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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 09.03.2005
Aktenzeichen: 3 K 5039/02
Rechtsgebiete: UStG 1999, EWGRL 388/77


Vorschriften:

UStG 1999 § 4 Nr. 8 Buchst. d
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

wegen Umsatzsteuer-Vorauszahlung Juli 2001 (als Rechtsnachfolgerin der RZ eG)

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht der Richterin am Finanzgericht und des Richters am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I.

Streitig ist die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen, die ein Rechenzentrum gegenüber Kreditinstituten erbringt.

Die Rechenzentrale (RZ) betrieb im streitigen Voranmeldungszeitraum Juli 2001 Rechenzentralen und Buchungsstellen und betreute die Mitglieder in Fragen der Datenverarbeitung.

Mit gleichlautenden Geschäftsbesorgungsverträgen über IT-Bankanwendungen (diese wiederum inhaltlich identisch mit dem Mustervertrag zum Stand 18. April 2001) vereinbarte die RZ mit Auftraggebern laut Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages unter anderem die Abwicklung von Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie für Bankgeschäfte des Auftraggebers. Gemäß Nr. 2 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages ergaben sich Art und Umfang der auszuführenden Leistungen aus der Inanspruchnahme des von der RZ angebotenen Leistungsspektrums. Wegen der vertraglichen Einzelheiten wird auf den Mustervertrag vom 18. April 2001 sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 6. Juli 2001 und die Besonderen Geschäftsbedingungen vom 18. April 2001, hinsichtlich des angebotenen und in Anspruch genommenen Leistungsspektrums für den streitigen Voranmeldungszeitraum auf die Leistungsnummerübersicht vom 1. Juli bis 31. Juli 2001 sowie die Erläuterungen der Kurzbezeichnungen in der Leistungsnummerübersicht verwiesen.

Am 7. September 2001 reichte die RZ eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2001 ein, gegen die sie am 2. Oktober 2001 unter gleichzeitiger Einreichung einer berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2001 Einspruch einlegte.

Mit dieser berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juli 2001 erklärte die RZ abweichend von der Umsatzsteuer-Voranmeldung vom 7. September 2001 steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug nach § 4 Nr. 8 bis 28 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.H.v. 16.050.578 DM. Sie begründete diese damit, dass in dieser Höhe Leistungen der RZ an Kreditinstitute erfolgt seien, die als Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst, d UStG seien.

Bei diesen für steuerfrei erachteten Umsätzen handelte es sich um Leistungen, die die RZ im Voranmeldungszeitraum Juli 2001 erbracht hatte, für die aber an die Leistungsabnehmer im August 2001 eine Monatsrechnung ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis erstellt worden war.

Der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung stimmte der Beklagte (Finanzamt - FA -) nicht zu (§ 168 S. 2 der Abgabenordnung - AO -).

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen ist die Klage gerichtet.

Am 12. August 2003 ist die RZ auf die in Baden-Württemberg ansässige ABC AG, die nunmehrige Klägerin, verschmolzen worden.

Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, die von ihr an Kreditinstitute ausgeführten Leistungen seien als Leistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr sowie im Einlagen- und Kontokorrentgeschäft steuerfrei.

Die zum Überweisungsverkehr gehörenden Leistungen der RZ führten - entsprechend den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen - zu einer Übertragung einer Geldsumme und mithin zur Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation und erfüllten die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Überweisungsleistung als eigenständiges Ganzes. Für diese trage die RZ auch Verantwortung, denn sie müsse Prüfungs- und Sicherungsmaßnahmen bei der Ausführung der Überweisungen vornehmen, wie die Kontrolle der erfassten Daten, die Bildung einer Referenznummer, die Prüfung der Konto-Nummer des Begünstigten auf Plausibilität, den Abgleich von Konto-Nummer und Namen des Begünstigten, die Anbringung und Beachtung von Warnhinweisen, die Prüfung der Bankleitzahl (BLZ) der Empfängerbank und die Speicherung von Sicherungskopien zu Auskunftszwecken. Außerdem hafte sie für eintretende Schäden.

Rechtliche Kontrolle und Verfügungsgewalt der RZ über die zu überweisenden Geldbeträge seien für die Bewirkung von rechtlichen Änderungen aufgrund der Buchungen nicht erforderlich.

Die RZ habe nicht nur ein EDV-System zur Verfügung gestellt und habe auch keine bloßen Unterstützungshandlungen für die Bank erbracht; denn die Tätigkeit der Bank bestehe lediglich in der Übersendung des Datensatzes bzw. in der Ermächtigung ihres Kunden, den Datensatz direkt an die RZ zu senden. Zwar träfen die Banken aufgrund der Prüfung der Echtheit der Unterschrift auf Überweisungen bestimmter Größenordnung sowie der Eingabe von Sperren auf dem von der RZ installierten Signal-Informations-System die Entscheidung, ob die Überweisung vorzunehmen sei. Diese Entscheidung sei trotzdem nur eine Vorbereitungshandlung zur eigentlichen Überweisungsleistung, die die RZ vornehme.

Die in § 25 a des Kreditwesengesetzes (KWG) den Banken vorbehaltenen Steuerungs-, Prüfungs- und Kontrollmöglichkeiten bedeuteten nicht, dass die RZ nicht im Rahmen dieser Weisungen selbständig handele. Erst recht brauche ein Rechenzentrum für die Ausführung von Überweisungsleistungen kein angemessenes haftendes Eigenkapital.

Hinsichtlich der von der RZ erbrachten Leistungen im Einlagengeschäft sei der Wortlaut des § 4 Nr. 8 Buchst, d UStG ("im Einlagengeschäft") im Vergleich zu den verschiedenen Sprachfassungen des Art. 13 Teil B Buchst, d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG - ("Umsätze, die sich auf das Einlagengeschäft beziehen") zu eng. Auch hierbei komme es darauf an, dass die RZ die darunter fallenden Handlungen funktionell und eigenverantwortlich erfülle.

Die abrechnungstechnische Aufgliederung der Leistungen in einzelne Leistungselemente bedeute nicht, dass die Leistungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr sowie im Einlagen- und Kontokorrentgeschäft keine einheitlichen Leistungen seien.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 7. Februar und 20. Juni 2003 sowie vom 24. Oktober 2003 samt Anlage und vom 9. Februar 2005 samt Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der Steuerfestsetzung vom 7. September 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 die Umsatzsteuervorauszahlung für Juli 2001 auf 1.040.990,97 DM (532.250,23 EUR) herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Auf die Schriftsätze des FA vom 11. März und 1. Juli 2003 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 wird verwiesen.

Eine Festsetzung der Jahresumsatzsteuer der Klägerin bzw. der Rechtsvorgängerin für 2001 ist bislang nicht erfolgt.

Auf die Aufklärungsanordnung des Gerichts vom 22. Dezember 2004 wird verwiesen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Die streitigen Leistungen der RZ sind nicht steuerfrei.

Gemäß Art. 13 Teil B Buchst, d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG und der insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst, d UStG sind unter anderem Umsätze im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr steuerfrei.

Um als von der Steuer befreite Umsätze i.S. des Art 13 Teil B Buchst, d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG qualifiziert zu werden, müssen die Dienstleistungen eines Rechenzentrums ein im großen und ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer solchen Leistung erfüllt (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, EuGHE 1997, 1-3017, UR 1998, 64; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, EuGHE 2001, 1-10237, UR 2002, 84).

1. Überweisungsverkehr:

Im Streitfall erfüllt das von der RZ erbrachte Leistungsbündel nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines "Umsatzes im Überweisungsverkehr".

Bezüglich eines "Umsatzes im Überweisungsverkehr" müssen die erbrachten Dienstleistungen eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen (EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.). Sie dürfen nicht nur in der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung bestehen, wenn etwa einer Bank ein EDV-System zur Verfügung gestellt wird (EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.). Entscheidend kommt es dabei auf den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken an, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt (EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.).

Steuerbefreiungstatbestände sind eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 5. Juni 1997 C2/95 SDC, a.a.O.). Deshalb lässt sich aus dem Umstand allein, dass ein Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich ist, nicht die Befreiung dieses Leistungselements herleiten (EuGH-Urteil vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall handelt es sich bei den Leistungen der RZ, die sie im Rahmen des Überweisungsverkehrs erbringt, nicht um steuerfreie Überweisungsleistungen. Denn die die RZ beauftragenden Kreditinstitute treffen alle spezifischen und wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich der Abläufe (einschließlich aller Alternativen) des Überweisungsvorgangs unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts mit ihren Kunden und im Hinblick auf potentielle Risiken, während die RZ die EDVgestützte Ausführung übernimmt und eigenverantwortliche Entscheidungen nur innerhalb dieser Vorgaben und nur hinsichtlich technischer Aspekte trifft.

So prüft die auftraggebende Bank vorab die Unterschriften bei Überweisungen mit größeren Beträgen und gibt die Sperren auf dem von der RZ installierten Signal-Informations-System ein (z.B., dass die Rechner der RZ Überweisungen nur auf Guthabenbasis, nur innerhalb einer bestimmten Kreditlinie, nur innerhalb eines Höchstbetrages, bei Home-Banking nur bis zu einem bestimmten Betrag pro Tag ausführen dürfen).

Laut den vertraglichen Vereinbarungen und dem Vortrag der Klägerin erbringt die RZ zwar außer dem reinen Buchungsvorgang weitere Leistungen. Diese erschöpfen sich aber in mechanischem Datenabgleich, automatisierten Plausibilitätsprüfungen und Setzen von Textschlüsseln und Referenznummern (Prüfung, ob Kontostand und von der Bank gesetzte Kreditlinie für Ausführung der Überweisung ausreichen; Prüfung, ob sonstige, von der Bank gesetzte Sperren die Ausführung der Überweisung untersagen; Bildung einer Referenznummer, um fehlgeschlagene Überweisungen zurückverfolgen zu können; ggf. Ergänzung der Überweisungsdaten; Prüfung der Konto-Nummer des Begünstigen auf Plausibilität, ggf. mit der Folge der Anbringung einer Textschlüsselergänzung und Weiterleitung an die Empfängerbank zur Ermittlung der korrekten Kontonummer des Empfängers; Prüfung, ob Kontonummer vorhanden ist, ggf. mit der Folge der Anbringung einer weiteren Textschlüsselergänzung und Weiterleitung an die Empfängerbank zur Ermittlung der Kontonummer des Empfängers; Abgleich der Identität von Kontonummer und Namen des Begünstigten für die Empfängerbank; Prüfung der BLZ der Empfängerbank ggf. mit der Folge eines Fehlerhinweises an die auftraggebende Bank, Pflege des BLZ-Verzeichnisses; beim Home-Banking: Sicherheitsprüfung l, d.h. Prüfung, ob die vom Kunden genannte Persönliche Identifikations-Nummer - PIN - zu der vom ihm genannten Bankkontonummer passt, ob also der Absender des Datensatzes überhaupt zur Verfügung über das Konto berechtigt ist, und Sicherheitsprüfung II, d.h. Prüfung, ob der Kunde immer noch zur Teilnahme am Home-Banking ermächtigt ist oder ob die Ermächtigung zwischenzeitlich von der Bank widerrufen wurde; Speicherung der getätigten Überweisungen und Herstellung von Sicherungskopien).

Die RZ erfüllt damit lediglich die von den Auftraggebern vorgegebenen Prüfungs- und Kontrollpflichten in technischer Hinsicht. Sobald nämlich weitere, dispositive Entscheidungen erforderlich werden, weil Plausibilitätsprüfungen oder Kontrollen im vorgenannten Sinn oder von der Bank gesetzte Sperren den Überweisungsvorgang verhindern, werden diese von der auftraggebenden Bank (z.B. nach Überspielen von Ablehnungsdateien) oder der Empfängerbank (z.B. nach Weiterleitung mit Textschlüsselergänzungen) getroffen.

Der EuGH hat aber Verantwortung hinsichtlich wesentlicher und spezifischer Elemente des Überweisungsumsatzes gefordert. Diese drückt sich im Treffen dispositiver Entscheidungen aus.

Auch wenn die Tatsache einer rein technischen Abwicklung der streitgegenständlichen Leistungen kein Hindernis für die Steuerfreiheit einer Überweisungsleistung ist (EuGH-Urteil vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O., Rdnr. 37), so steht im Streitfall der Steuerbefreiung der Leistungen der RZ entgegen, dass sie nur die technische und elektronische Unterstützung der Kreditinstitute umfassen, die wiederum die für den Überweisungsumsatz wesentlichen und spezifischen Tätigkeiten ausführen (EuGH-Urteil vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.).

Der Vortrag der Klägerin, die RZ überlasse nicht nur ein EDV-System als solches, weil sie - innerhalb der vorgegebenen Weisungen - ebenfalls selbständig Entscheidungen treffe, nämlich mit welcher Hardware-Konfiguration und mit welchen EDV-Programmen sie arbeiten wolle, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Die Überlassung eines EDV-Systems als solches wurde vom EuGH nur als Beispiel einer rein technischen Leistung dargestellt. Auch die weiteren Entscheidungen, die die RZ trifft, etwa mit welcher Hardware-Konfiguration und mit welchen EDV-Programmen die RZ arbeiten will, betreffen nur die Modalitäten der technischen Durchführung. Dies wird durch den klägerischen Vortrag bestätigt, es sei Sache der RZ, die zur Ausführung von Überweisungen erforderlichen EDV-Programme zu entwickeln, diese Programme den im Lauf der Jahre entstehenden neuen Bedürfnissen anzupassen und die geeignete Hardware zu beschaffen. Die Entscheidung der RZ, innerhalb eines mehrstündigen Zeitraums Datensätze entgegenzunehmen und erst später "im Stapel" zu verarbeiten, betrifft jedenfalls kein wesentliches und spezifisches Element des Überweisungsvorganges.

Der Ansicht der Klägerin, die Bank habe auch keinen eigenen Entscheidungsspielraum, weil sie der Weisung eines Kunden, einen bestimmten Geldbetrag auf ein genanntes Konto übertragen zu lassen, innerhalb einer bestimmten Frist nachzukommen habe, ist nicht zuzustimmen. Der Bankkunde hat Anspruch auf eine schnelle und korrekte Überweisung, aber die Kreditinstitute entscheiden über die Modalitäten, wie sie diese - in Anbetracht des Massengeschäftes - sicherstellen. Demgegenüber entscheidet die RZ nur hinsichtlich der Art und Weise der technischen Abwicklung.

Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, wenn sie vorträgt, dass kein Geldbetrag von einem Konto auf ein anderes dadurch übertragen wird, dass die Bank abstrakt/generell Richtlinien erläßt. Allerdings bewirken die Entscheidungen der Bank zusammen mit den Dienstleistungen der RZ eine Übertragung von Geldern und führen zu rechtlichen und finanziellen Änderungen. Auch ein Unternehmer, der sich einer Spedition zur Lieferung eines Gegenstandes bedient, erbringt eine Lieferung, obwohl er nicht selbst den Liefergegenstand transportiert. Der Spediteur dagegen erbringt eine sonstige Leistung.

Dass sich die Verantwortlichkeit der RZ auf die technische Abwicklung beschränkt, wird bestätigt durch folgende zwischen ihr und den auftraggebenden Banken vereinbarten Klauseln zur Abwicklung der Überweisungen:

Laut § 2 Abs. 4 S. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrages (Stand 18. April 2001) ist die RZ verantwortlich für die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Datenverarbeitung. Gemäß § 3 Abs. 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages müssen die Daten, die der RZ vom Auftraggeber zur Verarbeitung übergeben werde, die von der RZ festgelegten Bedingungen aufweisen und in verarbeitungsfähigem Zustand sein. Unabhängig von der Art und Weise der Datenübermittlung ist die RZ nicht verpflichtet, nicht ordnungsgemäße und/oder fehlerhaft übermittelte Daten zu verarbeiten. § 3 Abs. 6 S. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages. Gemäß § 3 Abs. 10 des Geschäftsbesorgungsvertrages stellt die RZ sicher, dass nach jedem ihr obliegenden Verarbeitungsablauf die verarbeitungstechnische Vollständigkeit dieses Laufes (Ablaufprotokolle) überprüft wird (nämlich hinsichtlich der Vollständigkeit des Ablaufs aller Softwareprogramme, der Richtigkeit der Reihenfolge des Ablaufs aller Softwareprogramme und der Analyse aller sonstigen während der Verarbeitung aufgetretenen Meldungen und Hinweise, die für den ordnungsgemäßen Verarbeitungsablauf relevant sind). Laut § 3 Abs. 9 S. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages befreit sich die RZ sogar bei bestimmten technischen Störungen (Ausfall und Fehlern von EDV-Anlagen, Störungen und Unterbrechungen der Übertragungswege, Wartungsarbeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft, Instandsetzungen der EDV-Anlagen, Systemänderungen oder Stromausfall) von der Einhaltung der Terminpläne bzw. der Systemverfügbarkeitszeiten.

Da sich Haftung begrifflich als Rechtsfolge der Verletzung vertraglich geregelter Pflichten und Verantwortlichkeiten darstellt, kann aus dem Haftungsumfang allein - sowie dem zur Verfügung stehenden Eigenkapital - keine Erkenntnis erlangt werden, die nicht schon aus dem Vertragsinhalt gewonnen werden muss.

2. Lastschriftverfahren:

Für das Lastschriftverfahren gilt das zum Überweisungsverkehr Dargestellte entsprechend; denn als eine Art "rückläufige Überweisung" (Bundesgerichtshof-BGH-Urteil vom 28. Februar 1977 II ZR 52/75, BGHZ 69, 82) läuft der Zahlungsvorgang wie bei der Überweisung ab, wird aber vom Gläubiger der Forderung ausgelöst, der den vom Schuldner zu zahlenden Betrag auf dem Inkassoweg einzieht.

Es wurde auch seitens der Klägerin hinsichtlich des Entscheidungsspielraums der RZ nichts über technische Gestaltungsspielräume Hinausgehendes (z.B. Abschluss einer Inkassovereinbarung) vorgetragen.

3. Zahlungsverkehr

Im Streitfall erfüllt das von der RZ insoweit erbrachte Leistungsbündel nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines "Umsatzes im Zahlungsverkehr".

Ein "Umsatz im Zahlungsverkehr", der nicht in Form einer Überweisung oder einer Lastschrift ausgeführt wird (denn dafür gelten bereits die obigen Ausführungen) - kann im Wesentlichen nur noch die Einzahlung von Bargeld auf Konten und die Auszahlung von Bargeld von Konten (am Bankschalter oder Geldautomat) bzw. den bargeldlosen Zahlungsverkehr im kartengesteuerten Verfahren betreffen (vgl. Bundesfinanzhof - BFH-Urteil vom 27. August 1998 V R 84/97, BStBI II 1999, 106; Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, Kommentar, § 4 Nr. 8 Buchst, d, Rn. 47; Verfügung der OFD Frankfurt vom 15. 5.1996 - S 7100 A - 172 - St IV 10, DStR 1996,1568).

Die genauen Anforderungen an die Dienstleistungen bezüglich eines Umsatzes im Zahlungsverkehr können offen bleiben.

Denn jedenfalls dürfen sie - entsprechend den dargestellten Grundsätzen des EuGH zum Überweisungsverkehr - nicht nur in der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung bestehen. Entscheidend kommt es dabei auf den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken an, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Zahlungsumsätze erstreckt (EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.).

Davon ausgehend, handelt es sich im vorliegenden Fall auch bei den Leistungen der RZ im Zahlungsverkehr (die Klägerin ist insoweit insbesondere bei der Geldbeschaffung am Geldautomaten, bei bargeldlosen Zahlungen an automatisierten Kassen - electronic cash terminals - und bei der Verwendung von Geldkarten bei Zahlungsvorgängen involviert) nur um rein technische Dienstleistungen; denn auch hier bestimmen die die Rechenzentren beauftragenden Banken die Modalitäten, wann ein Auszahlungsvorgang am Geldautomaten oder eine bargeldlose Zahlung an electronic-cash (ec) -terminals von der RZ autorisiert werden kann. Die RZ übernimmt dagegen verantwortlich lediglich die EDV-gestützte Ausführung innerhalb der Vorgaben der Banken.

Hinsichtlich Bargeldbeschaffungen am Geldautomaten oder elektronischen Zahlungen mit ec-Karte entscheidet die auftraggebende Bank nämlich über den Abschluss eines ec-Kartenvertrages mit dem Kunden und die Ausgabe einer entsprechenden ec-Karte, erteilt die PIN, entscheidet über Sperren und die Höhe des Dispositionskredits oder legt den Höchstbetrag für Auszahlungen am Geldautomaten fest.

Dagegen obliegen der RZ nur Pflichten im Bereich des mechanischen Datenabgleichs und automatisierter Prüfungsläufe.

So prüft die RZ bei der Bargeldbeschaffung am Geldautomaten und bei bargeldlosen Zahlungen an ec-terminals lediglich per EDV die Kartenbenutzungsberechtigung des Kartenbesitzers durch Abgleich der eingetippten PIN mit der in der Karte gespeicherten Bankkontonummer (Sicherheitsprüfung, die bei Entbehrlichkeit der PIN auch entfallen kann), die Sperrung der Karte (Sperrenprüfung), den Kontostand und die Höhe des von der Bank eingerichteten Dispositionskredits (Limitprüfung I) und die Einhaltung des für Auszahlungen an Geldautomaten von der Bank festgelegten Höchstbetrages pro Tag (Limitprüfung II). Bei positivem Ausgang aller Prüfungen wird der Auszahlungs- bzw. Zahlungsvorgang im Rahmen automatisierter Prüfungsabläufe autorisiert, eine Lastschriftdatei erstellt, der ausgezahlte Betrag auf dem Konto des Kartenbenutzers belastet und auf dem Kontoauszug als Abbuchung vermerkt.

Auch bei Zahlungsvorgängen mittels Geldkarte unterstützt die RZ die Geldtransfers nur in technischer und elektronischer Hinsicht. So bucht die RZ den gewünschten Geldbetrag im Rahmen automatisierter Abläufe vom Girokonto ab und speichert ihn auf die Geldkarte, stellt fest, welche Geldbeträge auf Veranlassung des Geldkarteninhabers durch die verschiedenen Zahlungsterminals aus den Geldkarten entnommen wurden, belastet die jeweiligen betroffenen internen Konten der Partnerbanken, erstellt entsprechende Dateien und versendet sie.

Dementsprechend ist die Verantwortlichkeit der RZ auch auf die Technik beschränkt (vgl. die oben dargestellten Textstellen der Verträge).

4. Einlagengeschäft:

Im Streitfall erfüllt das von der RZ erbrachte Leistungsbündel nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen eines "Umsatzes im Einlagengeschäft".

Das Einlagengeschäft umfasst die Annahme fremder Gelder als Einlagen ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen in der Fassung vom 1. Januar 1998 - KWG -).

Bei den Umsätzen i.S. des Art. 13 Teil B Buchst, d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ist hinsichtlich des Einlagengeschäftes zu berücksichtigen, dass die englischen, französischen, italienischen und spanischen Fassung des Art. 13 Teil B Buchst, d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG sich übersetzen lassen mit "Umsätzen, die sich auf das Einlagengeschäft beziehen", einer Formulierung, die weiter ist als "Umsätze im Einlagengeschäft" (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 V R 44/01, BStBI II 2003, 730 betreffend Umsätze mit Wertpapieren).

Um als steuerfreie Umsätze im Einlagengeschäft qualifiziert zu werden, dürfen sie - entsprechend den dargestellten Grundsätzen des EuGH zum Überweisungsverkehr - nicht nur in der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung bestehen. Entscheidend kommt es dabei auf den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken an, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt (vgl. EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.).

Zu Recht leitet die Klägerin aus der Formulierung "Umsätze, die sich auf das Einlagengeschäft beziehen" ab, dass nicht nur Schuldner der Rückzahlungsforderungen aus dem Einlagengeschäft steuerfreie Umsätze, die sich auf das Einlagengeschäft beziehen, ausführen können. Diese weite Formulierung entbindet aber nicht vom Erfordernis, dass sich die Verantwortung der RZ, um steuerfreie Umsätze erbringen zu können, auf spezifische und wesentliche Elemente des Umsatzes, der sich auf das Einlagengeschäft bezieht, erstrecken muss.

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall, beziehen sich zwar die Leistungen der RZ unstreitig auf Einlagengeschäfte, aber sie nimmt lediglich technische Dienstleistungen vor und trägt Verantwortung nur hinsichtlich der technischen Ausführung.

Denn die RZ stellt den Banken die Speicherplätze für die Konten zur Verfügung, nimmt auf Anweisung der Banken Kontosperrungen vor, speichert und ändert auf Weisung der Banken die Stammdaten des Kunden, nimmt den Namen in das alphabetische Namensregister auf, verbucht Einzahlungen und autorisiert und verbucht Auszahlungen, ermittelt und verbucht Zinsen und Kontoführungsgebühren, berechnet den jeweiligen Saldo, speichert bei Änderungen des Zinssatzes durch die Bank die Änderung in den Datenbeständen, erteilt Kontoauszüge, Kontoauszugs-Duplikate und Kontoabschriften, erteilt Erträgnisbescheinigungen, Jahres-Steuerbescheinigungen und Einzel-Steuerbescheinigungen und nimmt bei Kontoauflösungen die Abrechnung vor.

Demgegenüber trifft die Bank die wesentlichen und spezifischen Entscheidungen hinsichtlich des Ob und des Wie der Einlage. Bei der Eröffnung eines Kontos nimmt sie die Legitimationsprüfung vor und Unterschriftsproben entgegen. Sie schließt Verträge über Sichteinlagen, befristete Einlagen oder Spareinlagen (Ratensparverträge, prämienbegünstigte Sparverträge) ab und trifft Vereinbarungen über die vertraglichen Einzelheiten, insbesondere über die Verzinsung der Einlagen (Zinshöhe, Zinssatzänderung). Sie händigt Sparbücher, Sparbrief-Urkunden und Zertifikate aus und vereinbart Stichworte.

Die Klägerin sieht die eigene Verantwortung der RZ insbesondere darin, dass sie die jährlichen Zinsberechnungen für Sparkonten vornimmt, wobei sie den Tag der Zinsberechnung im Dezember wählt. Sie entscheidet somit darüber, ob sich mehr (wenn sie früher im Dezember abrechnet) oder weniger (wenn sie später im Dezember abrechnet) Aus- und Einzahlungen, die nach dem Stichtag der Zinsberechnung erfolgen, erst bei der Zinsberechnung des Folgejahres auswirken.

Damit trifft sie aber keine wesentliche Entscheidung über die Modalitäten der Einlage, sondern nur über die technische Durchführung innerhalb der von der Bank vorgegebenen Rahmenbedingungen.

Auch aus den vertraglichen Regelungen (vgl. die oben dargestellten Textstellen) ergibt sich keine über die technische Durchführung hinausgehende Verantwortlichkeit der RZ.

5. Kontokorrentgeschäft

Kontokorrent ist eine Geschäftsverbindung, bei der aus der Verbindung entspringende beiderseitige Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (vgl. § 355 Abs. 1 S. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -).

Auch Umsätze im Kontokorrentgeschäft dürfen - entsprechend den dargestellten Grundsätzen des EuGH zum Überweisungsverkehr - nicht nur in der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung bestehen. Entscheidend kommt es dabei auf den Umfang der Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken an, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt (vgl. EuGH-Urteile vom 5. Juni 1997 C-2/95 SDC, a.a.O.; und vom 13. Dezember 2001 C-235/00 CSC, a.a.O.).

Die im Streitfall von der RZ erbrachten Dienstleistungen im Kontokorrentverkehr (die sich zum Teil mit Dienstleistungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr sowie im Einlagengeschäft überschneiden) sind rein technischer Art. Die RZ ermittelt im Rahmen automatisierter Abläufe die Salden, errechnet die Zinsen, erteilt Kontoauszüge und Saldenbestätigungen und versendet Belege bzw. erbringt die technischen Dienstleistungen, die bereits im Rahmen des Überweisungs- und Zahlungsverkehrs dargestellt worden sind. Die RZ entscheidet aber nur eigenverantwortlich hinsichtlich technischer Aspekte und bewegt sich im Übrigen innerhalb der von der Bank vorgegebenen Entscheidungsparameter.

Dementsprechend ist die Verantwortlichkeit der RZ auch vertraglich auf die Technik beschränkt (vgl. die oben dargestellten Textstellen der Verträge).

Die auftraggebende Bank erbringt die wesentlichen und spezifischen Elemente des Kontokorrentverkehrs. Sie entscheidet über die Aufnahme einer Geschäftsverbindung mit einem Kunden und über die Eröffnung des Kontos. Sie schließt die Verträge ab, nimmt die Legitimationsprüfungen vor und Unterschriftsproben entgegen. Die Bank verhandelt bzw. entscheidet über die Höhe und Modalitäten des Dispositionskredits, über die Ausgabe einer ec-Karte oder einer Geldkarte und die damit verbundenen vertraglichen Regelungen und trifft die teilweise bereits im Rahmen des Überweisungs- und Zahlungsverkehrs geschilderten dispositiven Entscheidungen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

7. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO, weil im Streitfall nur eine Würdigung des Sachverhalts unter Beachtung der bereits vom EuGH entschiedenen Rechtsgrundsätze erfolgte.

Ende der Entscheidung

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