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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 6 K1367/05
Rechtsgebiete: StraBEG


Vorschriften:

StraBEG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 1
StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 2
StraBEG § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
StraBEG § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
StraBEG § 10 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht München

6 K1367/05

Erklärung vom 23.12.2004 nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz

In der Streitsache

hat der 6. Senat des Finanzgerichts

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die nach der Strafbefreiungserklärung der Klägerin vom 23.12.2004 zu entrichtende Abgabe wird auf 31.508,92 EUR herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Einnahmen, die die Klägerin in der strafbefreienden Erklärung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) angegeben hat, in voller Höhe ( § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StraBEG) oder nur zu 70 v.H. (60 v.H. nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 zuzüglich 10% nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StraBEG) als Einnahmen gelten.

Die Klägerin hat in ihrer Erklärung vom 23.12.2004 nicht besteuerte Einnahmen i.H.v. 180.051,02 EUR angegeben und eine zu entrichtende Abgabe von 45.012,76 EUR berechnet (25 v.H. 180.051,02 EUR). Gemäß ihrer Erklärung ergaben sich die Einnahmen aus einer in der Bilanz zum 31.12.1996 fehlerhaft ausgewiesenen Verbindlichkeit (H-bank Nr. 4700141719), die im Jahr 1996 gewinnwirksam hätte aufgelöst werden müssen.

Mit Schreiben vom 4.1.2005 legte die Klägerin gegen die Steuerfestsetzung der Strafbefreiungserklärung Einspruch ein. Zur Begründung ihres Einspruchs führte sie aus, die Auflösung des falschen Bilanzansatzes führe zu einem außerordentlichen Ertrag und dieser sei bei der Berechnung der Abgabe gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StraBEG nicht in voller Höhe anzusetzen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 8.3.2005 wies der Beklagte (Finanzamt-FA) den Einspruch als unbegründet zurück. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage und führt ergänzend aus, dass im Jahr 1996 erkennbar gewesen sei, dass die streitige Verbindlichkeit nicht mehr auszugleichen sei. Eine Auflösung dieser Verbindlichkeit, die zu einer Betriebsvermögensmehrung geführt hätte, sei jedoch nicht erfolgt. Damit sei diese Betriebsvermögensmehrung zu Unrecht bei der Steuerfestsetzung 1996 nicht berücksichtigt worden.

Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 8.4. und 4.5.2005 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die nach dem StraBEG zu entrichtende Abgabe auf 31.508,92 EUR herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung vom 8.3.2005. Sinngemäß macht das FA geltend, die unterbliebene Auflösung der Bankverbindlichkeit sei eine "Ausgabe" im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 StraBEG. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des FA vom 21.4.2005 Bezug genommen.

Ferner wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

II.

Die Klage ist begründet.

Die gemäß § 10 Abs. 2 StraBEG einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt gleichstehende strafbefreiende Erklärung der Klägerin vom 23.12.2004 ist zu ändern und eine Abgabe i.H.v. 31.508,92 EUR festzusetzen.

1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StraBEG sind die auf Grund von unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen zu erklären und 25 v.H. der Summe der erklärten Beträge zu entrichten.

a) Wurde Einkommen- oder Körperschaftsteuer verkürzt, gelten als Einnahmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG 60 v.H. der steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen, soweit sie auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht bei der Festsetzung der Einkommensteuer der Veranlagungszeiträume 1993-2002 nicht berücksichtigt wurden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG).

Ferner gelten als Einnahmen alle Ausgaben in voller Höhe, soweit sie auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht bei der Festsetzung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Veranlagungszeiträume 1993 bis 2002 berücksichtigt wurden.

Ausgaben im Sinne dieser Vorschrift sind Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten, Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen ( § 1 Abs. 2 Nr. 2 StraBEG). Nach der Gesetzesbegründung soll der Begriff der Ausgaben insoweit im Gesetz abschließend definiert sein (vgl. BT-Drucksache 15/1521, S. 11).

b) Soweit auch Gewerbesteuern verkürzt wurden, gelten als Einnahmen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG 10 v.H. der gewerbesteuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen, soweit sie auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht bei der Festsetzung der Gewerbesteuer der Erhebungszeiträume 1993 bis 2002 nicht berücksichtigt wurden ( § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StraBEG). Dagegen werden Ausgaben, soweit sie auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht bei der Festsetzung der Gewerbesteuer berücksichtigt wurden, in voller Höhe berücksichtigt ( § 1 Abs. 3 Nr. 2 StraBEG). Werden Ausgaben bereits nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Stra- BEG wegen einer Verkürzung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer in voller Höhe berücksichtigt, erfolgt kein doppelter Ansatz ( § 1 Abs. 3 Satz 2 StraBEG).

2. Davon ausgehend liegt im Streitfall eine nachträglich erklärte Betriebsvermögensmehrung i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StraBEG vor.

Unstreitig war die Verbindlichkeit gegenüber der Bank im Jahre 1996 auszubuchen, da mit einer Inanspruchnahme nicht mehr zu rechnen war. Bei zutreffender Ausbuchung der Verbindlichkeit im Jahr 1996 hätte sich ein entsprechend höheres Betriebsvermögen im Vergleich zum Betriebsvermögen zum 31.12.1995 ergeben. Die Ausbuchung der Verbindlichkeit hätte zu einem außerordentlichen Ertrag geführt, der den Gewinn und damit das Kapital erhöht und im Ergebnis zu einer Betriebsvermögensmehrung geführt hätte. Durch die Bewertung der streitigen Verbindlichkeit zum Nennwert in Höhe von 180.051,02 EUR in der Bilanz zum 31.12.1996 - statt der Ausbuchung - wurde eine Betriebsvermögensmehrung wegen unrichtiger Angaben zu Unrecht bei der Steuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums 1996 nicht berücksichtigt.

Eine Ausgabe im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 StraBEG liegt nicht vor. Die Passivierung der streitgegenständlichen Verbindlichkeit hat im streitigen Zeitraum zu keinen erfolgswirksamen Buchungen - mit der Folge der Betriebsvermögensminderung - geführt. Nach den vorgelegten Bilanzen war die streitige Verbindlichkeit bereits in der Bilanz 1992 passiviert.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bankverbindlichkeit ursprünglich gewinnmindernd verbucht wurde.

Die gesetzliche Definition des Begriffs der Ausgabe in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 StraBEG lässt eine andere Auslegung nicht zu. Der Gesetzeswortlaut ist für die Problematik des Streitfalls klar und eindeutig. Da der Gesetzgeber für die Steuerpflichtigen mit einer abschließenden Definition die notwendige Rechtssicherheit bei der Gesetzesanwendung sicherstellen wollte, kommt eine den Wortlaut erweiternde Gesetzesinterpretation nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.



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