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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.06.2005
Aktenzeichen: 11 K 4420/01
Rechtsgebiete: EStG 1997, BGB


Vorschriften:

BGB § 705
EStG 1997 § 13a
EStG 1997 § 4 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 11. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung [...] sowie der ehrenamtlichen Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Kläger, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, betrieben im Streitjahr 1998 auf ihnen gemeinsam gehörenden Flächen im Nebenerwerb eine Landwirtschaft (Marktfruchtbau), für die die Einkünfte nach § 13a EStG ermittelt werden. Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 1998 übertrugen sie ihrer Tochter E einen Miteigentumsanteil in Höhe von 20 % an dem landwirtschaftlichen Anwesen D-Str. 17 in L mit dem zugehörigen Grundbesitz, Inventar und Zubehör. Zu diesem Grundbesitz gehörte auch das Grundstück Fl.Nr. 777. Aus diesem überließen sie der Tochter eine noch zu vermessende Teilfläche zu Alleineigentum (Ziff. II b der Urkunde vom 15. Dezember 1998). Diese verpflichtete sich, die vorgenannte Teilfläche auf Verlangen der Veräußerer weiterhin dem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung zu stellen. Besitz, Nutzen und Lasten an den übertragenen Vermögensgegenständen sollten mit Vertragschluss auf die Erwerberin übergehen. Anfang Januar 1999 wurde ein Bauplanungsbüro mit der Erstellung eines Bauplans für ein Einfamilienhaus auf dem der Tochter zu Alleineigentum übertragenen Grundstück beauftragt. Am 28. Januar 1999 wurde ein Antrag auf Baugenehmigung gestellt. Der endgültige Bauplan wurde im März 1999 erstellt und im April genehmigt. Im November wurde das von der Tochter genutzte Haus fertig gestellt.

Mit Bescheid vom 25. April 2000 stellte das Finanzamt (Beklagter) die in der Zeit vom 1. Januar bis 15. Dezember 1998 erzielten landwirtschaftlichen Einkünfte der Kläger einheitlich und gesondert auf insgesamt 184.715 DM fest. Darin enthalten war ein nach Auffassung des Finanzamts im Wirtschaftsjahr 1998/1999 erzielter Veräußerungsgewinn in Höhe von 320.580 DM aus der Übertragung der Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 777, der nach Abzug des Freibetrages nach § 13a Abs. 8 EStG zur Hälfte auf das Streitjahr entfiel. Mit ihrem gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch machten die Kläger geltend, durch die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem landwirtschaftlichen Anwesen am 15. Dezember 1998 sei eine BGB-Gesellschaft gegründet worden, an der die Kläger und deren Tochter beteiligt seien. Dadurch sei das der Tochter zu Alleineigentum übertragene Grundstück in deren Sonderbetriebsvermögen übergegangen und erst durch die Errichtung des selbstgenutzten Wohnhauses durch die Tochter in 1999 nach § 52 Abs. 15 S. 10 EStG steuerfrei entnommen worden. Zum Zeitpunkt der Grundstücksüberlassung habe weder eine Nutzungsänderung noch irgendein Verhalten der Mitunternehmerin vorgelegen, durch das das Grundstück zum Privatvermögen geworden wäre. Das Grundstück sei weiter eigenbetrieblich genutzt worden. Dies ergebe sich aus der Verpflichtung im Überlassungsvertrag, die betroffene Teilfläche weiter dem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung zu stellen. Eine Entnahme könne auch nicht wegen der mangelnden Fruchtziehung im Zeitraum zwischen der Überlassung und dem Beginn der Bauarbeiten angenommen werden, da landwirtschaftliche Flächen, die zeitweise nicht genutzt werden, wie z.B. Brachland oder stillgelegte Flächen grundsätzlich notwendiges Betriebvermögen blieben. Auf die Intensität der Nutzung komme es nicht an. Wegen einer fehlenden Entnahmehandlung stelle die streitgegenständliche Fläche bis zur Nutzungsänderung aufgrund der Bauarbeiten zur Errichtung eines Einfamilienhauses notwendiges Sonderbetriebsvermögen dar. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 21. September 2001). Nach Auffassung des Finanzamts sei das fragliche Grundstück, das zum notwendigen Betriebsvermögen gehört habe, zum Zeitpunkt der Überlassung an die Tochter entnommen worden. Dadurch habe sich die persönliche Zurechnung und damit der persönliche Betriebszusammenhang gelöst, denn das Grundstück sei nicht in ein Betriebsvermögen übertragen worden. Das Grundstück hätte nur dann die Voraussetzungen für die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen erfüllt, wenn es geeignet gewesen wäre, dem landwirtschaftlichen Betrieb unmittelbar zu dienen. Dies sei dann der Fall, wenn es dem Betrieb mehr als eine Vegetationsperiode zur Nutzung zur Verfügung stehe. Da die Tochter bereits einen Monat nach der Überlassung einen Bauantrag gestellt habe und mit dem Bau des Hauses begonnen habe, sei davon auszugehen, dass eine dauerhafte Nutzungsänderung im zeitlichen Zusammenhang mit der Änderung der persönlichen Zurechnung des Grundstücks bereits zum Überlassungszeitpunkt festgestanden habe. Zur Begründung der Klage wird ergänzend ausgeführt, dass das fragliche Grundstück schon immer zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört habe und auch weiterhin geeignet und bestimmt gewesen sei diesem zu dienen, so dass es für die Frage der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ausschließlich auf die Nutzung im Überlassungszeitpunkt ankomme. Zu diesem Zeitpunkt habe keine Nutzungsänderung vorgelegen. Selbst wenn man unterstelle, dass bereits zum Zeitpunkt der Grundstücksüberlassung die Bauabsicht bestanden habe, habe das Grundstück dadurch nicht seine Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen verloren, denn dadurch müsse sich seine Zweckbestimmung nicht unbedingt ändern.

Die Kläger beantragen, den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für 1998 vom 25. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2001 dahingehend abzuändern, dass kein Veräußerungsgewinn angesetzt wird und dementsprechend die Einkünfte der Kläger aus Landund Forstwirtschaft auf 25.925 DM festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Am 23. Juni 2005 hat Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist unbegründet.

Nach § 13a Abs. 6 Nr. 2 EStG sind Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden in den Durchschnittssatzgewinn einzubeziehen, soweit sie 3.000 DM übersteigen. Im Streitfall ist die bisher zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Eltern gehörende Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 777 durch die Übertragung an die Tochter am 15. Dezember 1998 entnommen worden mit der Folge, dass der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert des Grundstücks und dem Teilwert als Entnahmegewinn bei den landwirtschaftlichen Einkünften der Kläger im Wirtschaftsjahr 1998/1999 zu erfassen war.

1.1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist im Streitfall nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass durch die Übertragung eines Miteigentumsanteils von 20 % an den zum landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger gehörenden Grundstücksflächen und des Inventars (Ziffer II.1.-3. des Überlassungsvertrages vom 15. Dezember 1998) an deren Tochter eine Mitunternehmerschaft in Form einer BGB-Gesellschaft entstanden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist zwischen Landwirtsehegatten auch dann von einer Mitunternehmerschaft auszugehen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt, sondern der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten (Urteile vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BStBl II 1983, 636 und vom 16. Juni 1994 IV R 71-72/93, BFH/NV 1995, 762, jeweils m.w.N.). In solchen Fällen kann die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses in der Regel nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass einer der Ehegatten das Nutzungsrecht an seinen eigenen Grundstücken dem anderen Ehegatten durch einen Nutzungsüberlassungsvertrag eingeräumt und damit auf seine Gewinnbeteiligung verzichtet hat. Dagegen gelten für die Begründung von landwirtschaftlichen Mitunternehmerschaften zwischen Eltern und Kindern die allgemeinen Grundsätze, da insoweit keine mit einer Ehegattenzweckgemeinschaft vergleichbare Interessenlage bestehen muss (Schmidt, Kommentar zum EStG Anm. 62 zu § 13, Felsmann, Anm. A 474 ff).

Danach ist begriffliche Voraussetzung eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses (§ 705 BGB), dass sich mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks vertraglich zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, diesen durch ihre Beiträge (§ 706 BGB) zu fördern. Als Beitrag zum gemeinsamen Gesellschaftszweck sind auch Dienstleistungen, die Gebrauchsüberlassung von Grundstücken sowie die Gewährung von Darlehen geeignet (§ 706 Abs. 1 und 3 BGB). Für die Annahme eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses genügt auch eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft. Ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis kann formfrei durch schlüssiges Handeln zustande kommen.Besteht ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis, setzt Mitunternehmerschaft zusätzlich voraus, dass der verdeckte Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt. Dazu gehört, dass der Betrieb auf Rechnung und Gefahr aller Beteiligter betrieben wird (BFH-Urteil vom 18.06.1998 - IV R 94/96, BFH/NV 1999, 295).

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Streitfall nicht eindeutig erkennbar. In dem Überlassungsvertrag sind keine ausdrücklichen Regelungen zu Beiträgen der Gesellschafter und zur Gewinnverteilung getroffen worden. Er beschränkt sich vielmehr auf die bloße Einräumung eines Miteigentumsanteils am landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern. Die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Klägern und deren Tochter setzt nach Auffassung der erkennenden Senats entsprechend den o.g. Grundsätzen zusätzlich voraus, dass die Tochter tatsächlich im Betrieb mitarbeitet sowie tatsächlich an den Aufwendungen und Erträgen beteiligt wird. Insbesondere zu Letzterem sind aber trotz der Aufklärungsanordnung vom 22. Dezember 2004 keine konkreten Angaben gemacht und Nachweise vorgelegt worden. Es kann daher nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Kläger mit ihrer Tochter den landwirtschaftlichen Betrieb in der Weise gemeinsam bewirtschaften, dass die hieraus erzielten laufenden Einnahmen wie bei Ehegatten allen gemeinsam zufließen bzw. die Betriebsausgaben von allen getragen werden sollen. Dagegen spricht auch, dass die Guthaben auf den Bankkonten der Kläger von der Überlassung ausgenommen waren. Demgegenüber reicht eine gelegentliche Mithilfe der Tochter bei den Arbeitsspitzen während der Feldbestellungs- und Erntezeit für sich allein jedenfalls nicht aus, um eine Mitunternehmerschaft anzunehmen.

1.2. Über die Frage des Bestehens einer Mitunternehmerschaft braucht hier allerdings nicht abschließend entschieden werden. Auch für den Fall, dass eine Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern und der Tochter anzunehmen wäre, ist das der Tochter zu Alleineigentum übertragene Grundstück jedenfalls nicht in deren Sonderbetriebsvermögen überführt worden.

Im Alleineigentum eines Gesellschafters stehende Wirtschaftsgüter gehören zu dessen Sonderbetriebsvermögen, wenn sie bestimmt sind, dem gemeinschaftlichen Betrieb oder der Beteiligung des Gesellschafters zu dienen (Schmidt, Kommentar zur EStG, Anm. 180 zu § 4 m.w.N.). In diesem Zusammenhang kommt der Widmung des Gesellschafters besondere Bedeutung zu (s.a. BFH, Beschluss vom 05.03.2002 - IV B 22/0, BFH/NV 2002, 860 zur Bedeutung des Verhaltens des Steuerpflichtigen für die Zuordnung zum Betriebsvermögen bei unbebauten Grundstücken).

Die Tochter der Kläger hat bereits Anfang Januar 1999 die Planung eines Wohnhauses auf dem fraglichen Grundstück in Auftrag gegeben. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs von nur einem halben Monat mit der Grundstücksübertragung und der Tatsache, dass der Tochter dieses Grundstück im Gegensatz zu den anderen landwirtschaftlichen Flächen zu Alleineigentum übertragen wurde, ist davon auszugehen, dass die Absicht auf dem zu erworbenen Grundstück ein privat genutztes Wohnhaus zu errichten, bereits bei Vertragschluss vorgelegen hat. Es ist daher nach Auffassung des Senats nicht erkennbar, dass die Tochter dieses Grundstück weiterhin dem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung stellen wollte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass sie nach dem Vertrag vom 15.12.1998 verpflichtet sein sollte, dieses Grundstück auf Verlangen der Kläger weiterhin dem landwirtschaftlichen Betrieb zu überlassen. Ein solches Verlangen ist offensichtlich zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden.

Danach ist das fragliche Grundstück bereits zum 15. Dezember 1998 mit der zum selben Zeitpunkt durch Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten vollzogenen, schenkweisen Übertragung auf die Tochter von den Klägern i.S.d. § 4 Abs. 1 S.2 EStG entnommen worden. Entnahmen sind alle Wirtschaftgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke entnimmt. Eine Entnahme erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des BFH regelmäßig eine Entnahmehandlung, die von einem Entnahmewillen getragen ist. Dazu reicht ein schlüssiges Verhalten aus, das nach außen den Willen des Steuerpflichtigen erkennen lässt, ein Wirtschaftsgut nicht (mehr) für betriebliche Zwecke im betrieblichen Bereich, sondern für private Zwecke im privaten Bereich zu nutzen, d.h. nicht mehr unmittelbar oder mittelbar zur Erzielung von Betriebseinnahmen, sondern fortan nur noch zur Erzielung von Privateinnahmen z.B. aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung oder zu einkommensteuerrechtlich irrelevanten Zwecken einzusetzen (z.B. BFH-Beschluss vom 7.Oktober 1974 GrS 1/73, BStBl II 1975, 168). Letzteres ist insbesondere bei der hier vorliegenden schenkweisen Übertragung eines Wirtschaftsguts für private Wohnzwecke des Empfängers der Fall.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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