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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 4 K 529/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, ZPO


Vorschriften:

FGO § 47 Abs. 1 S. 1
FGO § 79b Abs. 2
FGO § 155
AO 1977 § 122 Abs. 2
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

4 K 529/05

Schenkungsteuer

In der Streitsache

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[...] sowie

der ehrenamtlichen Richter ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Streitig ist, ob wegen Versäumens der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Die Klägerin erhob mit Telefax vom 8. Februar 2005 Klage gegen zwei Schenkungsteuerbescheide des Beklagten (des Finanzamts -FA--) "vom 22. Oktober 2004" (richtig wohl vom 26. Februar 2004) in Gestalt der jeweiligen Einspruchsentscheidungen vom 25. Oktober 2004. Das FA hatte die Besteuerungsgrundlagen geschätzt, weil die Klägerin trotz Aufforderung keine Schenkungsteuererklärung eingereicht hatte.

Gleichzeitig beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags führte sie aus, ihr steuerlicher Berater, StB P, habe bereits mit Schreiben vom 20. April 2004 Schenkungsteuererklärungen an das FA versandt, denen die für die Festsetzung der Schenkungsteuer zutreffenden Wertansätze und die zu berücksichtigenden Belastungen zu entnehmen gewesen seien. Die Erklärungen seien jedoch nicht beim FA eingegangen. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2004, gerichtet an das FA, seien die Erklärungen nochmals an das FA abgesendet worden und außerdem sechs an das Finanzgericht München gerichtete Finanzklagen zur Fristwahrung beim FA angebracht worden. Zur Glaubhaftmachung legte sie als Anlage K4 und K8 zur Klageschrift jeweils die Kopie einer Seite des Postausgangsbuchs des steuerlichen Beraters vor.

Auf die Anordnung gemäß § 79 b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vom 14. Juli 2007 (zugestellt lt. PZU am 16. Juni 2007), bis zum 9. Juli 2007 das Postausgangsbuch, dem die Anlage K8 zum Klageschriftsatz entstamme, vollständig und im Original vorzulegen, teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. Juli 2007 mit, der steuerliche Berater mache hinsichtlich der Vorlage des Postausgangsbuchs von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.

Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 8. Februar 2005, 29. April 2005, 15. Juli 2005, 23. Februar 2006 und vom 9. Juli 2007 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der Schenkungsteuerbescheide vom 26. Februar 2004 und der Einspruchsentscheidung die Schenkungsteuer sowie die zu stundende Steuer entsprechend den von der Klägerin eingereichten Steuererklärungen herab- bzw. festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung weist es darauf hin, das Postausgangsbuch sei bislang nicht vorgelegt worden.

Die vermeintlich abgesandten Schenkungsteuererklärungen seien mehrmals nicht beim FA angekommen. Erst mit Schreiben vom 2. Februar 2005 seien die Erklärungen eingereicht worden. Samt Anlagen sei hierfür ein Porto von mindestens 2,20 EUR erforderlich gewesen.

Auf die Schriftsätze des FA vom 24. März 2005, 28. April 2005, 17. Juni 2005 und vom 22. März 2006 wird Bezug genommen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.

II. Die Klage ist unzulässig.

1. Die Klägerin hat die Klagefrist versäumt.

Die Einspruchsentscheidung ist am 25. Oktober 2004 zur Post gegeben worden. Damit gilt sie gemäß § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, d.h. mit Ablauf des 28. Oktober 2004. Die gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Monat betragende Klagefrist endete -weil der 28. November 2004 auf einen Sonntag fiel - mit Ablauf des 29. November 2004.

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kommt nicht in Betracht.

a) Die Klägerin war nicht ohne Verschulden verhindert, die Klagefrist einzuhalten ( § 56 Abs. 1 FGO).

Das Vorbringen des Klägervertreters ist nicht geeignet, ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ( § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) an der Fristversäumnis auszuschließen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz hergestellt wird und rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht.

Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren, die sich nicht darauf beschränken darf, das Datum des Fristablaufs im Fristenkalender zu vermerken, sondern die, sofern es sich um eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelfrist handelt, auch einen Hinweis auf das einzulegende Rechtsmittel enthalten muss. Zu den Sorgfaltspflichten des mit der Einlegung eines Rechtsmittels beauftragten Rechtsanwalts gehört neben der Prüfung des Zustelldatums und des Fristendes auch die Klärung der Frage, welches Rechtsmittel einzulegen ist. Da es sich dabei um die Prüfung einer Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels handelt, fällt diese Aufgabe in den alleinigen Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts. Im Streitfall wäre der Prozessvertreter der Klägerin in Kenntnis der Häufung von Fehlleistungen im organisatorischen Bereich seiner Kanzlei (mehrfaches Nichtankommen angeblich an das FA abgesandter Steuererklärungen) in verstärktem Maße verpflichtet gewesen, sich persönlich um den Vorgang zu kümmern (BFH- Beschluss vom 13. Juni 2000 VII B 125/00, BFH/NV 2001, 312, m.w.N.).

b) Außerdem sind die geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe nicht glaubhaft gemacht ( § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO).

aa) Angesichts der besonderen Umstände des Streitfalls (nämlich der Fehlleistungen bei der Übersendung der Steuererklärungen ab April 2004 und insbesondere des in der mündlichen Verhandlung vom FA betonten und vom Senat geprüften Umstands, dass bislang immer noch keine Steuererklärungen auf amtlichen Vordrucken vorliegen) reichen dem Senat die Vorlage der Kopien des Postausgangsbuchs und die eidesstattlichen Versicherungen des StB P und der bei ihm angestellten Kanzleikraft nicht zur Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsgründe aus. Der Senat kann sich ohne das verweigerte Original des Postausgangsbuchs des steuerlichen Beraters nicht davon überzeugen, dass die hierin erfolgten Eintragungen vollständig und richtig sind und dass sie nicht nachträglich hinzugefügt worden sind.

Hinzu kommt, dass StB Plukas alle anderen Klagen, bei denen er bislang vor dem Finanzgericht München als Bevollmächtigter aufgetreten ist, per Telefax direkt bei Gericht erhoben hat. Der Senat konnte (außer dem Streitfall und den hierzu gehörenden Parallelsachen) kein Verfahren feststellen, in dem StB P (angeblich) eine Klage i. S. des § 47 Abs. 2 FGO beim Finanzamt angebracht hätte.

Es besteht demnach ein erhöhter Aufklärungsbedarf, dem mit den vorgelegten zwei Einzel- Kopien des Postausgangsbuchs in Verbindung mit den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht Rechnung getragen wird. Auch ein (ggf.) in der Kanzlei P geführtes Fristenkontrollbuch ist von der Klägerin nicht vorgelegt worden (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2001 VI B 62/99, BFH/NV 2001, 928). Dies geht zu ihren Lasten.

bb) Hieran ändert das Vorbringen der Klägerin zum Zeugnisverweigerungsrecht des steuerlichen Beraters nichts. Denn auch nach der von der Klägerin genannten Rechtsprechung kann die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts die dem Gericht obliegende freie Beweiswürdigung und das Gesamtergebnis des Verfahrens ( § 96 Abs. 1 FGO) nicht zugunsten der Klägerin in größerem Umfang einschränken als sich aus dem notwendigen Rechtsschutz der Auskunftsperson ergibt (BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 IX R 31/00, BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712 , m.w.N.). Insbesondere verbleibt es bei der Feststellungslast, wenn die Sache - wie im Streitfall -wegen der verweigerten Auskunft nicht aufgeklärt werden kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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