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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 17.02.2009
Aktenzeichen: 14 V 3741/08
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung am 17. Februar 2009

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I. Streitig ist, ob die von der Antragstellerin in den Streitjahren erzielten Umsätze steuerfrei sind.

Die Antragstellerin hat eine Ausbildung zur Diplom Sozialpädagogin und Heilpraktikerin absolviert. Sie bezeichnet ihr Unternehmen in den Umsatzsteuererklärungen seit 1998 als "Handel mit Tantra-Zubehör".

Im Rahmen einer Außenprüfung stellte zunächst das Finanzamt (FA) B für die Jahre 1997 bis 1999, für die Folgejahre das nach einem Wohnsitzwechsel zuständige FA M fest, dass die Umsätze der Antragstellerin abgesehen von einem "echten Heilpraktikerumsatz" i. H. von DM 1.095 im Jahr 1998 ausschließlich die Organisation und Durchführung von Seminaren unter dem Titel "Persönlichkeits- und Weiterbildungstraining für Intimität, Partnerschaft und emotionale Kompetenz" umfassten (Berichte vom 4. November 2003 und vom 24. Oktober 2007, Bl. 14 ff bzw. Bl. 76 ff Betriebsprüfungsakte FA). Die Seminare seien in Seminarhäusern im In- und Ausland durchgeführt worden, wobei die Kosten für Unterkunft und Verpflegung direkt vom Seminarhotel mit den Teilnehmern abgerechnet worden seien. Eine gesonderte Abrechnung über Heilpraktikerleistungen sei nicht erfolgt. Die Seminare seien teilweise von der Antragstellerin, teilweise von anderen Personen, die nicht alle die berufliche Qualifikation "Heilpraktiker" oder "Psychotherapeut" erfüllten - so auch durch den Ehemann der Antragstellerin, einem Kommunikationsdesigner, Journalist und Regisseur - durchgeführt worden. Die Seminarleiter hätten der Antragstellerin Honorarrechnungen mit dem Ausweis von Umsatzsteuer gestellt. Die angebotenen Seminare hätten sich an Singles oder Paare gerichtet, die sich privat und beruflich weiter entwickeln wollten, eine ärztliche Verordnung oder Empfehlung sei nicht notwendig gewesen. Eine Übernahme der Kosten durch die Krankenversicherung sei nicht erfolgt. In den Seminarunterlagen sei darauf hingewiesen worden, dass die Seminare keinen Ersatz für eine therapeutische Behandlung darstellten Bei Teilnahme an dem Persönlichkeits- und Weiterbildungstraining für "Intimität, Partnerschaft und emotionale Kompetenz" hätte jeder Teilnehmer vor Beginn von jedem Teilnehmer eine aktuelle Bescheinigung über einen HIV-Test vorlegen müssen. Als angestrebte Ziele der Seminare seien unter anderem die Erweiterung des Spektrums persönlicher Erfahrung, die Anhebung der emotionalen Kompetenz auf ein hohes Niveau, die Entfaltung der eigenen Kreativität, das Erlernen von Kommunikationsformen für jeden Lebensbereich sowie die Gestaltung erfüllender Sexualität genannt worden.

Das FA kam darauf hin zu dem Ergebnis, dass die Umsätze der Antragstellerin nicht - wie von dieser angenommen- steuerfrei seien, sondern dem Regelsteuersatz unterlägen. Das FA änderte daher die Steuerfestsetzungen für die Jahre 1997 bis 2007 und setzte die Umsatzsteuer wie folgt fest:

für das Jahr 1997 mit Bescheid vom 4. Februar 2004 auf 2.521,69 EUR,

für das Jahr 1998 mit Bescheid vom 4. Februar 2004 auf 1.366,17 EUR,

für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 4. Februar 2004 auf 11.994,40 EUR,

für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 5. Juli 2005 auf 3.603,59 EUR,

für das Jahr 2001 mit Bescheid vom 27. November 2007 auf 7.426,51 EUR,

für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 27. November 2007 auf 9.032,04 EUR,

für das Jahr 2003 mit Bescheid vom 27. November 2007 auf 6.385,13 EUR,

für das Jahr 2004 mit Bescheid vom 8. November 2007 auf 4.549,02 EUR,

für das Jahr 2005 mit Bescheid vom 8. November 2007 auf 11.065,08 EUR,

für das Jahr 2006 mit Bescheid vom 8. November 2007 auf 13.801,51 EUR,

für das Jahr 2007 mit Bescheid vom 7. März 2008 auf 11.244,80 EUR.

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2008 wies das FA die gegen die Umsatzsteuerfestsetzung der Jahre 1997 bis 2007 gerichteten Einsprüche als unbegründet zurück (Bl. 60 ff Rechtsbehelfsakte FA). Der im Rahmen des Einspruchsverfahrens gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte nur teilweise Erfolg. Mit Bescheid vom 6. November 2008 setzte das FA die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide in Höhe von insgesamt 44.307,38 EUR gegen Sicherheitsleistung betreffend bisher nicht angeführter therapeutischer Einzelbehandlungen sowie im Ausland getätigter Umsätze aus und wies den Antrag im Übrigen zurück. Die geforderte Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000 EUR wurde nicht beigebracht.

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass das FA den Begriff "Heilmaßnahmen" fehl interpretiere. Mit ihren Seminaren richte sie sich an Menschen, die unter Depressionen (wie beispielsweise einer schizoiden Spaltung oder hysterischen Abwehrvorgängen) litten. Als Maßnahme zur Beseitigung dieser Persönlichkeitsstörungen setze sie auf eine Kombination von psychologischem Wissen des Sanskrits, Lehren von Jung und Freud sowie anderer moderner Analytiker. Sie verfolge das Ziel, die Depressionen ihrer Klienten weitestgehend zu beseitigen und sie zu unterrichten, ihr Leben wieder mit positiven Inhalten zu besetzen. Ihre Erfolge würden durch ein Schreiben eines Facharztes für psychotherapeutische Medizin belegt. Der Einwand, ihre Seminaren bzw. Gruppentherapien würden nur zu einer Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens führen, gehe fehl, da letztlich jede Heilbehandlung zu diesem Ziel führen sollte.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 2007 in Höhe von insgesamt 82.989,94 EUR auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es trägt vor, dass die Antragstellerin keine Nachweise vorgelegt habe, dass sie als Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie arbeiten dürfe. Darüber hinaus könne das Vorbringen der Antragstellerin nicht nachvollzogen werden, dass es sich bei ihrer Tätigkeit um eine kulturelle oder unterrichtende Tätigkeit handle. Entsprechende Unterlagen zu Unterricht oder Lehrplänen seien nicht eingereicht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298) und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Zu Gunsten der Antragstellerin wird der bei Gericht gestellte Aussetzungsantrag dahingehend ausgelegt, dass nur die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer 1997 bis 2007 nicht jedoch die Aussetzung der Vollziehung der jeweiligen Zinsfestsetzungen begehrt wird, da es für ein darauf gerichtetes Aussetzungsbegehren am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Eine Aussetzung der Zinsfestsetzung erfolgt im Falle der Aussetzung der Umsatzsteuer gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO von Amts wegen, da der Umsatzsteuerbescheid insoweit Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung ist.

2. Die Umsätze der Antragstellerin aus der Durchführung von Seminaren sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 der in den Streitjahren geltenden Fassungen des UStG sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes" steuerfrei.

Diese Vorschrift setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass er dafür die erforderliche Qualifikation besitzt (vgl. Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 6. November 2003 Rs. C-45/01, Christoph- Dornier-Stiftung, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2003, 585 Rz 5; vom 27. April 2006 C-443/04 und C-444/04, Solleveld u.a., BFH/NV Beilage 2006, 299, UR 2006, 587 Rz 24, 37; Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143, BFH-Beschluss vom 6. Juni 2008 XI B 11/08, BFH/NV 2008, 1547).

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -Richtlinie 77/388/EWG- bzw. Art.

132 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - umfassen Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt werden (BFH-Urteile vom 30. Juni 2005 V R 1/02, BFHE 210, 188, BStBl II 2005, 675; vom 13. Juli 2006 V R 7/05, BFH/NV 2006, 2387, Deutsches Steuerrecht 2006, 1982, m.w.N.).

Nach dem EuGH (vgl. Urteil vom 27. April 2006 - Rs. C-443/04 Solleveld, UR 2006, 587) haben die Mitgliedstaaten nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG bei der Definition der arztähnlichen Berufe ein Ermessen, das sich nicht nur auf die für die Ausübung dieser Berufe erforderliche Qualifikation, sondern auch auf die Festlegung der spezifischen Heiltätigkeiten bezieht, die zu diesen Berufen gehören. Die Mitgliedstaaten können einzelne Berufe von den arztähnlichen Berufen ausnehmen, selbst wenn sie hinsichtlich bestimmter Aspekte im nationalen Recht besonders geregelt sind.

Der Nachweis der erforderlichen Qualifikation hängt nach der Rechtsprechung des BFH nicht ausschließlich von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. Indizien für das Vorliegen einer beruflichen Qualifikation sind die Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gemäß § 124 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung oder die Aufnahme der betreffenden Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nach § 92 SGB V (BFH-Urteil in BFHE 211, 69 , BStBl II 2005, 904, m.w.N.). Weiteres Indiz ist, dass der Behandelnde die Qualifikation hat, die in einem Versorgungsvertrag gemäß § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V für Leistungen von Fachkräften zur medizinischen Rehabilitation benannt ist (BFH-Urteil vom 25. November 2004 V R 44/02, BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190, unter II.2.c).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH stellen die Steuerbefreiungen autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar, die im Gesamtzusammenhang des Mehrwertsteuersystems zu sehen sind. Dabei sind die Steuerbefreiungen des Art. 13 der 6. EG-Richtlinie eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt. Art 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistung erbringt und dieser die dafür erforderliche berufliche Qualifikation besitzt (BFH-Beschluss vom 6. Juni 2008 XI B 11/08, BFH/NV 2008, 1547 - 1548, BFH-Urteil vom 23.08.2007 V R 38/04, UR 2007, 850 m.w.N.).

Der Begriff der "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" ist deshalb nach der Rechtsprechung des EuGH so auszulegen, dass er nur medizinische Leistungen umfasst, die zum Zwecke der Diagnose, der Behandlung und - soweit möglich - der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen durchgeführt werden. Leistungen, die keinem solchen therapeutischen Ziel dienen, sind daher vom Anwendungsbereich des Art 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie ausgeschlossen und unterliegen der Umsatzsteuer (EuGH-Urteile vom 10.09.2002 Rs. C-141/00, -Kügler-, UR 2002, 513; vom 06.11.2003 Rs. C-45/01-Christoph- Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie-, UR 2003, 584 ; vom 20.11.2003 Rs. C-212/01 - Unterpertinger-, UR 2004, 70; vom 20.11.2003 Rs. C-307/01 -Peter d'Ambrumenil- UR 2004, 75).

Im Grenzbereich zwischen möglichen Heilbehandlungen und der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens hat der BFH entschieden, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG dann zu gewähren ist, wenn die durchgeführten Therapiemaßnahmen aufgrund ärztlicher Indikation nach entsprechender ärztlicher Verordnung durchgeführt worden seien (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 2008 IX R 53/06, BFH/NV 2008, 1083).

Unter Berücksichtigung vorstehender Rechtsgrundsätze sind die Leistungen der Antragstellerin mit der Durchführung von Seminaren zur Beseitigung von Persönlichkeitsstörungen nicht gem. § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Zweck dieser Umsatzsteuerbefreiung ist die Kostensenkung für Heilbehandlungen. Die Antragstellerin hat jedoch in diesem Sinne keine feststellbaren Heilmaßnahmen durchgeführt.

Zu Recht hat das FA darauf hin gewiesen, dass die Antragstellerin mit den Seminaren keine psychotherapeutischen Maßnahmen durchgeführt hat. Vielmehr wendet sie sich mit ihrem Seminarangebot nicht an Kranke, sondern an alle Personen, die sich mit ihrer Teilnahme eine Steigerung ihres Wohlbefindens versprechen. Mit ihrer Anmeldung verpflichteten sich die Teilnehmer dazu, den Seminarleiter zu informieren, wenn sie "geistig, körperlich oder psychisch nicht voll belastbar" seien oder sich in einem "anfälligen Gesundheitszustand" befänden, und das Seminar insoweit zu unterbrechen oder abzubrechen. Ausdrücklich wurde in den Seminarunterlagen darauf hingewiesen, dass die Seminare keinen Ersatz für eine therapeutische Behandlung darstellen könnten (vgl. Anmeldeformular für das, Bl. 11 Akte "Auszüge aus den Arbeitsbögen zur BP"). Aus den Beschreibungen der Kursinhalte ergibt sich, dass sie als Methoden unter anderem Teil- und Großmassagen sowie atemtherapeutische Behandlungen anbietet. Als inhaltlicher Schwerpunkt war unter anderem die Reaktivierung der "körperlichen und emotionalen Heilungskräfte des Körpers" sowie der "emotionalen Wahrnehmungs-Sensibilisierung" genannt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin in den Seminaren medizinische Leistungen erbringt, die zum Zwecke der Diagnose, der Behandlung und der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen durchgeführt werden. Vielmehr hat sie die Kurse ohne vorherige ärztliche Indikation und ohne entsprechende ärztliche Verordnung abgehalten.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin die Seminare auch nicht ausschließlich in eigener Person geleitet, sondern mit ihrer Durchführung auch anderer Personen, die nicht alle die berufliche Qualifikation "Heilpraktiker" oder "Psychotherapeut" erfüllten, betraut. Insoweit wurden ebenfalls keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin erbracht. Schließlich entspricht die Abrechnung der Antragstellerin mit einer Pauschale, in der die Kosten für die Behandlung abgegolten werden, nicht den Anforderungen für eine einheitliche steuerbefreite, heilkundliche Leistung, selbst wenn die Seminarteilnehmer mit dem jeweiligen Tagungshotel einen gesonderten Vertrag über Unterkunft und Verpflegung abgeschlossen haben. Denn befreit ist -wie ausgeführt- nur die heilkundliche Tätigkeit, wie sie z.B. nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker abrechenbar ist. Letztlich verhält sich die Antragstellerin mit der Organisation der Seminare wie Veranstalter von Gesundheitsreisen, die mit ihren Umsätzen ebenfalls nicht nach § 4 Nr. 14 UStG befreit sind.

3. Im Streitfall besteht auch keine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 21 UStG.

Nach der in den Streitjahren geltenden Vorschrift des § 4 Nr. 21 Buchst. a (Fassung ab 1.4. 1999, UStG 1999) bzw. Buchst. b im UStG 1993 sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. § 4 Nr. 21 setzt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG um (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215). Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a (UStG 1999) bzw. b UStG 1993 folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist. Denn der Steuerpflichtige kann sich grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen (zur Berufbarkeit ausführlich BFH-Urteil vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143).

Die Antragstellerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG jedoch nicht. Zum einen handelt es sich bei ihr nicht um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" handelt. Darüber hinaus besitzt sie auch keine Bescheinigungen, wonach sie (als Einrichtung) auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.

4. Eine Aussetzung der Vollziehung kann auch nicht im Hinblick auf eine "unbillige Härte" gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gewährt werden.

Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die durch eine etwaige spätere Rückzahlung des eingezogenen Betrages nicht ausgeglichen werden oder nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510 und vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren sind auch im Fall der Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte zu berücksichtigen. Da - wie oben ausgeführt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, kommt eine Aussetzung wegen unbilliger Härte nicht in Betracht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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