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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 29.06.2006
Aktenzeichen: 6 K 4418/05
Rechtsgebiete: KStG 2004, GewStG


Vorschriften:

GewStG § 9 Nr. 2a
GewStG § 7 S. 1
KStG 2004 § 8b Abs. 1
KStG 2004 § 8b Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 6. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht NN, des Richters am Finanzgericht NN und des Richters am Finanzgericht NN sowie der ehrenamtlichen Richter NN und NN ohne mündliche Verhandlung am 29. Juni 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Aufhebung des Bescheides für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 14. Juli 2005 wird der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 EUR festgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erließ am 14. Juli 2005 einen Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag. Bei einem Gewinn aus Gewerbebetrieb von 27.665 EUR wurde, unter Einbeziehung eines Gewerbeverlustes aus den Vorjahren in Höhe von 2.651 EUR, und einem abgerundeten Gewerbeertrag von 25.000 EUR der Gewerbesteuermessbetrag auf 1.250 EUR festgesetzt. Das FA ist dabei nicht von der Gewerbesteuererklärung vom 10. Februar 2005 abgewichen.

Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wurde von der Klägerin wie folgt ermittelt:

Steuerbilanzgewinn|638.569 dazu: nicht abziehbare Aufwendungen|+6.596 davon ab: inländische Gewinne i.S. d. § 8b Abs. 2 und 3 KStG|-650.000 dazu: nicht abziehbare Betriebsausgaben n. § 8b Abs. 5 KStG (5 %)|+ 32.500 Gesamtbetrag der Einkünfte = Gewinn aus Gewerbebetrieb|27.665 alle Beträge in EUR

Bei dem genannten inländischen Gewinn in Höhe von 650.000 EUR handelt es sich um eine Dividendenausschüttung einer GmbH (Beteiligungs-GmbH), an der die Klägerin mit 50 % beteiligt ist.

Mit Einspruch vom 1. August 2005 wendet sich die Klägerin dagegen, dass sich im Gewerbesteuermessbescheid das pauschalierte Betriebsausgaben-Abzugsverbot des § 8b Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) steuererhöhend auswirkt. Im Streitfall handle es sich um eine sog. Schachtelbeteiligung. Bei schachtelprivilegierten Dividenden falle der Hinzurechnungsbetrag des § 8b Abs. 5 KStG unter die Anwendungsvorschrift des § 9 Nr. 2a Gewerbesteuergesetz (GewStG). Sinn und Zweck dieser Bestimmung sei, Dividenden aus Schachtelbeteiligungen gewerbesteuerlich in voller Höhe zu entlasten.

Über den Einspruch hat das FA noch nicht abschließend entschieden. Im Einspruchsverfahren führte das FA aus, Ausgangsbetrag für die Ermittlung des Gewerbeertrages bei Körperschaften sei der nach den Vorschriften des KStG ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei der Regelung des § 8b KStG handle es sich um eine Einkommensermittlungsvorschrift und diese sei daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen. Daher seien im Ausgangsbetrag der Klägerin die Bezüge der Beteiligungs-GmbH nicht mehr enthalten. Die Gewinnanteile könnten nicht mehr nach § 9 Nr. 2a S 1 gekürzt werden.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2005 reichte die Klägerin Klage ein und stellte einen Antrag auf AdV bei Gericht.

Das FA verweist in seiner am 17. Januar 2006 eingegangenen Stellungnahme darauf, dass die Voraussetzungen einer Sprungklage (§ 45 Finanzgerichtsordnung - FGO -) bzw. einer Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) nicht vorlägen.

Dazu hat die Klägerin nicht Stellung genommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheides vom 14. Juli 2005 den Gewerbesteuermessbetrag so festzusetzen, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb keine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG erfolgt.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).

Zum 1. Januar 2006 ist durch einen Organisationsakt des Freistaates Bayern (vgl. ZustVO vom 1. Dezember 2005, BStBl I 2006, 167) ein gesetzlicher Beklagtenwechsel eingetreten.

Gründe

II.

Die Klage ist zulässig, und begründet.

1) Die Klage ist zulässig.

Abweichend von § 44 FGO ist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO die Klage ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wurde. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO kann die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Im Streitfall ist die Klage zwar vor Ablauf der genannten Sechsmonatsfrist erhoben worden. Diese Frist ist jedoch zwischenzeitlich verstrichen. Damit ist die Klage "in die Zulässigkeit hineingewachsen" (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.09.1990 - VI R 98/89, 100/89, BFH/NV 1991, 18; BStBl II 1991, 363). Ein zureichender Grund für das zögerliche Verhalten des FA war nicht vorhanden.

2) Die Klage ist auch begründet.

a) Gewerbeertrag ist nach § 7 Abs. 1 GewStG der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge.

Zu diesen Gewinnermittlungsvorschriften gehören auch die Vorschriften des § 8b KStG. Dies bedeutet, Ausgangspunkt für die gewerbesteuerliche Beurteilung ist der unter Einbeziehung von § 8b KStG ermittelte Gesamtbetrag der Einkünfte, der den Gewinn aus Gewerbebetrieb darstellt. Bei diesem Gesamtbetrag der Einkünfte wurde zutreffend die Dividende als inländischer Bezug i.S.v. § 8b Abs. 1 KStG, vermindert um den pauschalierten Betriebsausgaben-Abzug nach § 8b Abs. 5 KStG, mindernd berücksichtigt. Den Gesamtbetrag der Einkünfte hat das FA - entsprechend der Körperschaftsteuererklärung - zutreffend in Höhe von 27.665 EUR ermittelt.

b) Die von der Beteiligungs-GmbH ausgeschüttete Dividende in Höhe von 650.000 EUR wurde zu Recht dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht nach § 8 GewStG hinzugerechnet. Da eine Schachtelbeteiligung i.S. von § 9 Nr. 2a GewStG vorliegt, sind die Voraussetzungen der Nr. 5 in § 8 GewStG nicht gegeben.

c) Nach § 9 Nr. 2a GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zu kürzen um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind.

Zwischen den Beteiligten unstreitig liegt eine Schachtelbeteiligung vor. Dies hat zur Folge, dass bei der Klägerin entsprechende Gewinnanteile (Dividenden) zu kürzen sind, wenn solche in der Gewinnermittlung nach den Vorschriften des KStG berücksichtigt wurden.

Vorliegend wurden Gewinnanteile bei der Körperschaftsteuer insoweit berücksichtigt, als das pauschalierte Betriebsausgaben-Abzugsverbot bei steuerfreien Dividenden (§ 8b Abs. 5 KStG) anzuwenden war. Es handelt sich dabei für Zwecke der Körperschaftsteuer um eine Einkommensermittlungsvorschrift.

Dies führt dazu, dass die - für die Gewerbesteuer - grundsätzlich im Gewinn nicht zu berücksichtigende Dividende in Höhe von 5 vom Hundert doch gewinnwirksam wird. Auch wenn rechtstechnisch ein nichtabzugsfähiger Ausgabenbetrag fingiert wird, handelt es sich tatsächlich um einen Teil der Dividenden, die gewerbesteuerlich außer Ansatz bleiben sollen (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 9 Nr. 2a Anm. 5). Damit ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb insoweit zu kürzen, als darin der pauschalierte Betriebsausgaben-Abzugsbetrag in Höhe von 32.500 DM enthalten ist.

Nachdem aus dem Jahresabschluss deutlich wird, dass in unmittelbarem Zusammenhang mit der nicht zu berücksichtigenden Dividende keine Betriebsausgaben angefallen sind, braucht nicht weiter geprüft zu werden, ob und ggf. in welcher Höhe der Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 2a GewStG zu vermindern ist.

d) Das FA legte im Gewerbesteuermessbescheid vom 14. Juli 2005 einen abgerundeten Gewerbeertrag von 25.000 der Berechnung des Steuermessbetrages zugrunde. Berücksichtigt man die Kürzung nach § 9 Nr. 2a KStG ergibt sich ein Gewerbesteuermessbetrag von 0 EUR.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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