht in Bestandskraft. Sie ist vielmehr regelmäßig nur ein nichtselbständig anfechtbarer Teil des Steuerbescheides (BFH-Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463, unter Abschn. B. 1.).

Nach alledem ist der Antrag auf AdV abzulehnen.

8. Die Entscheidung ergeht - wie im AdV-Verfahren wegen der Eilbedürftigkeit üblich - ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). Gründe, die ein Abgehen von diesem Grundsatz erfordern würden, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Eine mündliche Verhandlung bedeutete im Übrigen eine den Interessen des FA widersprechende Verzögerung, nachdem dieses seinen Willen bekundet hat, das Vollstreckungsverfahren baldmöglichst fortsetzen zu wollen.

9. Die Beschwerde wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Insbesondere beruht die Entscheidung nicht auf der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, wann bei einer Verschmelzung der maßgebende Anschaffungszeitpunkt für die neuen Aktien ist. Im Übrigen ist der Wortlaut des Gesetzes nach Ansicht des erkennenden Senats eindeutig.

10. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Solidaritätszuschlag ist als Folgeabgabe nicht in den Streitwert einzubeziehen (BFH-Beschluss vom 16. März 1995 VIII B 158/94, BFH/NV 1995, 680).

Ende der Entscheidung

Zurück