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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 10 V 1084/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

10 V 1084/08

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 2004, 2005, 2006

In der Streitsache

...

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung

am 11. Juni 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Streitig ist, ob bei den gewerblichen Einkünften des Antragstellers zu Recht eine private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs gewinnerhöhend angesetzt wurde.

I.

Der Antragsteller (ASt) erzielte in den Streitjahren u.a. gewerbliche Einkünfte aus einem Malerbetrieb. Im Betriebsvermögen befanden sich in den Streitjahren die Fahrzeuge Mercedes Espania, Opel Omega, Mercedes Benz und Ford Transit (ab 15.04.2004). Der ASt berücksichtigte im Rahmen seiner Gewinnermittlungen für die Streitjahre nur eine Privatnutzung des PkW Mercedes nach der durch die tatsächlichen Kosten gedeckelten 1%-Regelung.

Zur Haushaltsgemeinschaft des ASt gehörten in den Streitjahren die Ehefrau des ASt und der 1981 geborene Sohn der Eheleute. Im Privathaushalt war in den Streitjahren kein Fahrzeug angemeldet.

Im Rahmen einer Außenprüfung kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass für das weitere Fahrzeug Ford Transit eine Privatnutzung anzusetzen sei. Den Wert der Nutzungsentnahme berechnete sie nach den für das Fahrzeug Mercedes festgestellten tatsächlichen Kosten.

Der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) folgte dem Ergebnis der Außenprüfung und erließ am 11.01.2008 entsprechende Änderungsbescheide. Auf den hiergegen gerichteten Einspruch --über den noch nicht entschieden wurde-- und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gewährte das FA mit Bescheid vom 27.02.2008 eine Teilaussetzung der Vollziehung. Das FA reduzierte insoweit die nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung angesetzte Nutzungsentnahme auf den sich bei Ansatz eines Bruttolistenpreises von 25.000 EUR unter Anwendung der 1%-Regelung ergebenden Wert. Im Übrigen lehnte es die Aussetzung der Vollziehung ab.

Mit dem vorliegenden Antrag verfolgt der ASt sein Begehren auf Aussetzung der Vollziehung weiter. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen darauf, dass eine Privatnutzung des Ford Transit aufgrund der mit der Nutzung für den Malerbetrieb einhergehenden Verschmutzung ausscheide.

Der ASt beantragt,

die ESt-Bescheide vom 11.01.2008 in Höhe von 513 EUR für 2004, 778 EUR für 2005 und 867 EUR für 2006 von der Vollziehung auszusetzen,

hilfsweise

die Beschwerde zuzulassen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Im Übrigen wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und die Akten Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Finanzgericht die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.

Derartige Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 07.06.1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15.01.1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994;vom 25.08.1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; und vom 23.06.1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).

2. Im vorliegenden Fall hat der Senat bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide.

a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die private Nutzung eines im Betriebsvermögen gehaltenen Kfz für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen.

Die Bestimmungen über die Bewertung des Vorteils aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Fahrzeugüberlassung kommen allerdings nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet. Jedoch spricht nach der Rechtsprechung des BFH aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs. Der Anscheinsbeweis kann entkräftet oder erschüttert werden, ohne dass es hierzu des Beweises des Gegenteils bedarf. Es genügt vielmehr, einen Sachverhalt darzulegen, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. etwa BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302).

Der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Firmenwagens kommt zwar dann nicht zur Geltung, wenn das Fahrzeug aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit für eine regelmäßige Privatnutzung nicht geeignet ist. Nach dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck fallen unter die Entnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG jedoch alle Kfz, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen einer nicht nur gelegentlichen privaten Mitbenutzung zugänglich sind (BFH-Beschluss vom 11.07.2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801 m.w.N.). Dies umfasst insbesondere auch Kombinationskraftwagen, die wahlweise zur Güter- oder zur Personenbeförderung eingesetzt werden (BFH-Urteil vom 13.02.2003 X R 23/01 BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472).

b) Im vorliegenden Fall bestehen bei summarischer Prüfung keine Zweifel, dass es sich bei dem Fahrzeug Ford Transit um ein Fahrzeug handelt, das zumindest auch für die Personenbeförderung geeignet ist. Eine äußere oder innere Verschmutzung des Fahrzeugs beseitigt die grundsätzliche Eignung des Fahrzeugs für eine private Nutzung grundsätzlich nicht. Denn verschmutzte Fahrzeuge können bei Bedarf innen und außen gereinigt werden, so dass damit eine private Nutzung jederzeit möglich ist. Eine Kontamination des Fahrzeugs, die eine Nutzung mit bürgerlicher Kleidung erst nach professioneller Intensivreinigung ermöglicht, wurde vom ASt nicht durch präsente Beweismittel nachgewiesen. Auch wenn das Fahrzeug ggf. nicht zum Besuch eines Theaters genutzt werden kann, so werden doch Fahrten zu Freizeitzwecken, zu Einkaufsfahrten und anderen Besorgungen nicht ausgeschlossen, womit gerade diejenige private Nutzung stattfinden kann, auf welche die typisierende Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG abzielt (vgl. hierzu BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1801).

Ebenso wird der Anscheinsbeweis nicht aufgrund der familiären Verhältnisse des ASt entkräftet oder erschüttert. Vielmehr begegnet die Annahme des FA, bei drei erwachsenen Familienangehörigen mit Führerschein und keinem im Privathaushalt vorhandenen weiteren Fahrzeug würden zwei Fahrzeuge des Betriebsvermögens auch privat genutzt werden, nach der Lebenserfahrung keinen Bedenken. Dass das FA insoweit von den drei verbleibenden Fahrzeugen des Betriebsvermögens das mit dem höchsten Bruttolistenpreis der Nutzungswertbesteuerung zugrunde gelegt hat, begegnet vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der ASt die private Nutzung eines anderen betrieblichen Fahrzeugs weder dargelegt noch nachgewiesen hat, ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Mangels Vorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG) hat das FA die Privatnutzung zu Recht nach der 1%-Regelung erfasst.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Beschwerde wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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