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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 4 K 4719/05
Rechtsgebiete: AO 1977, StBerG


Vorschriften:

AO 1977 § 80
StBerG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 4719/05

Erbschaftsteuer

In der Streitsache

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung

...

ohne mündliche Verhandlung

am 17. Januar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Einspruchsentscheidung vom 22. November 2005 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I. Die am 1.5.2000 in München verstorbene Erblasserin, Frau O wurde aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 23.2.1995 von ihrem Neffen, dem Kläger, allein beerbt.

Als Testamtensvollstrecker wurde Herr L eingesetzt.

Am 20.2.2001 wurde der Testamentsvollstrecker aufgefordert, für den Erbfall O die entsprechende Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Trotz mehrmaliger Erinnerung wurde die Erbschaftsteuererklärung für den Erbfall erst am 16.7.2004 in Verbindung mit der Abgabe von strafbefreienden Erklärungen beim Finanzamt eingereicht (s. Bl. 37 ff Finanzgerichts-Akte).

Am 30.7.2004 wurde diese Erklärung beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt M eingereicht (Bl. 46 Finanzgerichts-Akte).

Die strafbefreiende Erklärung für den Kläger wurde mit Verfügung vom 15.9.2004 vom Finanzamt M für unwirksam erklärt (Bl. 54 Finanzgerichts-Akte), weil die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 StraBEG nicht vorgelegen hätten.

Mit Steuerbescheid vom 22.10.2004 setzte das Finanzamt daraufhin die Erbschaftsteuer gegen den Kläger, adressiert an den Testamentsvollstrecker, auf 294.300 DM (= 150.473,20 EUR) fest.

Die im StraBEG-Verfahren geleistete Zahlung von 29.748 EUR rechnete es an.

Der Bescheid erging vorläufig hinsichtlich anhängiger Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft-und Schenkungsteuergesetzes.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Versteuerung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz zu erfolgen hätte und nicht im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung. Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO) läge aufgrund der verspäteten Abgabe vor. Das Veranlagungsverfahren hätte bis zum 17.10.2003 längst abgeschlossen werden können. Somit sei auch eine Steuerhinterziehung bis zum 17.10.2003 vollendet.

Mit Schreiben vom 19.1.2005 sowie 27.9.2005 wies das Finanzamt den Testamentsvollstrecker darauf hin, dass er ohne besondere Vollmacht als Testamentsvollstrecker nicht befugt sei, Einspruch für den Kläger als Erben einzulegen.

Da der Testamentsvollstrecker trotz nochmaliger Aufforderung eine solche Vollmacht nicht vorlegte, verwarf das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2005 gegenüber dem Testamentsvollstrecker den Einspruch als unzulässig. (Bl. 66 Finanzgerichts-Akte).

Während des dagegen vom Testamentsvollstrecker erhobenen Klageverfahrens reichte dieser am 20.3.2006 eine Vollmacht des Klägers ein, die ihn zur Vertretung vor dem Finanzgericht als auch vor den Finanzbehörden (Bl. 124 Finanzgerichts-Akte) ermächtigt.

Mit der Klage beantragt der Kläger sinngemäß,

die Einspruchsentscheidung vom 22.11.2005 aufzuheben und die Erbschaftsteuer entsprechend der Strafbefreiungserklärung vom 16.7.2004 auf 29.748 EUR festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage als unzulässig abzuweisen.

II. Die Klage ist zulässig.

Tritt jemand, wie hier der Testamentsvollstrecker, als Bevollmächtigter im Einspruchsverfahren auf, ohne sich durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zu legitimieren, so ist Beteiligter derjenige, für den der (angeblich) Bevollmächtigte zu handeln vorgibt (s. Bundesfinanzhof -BFH-Urteil vom 17.10.1973 II R 166/71, BStBl II 1974,2 18 s. a. Gräber FGO, 6. Aufl. § 62 Rz.75 m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Der Beklagte hat hier zu Recht eine schriftliche Vollmacht verlangt, weil hier der Testamentsvollstrecker nicht in seiner Eigenschaft als Angehöriger der steuerberatenden Berufe (§ 3 StBerG) auftrat, sondern als Testamentsvollstrecker, sodass der Beklagte nicht gegen Tz.1 S.2 AEAO zu § 80 verstoßen hat. Gerade wenn ein Testamentsvollstrecker als Vertreter des Erben auftritt, bedarf es eines Nachweises einer Vollmacht, weil die Vertretungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gemäß § 32 Erbschaftsteuergesetz nur für den Zugang der Erbschaftsteuerbescheide gilt , jedoch nicht für das sich u.U. danach anschließende Einspruchsverfahren (s. Troll/Gebel/Jülicher ERbStG § 32 Tz.22 m.w.N.).

Da der Testamentsvollstrecker trotz mehrfacher Aufforderung keine Vollmacht vorlegte, wäre der Einspruch als unzulässig zu verwerfen gewesen gegenüber dem angeblich vertretenen Erben, dem Kläger. Die Einspruchsentscheidung erging jedoch gegenüber dem Testamentsvollstrecker, sodass wegen falscher Adressierung das Vorverfahren bisher nicht wirksam abgeschlossen wurde. Eine Sachprüfung ist dem Senat deshalb verwehrt.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 Abs.1 Finanzgerichtsordnung.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO).

Ende der Entscheidung

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