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Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 14 V 553/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

14 V 553/08

Aussetzung der Vollziehung in Sachen Umsatzsteuer 2002

In der Streitsache

...

hat der 14. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

ohne mündliche Verhandlung

am 25. Juni 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren ist die Vornahme einer Vorsteuerberichtigung im Jahr 2002 streitig.

Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist die Herstellung sowie der An- und Verkauf von Filmrechten sowie das Halten von Beteiligungen. Geschäftsführer ist Herr J.

Mit Vertrag vom 9. Januar 2001 (Bl. 1 der Rechtsbehelfsakte des Finanzamts - FA -) hatte die Antragstellerin von der Firma M Film Produktions-GmbH (nachfolgend M) mit Sitz in B, deren Geschäftsführer ebenfalls Herr J war, drei Filme zum Preis von 8 Millionen DM "zzgl. 7% MwSt." erworben. Die Antragstellerin errechnete einen Vorsteuerbetrag von 560.000 DM, der in der Umsatzsteuererklärung 2001 geltend gemacht wurde.

Im Rahmen einer bei der Antragstellerin durchgeführten Umsatzsteuerprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 stellte das FA fest, dass der Kaufpreis für die in 2001 erworbenen Filme durch eine Änderungsvereinbarung im Jahr 2002 (Bl. 9 der Rechtsbehelfsakte des FA) auf 2,5 Millionen DM netto herabgesetzt worden war, da die Auswertung der Filme nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Werts der Filme erwarten lasse, und die Vorsteuern entsprechend zu berichtigen seien.

Dieser Auffassung folgend errechnete die Antragstellerin in der Umsatzsteuererklärung 2002 eine Abschlusszahlung von 196.847 EUR.

Am 5. März 2005 reichte die Firma M beim Finanzamt B eine Abtretungserklärung ein (Bl. 23 der Rechtsbehelfsakte des FA), in der sie das ihr aufgrund der Vorsteuerberichtigung zustehende Umsatzsteuerguthaben an die Antragstellerin abtrat.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma M erklärte der Insolvenzverwalter jedoch die Anfechtung der Abtretung (Bl. 31 der Rechtsbehelfsakte des FA). Sowohl das Finanzamt B als auch das FA mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 lehnten die Aufrechnung ab (vgl. Bl. 30 und 32 der Rechtsbehelfsakte des FA).

Im gegen die Ablehnung der Aufrechnung gerichteten Einspruchsverfahren reichte die Antragstellerin am 2. November 2006 eine geänderte Umsatzsteuererklärung 2002 ein. Sie vertrat nunmehr die Auffassung, dass der Reduzierung des "Kaufpreises" kein umsatzsteuerrelevanter Vorgang zugrunde liege. Ein Rückzahlungsbetrag gemäß § 17 Abs.1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) werde daher nicht geschuldet (vgl. Bl. 35 ff Der Rechtsbehelfsakte des FA).

Mit Schreiben vom 28. November 2006 lehnte das FA die beantragte Änderung der Umsatzsteuerveranlagung ab. Das dagegen gerichtete Rechtsbehelfsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 18. Januar 2008 wies das FA den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 ebenso sowie den Antrag auf Verrechnung der Umsatzsteuernachzahlung 2002 und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer 2002 als unbegründet zurück.

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass der ursprünglich mit der Firma M vereinbarte Kaufpreis von 8 Millionen DM dadurch entrichtet worden sei, dass sie mit der Abtretungserklärung vom 27. August 2001 (Bl. 8 der Rechtsbehelfsakte des FA) eine Darlehensverbindlichkeit übernommen habe, die der Firma M gegenüber der Ehefrau des Geschäftsführers beider Firmen, Frau J, zustehe. Diese habe einen Teilbetrag in Höhe von 8 Millionen DM aus ihrem Darlehen gegenüber der Firma M an die Antragstellerin abgetreten. Frau J habe die Verbindlichkeit aus dem Kaufpreis in Anrechnung auf ihre Ansprüche gegen die Firma M übernommen und als Darlehen der Antragstellerin zur Verfügung gestellt. Mit der Vereinbarung aus dem Jahr 2002 sei deshalb nicht eine Reduzierung des Kaufpreises, sondern eine Reduzierung der Verbindlichkeit gegenüber Frau J erfolgt. Die Reduzierung der Verbindlichkeit führe zu einem außerordentlichen Ertrag, dem aber in gleicher Höhe Aufwand aus einer Teilwertabschreibung der Filme gegenüberstehe.

Das FA versuche durch Vollstreckungshandlungen Druck auf sie auszuüben, obwohl kein fälliger Steueranspruch bestehe. Vielmehr hätten bereits längst aus anderen Jahren bestehende Umsatzsteuerguthaben ausbezahlt werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bescheid vom 25. Oktober 2006 über die Ablehnung der Verrechnung der Umsatzsteuernachzahlung 2002, den Bescheid vom 28. November 2006 über die Ablehnung des Antrags auf Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2008 von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist unzulässig.

Vorläufiger Rechtsschutz nach § 69 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann nur gewährt werden, soweit das Rechtsschutzbegehren lediglich auf die Herbeiführung der aufschiebenden Wirkung eines gegen einen angefochtenen Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfs abzielt, nicht aber dann, wenn der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts geändert oder ersetzt werden soll oder wenn neben der aufschiebenden Wirkung eine einstweilige Regelung begehrt wird. Möglich ist die Herstellung der aufschiebenden Wirkung nur bei vollziehbaren Verwaltungsakten, d.h. bei Verwaltungsakten, die ihrem Inhalt nach einer Vollziehung fähig sind. (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 69 FGO Rn. 37 m.w.N.). Ablehnende Verwaltungsakte, deren Inhalt sich auf eine Negation beschränkt, sind nicht vollziehbar und damit nicht aussetzungsfähig. Dies gilt auch für die Ablehnung eines Antrags auf Änderung eines Steuerbescheids. Ebenso kann eine Verpflichtung des Finanzamts im Rahmen des § 69 FGO von vornherein nicht angestrebt werden. Vorläufiger Rechtsschutz könnte allenfalls durch eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO gewährt werden.

Ob der Antrag der Antragstellerin in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO umzudeuten ist, kann dahingestellt bleiben (vgl. hierzu Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 114 Rz. 84; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Januar 1981 IV B 13/81, BStBl II 1982, 133 und vom 31. Juli 2002 VIII B 142/00, BFH/NV 2002, 1491). Denn die Antragstellerin hat jedenfalls keinen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch vorgetragen und glaubhaft gemacht, §§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung.

2. Der Antrag, durch Aussetzung der Vollziehung die (vorläufige) Anrechnung von Kapitalertragsteuern und Körperschaftsteuer aus der GmbH-Beteiligung zu erreichen, ist ebenfalls unzulässig.

Die Anrechnung von Steuern ist nicht Teil des Steuerbescheides, sondern ein eigenständiger Verwaltungsakt, der dem Steuererhebungsverfahren zuzurechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1992 VII R 39/91, BFHE 168, 300, BStBl II 1992, 956). Er beinhaltet die Feststellung, dass die festgesetzte Steuerschuld in Höhe des angerechneten Betrages bereits getilgt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juni 1981 VII B 31/80, BStBl II 1981, 767).

Der erstmalige Erlass einer Anrechnungsverfügung kann nicht durch Aussetzung der Vollziehung erreicht werden. Nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschluss vom 10. April 1992 I B 4/92 in BFH/NV 1992, 683) richtet sich die Art des vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung oder einstweilige Anordnung) nach dem Klageziel im Hauptsacheverfahren. Bei Anfechtungsklagen kommt die Aussetzung der Vollziehung, bei Verpflichtungs- und Feststellungsklagen die einstweilige Anordnung in Betracht. Die Art des vorläufigen Rechtsschutzes korrespondiert mit dem Klageziel der Hauptsache (vgl. BFH-Beschluss vom 19. 4. 1988 VII B 167/87, BFH/NV 1989, 36; Gräber a.a.O., § 69 Anm. 5).

Im Streitfall ist das Ziel der Antragstellerin durch eine Verpflichtungsklage zu erreichen; denn sie begehrt nicht die Änderung oder Aufhebung einer bereits existenten Anrechnungsverfügung, sondern deren erstmaligen Erlass. Sie macht geltend, durch die Unterlassung dieses Verwaltungsaktes in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach den dargestellten Grundsätzen wird in diesen Fällen vorläufiger Rechtsschutz nicht durch Aussetzung der Vollziehung gewährt.

Eine Umdeutung des Aussetzungsantrages in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht veranlasst (vgl. unter 1).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung).



Ende der Entscheidung

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