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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 13 K 3466/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 12
EStG § 12 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

13 K 3466/06

In der Streitsache

...

hat der 13. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ...

ohne mündliche Verhandlung

am 23. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für einen Wanderausflug als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2003 bei dem Beklagten (dem Finanzamt - FA - ) u.a. mit Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger, der am .... August 2003 65 Jahre alt wurde, war seit dem Jahr 1978 bis zum 31. August 2003 als Steuerberater und Leiter einer Zweigniederlassung der A Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in B nichtselbständig beschäftigt. In der Niederlassung war der Kläger auch für Personalführung verantwortlich. Anlässlich seines Ausscheidens aus der GmbH lud der Kläger die Klägerin, die bei der GmbH bis Ende März 2003 über mehrere Jahre hinweg in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, und etliche Mitarbeiter der Niederlassung sowie teilweise deren Lebenspartner zu einem zweitägigen Wanderausflug nach Südtirol ein. Auf die vorgelegte schriftliche Einladung an die Teilnehmer des Wanderausflugs wird ergänzend Bezug genommen. Die Gruppe von insgesamt 13 Personen reiste am ..., den .... August 2003, mit dem Autobus nach C, nach einem gemeinsamen Mittagessen weiter zum D und stieg anschließend zu einer Hütte auf, in der die Gruppe nach einem Abendessen übernachtete. Der .... August 2003 war für die teilnehmenden Mitarbeiter der Niederlassung arbeitsfrei. Am folgenden Tag kehrte die Gruppe nach einer Bergtour und einem weiteren gemeinsamen Mittagessen in C mit dem Autobus um 21.00 Uhr nach B zurück. Die Fahrtkosten und Gebühren für den Autobus in Höhe von insgesamt ... EUR sowie die Aufwendungen für Verpflegung und Übernachtung für 12 Personen von insgesamt ... EUR trug der Kläger.

Das FA berücksichtigte diese Aufwendungen im ESt-Bescheid für 2003 vom 30. März 2004 nicht und wies den hiergegen erhobenen Einspruch mit der Begründung zurück, die Aufwendungen für den Wanderausflug seien den nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die private Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) zuzuordnen. Es führte im Wesentlichen an, Aufwendungen für Veranstaltungen geselligen Charakters wie Dienstjubiläen, Einstandsfeiern und Abschiedsfesten beruhten zwar teilweise auch auf beruflichen Erwägungen, die tatsächliche Veranlassung liege nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedoch im gesellschaftlichen Bereich. Der Kläger habe selbst eingeräumt, dass er sich anlässlich des Beginns seines Ruhestandes nicht habe "davonstehlen" wollen, sondern sich aufgrund seiner gesellschaftlichen Position gezwungen gesehen habe, sein Ausscheiden in den Ruhestand mit einer "Besonderheit" zu umrahmen. Dass der Kläger sich nicht auf die allgemein beim Ausstand übliche Bewirtung beschränkt habe, sondern eine Art Betriebsausflug organisiert habe, ändere an der ursprünglich persönlichen und gesellschaftlichen Veranlassung für die Einladung nichts.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel der Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers weiter und berufen sich darauf, dass die Kosten des Wanderausflugs aus beruflichem Anlass angefallen seien. In der Niederlassung sei während der Leitung durch den Kläger nie ein betrieblicher Ausflug unternommen worden, dies sollte mit der Abschlussfahrt nachgeholt werden, die daher keine gesellschaftliche oder private Veranstaltung gewesen sei. Der gesellige Hüttenabend habe aus dem Erzählen von Bergerlebnissen und erwähnenswerten Ereignissen aus dem Berufsleben des Klägers bestanden. Außenstehende Dritte oder Personen aus der Geschäftsleitung der GmbH seien nicht anwesend gewesen, Repräsentationspflichten seien während der Anschlussfahrt nicht wahrgenommen worden. Die offizielle Verabschiedung als Niederlassungsleiter habe in anderem Rahmen im Oktober 2003 stattgefunden, seinen 65. Geburtstag habe er am .... August 2003 im Kreise der Familie und nahestehender Personen gefeiert. Allein der Umstand, dass der Wanderausflug am letzten Arbeitstag des Klägers begonnen habe, begründe keinen Zusammenhang mit etwaigen Repräsentationspflichten des Klägers.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des ESt-Bescheides für 2003 vom 30. März 2004 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2006 bei der Festsetzung der ESt für 2003 weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ... EUR zu berücksichtigen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass angesichts des Anlasses für den Wanderausflug, nämlich des Eintritts in den Ruhestand, nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung vorlägen, und es deshalb auf den Aufwand während des Ausflugs und die Aktivitäten im Detail nicht ankomme.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet. Das FA hat im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Aufwendungen für den Wanderausflug als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd zu berücksichtigen, da es sich auch nach Auffassung des erkennenden Senats um nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung handelte, § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.

1. a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht. Das ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Fall, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden. Dabei ist der objektive Zusammenhang stets zwingend erforderlich, während die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist. Der Werbungskostenabzug kommt nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG jedoch nicht in Betracht bei "Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen". Ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass tätigt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i. S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, muss anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Die berufliche oder private Veranlassung von Aufwendungen für die Ausrichtung von Veranstaltungen wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH durch den Anlass der betreffenden Veranstaltung indiziert. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlass eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses beurteilt der BFH grundsätzlich als nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung. Für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung von Bewirtungskosten ist indessen nicht allein auf den Anlass der Veranstaltung als maßgebliches Indiz abzustellen. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung sind daneben auch weitere Umstände heranzuziehen. Dabei kann auf die Gesichtspunkte zurückgegriffen werden, die der BFH in seiner neueren Rechtsprechung zur Abgrenzung einer Feier des Arbeitgebers von einem privaten Fest des Arbeitnehmers entwickelt hat. Obwohl diese Rechtsprechung des BFH die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn und Zuwendungen im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und damit die Einnahmenseite betrifft, steht einer entsprechenden Berücksichtigung nichts entgegen, da es hier ebenso wie auf der Ausgabenseite auf die Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse ankommt. Für die berufliche oder private Veranlassung der Kosten einer Veranstaltung ist folglich auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, in wessen Räumlichkeiten bzw. an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob dies nicht der Fall ist (BFH-Urteile vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, BStBl II 2007, 317; undvom 1. Februar 2007 VI R 25/03, BStBl II 2007, 459 jeweils m.w.N.).

b) bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Aufwendungen des Klägers für die Veranstaltung des Wanderausflugs als nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung i. S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einzuordnen.

Anlass für den Wanderausflug war nach der schriftlichen Einladung des Klägers sein Abschied von der GmbH und sein Wunsch, seinen letzten Arbeitstag und den folgenden Wochenendtag gemeinsam mit Mitarbeitern der Niederlassung der GmbH zu verbringen, für die er jahrelang Personalverantwortung getragen hatte. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BStBl II 2007, 317) hat zwar die Verabschiedung in den Ruhestand ganz überwiegend beruflichen Charakter, da sie ungeachtet der Tatsache, dass sie auch ein persönliches Ereignis im Leben eines Arbeitnehmers darstellt, in erster Linie den letzten Akt im aktiven Dienst eines Arbeitnehmers darstellt und folglich Teil der Berufstätigkeit ist. Seinem eigenen Sachvortrag zufolge fand die offizielle Verabschiedung des Klägers aus den Diensten der GmbH jedoch erst im Oktober 2003 anlässlich einer anderen Veranstaltung statt, sodass der Anlass für die Veranstaltung des Wanderausflugs im August 2003 vorwiegend im privaten Bereich, nämlich in dem Bedürfnis des Klägers zu sehen ist, sich mit einer persönlichen Geste von langjährigen Mitabeitern, für die er Verantwortung getragen hat und denen er ein besonderes Erlebnis vermitteln wollte, zu verabschieden.

Etwas Anderes ergibt sich nicht daraus, dass in der Zeit, in der der Kläger Personalverantwortung in der Niederlassung getragen hatte, keine Betriebsausflüge stattgefunden hatten und dies nach Angaben des Klägers mit dem Wanderausflug nachgeholt werden sollte. Dem Ausflug fehlte entgegen der Auffassung des Klägers schon deshalb der Charakter eines Betriebsausfluges, weil Aufwendungen hierfür - wenn nicht ohnehin von den Beschäftigten selbst - doch in aller Regel vom Arbeitgeber und nicht von einem Angestellten, mag er auch Personalverantwortung innehaben, getragen werden. Weiter nehmen an Betriebsausflügen in aller Regel nicht Lebenspartner der Mitarbeiter teil. Schließlich fehlt in der persönlichen Einladung des Klägers jeder Hinweis auf die Veranstaltung eines Betriebsausflugs.

Für die berufliche Veranlassung des Wanderausflugs spricht zwar, dass der Kläger nicht private Bekannte oder Angehörige geladen hat, insbesondere war die Klägerin ebenfalls bei der GmbH beschäftigt. Andererseits waren die Lebenspartner der Mitarbeiter gleichfalls unter den Gästen; dies mag bei Feierlichkeiten, die auch dem Zweck der beruflichen Kontaktpflege dienen, durchaus üblich sein, bei der Einladung zu einem mehrtägigen Wanderausflug spricht dies jedoch eher für den privaten Charakter der Veranstaltung und für eine gemeinschaftliche Freizeitgestaltung.

Die private Veranlassung der Kosten des Wanderausflugs folgt im Streitfall weiter aus dem Umstand, dass der Kläger und nicht die GmbH als Gastgeber auftrat, und allein der Kläger die Gästeliste sowie Ablauf und Organisation des Ausflugs bestimmte. Die Veranstaltung fand auch nicht etwa in den Räumlichkeiten der Niederlassung statt, sondern in weiten Teilen in der freien Natur. Auch nach der Schilderung des gemeinsamen Hüttenabends mit Gesprächen über Ereignisse aus dem Berufsleben des Klägers und über Bergerlebnisse hatte der Wanderausflug insgesamt eher den Charakter gemeinschaftlicher Freizeitgestaltung als dienstlichen Charakter.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

3. Das Gericht entscheidet nach § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Ende der Entscheidung

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