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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 15 K 4625/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 31 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

15 K 4625/05

Einkommensteuer 2003

Solidaritätszuschlag 2003

In der Streitsache ...

hat der 15. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht .....,

des Richters am Finanzgericht...... und

der Richterin am Finanzgericht ..... sowie

der ehrenamtlichen Richter .... und .....

ohne mündliche Verhandlung am 19. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 14.04.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2005 wird mit der Maßgabe geändert, dass bei der Ermittlung der festgesetzten Einkommensteuer 2003 vom Einkommen der Kläger für die beiden Kinder der Kläger T und M Kinderfreibeträge in der Summe von 7.296 EUR und Freibeträge für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf in der Summe von 4.320 EUR abgezogen und die sich hierdurch ergebende tarifliche Einkommensteuer 2003 um die Summe des für die beiden Kinder zu beanspruchenden Kindergelds von insgesamt 3.696 EUR erhöht wird.

2. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Berechnung der festgesetzten Einkommensteuer 2003 nach Maßgabe des Urteilsausspruchs in Textziffer 1. durchzuführen, den Klägern das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich mitzuteilen und den Einkommensteuerbescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

6. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Vorschrift des § 31 Satz 4 Einkommensteuergesetz zutreffend angewendet und das Einkommen der Kläger in dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang in Höhe des Existenzminimums ihrer beiden Kinder von der Einkommensteuer freigestellt hat.

Die Kläger sind Ehegatten und haben zwei minderjährige Kinder, für die sie im gesamten Streitjahr Kindergeld in Höhe von jeweils 1.848 EUR erhielten. Mit ihren verschiedenen Einkünften wurden sie im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Unter anderem erzielte der Kläger zu 1) aus einer Beteiligung einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.091 EUR. Der Beklagte (das Finanzamt) setzte mit Bescheid vom 14.04.2005 die Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr entsprechend der erklärten Einkünfte unter Anwendung der Splittingtabelle auf den nichtbegünstigten Teil des zu versteuerndes Einkommens sowie unter Anwendung des nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) begünstigten Tarifs auf den Veräußerungsgewinn auf insgesamt 8.508 EUR sowie den entsprechenden Solidaritätszuschlag auf 167,69 EUR fest. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer der Kläger blieben Kinderfreibeträge unberücksichtigt, weil die programmgesteuerte Günstigerprüfung beim so genannten Familienleistungsausgleich im Streitfall zugunsten der ausschließlichen und endgültigen Gewährung des Kindergelds ohne Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen erfolgte. Bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags auf die Einkommensteuer der Kläger kamen hingegen Freibeträge für die beiden Kinder in der Gesamthöhe von 11.616 EUR zum Abzug. Gegen die Einkommensteuerfestsetzung legten die Kläger mit Schreiben vom 2.05.2005 mit der Begründung Einspruch ein, die nach § 31 Satz 4 EStG vorgeschriebene Günstigerprüfung bei der Anwendung des Familienleistungsausgleichs hätte zugunsten des Abzugs der Freibeträge für beide Kinder erfolgen müssen, weil sich hieraus eine niedrigere festgesetzte Einkommensteuer der Kläger ergeben hätte. Der Einspruch der Kläger blieb erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 30.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen und gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags auf die Einkommensteuer richtet sich die mit Schriftsatz vom 6.12.2005 erhobene Klage, die die Kläger wie folgt begründen: Bei der Berechnung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags seien im Streitfall für beide Kinder der Kläger die gesetzlich vorgeschriebenen Freibeträge zum Abzug zu bringen. Dies sei durch § 31 Satz 1 EStG so vorgeschrieben. Hiervon könne nach entsprechender Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG nur abgesehen werden, wenn sich hieraus und unter Erhöhung der errechneten Einkommensteuer um die Kindergeldansprüche eine höhere Steuerbelastung ergäbe als bei bloßer Gewährung des Kindergelds ohne einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung. Dies sei aber im Streitfall nicht gegeben. Bei Abzug der Freibeträge für beide Kinder sei die festgesetzte Einkommensteuer der Kläger auch nach Hinzurechnung des Kindergelds niedriger als im klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheid festgesetzt.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2003 sowie den Bescheid über den Solidaritätszuschlag hierzu jeweils vom 14.04.2005 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2005 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2003 auf 6.747 EUR und der Solidaritätszuschlag hierzu auf 167,80 EUR festgesetzt werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht habe es den § 31 EStG zutreffend angewendet. Die Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG sei für jedes Kind getrennt und zwar beginnend mit dem ältesten Kind durchzuführen. Ergebe die für das älteste Kind erfolgte Vergleichsrechnung nach Abzug der betreffenden Freibeträge eine höhere Einkommensteuer als bei bloßer Gewährung des Kindergelds, so verhalte sich dies für das nächstjüngere Kind ebenso, weil bei dessen Günstigerprüfung Freibeträge für das erste Kind außer Ansatz bleiben müssten. Dieses Verfahren entspreche auch den finanzbehördlichen Verwaltungsvorschriften in Abschnitt R 175 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuer-Richtlinien (EStR 2003).

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die Finanzamtsakten der Kläger Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

2.) Die Klage ist fristgerecht erhoben und soweit sie sich gegen die Höhe der Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr richtet auch zulässig. Insoweit die Klage auch die Festsetzung des Solidaritätszuschlags zum Gegenstand hat, ist sie unzulässig. Es fehlt in dieser Hinsicht sowohl an dem nach § 44 Abs. 1 FGO erforderlichen außergerichtlichen Vorverfahren als auch angesichts der Höhe des vom Finanzamt festgesetzten Solidaritätszuschlags und der diesbezüglichen Berücksichtigung der in Streit stehenden Freibeträge an der erkennbaren Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO.

3.) Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch begründet.

Wegen der Besonderheit der tariflichen Belastung der Kläger durch Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG auf den Veräußerungsgewinn des Klägers zu 1) fällt die nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführende Günstigerprüfung beim Familienleistungsausgleich im Streitfall zugunsten des Abzugs der vorgeschriebenen Freibeträge für beide Kinder der Kläger aus.

a) Nach § 31 Satz 1 EStG wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kindergeld nach den Vorschriften der §§ 62 ff EStG bewirkt. Für jedes nach § 32 Abs. 1 EStG zu berücksichtigende Kind wird demnach ein Kinderfreibetrag von 1.824 EUR sowie ein Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf von 1.080 EUR nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG abgezogen. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppeln sich diese Freibeträge, wenn die berücksichtigungsfähigen Kinder zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis stehen (§ 32 Abs. 6 Satz 2 EStG). Das Kindergeld wird nach § 31 Satz 3 EStG als Einkommensteuervergütung bezahlt. Der Regelung ist zu entnehmen, dass der Familienleistungsausgleich vorrangig durch die Gewährung des Kindergelds sichergestellt werden soll. Nur wenn die gebotene Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt werden kann, ist der Abzug der Freibeträge vorzunehmen (Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG). Dies ist immer dann der Fall, wenn - je nach dem anzuwendenden Regeltarif und der Anzahl der Kinder - das Kindergeld die steuerliche Wirkung, die diese Freibeträge hätten nicht ausgleichen kann. Wegen der Alternativität der kinderbezogenen Vergünstigung ist bei Anwendung der Freibeträge die sich hierdurch ergebende Einkommensteuer allerdings rechnerisch wieder um den Kindergeldanspruch zu erhöhen (§ 31 Satz 6 EStG).

b) Bei Anwendung dieser Vorschriften auf den Streitfall sind vom Einkommen der Kläger für beide Kinder die nach § 32 Abs. 6 EStG vorgesehenen Freibeträge zum Abzug zu bringen.

Ausschlaggebend hierfür sind folgende Überlegungen:

Aus der individuellen Zuordnung der Freibeträge wird in der Literatur gefolgert, dass die Prüfung, ob vom Abzug eines Freibetrags abzusehen ist, weil er die Entlastung des Steuerpflichtigen durch das jeweilige Kindergeld nicht übersteigt (Günstigerprüfung), auf das einzelne Kind bezogen werden muss. Für jedes Kind eines Steuerpflichtigen ist somit grundsätzlich eine eigene Vergleichsrechnung durchzuführen (Schmidt/Loschelder EStG 26. Auflage 2007, § 31 Rz. 13; Jachmann in Kirchhof/Söhn EStG § 31 Anm. B 28; Blümich/Heuermann EStG § 31, Rz. 93; Plenker DB 1996, 2095; Leichtle DB 1997, 1149;). Diese hat mit dem ältesten Kind zu beginnen (vgl. (Schmidt/Loschelder, a.a.O.; Jachmann a.a.O.). Im Regelfall der Anwendung des Grundtarifs (§ 32a Abs. 1 EStG) bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten des Splittingtarifs (§ 32a Abs. 5 EStG) ist die beim ältesten Kind zugunsten der bloßen Gewährung des Kindergelds ohne Abzug von Freibeträgen ausgegangene Günstigerprüfung somit auch für die weiteren jüngeren Kinder richtungsweisend.

Verfährt man entsprechend der Verwaltungsvorschrift nach Abschnitt R 175 Abs. 1 Satz 3 EStR 2003 und lässt bei der Günstigerprüfung für das nächstjüngere Kind den Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG für das ältere Kind nur zu, wenn die Günstigerprüfung beim älteren Kind zugunsten der Gewährung der Freibeträge ausgegangen ist, so kann nach mathematischer Logik auch bei Prüfung des zweiten Kindes der Abzug von Freibeträgen einkommensteuerlich nur dann günstiger sein, wenn sich dies auch beim ersten Kind so verhalten hat. Ist für das älteste Kind die bloße Gewährung des Kindergelds günstiger und ist bei der Prüfung des zweiten Kindes deshalb der Abzug von Freibeträgen für das erste Kind unterblieben, so kann sich rechnerisch gegenüber der ersten Günstigerprüfung keine Abweichung ergeben. Die Minderung des zu versteuernden Einkommens der Eltern durch die Freibeträge ist auch bei jedem weiteren Kind nicht groß genug, um den potentiellen Nachteil einer Hinzurechnung des Kindergeldes nach § 31 Satz 6 EStG auszugleichen. Das gilt erst recht ab dem vierten Kind, für das den Eltern ein nach § 66 Abs. 1 EStG höheres Kindergeld zusteht, das wiederum zur tariflichen Einkommensteuer addiert werden müsste.

Nach Ansicht des Senats ergibt sich das dargestellte rechnerische Ergebnis der auf einander folgenden Günstigerprüfungen bei mehreren Kindern aber nicht zwingend aus den einkommensteuergesetzlichen Vorschriften der §§ 31, 32 EStG. Im Gegensatz zu den oben dargestellten Meinungen in der Literatur ist aus den bezeichneten Vorschriften lediglich abzuleiten, dass die kinderbezogenen Leistungen für jedes Kind zu gewähren sind. Die von der Finanzverwaltung bei einer Mehrzahl von Kindern praktizierte isolierte Günstigerprüfung findet hingegen keine Stütze im Gesetz. Der Senat schließt sich in diesem Punkt der bereits vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt vertretenen Rechtsansicht an (vgl. dort Urteil vom 14. Oktober 2002, 1 K 925/98, EFG 2003, 169). Es steht allenfalls zu vermuten, dass sich die in der Literatur und von der Finanzverwaltung vertretene Berechnungspraxis aus der Wirkungsweise des im Regelfall anzuwendenden Grund- oder Splittingtarifs erklärt. Auch wenn nämlich - entgegen der bisherigen Gesetzesanwendungspraxis der Verwaltung - im Fall der Günstigerprüfung beim zweiten Kind die Freibeträge für das erste Kind selbst dann rechnerisch zum Abzug gebracht würden, wenn die Günstigerprüfung beim ersten Kind zu Lasten der Gewährung von Freibeträgen ausgegangen ist, wäre die Einkommensteuer der Eltern nicht niedriger als bei bloßer Gewährung des Kindergelds für beide Kinder. Mit anderen Worten, falls die Günstigerprüfung beim ersten Kind zu Lasten des Abzugs von Kinderfreibeträgen und zugunsten der bloßen Gewährung von Kindergeld ausgeht, spielt es im Regelfall keine Rolle, ob die Günstigerprüfung für die weiteren Kinder isoliert oder kumuliert erfolgt. Im Ergebnis erweist sich - allerdings nur kraft mathematischer Logik, nicht kraft normativer Regelung - die Gesetzesanwendungspraxis der Finanzverwaltung im Regelfall der ausschließlichen Anwendung des Grundtarifs oder des Splittingtarifs als richtig, die eine Günstigerprüfung für das zweite oder jedes weitere Kind nur vorsieht, wenn die jeweils vorangegangene Günstigerprüfung des älteren Kindes zugunsten des Abzugs der Freibeträge ausgegangen ist.

Das rechnerische Vergleichsergebnis der Günstigerprüfungen kann sich allerdings bei Anwendung eines vom Grund- oder Splittingtarif abweichenden Steuersatzes, etwa bei Gewährung der Tarifvergünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG abweichend darstellen. So verhält es sich im Streitfall. Die im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG außerordentlichen Einkünfte des Klägers zu 1) in Gestalt des Veräußerungsgewinns aus Gewerbebetrieb sind nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG zu besteuern. Danach beträgt die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (das so genannte verbleibende zu versteuernde Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Bei Anwendung dieser Tarifvergünstigung auf die Eltern führt die isoliert für jedes einzelne Kind nach der oben dargestellten Abfolge vorgenommene Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG nicht zwingend zu der optimalen kinderbezogenen Steuerentlastung. Wie die Kläger im Schriftsatz vom 6.12.2005 rechnerisch darlegen, führt eine kumulative Gewährung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG - entgegen dem oben dargestellten Regelfall - zu einer deutlich niedrigeren Einkommensteuerbelastung als die isolierte Betrachtung nach Maßgabe der Verwaltungsvorschriften der EStR. Infolge der vom Finanzamt angewendeten und dem klagegegenständlichen Einkommensteuerbescheid zugrunde liegenden Vergleichsrechnung werden die Kläger lediglich in Höhe des für beide Kinder beanspruchten Kindergelds entlastet. Es verbleibt ihnen somit eine saldierte Belastung von 4.812 EUR (d.h. 8.508 EUR festgesetzte Einkommensteuer abzüglich 3.696 EUR Kindergeld). Bei Anwendung von zwei Kinderfreibeträgen und zwei Freibeträgen für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf ergibt sich bereits ohne Berücksichtigung der im Streitfall gewährten geringfügigen Steuerermäßigung für ausländische Einkünfte (§ 34c EStG) nur eine Belastung von 3.060 EUR (d.h. die nach Hinzurechnung des Kindergelds festgesetzte Einkommensteuer von 6.756 EUR abzüglich 3.696 EUR Kindergeld). Da die nach § 31 Satz 4 EStG gebotene Günstigerprüfung keine Einschränkung der Anwendung in denjenigen Fällen vorsieht, in denen zusätzlich tarifliche Vergünstigungen - wie etwa die des § 34 Abs. 1 EStG - eingreifen, kann die Vergleichsrechnung nicht auf die dargestellte isolierte Betrachtung beschränkt werden. Dies bedürfte - nach Ansicht des Senats - einer gesetzlichen Änderung. Die im Streitjahr anzuwendende Fassung des § 31 Satz 4 EStG, die den Abzug der Freibeträge vorschreibt, wenn die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wird, gebietet nach Ansicht des Senats die Vornahme der Günstigerprüfung im Sinne der Klagebegründung.

4.) Da die Berechnung der Einkommensteuer für das Streitjahr einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, wird dem Finanzamt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Berechnungen durchzuführen. Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO ist das Finanzamt verpflichtet, das Ergebnis der Berechnungen den Klägern unverzüglich formlos mitzuteilen und entsprechend diesem Ergebnis nach Rechtskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung einen die Kläger betreffenden geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003 zu erteilen.

5.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Da die Klage nur hinsichtlich des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer für das Streitjahr abzuweisen war und sich insoweit der Streitwert nicht erhöht (entsprechend § 43 Gerichtskostengesetz), hat das Finanzamt sämtliche Kosten zu tragen.

6.) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Regelung gilt auch nach der Änderung der ZPO durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl. I 2198) sinngemäß noch für finanzgerichtliche Urteile (FG München Urteil vom 20. Januar 2005, 3 K 4519/01, EFG 2005, 969).

7.) Die Revision zum Bundesfinanzhof wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.



Ende der Entscheidung

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