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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 14 K 167/07
Rechtsgebiete: UStG, EStG, Richtlinie 2006/112/EG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 2 Abs. 2
UStG § 3 Abs. 9
EStG § 15 Abs. 1
Richtlinie 2006/112/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ......,

des Richters am Finanzgericht ...... und

der Richterin am Finanzgericht ...... sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 vom 30. Mai 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 wird die Umsatzsteuer 2004 auf 790,- EUR herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr in seiner Funktion als geschäftsführender Komplementär des Bankhauses als selbstständiger Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig geworden ist.

Nach dem Gesellschaftsvertrag des Bankhauses gehörten der Kläger und drei weitere Personen dem Bankhaus als Komplementäre ohne Kapitaleinlage an. Kommanditisten waren die GmbH mit einer Einlage von 48.601.400 EUR und Frau X mit einer Einlage von 1.398.600 EUR.

Der Kläger wurde vom Verwaltungsrat des Bankhauses mit Wirkung vom 1. Juli 1991 zum geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter bestellt. In der hierzu mit dem Kläger geschlossenen Vereinbarung war unter anderem geregelt, dass er - entsprechend § 12 des Gesellschaftsvertrags - für seine Arbeitsleistung eine jährliche feste Vergütung von 198.000 DM, zahlbar in gleichen monatlichen Raten sowie eine Tantieme, deren Höhe vom Verwaltungsrat alljährlich festgelegt wird, erhält. Ein Teilbetrag von 30.000 DM dieser Tantieme war garantiert und wurde in monatlich gleich hohen Raten mit der festen Vergütung ausgezahlt. Im Monat Dezember 2004 betrug die Auszahlung 13.824 EUR. Zu seinen Aufwendungen für die Angestelltenversicherung und dem Beamtenversicherungsverein erhielt der Kläger vom Bankhaus Arbeitgeberanteile in der jeweils höchsten Klasse unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmeranteile in der entsprechenden Höhe entrichtet wurden. Außerdem hatte der Kläger nach der Vereinbarung einen Anspruch auf einen Jahresurlaub von 35 Arbeitstagen, der in Abstimmung mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsratsausschuss zu nehmen war. Im Falle vorübergehender Berufsunfähigkeit hatte er Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge für die Dauer von sechs Monaten. Bei einer länger andauernden Berufsunfähigkeit hatte das Bankhaus das Recht, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen.

Nach § 4 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit § 6 der o.g. Vereinbarung bestand sowohl für den Verwaltungsrat des Bankhauses als auch für den Kläger eine zwölfmonatige Kündigungsfrist zu jedem Jahresende. Unbeschadet dieser Regelung konnte der Verwaltungsrat den Kläger nach seinem eigenen freien Ermessen jederzeit abberufen. Dieser schied damit aus der Gesellschaft aus und war verpflichtet seine Tätigkeit, unverzüglich einzustellen. Der Kläger ist zum 31. März 2005 als Geschäftsführer und als Komplementär aus dem Bankhaus ausgeschieden.

In § 6 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass die Komplementäre zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet sind und sie zu keiner Geschäftsführungshandlung der Zustimmung der Kommanditisten bedürfen. Sie führen die Geschäfte des Bankhauses nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages und einer mit Zustimmung des Verwaltungsrats festgesetzten Geschäftsordnung. Dem Verwaltungsrat obliegt nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags auch die Beratung und Überwachung der Komplementäre und der übrigen Mitglieder der Geschäftsleitung.

Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden von der Gesellschafterversammlung gewählt. Bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen hat jeder Komplementär eine Stimme; jeder Kommanditist für je volle 1.000,- DM seines Kapitalkontos eine Stimme (§ 14 Abs. 2 und 5 Buchst. e des Gesellschaftsvertrags).

Nach § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags sind Komplementäre verpflichtet, dem Bankhaus ihre ganze Arbeitskraft zu widmen. Eine Beteiligung an oder Tätigkeit an einem anderen Bankgeschäft bedarf der Zustimmung des Verwaltungsrats.

Nach § 13 des Gesellschaftsvertrags nehmen Komplementäre am Gewinn und Verlust nicht teil. Bei einem Verlust ist zunächst die offene Rücklage heranzuziehen. Reicht diese nicht aus, so tragen den weiteren Verlust die Kommanditisten.

In seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume April 2004 bis März 2005 meldete der Kläger zunächst nur die Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer eines Immobilienfonds als steuerpflichtigen Umsatz an. Der Beklagte (das Finanzamt) hingegen ist der Meinung, dass auch die vom Bankhaus an den Kläger gezahlte Vergütung umsatzsteuerpflichtig sei und setzte mit Bescheid vom 19. September 2005 über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Dezember 2004 hierfür Umsatzsteuer fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Nach Klageerhebung erließ das Finanzamt am 30. Mai 2007 einen Umsatzsteuerjahresbescheid, mit dem es, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 135.594 EUR, die Umsatzsteuer auf 21.695,04 EUR festsetzte.

Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er als Geschäftsführer des Bankhauses nicht selbständig tätig und somit insoweit kein Unternehmer gewesen sei. Die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft sei nicht nach ertragsteuerlichen Kriterien zu beurteilen. Für die Frage der Selbständigkeit komme es auf die vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit und das Gesamtbild der Verhältnisse an. Im Streitfall entspreche die Vereinbarung mit dem Bankhaus einem Arbeitsvertrag. Danach trage er kein eigenes wirtschaftliches Risiko, das über wirtschaftliche Risiken eines Anstellungsverhältnisses hinausgehe. Die Vereinbarung enthalte alle typischen Merkmale eines Arbeitsvertrages eines nichtselbständig beschäftigten Geschäftsführers. Er sei in die Organisation des Bankhauses wie ein leitender Angestellter eingebunden. Insbesondere sei er gegenüber dem Bankhaus weisungsgebunden tätig gewesen. Durch die Geschäftsordnung für die Geschäftsleitung sei er eng an die Vorgaben des Verwaltungsrats gebunden gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2004 vom 30. Mai 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006 die Umsatzsteuer auf 790,- EUR festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen und verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2006.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamtsakte und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat die vom Bankhaus an den Kläger gezahlte Vergütung zu Unrecht als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat, der Umsatzsteuer. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil der Kläger in seiner Funktion als geschäftsführender Komplementär des Bankhauses nicht als selbständiger Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig geworden ist.

1. Eine berufliche Tätigkeit wird nach der negativen Abgrenzung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Eine selbständige Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn sie auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt wird. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Dementsprechend sind die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abzuwägen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. Juni 2000 V R 28/99, BFHE 191, 468, BStBl II 2000, 597).

Gewicht hat u.a. das Merkmal des Unternehmerrisikos in der Form des Vergütungsrisikos. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit. Hingegen ist der Steuerpflichtige nichtselbständig tätig, wenn er von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt ist. Indiz, aber nicht in erster Linie ausschlaggebend kann auch die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig sein.

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Eine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung besteht für das Umsatzsteuerrecht jedoch nicht. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung kommt es für die Beurteilung der Selbständigkeit von Geschäftsführungsorganen nicht darauf an, ob die natürliche Person berechtigt ist, Zeit, Umfang und Ort der Tätigkeit nach eigenem Ermessen zu bestimmen (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730). Entscheidend ist vielmehr die inhaltliche Weisungsgebunden- oder Weisungsfreiheit (BFH-Urteil vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BStBl II 2008, 912).

Die Beurteilung der Selbständigkeit nach diesen Grundsätzen entspricht den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts.

Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 (ABl EG Nr. 1 347/1 vom 11. Dezember 2006) über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRl-- (bisher Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG) gilt als "Steuerpflichtiger", wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt. Nach Art. 10 der MwStSystRl (bisher Art. 4 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG) schließt die selbständige Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRl Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.

2. Im Streitfall ist der Kläger unter Beachtung dieser Grundsätze als Komplementär des Bankhauses in ertragsteuerrechtlicher Sicht zwar Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gewesen. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist er jedoch nicht selbständig tätig gewesen.

a) In ertragsteuerrechtlicher Sicht wird die Mitunternehmerstellung des Komplementärs nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 74/03, BStBl II 2006, 595, m.w.N.) nicht dadurch ausgeschlossen, dass er weder am Gewinn und Verlust der KG noch an deren Vermögen beteiligt ist. Die fehlende Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens hat zwar zur Folge, dass das Mitunternehmerrisiko auf die unbeschränkte Haftung für die Schulden der KG begrenzt ist und damit selbst unter Berücksichtigung des Anspruchs auf eine zumeist feste Haftungsvergütung die Regelanforderungen an das Vorliegen eines mitunternehmerischen Risikos nicht erfüllt werden. Letzteres wird jedoch dann durch eine starke Ausprägung der Initiativrechte kompensiert, wenn dem Komplementär entweder das organschaftliche Vertretungsrecht nach § 170 HGB nicht entzogen werden kann (vgl. zum sog. angestellten Komplementär BFH-Urteil vom 11. Juni 1985 VIII R 252/80, BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33) oder ihm aufgrund seiner Geschäftsführungsbefugnis (§§ 164, 161 Abs. 2 i.V.m. § 114 HGB) das Recht zusteht, typische unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Der persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft kann selbst dann eine Mitunternehmerstellung bekleiden, wenn er keine Kapitaleinlage erbracht hat, im Innenverhältnis wie ein Angestellter behandelt und von der Haftung freigestellt wird (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 II R 57/89, BStBl II 1993, 270). Ein Komplementär einer KG trägt wegen seiner unbeschränkten und unabdingbaren Außenhaftung auch dann Mitunternehmerrisiko, wenn er im Innenverhältnis von einem Mitgesellschafter von der Haftung freigestellt ist; dies gilt auch dann, wenn er am Verlust, an den stillen Reserven, am Firmenwert, an den sonstigen immateriellen Werten sowie am Liquidationserlös der KG nicht beteiligt ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 1999 VIII R 43/98, BFH/NV 1999, 1196).

b) Dementsprechend führt nach Ansicht der Finanzverwaltung auch in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht der KG gegenüber ihrem Gesellschafter (Komplementär) nicht zu einer Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, so dass ein Komplementär grundsätzlich selbständig tätig ist (vgl. UStR 2008 Abschnitt 17 Abs. 2 Satz 3). Der Abschluss eines Anstellungsvertrages zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter-Geschäftführer begründet nicht dessen Nichtselbständigkeit, denn dadurch trete keine Eingliederung des Gesellschafter- Geschäftsführers in die Gesellschaft als Arbeitnehmer ein (vgl. Probst in Hartmann/ Metzenmacher, UStG-Kommentar, § 2 Tz. 472; a. A. Stützel, Offene Fragen zur Umsatzsteuer bei Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, DStR 2004, 1642).

c) Vorliegend ist der Kläger nach o. g. Rechtsprechung als sog. angestellter Komplementär zwar in ertragsteuerrechtlicher Sicht selbständig tätig gewesen (vgl. BFH in BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33). In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist er jedoch weisungsgebunden und damit nicht selbstständig im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG in die KG eingegliedert gewesen, da er seine Geschäftsführungstätigkeit nicht als Ausfluss seiner Gesellschafterstellung, sondern auf der Grundlage seines arbeitsrechtlichen Anstellungsvertrages ausgeübt hat (vgl. Heidner, Änderung der Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Geschäftsführungsleistungen durch Gesellschafter- Geschäftsführer an die Gesellschaft, DStR 2002, 1890). Nach der seiner Tätigkeit als geschäftsführender Komplementär des Bankhauses zu Grunde liegenden Vereinbarung mit dem Bankhaus und dem Gesellschaftsvertrag der KG ist er lediglich im Außenverhältnis als Gesellschafter aufgetreten, im Innenverhältnis aber wie ein Angestellter gegenüber den die Gesellschaft beherrschenden Kommanditisten gebunden gewesen.

Der Kläger ist weder am Gewinn und Verlust der KG noch an deren Vermögen beteiligt gewesen. Er hat als Komplementär keine Kapitalanlage geleistet. Im Innenverhältnis ist er von den Kommanditisten von der persönlichen Haftung freigestellt gewesen. Die Bestimmung seiner Vergütung ist von der KG abhängig gewesen. Er hat für seine Tätigkeit eine jährliche feste Vergütung erhalten, die Höhe der zusätzlich zu gewährenden Tantieme ist vom Verwaltungsrat festgelegt worden. Außerdem hatte er Anspruch auf einen Jahresurlaub von 35 Arbeitstagen und im Falle vorübergehender Berufsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge für die Dauer von sechs Monaten.

Die nach den genannten Regelungen eingeschränkte Mitunternehmerinitiative und das eingeschränkte Mitunternehmerrisiko des Klägers sind im Streitfall auch nicht dadurch ausgeglichen gewesen, dass dem Kläger das organschaftliche Vertretungsrecht nicht entzogen werden konnte oder ihm aufgrund seiner Geschäftsführungsbefugnis (§§ 164, 161 Abs. 2 i.V.m. § 114 HGB) das Recht zugestanden hat, typische unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Denn nach o. g. Vereinbarung ist für die KG eine 12-monatige Kündigungsfrist vereinbart gewesen. Nach § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages konnte der Verwaltungsrat den Kläger als Komplementär sogar nach seinem eigenen freien Ermessen jederzeit abberufen. Der Kläger konnte demnach, ohne Rücksicht auf seine formelle Stellung als Komplementär, wie ein leitender Angestellter jederzeit von seinen Aufgaben entbunden werden, ohne seine Geschäftsführungsbefugnis nach § 164 HGB und sein gesetzliches Vertretungsrecht als Komplementär nach § 161 Abs. 2 i.V.m. § 125 HGB weiterhin wahrnehmen zu können.

Ebenso hat der Kläger seine Geschäftsführungstätigkeit nicht im eigenen Namen, für eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausgeübt, sondern für Rechnung und Verantwortung der KG gehandelt. Die Rechte und Pflichten, Zuständigkeiten und Kompetenzen des Klägers im Rahmen seiner Geschäftsführungstätigkeit haben sich aus der Geschäftsordnung für die Geschäftsleitung des Bankhauses ergeben.

Allein aus dem Umstand, dass der Kläger als Komplementär persönlich haftender Gesellschafter der KG gewesen ist und die sich daraus ergebende Haftung nach § 161 Abs. 1 HGB - gegebenenfalls nach Ausfall der im Innenverhältnis vorrangig haftenden Kommanditisten - im Außenverhältnis nicht ausschließen lässt, kann nicht gefolgert werden, dass er seine Geschäftsführungstätigkeit für das Bankhaus selbständig verrichtet hat. Denn maßgeblich für die Frage, ob jemand selbständig oder unselbständig tätig ist, ist in erster Linie das Innenverhältnis zum Auftraggeber, hier also zum Bankhaus.

Aufgrund der zwischen dem Kläger und der KG getroffenen Vereinbarung sowie nach dem Gesellschaftsvertrag war der Kläger vielmehr als Arbeitnehmer in die KG als Arbeitgeber eingetreten. Zwischen dem Kläger und dem Bankhaus hat hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit ein Verhältnis der Unterordnung bestanden.

Das Finanzamt kann sich auch nicht auf das BFH-Urteil vom 6. Juni 2002 V R 43/01 (BFH/NV 2002, 1268) berufen. Mit diesem Urteil hat der BFH nur entschieden, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung auch im Verhältnis zwischen dem GmbH-Geschäftsführer und der GmbH ein Leistungsaustausch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen kann.

Vorliegend ist aber unstreitig, dass der Kläger mit seiner Geschäftsführungstätigkeit sonstige Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG gegenüber dem Bankhaus erbracht hat und insoweit ein Leistungsaustausch vorliegt. Aus der zwischen dem Kläger und dem Bankhaus getroffenen Vereinbarung über eine jährliche feste Vergütung zzgl. einer Tantieme ergibt sich, dass es sich bei seiner Geschäftsführungstätigkeit nicht um einen Gesellschafterbeitrag gehandelt hat, der durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden sollte, sondern um Leistungen, die gegen Entgelt ausgeführt worden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet gewesen sind.

Auch aus dem Urteil des BFH vom 10. März 2005 (BFH in BStBl II 2005, 730) ergibt sich nichts anderes. Darin hat der BFH nur entschieden, dass der GmbH-Geschäftsführer auch dann selbstständig sein kann, wenn er den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Ob die Geschäftsführungsleistungen vom Kläger aber tatsächlich als selbstständiger Unternehmer oder im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses erbracht worden sind, ist nach o. g. Grundsätzen zu beurteilen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

4. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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