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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 15 K 320/09
Rechtsgebiete: FGO, AO, EStG, VwVfG


Vorschriften:

FGO § 40 Abs. 2
FGO § 44 Abs. 1
FGO § 65 Abs. 1
FGO § 139 Abs. 3
AO § 367 Abs. 2
EStG § 77 Abs. 2
VwVfG § 80 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 15. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

des Richters am Finanzgericht ... und

der Richterin am Finanzgericht ... sowie

der ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin im Verfahren über den Einspruch der Klägerin gegen den Haftungsbescheid vom 21.03.2007 die Erstattung seiner Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt zusprechen hätte müssen.

Die Klägerin ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Mit Bescheid vom 21.03.2007 nahm der Beklagte die Klägerin wegen Lohnsteuern für 2003 bis 2006 sowie für Lohnkirchensteuer römisch-katholisch für denselben Zeitraum in Haftung. Die Haftung erfolgte wegen einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung eines Beamten der Klägerin.

Mit Schreiben vom 5.04.2007 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Ersten Bürgermeister, gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein. Nach mehr als 11/2jähriger Korrespondenz zwischen den Beteiligten, die seitens der Klägerin im Wesentlichen durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten geführt wurde, hob der Beklagte den einspruchsbefangenen Haftungsbescheid mit an den Prozessbevollmächtigten mittels einfachen Briefs bekannt gegebenem Schreiben vom 17.10.2008 wieder auf. Die Aufhebung stützte er ausdrücklich auf die Vorschrift des § 131 Abgabenordnung (AO) und erklärte den Einspruch vom 5.04.2007 damit als erledigt. Die Aufhebung begründete der Beklagte damit, dass er sein Ermessen unzutreffend ausgeübt hätte, weil die Inanspruchnahme des betroffenen Arbeitnehmers ebenso schnell und einfach möglich gewesen wäre wie die Haftung der Klägerin. Dem Aufhebungsbescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Einspruchs beigefügt. Im Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.11.2008 wendete sich die Klägerin gegen den unterlassenen Ausspruch der Notwendigkeit der Beiziehung des Prozessbevollmächtigten im ursprünglichen Einspruchsverfahren. In einem weiteren Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2008 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass es sich bei dem vorangegangenen Schreiben vom 21.11.2008 um einen Einspruch handelte, der deswegen erforderlich gewesen wäre, weil "der Haftungsbescheid nicht vollständig, sondern ohne Regelung der Gebührenerstattung und der notwendigen Beiziehung eines Rechtsanwalts ergangen" wäre. Dies beantwortete der Beklagte mit Schreiben vom 25.11.2008 dahingehend, dass das Verfahren über den Einspruch vom 5.04.2007 nicht kostenpflichtig gewesen sei, die Klägerin ihre Aufwendungen selbst zu tragen hätte und es eine derartige Kostenerstattung grundsätzlich nur nach Klageerhebung zum Finanzgericht gäbe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18.12.2008 verwarf der Beklagte den Einspruch der Klägerin vom 21.11.2008 als unzulässig unter Hinweis auf die seiner Meinung nach anzunehmende Versäumung der Einspruchsfrist. Dieser Annahme widersprach die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 5.01.2009 unter Übersendung einer Kopie des Aufhebungsbescheids vom 17.10.2008, die den Eingangsstempel der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2008 auswies. Ausweislich des Aktenvermerks der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten vom 8.01.2009 über ein an diesem Tag mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin geführtes Telefongespräch, äußerte erstere die Rechtsauffassung, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 25.11.2008 zur Frage der Erstattungsfähigkeit der streitigen Kosten um einen eigenständigen Verwaltungsakt handelte, der mangels Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung auch seitens der Klägerin noch angefochten werden könnte. Daraufhin legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.01.2009 auch gegen das Schreiben des Beklagten vom 25.1.2009 Einspruch ein. Über diesen Einspruch hat der Beklagte bislang noch nicht entschieden, vertritt nunmehr jedoch die Rechtsauffassung, dass es sich bei dem bezeichneten Schreiben vom 25.11.2008 nur um die Äußerung einer Rechtsansicht und nicht um einen Verwaltungsakt handle.

Gleichzeitig, d.h. mit Schriftsatz vom 22.01.2009, erhob die Klägerin die vorliegende Klage, die sie wie folgt begründet:

Der Beklagte habe es in rechtswidriger Weise abgelehnt, die Beiziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verfahren über den Einspruch vom 5.04.2007 gegen den Haftungsbescheid für notwendig zu erklären, wodurch deren außergerichtliche Aufwendungen für das Einspruchsverfahren nicht erstattet worden seien. Es sei zwar zutreffend, dass entgegen den gesetzlichen Vorschriften auf anderen Verwaltungsrechtsgebieten für das finanzbehördliche Einspruchsverfahren keine Kostenerstattungsregelung bestehe. Die Gebührenfreiheit des Einspruchsverfahrens könne aber nicht bedeuten, dass der Einspruchsführer im Fall eines offensichtlich unzutreffenden Haftungsbescheids seine Aufwendungen für die Rechtsvertretung selbst zu tragen habe. Dies gelte vor allem bei einer komplexen und schwierigen Rechtslage, wie sie im Streitfall vorgelegen habe. Die Vorschrift des § 139 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) müsse hier analoge Anwendung finden.

Die Klägerin beantragt,

1.) die Einspruchsentscheidung vom 18.12.2008 aufzuheben, soweit eine beantragte Entscheidung über die Kostenerstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin nicht getroffen wurde und

2.) den Beklagten zu verpflichten, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in Höhe von 627,13 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2008 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Einspruch der Klägerin gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.10.2008 sei seinerzeit zu Recht als unzulässig verworfen worden, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt den späteren Zugang des Aufhebungsbescheids in der Rechtsanwaltskanzlei des Prozessbevollmächtigten noch nicht vorgetragen hatte. Eine Änderung des Aufhebungsbescheids sei jedoch nicht veranlasst. Die Klage gegen den Aufhebungsbescheid und der Einspruchsentscheidung vom 18.12.2008 sei unzulässig, weil die Klägerin nicht geltend mache, hierdurch in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Eine Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für den für das Verfahren über den Einspruch gegen den Haftungsbescheid beauftragten Prozessbevollmächtigten sei gesetzlich nicht vorgesehen. Insbesondere sei § 139 Abs. 3 FGO auf das Einspruchsverfahren nicht anzuwenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die Finanzamtsakten der Klägerin und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30.04.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.) Die Klage ist fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

Die vorliegende Klage richtet sich darauf, den Beklagten zu verpflichten, die Beiziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verfahren über deren Einspruch vom 5.04.2007 gegen den Haftungsbescheid vom 21.03.2007 für notwendig zu erklären und die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin hierfür zu verfügen (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dem Klagebegehren nach geht es der Klägerin nicht um eine inhaltlich geänderte Fassung des Bescheids vom 17.10.2008 über die Aufhebung des Haftungsbescheids sondern um eine den Ersatz der Aufwendungen der Klägerin betreffende formelle Ergänzung. Es handelt sich mithin um eine auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verpflichtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO, weil der Beklagte den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung nicht aus materiell-rechtlichen sondern aus formellen Gründen abgelehnt hat (vgl. Tipke in Tipke/Kruse FGO § 40 Tz. 11). Der Senat sieht im Bescheid vom 17.10.2008, durch den der Beklagte nicht nur den Haftungsbescheid vom 21.03.2007 aufgehoben, sondern auch die Erledigung des Einspruchs der Klägerin vom 5.04.2007 erklärt hat, die schlüssige Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 9.08.2007 auf Erstattung ihrer Kosten für die anwaltliche Vertretung in dem vorgenannten Einspruchsverfahren.

Der gleichzeitige Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 18.12.2008 ist in dem Sinne auszulegen, dass ihrer Ansicht nach die Verpflichtung zur Kostenerstattung im o.g. Aufhebungsbescheid durch den Beklagten in Gestalt einer verbindlichen Regelung nach § 118 Satz 1 AO hätte ausgesprochen werden müssen. Dieser Antrag erfüllt für sich betrachtet zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anfechtungsklage, wird jedoch von der hinsichtlich des Rechtsschutzes weitergehenden Verpflichtungsklage mit umfasst (Bundesfinanzhof -BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 7/65, BStBl II 1970, 625).

Die Verpflichtungsklage ist - entgegen der ursprünglichen Rechtsansicht des Beklagten - auch nicht mangels Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO unzulässig. Die Klägerin behauptet ja nicht, durch die Aufhebung des Haftungsbescheids vom 21.03.2007 in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern dadurch, dass es der Beklagte unterlassen hat, die Beiziehung des Prozessbevollmächtigten im ursprünglichen Einspruchsverfahren sowie die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für ihren rechtlichen Vertreter im Rahmen des Aufhebungsbescheids vom 17.10.2008 zu verfügen. Insoweit ist eine Rechtsverletzung im Sinne der Zulässigkeit der Klage in hinreichender Form behauptet.

Schließlich sieht der Senat auch die Sachurteilsvoraussetzung eines erfolglosen Vorverfahrens im Sinne des § 44 Abs. 1 FGO als erfüllt an. Insbesondere hat der Senat angesichts der Sachbehandlung seitens des Beklagten keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 21.11.2008 um einen Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 AO gegen die Ablehnung der Kostenerstattung gehandelt hat. Dies hat nicht nur die Klägerin im Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2008 ausdrücklich erklärt, sondern hiervon ist auch der Beklagte - nicht zuletzt ersichtlich aus seiner Einspruchsentscheidung vom 18.12.2008 - ausgegangen. Die Ablehnung der Kostenerstattung ist nach Ansicht des Senats durch den Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 17.10.2008 erfolgt. Auch wenn der Beklagte in dem bezeichneten Aufhebungsbescheid nicht ausdrücklich auf den Kostenerstattungsantrag der Klägerin zu sprechen gekommen ist, so hat er der Klägerin bereits durch seine Mitteilung, dass "der Einspruch vom 5.04.2007 hiermit erledigt" sei, dessen schlüssige Ablehnung rechtswirksam zum Ausdruck gebracht. Da das Rechtsschutzbegehren des Einspruchs vom 21.11.2008 mit dem vorliegenden Klagebegehren korrespondiert, ist das außergerichtliche Vorverfahren für die Klägerin im o.g. Sinne erfolglos abgeschlossen worden.

Für die Verpflichtungsklage ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, weil der Aufhebungsbescheid vom 17.10.2008 infolge des zwischenzeitlich als fristgerecht nachgewiesenen Einspruchs vom 21.11.2008 nicht bestandskräftig geworden ist. Ausweislich des Eingangsvermerks des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf dem Aufhebungsbescheid ist dieser erst am 22.10.2008 bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2 Halbsatz 1 AO) und damit auch erst zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO).

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Der Beklagte hat es im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem Aufhebungsbescheid vom 17.10.2008 zu Recht abgelehnt, zum einen die Beiziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das Verfahren über den Einspruch der Klägerin vom 5.04.2007 gegen den Haftungsbescheid vom 21.03.2007 für notwendig zu erklären und zum anderen die Erstattung der diesbezüglichen Kosten der Klägerin für ihren Prozessbevollmächtigten anzuordnen. Für eine derartige finanzbehördliche Regelung besteht keine Rechtsgrundlage.

Der Klägerin ist einzuräumen, dass eine vergleichbare Kostenerstattung im Fall des Widerspruchsverfahrens vor Bundesverwaltungsbehörden (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz -VwVfG-, §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung), vor bayerischen Landesverwaltungsbehörden (vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetz, Art. 72, 73 Abs. 3 Satz 3 Bayer. Verwaltungsgerichtsordnung), vor Sozialverwaltungsbehörden (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sozialgesetzbuch X -SGB X-) und im Fall des Einspruchsverfahren wegen Kindergeldstreitigkeiten vor Familienkassen (§ 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Einkommensteuergesetz -EStG-) gesetzlich festgeschrieben ist.

Die Erstattung derartiger Kosten im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vor einer Finanzbehörde ist demgegenüber grundsätzlich nicht vorgesehen. Weder die AO noch die FGO enthalten hierfür eine Rechtsgrundlage.

Ausschlaggebend für diesen Unterschied ist dabei jedoch nicht der Gesichtspunkt der Kostenfreiheit des finanzbehördlichen Einspruchsverfahrens (§§ 347 ff AO). Allein die Gebührenfreiheit des behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens würde eine gesetzliche Regelung der Erstattung der Aufwendungen des Rechtsbehelfsführers für die Beauftragung eines Bevollmächtigten nicht zwingend ausschließen. Das Rechtsbehelfsverfahren vor den Sozialverwaltungsbehörden ist gemäß § 64 Abs. 1 SGB X zwar kostenfrei; gleichwohl hat der Gesetzgeber in § 63 Abs. 2 SGB X im Abhilfefall eine diesbezügliche Kostenerstattung vorgesehen.

Entsprechendes gilt nach § 77 Abs. 2 EStG für das gebührenfreie Einspruchsverfahren vor den Familienkassen wegen Kindergeldstreitigkeiten. Auch der fehlende Vertretungszwang im Rechtsbehelfsverfahren vor den Finanzbehörden - d.h. der Steuerpflichtige kann sich durch einen fachkundigen Bevollmächtigten vertreten lassen, muss dies aber nicht (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 AO) - ist kein hinreichender Differenzierungsgrund. Vertretungszwang besteht auch in den anderen o.g. verwaltungsbehördlichen Rechtsbehelfsverfahren nicht.

Die Erstattung von Aufwendungen eines im Ergebnis erfolgreichen Rechtsbehelfsführers für seinen bereits für das finanzbehördliche Einspruchsverfahren beauftragten Prozessbevollmächtigten ist gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO erst vorgesehen, wenn dieser im finanzgerichtlichen Verfahren obsiegt. Der Umstand, dass eine dementsprechende Regelung für Kostenerstattung für den Fall fehlt, dass bereits die Finanzbehörde dem Einspruch abhilft (§ 367 Abs. 2 Satz 3 AO), ist jedoch keine planwidrige sondern eine bewusste Regelungslücke. Die Frage nach der Notwendigkeit eines Bevollmächtigten für das Einspruchsverfahren vor der Finanzbehörde stellt sich demnach erst, wenn der Einspruchsführer mit seinen Einwendungen bei der Finanzbehörde nicht durchgedrungen und nach Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in der Sache erfolgreich gewesen ist. Bereits bei der Einführung der AO 1977 ist der Gesetzgeber in diesem Punkt Bestrebungen zur Harmonisierung der Kostenerstattungsregelungen gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsrecht bewusst nicht gefolgt (vgl. Bericht der Abgeordneten von Bockelberg und Meinike, Tz. 6 Bundestags-Drucksache 7/4292). Das gesetzgeberische Motiv für diese Differenzierung mag darin gelegen haben, dass das finanzbehördliche Einspruchsverfahren als verlängertes Veranlagungsverfahren und die außergerichtlichen Rechtsbehelfe als überwiegend erfolgreich angesehen worden sind (BFH-Beschluss vom 23. Juli 1996 VII B 42/96, BStBl II 1996, 501). Die insoweit unterschiedlichen Regelungen schließen deswegen eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, des § 77 Abs. 2 EStG oder auch des § 80 Abs. 2 VwVfG auf den Streitfall aus (BFH-Beschlüsse vom 23. Juli 1996 a.a.O. und vom 12. September 1989 VII K 10/85, BFH/NV 1990, 388). Die gesetzgeberische Differenzierung der Erstattungsfähigkeit von außergerichtlichen Aufwendungen für ein "isoliertes" Einspruchsverfahren gegenüber einem, das einem erfolgreichen Klageverfahren vorangegangen ist, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (BFH-Beschluss vom 23.07.1996, a.a.O; für § 250 Satz 1 RAO entschieden: Bundesverfassungsgericht-Beschluss vom 20. Juni 1973, 1 BvL 10/71, BStBl II 1973, 720).

b) Die Frage, ob der Beklagte die Aufhebung des seiner Ansicht nach ermessensfehlerhaften Haftungsbescheids vom 21.03.2007 anstatt auf die Änderungsvorschrift des § 131 AO auf die des § 130 AO hätte stützen müssen, braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, weil der Haftungsbescheid ganz offensichtlich auch für die Vergangenheit aufgehoben worden ist.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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