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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: 14 K 4178/06
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 15a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG nach dem Übergang von der Regelversteuerung zur Kleinunternehmerschaft.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb und die gemeinschaftliche Nutzung landwirtschaftlicher Maschinen zu rationellen, kostengünstigen sowie boden- und umweltschonenden Bodenbearbeitung.

Mit Schreiben vom 24. März 2003 teilte die Klägerin dem Finanzamt (FA) mit, dass sie ab 1. Januar 2001 keine Regelversteuerung ihrer Umsätze mehr vornehme, sondern die Vorschriften zur Kleinunternehmerschaft nach § 19 UStG anwende.

Das FA änderte daraufhin die Umsatzsteuerfestsetzung für die Jahre 2001 bis 2003. Dabei nahm es auch eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für in den Jahren 1996 und 2000 angeschaffte Maschinen vor. Mit Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2005 wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2001 auf 916,24 EUR festgesetzt.

Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 20. September 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das FA zu Unrecht Vorsteuerkorrekturen für die in den Jahren 1996 und 2000 angeschafften Wirtschaftsgüter vorgenommen habe. Eine Vorsteuerberichtigung sei nur dann vorzunehmen, wenn sich die Verhältnisse bei einem Wirtschaftgut geändert hätten. Seit ihrer Anschaffung seien die Wirtschaftsgüter jedoch unverändert an Unternehmer zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet worden. Der Wechsel der Besteuerungsform alleine könne nicht zu einer Korrekturmöglichkeit führen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids 2001 vom 9. Dezember 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 20. September 2006 die Umsatzsteuer 2001 auf 0 EUR herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Klage hat keinen Erfolg, da das FA zu Recht eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) vorgenommen hat.

Nach § 15a Abs. 1 UStG ist, sofern sich bei einem Wirtschaftsgut die Verhältnisse ändern, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen.

Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt der Übergang von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse dar (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 V R 31/02, BStBl II 2004, 858 zum "umgekehrten" Fall, d.h. Übergang von der Kleinunternehmerschaft zur Regelbesteuerung).

Nach höchstrichterlicher Rechsprechung erfasst der Zweck des § 15a UStG --entsprechend seinem weit gefassten Wortlaut-- nicht nur Änderungen der Verwendungsverhältnisse, sondern sämtliche Änderungen "der Verhältnisse, die ... für den Vorsteuerabzug maßgebend waren". Denn Grundgedanke der Vorschrift ist es, --da Vorsteuerbeträge gemäß § 15 UStG in voller Höhe sofort abgezogen werden können (sog. Sofortabzug, vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BStBl II 2003, 426) -- den Umfang des Vorsteuerabzugs weitgehend nach der Verwendung im Laufe der wirtschaftlichen Lebensdauer des Wirtschaftsguts zu bestimmen (vgl. zur gemeinschaftsrechtlichen Grundlage in Art. 20 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG --Richtlinie 77/388/EWG--: Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 8. Mai 2003 Rs. C-269/00, Seeling, Rdnr. 53 ff., BStBl II 2004, 378).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unternehmer durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 27. September 2001 Rs. C-16/00, Cibo Participations, Slg. 2001, I-6663, UR 2001, 500, Rdnr. 27, m.w.N.).

Diese (weite) Auslegung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG entspricht den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts in Art. 20 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach der ursprüngliche Vorsteuerabzug nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten insbesondere dann berichtigt wird, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war, oder wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugs berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben. Für Investitionsgüter wird nach Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs vorgenommen, "unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden".

Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für in den Jahren 1996 und 2000 angeschaffte Maschinen somit vor. Durch den Wechsel vom Regelversteuerer zum Kleinunternehmer ab 1. Januar 2001 haben sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG geändert. Das FA hat die Korrektur des Vorsteuerabzugs dem Grunde und der Höhe nach daher zu Recht durchgeführt.

Diesem Ergebnis steht auch die im Streitjahr noch gültige Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG nicht entgegen. Danach war bei einem Wechsel von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 UStG eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nur dann zugelassen, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bei einem Wirtschaftsgut geändert hatten, das von dem Unternehmer bereits vor dem Wechsel erstmals verwendet wurde. Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend erfüllt, da die streitigen Maschinen bereits vor dem Jahr 2001 erstmalig zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze verwendet worden sind.

Durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 7. November 2001 (BGBl. I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) hat der Gesetzgeber im Übrigen die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 5 UStG gestrichen. Im Rahmen der Begründung dieser Streichung heißt es: "Damit ist nunmehr klargestellt, dass § 15a UStG auch im Bereich der Kleinunternehmerregelung uneingeschränkt zur Anwendung kommt" (vgl. BTDrucks 14/7340, S. 23 zu Art. 14, zu Nr. 10 Buchst. b).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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