Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 21.11.2002
Aktenzeichen: 11 K 3610/99
Rechtsgebiete: EStG, HGB, BGB


Vorschriften:

EStG § 11 Abs. 1 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4
HGB § 230
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
BGB § 608
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

wegen Einkommensteuer 1994

hat der 11. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ... des Richters am Finanzgericht ... und des Richters am Finanzgericht ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ... auf Grund mündlicher Verhandlung vom 21. November 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999 wird der Bescheid vom 09. Juni 1997 abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Änderung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach der Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zur Einschränkung des Klageantrags die Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5, im Übrigen der Beklagte.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Ehegatten. Sie waren im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Die Klägerin war im Streitjahr gewerblich als Schmuckdesignerin und Schmuckhändlerin tätig. Zu ihren Lieferanten gehörte der Juwelier ... (B). Im Februar des Streitjahres machte B der Klägerin das Angebot, sich an einem lukrativen Geschäft zu beteiligen. Eine Schweizer Bank wolle Diamanten im Wert von insgesamt 200.000.000 DM kaufen. Wegen seiner einzigartigen Einkaufskontakte nach Südafrika könne er die Steine günstig einkaufen. Das Geschäft sei so lukrativ, weil der Verkauf an die Schweizer Bank nach dem jeweiligen Börsenkurs stattfinde. Wegen der erforderlichen Erstellung von neuen Expertisen müsse er das Geschäft ca. 4 Wochen vorfinanzieren. Bei einer Beteiligung der Klägerin garantiere er eine monatliche Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10 bis 20 v.H. je nach US$-Wechselkurs.

Am 01. März des Streitjahres nahm die Klägerin das Angebot des B an und übergab ihm einen Betrag von 480.000 DM. B händigte der Klägerin eine Perlenkette und einen großen Saphir als Sicherheit aus. Nach etwa einem Monat ersetzte B die Sicherheitsleistung durch Aushändigung mehrerer Diamanten. Letztere holte der B nach einigen Wochen ab und teilte der Klägerin mit, dass er ihr in der darauffolgenden Woche ca. 700.000 DM an eingesetztem Kapital und zwischenzeitlich aufgelaufener Rendite auszahlen würde. Die ersten zwei Transaktionen mit der Schweizer Bank hätten geklappt. In der zweiten Maihälfte des Streitjahres machte B der Klägerin das Angebot, das Kapital und den erzielten Ertrag stehen zu lassen, da er die versprochene monatliche Rendite weiterhin garantieren könne. Die Klägerin stimmte dem Vorschlag zu. Im Juli des Streitjahres übergab sie B weitere 200.000 DM von einem befreundeten Ehepaar, dass sich ebenfalls an dem Geschäft beteiligen wollte. B übergab der Klägerin zur Sicherheit einen Verrechnungsscheck über 1.000.000 DM und 5 Diamanten. Es handelte sich um einen ungedeckten Scheck. Ferner waren die Diamanten unecht. Im August des Streitjahres stellte sich für die Klägerin heraus, dass sie wie weitere Anleger von B betrogen worden war. B wurde wegen Betrugs in 131 Fällen vom Landgericht ... verurteilt. B hatte im Rahmen eines "Schneeballsystems" gehandelt. Im Strafverfahren hatte er eingeräumt, dass er lediglich vorgetäuscht habe, in Südafrika Diamanten zu günstigen Großhandelspreisen erwerben zu können. Nach den strafrechtlichen Ermittlungen hatte B von Mitte Juni bis Anfang August des Streitjahres von Anlegern insgesamt ca. 20,8 Mio. DM erhalten und im selben Zeitraum Auszahlungen an Anleger in Höhe von ca. 28,5 Mio. DM vorgenommen.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 776.397 DM geltend. In diesem Betrag waren außerordentliche Aufwendungen in Höhe von 479.999 DM wegen des Verlust des an B geleisteten Betrags von 480.000 DM berücksichtigt. Dieser Betrag wurde vom beklagten Finanzamt ... im Einkommensteuerbescheid vom 02. Januar 1997 nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Ferner berücksichtigte es bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen steuererhöhend den Betrag von 220.000 DM, da es insoweit Einnahmen aus einer verzinslichen Darlehensgewährung an B für gegeben erachtete. Der Einspruch gegen den Bescheid vom 02. Januar 1997 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 09. Juni 1997 (festgesetzte Einkommensteuer 164.058 DM) wurde mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung tragen die Kläger unter Bezugnahme auf die Einspruchsbegründung vom 31. Mai 1999 im Wesentlichen vor, dass es im Streitfall am Zufluss von Kapitalerträgen fehle. B habe lediglich zu Beginn der geschäftlichen Beziehungen eine unverbindliche mögliche Richtgröße erwähnt. Eine Gutschrift von Kapitalerträgen durch B sei nicht erfolgt. Im Übrigen sei B auch nicht leistungsbereit und leistungsfähig gewesen. Er habe nicht zu erkennen gegeben, dass er sich auf zivilrechtliche Einwendungen und Einreden nicht berufen wolle. Entgegen der Ansicht des Finanzamts könne auch kein Zufluss durch Novation angenommen werden. Die Novation habe nicht im alleinigen oder überwiegenden Interesse der Klägerin gelegen. Es sei insbesondere das Interesse von B gewesen, keine Auszahlung vornehmen zu müssen, da er nicht in der Lage gewesen wäre, die Einlagen sämtlicher hintergangener Personen zu bedienen. Im Übrigen sei es bei der Beurteilung einer angenommenen Novation nicht von Bedeutung, in wessen Interesse die Schuldumwandlung sei, solange der Gläubiger noch nicht mit Bestimmtheit die Höhe des Verfügungsbetrages kenne. Lediglich aus der Nennung eines Geldbetrags seitens des Schuldners ohne die entsprechende belegmäßige Untermauerung fehle es an der notwendigen Konkretisierung. B hätte zu dem vom Finanzamt zitierten Zeitpunkt (zweite Maihälfte) der Klägerin auch jeden anderen Betrag nennen können. Ein Betrag, der sich somit in Höhe von 220.000 DM nur fiktiv ergebe, könne nicht Besteuerungsgrundlage sein. Die früher vertretene Auffassung, die Klägerin habe sich als Mitunternehmerin an den Geschäften des B beteiligt, werde nicht mehr vertreten.

Die Kläger haben zunächst beantragt,

die Einkommensteuer 1994 auf 0 DM herabzusetzen. Sie beantragen nunmehr, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999 und Änderung des Bescheids vom 09. Juni 1997 die Einkommensteuer 1994 mit der Maßgabe herabzusetzen, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 220.000 DM nicht angesetzt werden, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich das Finanzamt auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt es aus, die Annahme eines Zuflusses scheitere nicht daran, dass die Rendite von 220.000 DM der Klägerin ggfs. nicht in den Büchern des B gutgeschrieben worden sei. Entscheidend für die Annahme eines Zuflusses sei nach der Rechtsprechung, dass zum Ausdruck gebracht werde, dass ein bestimmter Betrag einem Berechtigten ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stehe (Hinweis auf BFH-Urteil in BStBl II 1997, 755). Die buchmäßige Erfassung beim Schuldner könne dafür ein Indiz sein, sei aber andererseits auch nicht zwingende Voraussetzung, wenn die Zurverfügungsstellung des Geldes auf andere Weise zum Ausdruck gebracht werde. Vorliegend habe B der Klägerin etwa in der zweiten Maihälfte 1994 angeboten, ihr entweder 700.000 DM auszuzahlen, oder aber den Gesamtbetrag weiterhin verzinslich anzulegen. B habe damit gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass ihr der betreffende Betrag zur Verfügung stehen solle, d.h. sie darüber verfügen könne. Bei der Beurteilung, ob die Klägerin mit dem Stehenlassen des streitgegenständlichen Betrages eine Verfügung in Form einer weiteren Darlehensgewährung oder lediglich eine Stundung beabsichtigt habe, komme es auf deren subjektives Interesse an (Hinweis auf BFH-Urteil in BStBl II 1993, 499). Danach habe sie das Geld aber eindeutig im eigenen Interesse stehen lassen, da sie weiteren Nutzen aus dem von ihr als rentierlich eingestuften Anlagegeschäft habe ziehen wollen und aufgrund ihrer fehlenden Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht beabsichtigt habe, B damit über Liquiditätsprobleme hinwegzuhelfen.

Am 21. November 2002 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Niederschrift hierüber wird Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt durfte den streitgegenständlichen Betrag von 220.000 DM nicht als Einnahme bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzen.

Der Senat folgt dem Finanzamt zwar darin, dass es sich bei der Überlassung des Betrags von 480.000 DM an B um ein Darlehen handelte. Die Annahme einer Beteiligung als stille Gesellschafterin scheidet den Umständen nach aus. Eine stille Gesellschaft im Sinne von § 230 HGB setzt voraus, dass sich jemand am Handelsgewerbe eines anderen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält (vgl. Dötsch in Kirchhoff/Söhn, EStG, § 20 RdNr. F2). Eine Gewinnbeteiligung kann auch in der Weise vereinbart werden, dass sie sich auf den Gewinn einzelner Geschäfte bezieht (vgl. Münch Komm. HGB/Karsten Schmidt § 230 RdNr. 39). Fehlt eine Gewinnbeteiligung, kann eine stille Gesellschaft nicht angenommen werden (vgl. Münch Komm HGB/Karsten Schmidt § 230 RdNr. 41).

Im Streitfall war nach dem unstreitigen Sachverhalt eine von der Dauer der Mittelüberlassung abhängige und prozentual auf den überlassenen Betrag bezogene Vergütung ("monatliche Rendite von 10 bis 20 % des Einsatzes") vereinbart. Eine Gewinnbeteiligung lag demnach nicht vor. Ferner spricht die vorgesehene kurze Dauer der Mittelüberlassung (vgl. Münch Komm HGB/Karsten Schmidt § 230 RdNr. 67) ebenso gegen ein Gesellschaftsverhältnis wie die Gewährung von Sicherheiten (vgl. Münch Komm HGB/Karsten Schmidt § 230 RdNr. 68). Davon abgesehen sind auch die Kläger im Einspruchsverfahren von einer Darlehensgewährung ausgegangen (Schriftsatz vom 28. Februar 1997).

Die Klägerin hat jedoch entgegen der Annahme des Finanzamts aus dem Darlehen keine Einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt. Nach dieser Vorschrift gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem Ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) im Sinn von § 11 Abs. 1 EStG dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald dieser über sie wirtschaftlich verfügen kann. Hierzu gelten folgende Grundsätze (vgl. Beschluss vom 18. Mai 2001 VIII B 25/01, BFH/NV 2001, 1119):

Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden.

Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten (Schuldner) einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Zahlungsverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung stehe. Allerdings muss der Gläubiger in diesem Fall in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.

Ein Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll. In dieser Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen hätte (= Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmen Betrag in Folge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (= Wiederabfluss des Geldbetrags beim Gläubiger). Der zuletzt beschriebene lange Leistungsweg wird durch die Novationsvereinbarung lediglich verkürzt, indem auf den überflüssigen Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird.

Von einem Abfluss der Altforderung im Sinn von § 11 Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumschaffung allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt dem Umstand wichtige Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung.

Nach diesen Grundsätzen sind der Klägerin im Streitfall Einnahmen aus der Darlehensgewährung nicht zugeflossen. Die mit B in der zweiten Maihälfte des Streitjahres getroffene Vereinbarung, die angefallene Verzinsung stehen zu lassen und dem Darlehen zuzuschlagen, stellt sich den Umständen nach nicht als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der Klägerin dar. Zwar entsprach die Vereinbarung insofern ihrem subjektiven Interesse, als ihr an der versprochenen Rendite gelegen war und sie von dem betrügerischen Verhalten des B keine Kenntnis hatte. Die Vereinbarung mit der Klägerin entsprach aber auch dem Interesse des B insofern, als er bestrebt sein musste, Auszahlungen zu vermeiden, damit sein betrügerisches Handeln nicht aufgedeckt würde. Entgegen der Ansicht des Finanzamts kann dieser Umstand im Streitfall nicht unberücksichtigt bleiben. Ob eine Schuldumschaffung der tatsächlichen Leistung eines geschuldeten Betrags wirtschaftlich gleichwertig ist (vgl. zu diesem Erfordernis Blümich/Glenk, § 11 EStG, RdNr. 56), ist nach den objektiven Gegebenheiten zu beurteilen. Eine Novation stellt deshalb z.B. keinen Zufluss von Einnahmen beim Gläubiger dar, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist (vgl. BFH-Urteil vom 06. April 2000 IV R 56/99, BFH/NV 2000, 1191).

Ist die Novation wie im Streitfall auch im Interesse des Schuldners, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Gläubigers gleichwohl zu bejahen, wenn die vereinbarte Vergütung in den Büchern des Schuldners gutgeschrieben wurde und der Schuldner leistungsbereit und leistungsfähig ist (vgl. Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BStBl II 1997, 755). Ob die letztgenannte Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der objektiven Umstände des Einzelfalls festzustellen. Als Indiz dafür dient, ob und in welchem Umfang der Schuldner die Forderungen anderer Schuldner bei deren Gutschrift erfüllt hat (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646, und 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138).

Im Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin die vereinbarte Rendite in den Büchern des B gutgeschrieben worden ist. Ob und in welchem Umfang B Forderungen anderer Gläubiger Ende Mai und später erfüllt hat, ist deshalb nicht entscheidend. Für die Frage des Zuflusses im Fall einer Novation kann nicht allein darauf abgestellt werden, ob der Schuldner im Verhältnis zu anderen Gläubigern leistungsbereit und leistungsfähig gewesen ist. Der Schuldner kann - wie auch im Streitfall anzunehmen ist -, ein Interesse daran haben, die Fälligkeit einer Schuld hinauszuschieben, um andere Gläubiger befriedigen zu können. Dieses Interesse ist im Streitfall insoweit auch deutlich geworden, als unstreitig B es war, der mit dem Vorschlag an die Klägerin herabgetreten ist, die Zinsen stehen zu lassen. Hinzu kommt, dass für das Darlehen in Höhe von 480.000 DM offenbar keine bestimmte Laufzeit vereinbart worden ist. Gemäß § 608 BGB war deshalb das vereinbarte Entgelt erst bei der Rückzahlung des Darlehens zu entrichten. Dass eine hiervon abweichende Vereinbarung zwischen der Klägerin und B getroffen werden sollte, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Eine derartige Vereinbarung entsprach insbesondere nicht dem bereits erwähnten Interesse des B. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass ein bestimmter Betrag des Entgelts nicht festgelegt wurde.

Dass die Übergabe des ungedeckten Verrechnungsschecks nicht zu einem Zufluss von Einnahmen geführt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und nicht zweifelhaft.

Wegen des zu berücksichtigenden Progressionsvorbehalt gem. § 32 b EStG und des zu berücksichtigenden ermäßigten Steuersatzes gem. § 34 EStG wird die Berechnung der Einkommensteuer 1994 gem. § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO dem Beklagten übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 2, 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück