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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 4 K 29/04
Rechtsgebiete: EStG, StBGebV


Vorschriften:

EStG § 70
EStG § 77
StBGebV § 16
StBGebV § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 29/04

Kostenfestsetzung gem. § 77 EStG

In der Streitsache

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[...] sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der Beklagte (die Agentur für Arbeit -Familienkasse -) zu Recht die Erstattung einer Ratsgebühr gemäß § 21 Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) sowie einer Auslagenpauschale nach § 16 StBGebV im Rahmen der Kostenerstattung nach § 77 Einkommensteuergesetz (EStG) abgelehnt hat.

Die Klägerin (Klin) hatte für ihr in Berufsausbildung befindliches Kind F bis Dezember Kindergeld erhalten.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2003 teilte die Klin der Familienkasse mit, dass ihr Sohn F im Monat Februar 2003 sein Ausbildungsverhältnis beenden werde und bat, für die beiden Monate Januar und Februar 2003 noch Kindergeld zu bezahlen, da sich an den Voraussetzungen und den Einkommensverhältnissen zu den Vormonaten nichts geändert habe. Falls dennoch eine Meldung benötigt werde, bat sie um Zusendung von Vordrucken.

Am 25. Februar 2003 ging bei der Familienkasse eine Bescheinigung über die Fortdauer bzw. das Ende der Berufsausbildung des Sohnes der Klin sowie eine Erklärung zu den Werbungskosten eines über 18 Jahre alten Kindes für das Kalenderjahr 2002 ein.

Mit Bescheid vom 07. April 2003 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Sohn F ab Januar 2003 auf, weil nach Ansicht der Familienkasse die Einkünfte in den beiden Monaten unter Ansatz der Werbungskostenpauschale den anteiligen Grenzbetrag (Freigrenze) von 1.198 EUR überstiegen hätten.

Mit am 23. April 2003 bei der Familienkasse eingegangenen Schreiben legte die Klin hiergegen Einspruch ein und bat um Offenlegung, wie der maßgebliche Grenzbetrag ermittelt worden sei.

Mit Schreiben vom 08. Mai 2003 bat die Familienkasse die Klin, die beigefügte Werbungskostenerklärung für Januar 2003 einzureichen.

Am 02. Juni 2003 reichte die Klin eine von ihr und ihrem Sohn unterschriebene Erklärung zu den Werbungskosten für Januar 2003 ein.

Mit Abhilfebescheid vom 29. August 2003 korrigierte die Familienkasse den angefochtenen Bescheid vom 07. April 2003, da sie von einem falschen Ansatz der Ausbildungsvergütung ausgegangen war. Das Kindergeld wurde für die beiden Monate Januar und Februar 2003 nachgezahlt. Ferner wurde der Klin zugesagt, die im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen zu erstatten, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden.

Mit Schreiben vom 25. September 2003 reichte die Klin eine Kostenrechnung ihres Steuerberaters in Höhe von insgesamt 236,64 EUR ein. In dieser Kostenrechnung vom 17. September 2003 machte der Bevollmächtigte der Klin eine Beratungsgebühr gemäß § 21 Abs. 1 StBGebV in Höhe von 184 EUR sowie eine Auslagenpauschale nach § 16 StBGebV in Höhe von 20 EUR geltend.

Mit Bescheid vom 02. Oktober 2003 lehnte die Familienkasse den Antrag der Klin auf Kostenerstattung ab. Die Klin habe den ihr zugesandten Erklärungsvordruck selbst ausgefüllt und - mit unterzeichnet durch das Kind -wieder eingereicht. Kosten für eine dafür erforderliche Beratung durch den Steuerberater könnten -da nicht notwendig -nicht festgesetzt werden.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch trägt der Prozessbevollmächtigte der Klin vor, die Begründung und damit die Ablehnung des Erstattungsantrages, sei in diesem Fall nicht richtig.

Die Klin habe sich bereits, bevor sie Einspruch eingelegt habe, bei dem Bevollmächtigten über die Bedeutung der Ablehnung der Zahlung von Kindergeld erkundigt. Die Erläuterungen hinsichtlich der Vorschriften zum Kindergeld seien für die Klin wichtig gewesen, um zunächst einmal die Sachlage insgesamt zu verstehen. Im Anschluss daran seien der Klin die einzelnen Auswirkungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung erläutert worden. Die Tatsache, dass die Klin den Einspruch selbst begründet habe, lasse nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich bei dem Prozessbevollmächtigten intensiv über die Auswirkungen und die Vorgehensweise informiert habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. November 2003 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, im Einspruchsverfahren sei die Klin aufgefordert worden, eine Erklärung zu den erhöhten Werbungskosten auszufüllen und abzugeben. Diesem Verlangen sei die Klin selbst am 30. Mai 2003 nachgekommen.

Weder hierbei noch im gesamten Einspruchsverfahren sei ein Steuerberater aufgetreten.

Bei den geltend gemachten Kosten handele es sich auch um keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen. Die Klin habe lediglich die Werbungskosten ihres Sohnes entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen angegeben. Eine Rechtsberatung hierfür sei nicht erforderlich gewesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage beantragt der Prozessbevollmächtigte der Klin,

unter Änderung des angefochtenen Bescheids vom 02. Oktober 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2003 die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 236,64 EUR festzusetzen.

Zur Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte vor, wie bereits im Einspruchsverfahren dargelegt, habe ihn die Klin gebeten, sie im Kindergeldverfahren beratend zu unterstützen.

Zwar sei der Bevollmächtigte im Rahmen dieser Tätigkeiten nicht selbst gegenüber der Familienkasse aufgetreten, dennoch sei die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für die Klin eine Notwendigkeit gewesen, um ihren Kindergeldanspruch gegenüber der Familienkasse durchzusetzen.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Familienkasse ist weiterhin der Auffassung, dass der Ansatz der in der Kostenrechnung geltend gemachten Kosten nicht gerechtfertigt sei. Die geltend gemachten Beratungskosten gegen die Klin seien für Beratungen vor Erhebung des Einspruchs gegen die Kindergeldablehnung entstanden. Solche Kosten -hier Zeitpauschalen führt zudem nicht Rechtsfragen der Kindergeldentscheidung, sondern Einkommensteuerveranlagung betreffende Beratungstätigkeit -seien im Rahmen des Einspruchsverfahrens gemäß § 77 EStG nicht erstattungsfähig, weil sie vor Erhebung des Einspruchs entstanden seien. Ferner könne auch die Höhe der geltend gemachten Gebühren, hinsichtlich des Einspruchsbegehrens von 308 EUR Kindergeld für zwei Monate nicht nachvollzogen werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klin vom 19. Dezember 2003 sowie auf den Schriftsatz der Familienkasse vom 26. Februar 2004 und 18. Juli 2007 Bezug genommen.

Am 25. Juli 2007 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden.

Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenfalls Bezug genommen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die Familienkasse hat zutreffend die geltend gemachte Beratungsgebühr nach § 21 Abs. 1 StBGebV in Höhe von 184 EUR sowie eine Auslagenpauschale nach § 16 Steuerberatergebührenverordnung in Höhe von 20 EUR als nicht erstattungsfähig angesehen.

Nach § 77 Abs. 1 EStG hat die Familienkasse dem Einspruchsführer bei erfolgreichem Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung ( § 70 EStG) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren oder Auslagen eines Bevollmächtigten sind nach Abs. 2 der letzt genannten Vorschrift erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war. Im Übrigen gelten die zu § 139 Abs. 3 S. 3 FGO entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu Kirchhoff Einkommensteuergesetz Kompaktkommentar 3. Auflage § 77 Rdz. 2).

Die Familienkasse regelt von Amtswegen durch die Kostenentscheidung, welcher Beteiligte mit welchem Anteil die Kosten des Einspruchsverfahrens dem Grunde nach zu tragen hat.

Auf Antrag setzt die Familienkasse den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen der Höhe nach fest ( § 77 Abs. 3 S. 1 EStG).

Die Prozessbevollmächtigten der Klin, deren Kostenrechnung die Klin im Kostenerstattungsverfahren nach § 77 EStG vorgelegt und geltend gemacht hat, sind nicht als Bevollmächtigte im Sinne des § 139 Abs. 3 S. 1 FGO tätig gewesen. Dazu wäre erforderlich gewesen, dass sie im Einspruchsverfahren gegenüber der Familienkasse erkennbar als Bevollmächtigte aufgetreten wären. Denn zur Erstattungsfähigkeit der Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Sinne des § 139 Abs. 3 S. 1 FGO ist erforderlich, dass jemand für das Gericht bzw. im außergerichtlichen Vorverfahren für die Finanzverwaltungsbehörde erkennbar als Bevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten auftritt und handelt. Der Bevollmächtigte selbst muss Erklärungen abgeben, allerdings nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Vertretenen.

Unterstützt er nur den Vertretenen bei der Abfassung von Erklärungen und gibt der Vertretene diese Erklärungen selbst ab, so ist der Bevollmächtigte nicht als solcher aufgetreten; es liegt keine Zuziehung im Sinne des § 139 Abs. 3 S. 3 FGO; § 77 Abs. 2 EStG vor.

Für ein erkennbares Auftreten lassen sich aber aus dem Inhalt der Kindergeldakte der Familienkasse keinerlei Anhaltspunkte gewinnen. Auch die Prozessbevollmächtigten der Klin tragen in ihrem Klageschriftsatz vom 19.12.2003 selbst vor, dass sie im Rahmen ihrer für die Klin erbrachten Tätigkeiten nicht selbst gegenüber dem Arbeitsamt aufgetreten seien (vgl. hierzu insbesondere Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 07.11.1969 III B 36/69 in BStBl. II 1970 S 123; Finanzgericht Baden-Württemberg - Außensenate Stuttgart - Beschluss vom 13.08.1991 9 KO 11/90 in EFG 1992 S 153).

Im Übrigen rechtfertigen entgegen der Ansicht der Klin Beratungen nur dann die Erstattung von Gebühren, wenn die Beratung im Laufe des Vorverfahrens (Einspruchsverfahrens) d.h. nach Eingang des Einspruchs, bei der Familienkasse stattfinden.

Die hier einschlägige Regelung des § 77 EStG behandelt die Erstattung von Kosten im Vorverfahren, setzt also begrifflich im Zeitpunkt der Besprechung oder Beratung das Vorliegen eines Einspruchsverfahrens voraus. Das Vorverfahren (außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren - Einspruchsverfahren) beginnt mit der Einlegung des Einspruchs und endet mit dem Erlass der Einspruchsentscheidung.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Streitfall auch nicht erfüllt. Wie sich aus dem Vorbringen der Bevollmächtigten und der Klin ergeben, sind die einschlägigen Beratungen vor Einspruchseinlegung erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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