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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 14 K 734/05
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
UStG § 15 Abs. 1b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 K 734/05

Umsatzsteuer 2001

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 24. Mai 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Pkw.

Der Kläger ist als Vermieter des Objekts S unternehmerisch tätig. Anlässlich einer für den Besteuerungszeitraum 1998 bis 2001 durchgeführten Außenprüfung ließ der Betriebsprüfer den Abzug von Vorsteuern aus den Kfz-Kosten für den Hausmeister der Immobilie in voller Höhe zu, nicht hingegen anteilige Vorsteuern aus der Anschaffung von zwei Fahrzeugen (Mercedes CL 600 Coupe und Porsche 911 Turbo) in Höhe von insgesamt 35.772,89 DM, da sie seiner Ansicht nach nicht betrieblich genutzt würden (vgl. Bericht vom 25. August 2003, Betriebsprüfungsakte des Finanzamts). Die bisherige unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuerfestsetzung für 2001 wurde mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 entsprechend geändert und die Umsatzsteuer in Höhe von 38.070,79 EUR festgesetzt.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg, mit Entscheidung vom 25. Januar 2005 wurde er als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass das FA den begehrten Vorsteuerabzug zu Unrecht versage. Anlässlich der Schlussbesprechungen zweier vorangegangener Betriebsprüfungen für den Prüfungszeitraum 1984 bis 1987 sowie 1988 bis 1990 sei mit dem Betriebsprüfer eine tatsächliche Verständigung bezüglich der hälftigen Nutzung von zwei Pkws im Zusammenhang mit der vermieteten Immobilie erreicht worden.

Die Vereinbarung über die steuerliche Behandlung dieses Sachverhalts müsse das FA auch dem weiteren Prüfungszeitraum zugrunde legen, da sie auch für die Folgejahre Bindungswirkung entfalte. Auch in einem Rechtsbehelfsverfahren für die Jahre 1991 bis 1993 hätte das FA ihm schließlich Recht gegeben.

Zusätzlich zu der Anerkennung von 50% der Vorsteuern aus den laufenden Kosten der beiden Fahrzeuge sowie der Kosten des Fahrzeuges für den Hausmeister müsse das FA deshalb auch 50% der Vorsteuer (= 17.930,89 DM) aus der Anschaffung des Porsche 911 Turbo anerkennen. In den Jahren 1998 bis 2002 habe er einen Audi A 8 sowie einen Ferrari Testarossa betrieblich genutzt. Im Jahr 2001 sei der Ferrari dem Unternehmen entnommen und der Porsche angeschafft und neben dem Audi betrieblich genutzt worden. Der ebenfalls in diesem Jahr erworbene Mercedes CL werde nicht für Fahrten im Zusammenhang mit der Immobilie genutzt und sei vom Betriebsprüfer irrtümlich dem Unternehmen zugeordnet worden, Vorsteuer aus der Anschaffung dieses Pkws werde nicht geltend gemacht.

Das FA verkenne, dass neben den routinemäßigen Besuchen und Inspektionen der Immobilie viele Fahrten zu Handwerkern wegen Vorbesprechungen und der Besichtigung verschiedener Reparaturen notwendig seien. Teilweise hätten sich diese Firmen in bis zu 100 km Entfernung befunden. Zudem hätten diverse Verhandlungen bei Behörden, Versicherungen und Banken wegen neuer Auflagen, TÜV und der Vermittlung einer Zwischenfinanzierung mit jährlich neu zu verhandelnden Zinsen stattgefunden. In den Jahren 2000 bis 2004 seien viele Streitigkeiten mit einem Untermieter angefallen, die mit häufigen Besuchen bei seinem Anwalt (25 km entfernt), gerichtlichen Terminen sowie Sachverständigen verbunden gewesen seien. Im Streitjahr sei er mit dem Porsche circa 5.000 km und mit dem Audi circa 12.000 km gefahren. Diese Angaben seien mit einem Abschlag von 3% genau, die Vorlage eines Fahrtenbuches könne das FA nunmehr nicht mehr verlangen. Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Oktober 2003 und der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2005 die Umsatzsteuer 2001 in Höhe von 56.529,11 DM (= 28.902,88 EUR) festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Außerdem trägt es vor, dass sich im Streitjahr anhand der vom Kläger vorgelegten Belege eine Fahrleistung des Audis von circa 25.477 km, des Porsches von circa 11.195 km errechne. Die Entfernung zwischen Wohnung und vermieteten Objekt betrage ungefähr 15 bis 20 km. Seit 1999 sei das Gebäude ununterbrochen an einen Mieter überlassen worden und von einem angestellten Hausmeister betreut worden. Selbst unter der Annahme der für den Kläger günstigsten Umstände, dass er das vermietete Objekt einmal wöchentlich aufgesucht hätte und dass diese Fahrten etwa hälftig mit dem Porsche und dem Audi durchgeführt worden seien, könne eine betriebliche Fahrleistung des Porsches von höchstens 360 km angenommen werden. Unter Berücksichtigung einer Fahrleistung von 11.195 km ergebe sich eine betriebliche Nutzung von 3,21%.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Aufklärungsanordnung des Gerichts vom 7. Februar 2007 Bezug genommen.

II. Die Klage ist unbegründet, das FA hat dem Kläger zu Recht den hälftigen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkws versagt.

1. Ein Unternehmer kann Vorsteuerbeträge für Leistungen an sein Unternehmen abziehen, die in Rechnungen des leistenden Unternehmers gesondert ausgewiesen sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung - UStG-). In tatsächlicher Hinsicht trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH-vom 22. September 1993 V B 113/93, BFH/NV 1994, 281). Gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 UStG gilt die Lieferung eines Gegenstands als nicht für das Unternehmen ausgeführt, wenn der Unternehmer ihn zu weniger als 10 vom Hundert für sein Unternehmen nutzt. Bei der Anschaffung von Fahrzeugen i.S.d. § 1b Abs. 2 UStG, die auch für den privaten Bedarf des Unternehmers oder für andere unternehmensfremde Zwecke verwendet werden, ist der Vorsteuerabzug der Höhe nach gemäß § 15 Abs. 1 b UStG auf die Hälfte begrenzt.

Die Zuordnung eines Leistungsbezugs zu einem Unternehmen ist dann nicht möglich, wenn der Unternehmer einen Gegenstand oder eine Dienstleistung ausschließlich für seinen nicht unternehmerischen Bereich verwendet. In diesem Fall eröffnet sich ihm nicht das Recht zum Vorsteuerabzug (vgl. EuGH-Urteil vom 11. Juli 1991 Rs. C-97/90, Lennartz, Slg. 1991, I3795). Dem entspricht Art. 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) und stellt gleichzeitig klar, dass der Steuerpflichtige nur dann berechtigt ist, Mehrwehrsteuer als Vorsteuer abzuziehen, soweit er die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet.

Maßgebend für die Überprüfung der durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht ist der jeweilige Zeitpunkt des Leistungsbezugs, zu dem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG; BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 876).

Nach diesen Grundsätzen steht die vom Kläger bezogene Eingangsleistung nicht in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit. Selbst wenn man vorliegend davon ausgeht, dass der Kläger das hier streitige Fahrzeug seinem Unternehmen zuordnen konnte und durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auch zugeordnet hat, ist eine unternehmerische Verwendung im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang nicht ersichtlich. Aufgrund objektiver Anhaltspunkte ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Bezugs der Lieferung weder beabsichtigte, das Fahrzeug zu mindestens 10% unternehmerisch zu nutzen, noch es tatsächlich in diesem Umfang genutzt hat.

Unter Annahme der für ihn günstigsten Sachverhaltskonstellation - ein Besuch des Vermietungsobjekts pro Woche - errechnet sich jährlich eine betriebliche Fahrleistung des Porsches von 360 km. Beim Ansatz einer Fahrleistung im Streitjahr von rund 11.195 km ergibt sich somit lediglich ein Prozentsatz von 3,21%, der auf die Nutzung des Fahrzeugs für das Unternehmen entfällt.

Objektiv nachprüfbare Unterlagen zum Nachweis einer unternehmerischen Nutzung von mindestens 10% der Gesamtnutzung wie z.B. ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch liegen im Streitfall nicht vor, ein solches hat der Kläger nicht geführt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14.05.1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330).

Die in den Schreiben vom 26. Februar und 19. April 2007 vorgebrachten Erläuterungen und Schätzungen belegen nicht, dass der Kläger den Pkw zu mindestens 10% unternehmerisch genutzt hat. Selbst wenn man grundsätzlich von einer mehr als unerheblichen Nutzung der Fahrzeuge im Unternehmen des Klägers ausgeht, ist es nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass die unternehmerische Tätigkeit des Klägers als Vermieter den unternehmerischen Einsatz zweier hochwertiger Fahrzeuge erforderlich macht. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger einen Hausmeister für das Vermietungsobjekt angestellt hat, dessen Fahrtkosten vom FA steuerlich berücksichtigt worden sind. Ausgehend von allgemeinen Erfahrungssätzen und unter Berücksichtigung der vom Kläger behaupteten weiteren Fahrten im Zusammenhang mit Behörden, Banken und Rechtsanwalt, ist eine nur annähernd 10% der Gesamtnutzung ausmachende Fahrleistung des Pkw als Nutzung für das Unternehmen auszuschließen (vgl. BFH-Beschluss vom 20.10.2000 V B 124/03, BFH/NV 2001, 492).

2. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er aufgrund der bisherigen steuerlichen Behandlung durch das FA auf die Gewährung des Vorsteuerabzugs vertrauen durfte. Unabhängig davon, dass die gesetzliche Regelung des § 15 Abs. 1 UStG einer Disposition durch Steuerpflichtigen und FA nicht zugänglich ist, ergibt sich nach Aktenlage nicht, dass diesbezüglich eine tatsächliche Verständigung getroffen worden ist. Ausweislich des Betriebsprüfungsberichts vom 25. August 2003 wurde zwar in der telefonisch erfolgten Schlussbesprechung am 7. August 2003 bei allen Prüfungsfeststellungen Einvernehmen erreicht. Da die hier streitgegenständliche Kürzung der Vorsteuer aus der Anschaffung des Porsches im Bericht selbst vorgenommen wurde und daher ursächlich für die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung war, kann jedoch eine das FA bindende Einigung zwischen Betriebsprüfer und Kläger nicht erfolgt sein (vgl. zu den weiteren Voraussetzungen BFH-Urteil vom 22.09.2004 III R 9/03, BStBl 2005, 160). Darüber hinaus hat auch eine etwaige tatsächliche Verständigung für vorangegangene Jahre sowie der Ausgang eines früheren Einspruchsverfahrens zu Gunsten des Klägers wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung keine Auswirkung auf dieses Verfahren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (s. § 90 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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