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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 14 K 1406/07
Rechtsgebiete: MinöStG


Vorschriften:

MinöStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
MinöStG § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 3
MinöStG § 25b Abs. 2
MinöStG § 25c
MinöStG § 25d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 1406/07

Mineralölsteuer

(II. Rechtsgang, bisher 14 K 971/03)

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ......,

des Richters am Finanzgericht ...... und

der Richterin am Finanzgericht ...... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...... und ......

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Vergütungsbescheids vom 7. November 2002 und der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2003 wird die Mineralölsteuervergütung für das Jahr 2001 auf 4.958,44 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob für die von der ... GbR im Jahre 2001 in einer MAN-Zugmaschine vom Typ F 04 verwendete Gasölmenge ein Anspruch auf Mineralölsteuervergütung besteht.

Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger der zum 30. Juni 2004 aufgelösten GbR, die mit Vergütungsantrag vom 22. Januar 2002 für das Kalenderjahr 2001 für 32.326,19 Liter Gasöl eine Mineralölsteuervergütung i.H.v. 9.697,86 DM (= 4.958,44 EUR) nach § 25b Mineralölsteuergesetz (MinöStG) beantragte.

Mit Bescheid des HZA S vom 7. November 2002, dessen Zuständigkeit zwischenzeitlich auf den Beklagten übergegangen ist, wurde die Vergütung, abweichend von der Selbstberechnung im Vergütungsantrag, für 2001 auf 8.419,01 DM festgesetzt, weil es sich bei der MANZugmaschine um kein Sonderfahrzeug i.S.v. § 25b Abs. 2 MinöStG handle und deshalb für die hierfür verwendete Gasölmenge von 4.262,82 Liter keine Vergütung gewährt werden könne.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen die Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2003 erhobene Klage wurde durch Urteil des Gerichts vom 14. Juni 2005 - 14 K 971/03 (ZfZ 06, 28) als unbegründet abgewiesen.

Auf die hiergegen eingelegte Revision hin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil durch Gerichtsbescheidvom 12. Dezember 2006 VII R 44/05 (BFH/NV 2007, 1539) auf und wies die Sache an das Finanzgericht München zurück. Der BFH führte aus, dass das Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass eine Einstufung der streitgegenständlichen Zugmaschine als Sonderfahrzeug i.S. des § 25b Abs. 2 MinöStG voraussetze, dass das Fahrzeug ausschließlich für den Einsatz in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben besonders hergerichtet sei.

Der Kläger bringt im Wesentlichen Folgendes vor:

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei aufgrund seiner bauartlichen Gegebenheiten objektiv feststellbar dazu bestimmt, in der Landwirtschaft verwendet zu werden. Es habe einen kurzen Radstand von nur 3,5 m für eine hohe Wendigkeit bei einem Transport auf engen Feldwegen und zum Rangieren in landwirtschaftlichen Gebäuden. Ebenso sei es mit einem Allradantrieb und Reifen mit einem besonders groben Profil versehen. Das Leergewicht von alleine 9,5 t durch eine zusätzliche Eisenplatte gewährleiste eine hohe Zugkraft im unbeladenen Zustand. Der Aufbau des Fahrzeugs sei nicht vom Fahrzeughersteller geliefert, sondern von einem auf landwirtschaftliche Fahrzeuge spezialisierten Hersteller gefertigt worden. Er sei in der Form, wie er auf dem streitgegenständlichen Fahrzeug angebracht ist, nur in der Landwirtschaft im Einsatz. Der Aufbau zeichne sich zunächst durch eine hohe Ladepritsche mit 1,5 m aus, um direkt mit der Ladeschurre an der hinteren Bordwand Dünger in den Düngerstreuer überladen zu können. Die Bordwände seien aus besonders starkem und verwindungssteifem Profilblech hergestellt, damit keine Spannketten zwischen den Bordwänden benötigt werden, die beim Be- und Entladen störend sein könnten. Zwei Drittel der Bordwand seien pendelnd aufgehängt, damit das Entladen zügig und vollständig erfolgen könne. Die Ladepritsche habe einen außergewöhnlich hohen Kippwinkel, damit auch Zuckerrüben mit hohem Erdanteil komplett entladen werden könnten. Zum Umladen von Saatgut könne eine hydraulisch betriebene Überladeschnecke mittels Adapter und zwei dafür vorgesehenen Lochungen an der Rückwand angebracht werden. Das Saatgut könne so am Feldrand direkt in die Sämaschine befördert werden. Der Aufbau der Pritsche sei korn- und rapsdicht, so dass ein Verlust nicht möglich sei.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Vergütungsbescheids vom 7. November 2002 und der Einspruchsentscheidung die Mineralölsteuervergütung für das Jahr 2001 auf 4.958,44 EUR festzusetzen.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bringt vor, dass nicht objektiv erkennbar sei, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach seiner Bauart und seinen Vorrichtungen speziell zum Transport von landwirtschaftlichen Produkten geeignet und bestimmt sei. Die vom Kläger dargelegten Eigenschaften des Fahrzeugs und des Aufbaus belegten nur, dass es sich um ein Nutzfahrzeug handelt, das nach seinen Merkmalen dazu geeignet ist, Arbeiten in unwegsamem Gelände zu verrichten. Dies sei jedoch auch in vielen anderen Branchen wie z.B. in Steinbrüchen, Kieswerken, Sandgruben, im Straßenbau u.s.w. zum An- und Abtransport verschiedenartiger Materialien möglich und üblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.

II. Die Klage ist begründet.

Das HZA hat zu Unrecht die Mineralölsteuervergütung für das im Jahre 2001 in der MANZugmaschine vom Typ F 04 verwendete Gasöl abgelehnt, weil es sich bei diesem Fahrzeug um ein Sonderfahrzeug i.S.v. § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG handelt.

1. Gem. § 25b Abs. 1 MinöStG wird die Mineralölsteuer für nachweislich versteuerte Gasöle nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zum Betrieb von Sonderfahrzeugen bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung vom 1. Januar 2001 an verwendet worden sind, nach Maßgabe der §§ 25c und 25d MinöStG auf Antrag vergütet. Als Sonderfahrzeuge i.S. des § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MinöStG gelten gem. § 25b Abs. 2 MinöStG Fahrzeuge, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden und nach ihrer Bauart und ihren Vorrichtungen für die Verwendung in diesen Betrieben geeignet und bestimmt sind.

Letztere Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung (vgl. BFH in BFH/NV 2007, 1539) bereits dann erfüllt, wenn das betreffende Fahrzeug bestimmte bauartbedingte Merkmale aufweist oder über besondere (technische) Vorrichtungen verfügt, aufgrund derer es in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben für Arbeiten zur Bodenbewirtschaftung oder zur bodengebundenen Tierhaltung eingesetzt zu werden pflegt. Ein Sonderfahrzeug für die Landwirtschaft i.S. des § 25b Abs. 2 MinöStG ist danach ein Fahrzeug, das aufgrund seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften erkennbar dazu bestimmt ist, einem Verwendungszweck zu dienen, der einen spezifischen Bezug zur Land- und Forstwirtschaft hat. Unschädlich ist, dass das Fahrzeug auch für andere Zwecke eingesetzt werden kann. Außerdem kann sich die besondere Zweckbestimmung auch aus den spezifischen Merkmalen und Eigenschaften einer auf ein Standardfahrgestell montierten Ladefläche ergeben. Der Kreis der Sonderfahrzeuge i.S.v. § 25b Abs. 2 MinöStG ist nicht auf Fahrzeuge beschränkt, die regelmäßig außerhalb des öffentlichen Straßennetzes verwendet werden. Die Rechtsprechung zu § 3 Nr. 7 Kraftfahrzeugsteuergesetz zur kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Anerkennung von Sonderfahrzeugen ist insoweit nicht anwendbar.

2. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein Sonderfahrzeug i.S.v. § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 25b Abs. 2 MinöStG.

a) Es wird im landwirtschaftlichen Betrieb (§ 25c Nr. 1 Buchst. a MinöStG) der GbR zur Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung verwendet, da es zur Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen sowie von Betriebsmitteln eingesetzt wird. Nach § 25b Abs. 3 Nr. 1 MinöStG gilt auch die Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern durch den Betrieb als Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung.

b) Ebenso ist die Zugmaschine mit dem daran angebrachten Aufbau nach ihrer Bauart und ihren Vorrichtungen für die Verwendung in Betrieben der Landwirtschaft geeignet und bestimmt im Sinne o.g. Rechtsprechung des BFH.

Der Senat ist nach den vom Kläger dargelegten und vom HZA nicht in Frage gestellten Eigenschaften der Zugmaschine und des Aufbaus zu der Überzeugung gelangt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund seiner objektiven Merkmale erkennbar für die Beförderung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Bedarfsgütern bestimmt ist.

Die Eigenschaften und Merkmale der Zugmaschine als solche, d.h. ohne Aufbau, wie der kurze Radstand, der Allradantrieb und das durch eine zusätzliche Eisenplatte erreichte hohe Leergewicht von 9,5 t, lassen zwar für sich allein noch nicht auf einen bestimmten Verwendungszweck, hier die Bestimmungen zum Transport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Bedarfsgütern, schließen. Im Zusammenhang mit den bauartbedingten Merkmalen und Eigenschaften des von einem spezialisierten Hersteller angefertigten Aufbaus der Zugmaschine und den angebrachten besonderen technischen Vorrichtungen wird jedoch die besondere Zweckbestimmung des streitgegenständlichen Fahrzeugs deutlich.

So ist an der Rückwand der Ladepritsche eine (abnehmbare) Ladeschurre angebracht, mit der Dünger direkt in den Düngerstreuer umgeladen oder Getreide, ohne die hintere Bordwand zu öffnen, gezielt auf ein Förderband abgeladen werden kann. Die Öffnung an der Ladeschurre ist mit einem speziellen Kornschieber versehen. Wenn die Ladeschurre abmontiert wird, kann an der Öffnung mittels Adapter und zwei dafür vorgesehenen Lochungen eine hydraulisch betriebene Überladeschnecke angebracht werden, mit der das auf der Ladepritsche beförderte Saatgut direkt in die Sämaschine umgeladen werden kann. Zum Betrieb der Überladeschnecke ist von der Firma, die auch den Aufbau auf der Zugmaschine angebracht hat, ein zusätzlicher Ölmotor eingebaut worden, der am sogenannten Nebenantrieb des Hauptmotors angeschlossen ist.

Für die spezielle Eignung des Aufbaus zur Beförderung von landwirtschaftlichen Gütern sprechen weiterhin dessen Höhe von 1,5 m, der hohe Kippwinkel sowie der Umstand, dass 2/3 der seitlichen Bordwand pendelnd aufgehängt sind, um das Entladen zu erleichtern.

Aus den genannten bauartbedingten Merkmalen der Zugmaschine und den spezifischen Merkmalen und Eigenschaften des Aufbaus ist somit erkennbar, dass das Fahrzeug für typisch landwirtschaftliche Transportaufgaben bestimmt ist, da die Transporte von Saatgut und Dünger zwangsläufig in jedem landwirtschaftlichen Betrieb anfallen, der Ackerbau betreibt. Fahrzeuge wie das vorliegende werden somit hauptsächlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben für Arbeiten zur Bodenbewirtschaftung eingesetzt.

Die Möglichkeit, das Fahrzeug auch für andere Zwecke, wie z.B. zum An- und Abtransport von Sand, Kies oder Steinen im Straßenbau, in Steinbrüchen oder Kieswerken einzusetzen, ist nach o.g. Rechtsprechung des BFH unschädlich.

Darauf, ob mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug (landwirtschaftliche) Transporte auch auf öffentlichen Straßen durchgeführt werden, kommt es ebenso wenig an, wie auf dessen kraftfahrzeugsteuerrechtliche Beurteilung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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