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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 02.04.2008
Aktenzeichen: 4 K 1272/06
Rechtsgebiete: BGB, ErbStG


Vorschriften:

BGB § 428
ErbStG § 7 Abs. 1
ErbStG § 25
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

.... sowie

der ehrenamtlichen Richter

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den bis zum 25. April 2006 entstandenen Kosten tragen die Klägerin 56/100, der Beklagte 44/100. Die danach anfallenden Kosten trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Streitig ist, ob eine Grundstücksschenkung von der Mutter an die Tochter (Klägerin) vorliegt, oder ob zwei voneinander unabhängige Grundstücksschenkungen von der Mutter an den Vater und anschließend vom Vater an die Tochter vorliegen.

Mit notarieller Urkunde vom 23. August 2005 (URNr.) überließ Frau A (Mutter) an ihren Ehemann Si (Vater) ihren Hälfteanteil an dem Grundbesitz in P, -Straße 11. Der Vater war nun Alleineigentümer des Grundbesitzes. Die Zuwendung erfolgte als ehebedingte Zuwendung außerhalb des Zugewinnausgleichs. Unter Punkt IV. Gegenleistungen und Auflagen, 3. der notariellen Urkunde ist vereinbart, dass sich Herr S und Frau A als Gesamtberechtigte nach § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das lebenslange unentgeltliche Nießbrauchsrecht am Vertragsgrundbesitz vorbehalten, mit der Maßgabe, dass der Nießbrauch dem länger lebenden Berechtigten nach dem Tode des zuerst verstorbenen Berechtigten allein und ungeschmälert zusteht.

Mit notarieller Urkunde ebenfalls vom 23. August 2005 (URNr. 1) übertrug Herr S seinen Miteigentumsanteil sowie den mit der vorausgehenden Urkunde erworbenen Anteil mit Zustimmung der Schenkerin an die Klägerin. Als Gegenleistung wurden die Übernahme des aufgrund der vorhergehenden Urkunde zur Eintragung kommenden Nießbrauchs, sowie ein Pflichtteilsverzicht vereinbart.

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) bewertete die Zuwendungen als einheitlichen Schenkungsvorgang, durch den Vermögensverschiebungen nur zwischen der Mutter und der Klägerin stattfanden. Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 setzte das FA die Schenkungsteuer aus der Zuwendung der Mutter an die Klägerin aus einem steuerpflichtigen Erwerb von 136.600 EUR in Steuerklasse I auf 11.981 EUR fest. Hiervon wurde ein Betrag von 4.697 EUR gem. § 25 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zinslos gestundet.

Der Einspruch der Klägerin vom 1. Februar 2006 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Die am 29. März 2006 erhobene Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass der Vater nicht verpflichtet gewesen sei, das Grundstück an seine Tochter zu übertragen.

Dies sei freiwillig geschehen. Unabhängig davon habe die Mutter nur die Hälfte des Grundstücks auf die Tochter übertragen können, da die andere Hälfte im Eigentum des Vaters gestanden habe. Ab dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung sei der Vater wirtschaftlicher Eigentümer des Gesamtobjekts gewesen. Auf das grundbuchrechtliche Eigentum komme es steuerlich nicht an. Steuerlich allein entscheidend sei der Besitzübergang von Nutzen und Lasten. Bei notarieller Beurkundungspflicht seien mögliche Motive einer Weiterschenkung unbeachtlich.

Mit Schenkungsteueränderungsbescheid vom 25. April 2006 setzte das FA die Schenkungsteuer auf 6.844 EUR, den nach § 25 ErbStG gestundeten Betrag auf 1.171,34 EUR herab mit der Begründung, dass die Rechtsansicht der Klägerin, die Mutter habe nur den Hälftemiteigentumsanteil des Grundbesitzes auf die Klägerin übertragen können, richtig ist.

Die Klägerin beantragt,

den Schenkungsteueränderungsbescheid vom 25. April 2006 aufzuheben und den Erwerb der Klägerin als Zuwendung des Herrn S an die Klägerin zu versteuern.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

II. 1. Die Klage ist unbegründet.

Hinsichtlich des hälftigen Grundstücksanteils, der der Klägerin aufgrund des Vertrages mit der UR-NR. zugewendet worden ist, liegt eine freigebige Zuwendung der Mutter an die Klägerin vor.

a) Bei den Vereinbarungen vom 23. August 2005 zwischen den Eltern der Klägerin untereinander, sowie zwischen dem Vater und der Klägerin handelt es sich um einen einheitlichen Schenkungsvorgang, durch den der Klägerin der hälftige, bis dahin im Eigentum der Mutter 6 stehende Grundstücksanteil unentgeltlich zugewendet wurde. Eine Schenkung der Mutter an den Vater und von diesem an die Klägerin kommt nicht in Betracht.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

An einer Bereicherung fehlt es jedoch, wenn jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung erhält, die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt. Dann liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor. Eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt nicht in Betracht (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 13. Oktober 1993 II R 92/91, BFHE 172, 520, BStBl II 1994, 128).

Der Schenkungsvertrag vom 23. August 2005 zwischen der Mutter und dem Vater der Klägerin enthält zwar seinem Wortlaut nach keine Absprachen hinsichtlich der Verwendung des zugewendeten Grundstücksanteils. Aus den Umständen folgt jedoch, dass ein einheitlicher Gesamtplan bestand, den Grundstücksanteil unmittelbar von der Mutter auf die Klägerin zu übertragen. Der Vater der Klägerin hat den hälftigen Grundstücksanteil nur erhalten, um diesen an die Klägerin weiterzugeben. Er war ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des Grundstücksanteils verpflichtet, den von seiner Ehefrau erhaltenen Grundstücksanteil an seine Tochter weiterzuleiten.

Dies ergibt sich sowohl aus dem Abschluss der Verträge in einem Zug, nämlich an einem Tag in aufeinanderfolgenden Urkundenrollennummern des amtierenden Notars, als auch aus der inhaltlichen Abstimmung der Verträge untereinander. Den Verträgen liegt erkennbar das Ziel zugrunde, den hälftigen Grundstücksanteil der Mutter auf die Tochter zu übertragen. Bereits im Vertrag mit der UR-Nr. (Übertragung des Grundstücksteils von der Mutter auf den Vater) ist sowohl für den Vater, als auch für die Mutter das lebenslange unentgeltliche Nießbrauchsrecht am Vertragsgrundstück bestellt worden. Dies macht nur Sinn, wenn schon zu diesem Zeitpunkt die Weiterübertragung des Grundstücks vom Vater an die Tochter bestimmt war. Auch der steuerliche Vertreter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass der Vater den Willen hatte, den Grundstücksanteil an die Klägerin weiterzugeben, nachdem seine Frau diesen an ihn übertragen hatte.

b) Da es sich im Streitfall um einen einheitlichen Schenkungsvorgang unmittelbar zwischen der Mutter und der Klägerin handelt, braucht nicht mehr entschieden zu werden, ob bei Annahme einer Bereicherung der Klägerin aus dem Vermögen des Vaters eine als Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 der Abgabenordnung 1977 zu wertenden Kettenschenkung vorliegen würde (BFH-Urteil vom 14. März 1962 II 218/59 U, BFHE 74, 554, BStBl III 1962, 206). Denn nach dem von allen Vertragsschließenden verfolgten Gesamtplan war der Vater lediglich als Durchgangs- oder Mittelsperson eingeschaltet, so dass bei ihm keine Bereicherung eingetreten oder verblieben ist.

c) Der Auffassung des Klägers, dass das BFH-Urteil vom 13. Oktober 1993 II R 92/91 nur auf nicht notariell beurkundungspflichtige Vorgänge anzuwenden ist, vermag der Senat nicht zu folgen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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