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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 30.03.2009
Aktenzeichen: 7 K 3826/05
Rechtsgebiete: EStG, EStDV 2000


Vorschriften:

EStG § 1 Abs. 4
EStG § 49 Abs. 1
EStG § 50a Abs. 4
EStG § 50a Abs. 5
EStDV 2000 § 73g
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

[.....]

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 30. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Haftungsbescheid über im Steuerabzug zu erhebende Einkommensteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG für 1997 bis 2001 vom 5. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 wird dahin geändert, dass die Haftungsbeträge für Steuer um 80.780,03 EUR in 1997, 84.299,25 EUR in 1998, 75.611,89 EUR in 1999, 76.181,47 EUR in 2000 und 23.466,25 EUR in 2001 und für Solidaritätszuschlag um 6.058,50 EUR in 1997, 4.636,46 EUR in 1998, 4.158,65 EUR in 1999, 4.189,98 EUR in 2000 und 1.290,64 EUR in 2001 herabgesetzt werden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der M GmbH (M-GMBH). Streitig ist, ob die M-GMBH zutreffend für Steuerabzugsbeträge gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Haftung genommen wurde.

Die M-GMBH wurde am 24. Februar 1997 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Vermarktung, Vermittlung und Förderung von Musik- und Unterhaltungsgruppen, insbesondere der Gruppe "G", der Erwerb und die Vermietung von Musikanlagen aller Art, der Verkauf von Tonträgern, Fanartikeln und Fanzeitungen im In- und Ausland, die Produktion von Ton und Bild und die Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen aller Art. Das Stammkapital betrug 50.000 DM und wurde zu jeweils 50% von den Musikern X und Y gehalten. X und Y wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der M-GMBH bestellt. Beide sind weiterhin Mitglieder der Volksmusikgruppe " G", die in den Streitjahren aus ... in Österreich ansässigen Musikern bestand. Die Gruppe bestreitet circa 80 bis 85% ihrer Auftritte in Deutschland.

Bis einschließlich 1996 wurden die Verträge für die inländischen Konzerte der Gruppe " G" unmittelbar zwischen den Mitgliedern der Gruppe und den jeweiligen örtlichen Veranstaltern der Konzerte abgeschlossen. Die Honorare für die inländischen Konzerte wurden dabei von den inländischen Veranstaltern dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterworfen.

Nach Gründung der M-GMBH wurden die Verträge mit den inländischen Veranstaltern der Konzerte der Gruppe "G" von der M-GMBH, vertreten durch die T- GmbH geschlossen. Die T-GMBH fungierte dabei als Musikagentin im Namen und für Rechnung der M-GMBH und erhielt für ihre Leistungen von der M-GMBH Provisionen. Den Vertragsabschlüssen lagen gleich lautende standardisierte Vertragstexte zu Grunde (sog. Künstler-Engagement- Vertrag). Hinsichtlich des Inhalts der Verträge wird beispielhaft auf den dem beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) vorgelegten Vertrag zwischen der M-GMBH und dem .... vom ...Bezug genommen. Die Verträge verweisen jeweils auf die Bühnenanweisung als wesentlichen Bestandteil der Vereinbarung. Auf den Inhalt der Bühnenanweisung 2001 wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen. Die für die Live-Auftritte der Gruppe "G" vereinbarten Honorare wurden nach Rechnungsstellung durch die T-GMBH von den inländischen Veranstaltern an die M-GMBH ohne Steuerabzug nach § 50a EStG gezahlt.

Die M-GMBH schloss zur Durchführung der inländischen Konzerte folgende Verträge ab:

Mit den Mitgliedern der Gruppe "G" wurden - für jeden Musiker einzeln - sog. Werkverträge abgeschlossen. Darin erklärten sich die jeweiligen Musiker bereit, der M-GMBH für Musikdarbietungen und sonstige, den Geschäftszweig des Unternehmens umfassenden Tätigkeiten, im Einzelfall zur Verfügung zu stehen. Des weiteren verpflichteten sie sich, für die Dauer des Vertrags alle Tourneen, Einzelauftritte, Promotionen und Werbetermine im Bereich des Unternehmens der M-GMBH (Deutschland) wahrzunehmen. Als Entgelt für Musikauftritte und sonstige Aktivitäten wurde ein Honorar in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des auf die Künstler entfallenden Nettogagenanteils vereinbart. Auf den Werkvertrag zwischen der M-GMBH und X vom ... wird Bezug genommen.

Mit der Firma "K-GmbH" schloss die M-GMBH am 10. März 1997 die Vereinbarung, dass sich die K-GMBH im Besitz sämtlicher Musikanlagen und Transportfahrzeuge befinde und sie diese der M-GMBH für die Durchführung von Musikveranstaltungen jeder Art, bei welchen der Einsatz dieser Betriebsmittel erforderlich sei, gegen ein Entgelt von 5.500 DM, ab 2000 3.070 EUR pro Auftritt zur Verfügung stelle.

Die K-GMBH hat ihren Sitz in Österreich. Gesellschafter sind die Ehefrauen von X und Y. Sie war in den Streitjahren Eigentümerin des Bühnenequipments und der für den Transport erforderlichen Fahrzeuge. Die K-GMBH stellte der M-GMBH die im Zusammenhang mit den Auftritten benötigte Technik, nämlich Licht und Ton (sog. Bühnenequipment) in Rechnung.

Das Personal für Aufbau, Bedienung der Technik und Hilfspersonal wurde von der M-GMBH engagiert und bezahlt.

Die Musiker erhielten von der M-GMBH als Auftrittsgage insgesamt zwischen 35 - 43,5% der Gesamteinnahmen aus den Konzerten. Von diesen Zahlungen behielt die M-GMBH Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ein und führte sie an das Finanzamt ab.

Hierzu gab die M-GMBH vierteljährliche Steueranmeldungen ab. Die den Anmeldungen beigefügten Gutschriften enthielten den Hinweis "Überweisungsbetrag an die einzelnen Konto der Musiker". Von den Zahlungen an die K-GMBH für die Zurverfügungstellung des Bühnenequipments wurde kein Steuerabzug vorgenommen. Auch die Zahlungen an das in Österreich ansässige technische Personal erfolgten ohne Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG.

Nach einer bei der M-GMBH durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Auftritte der Gruppe "G" als Einheit zu sehen seien, da nach § 16 der jeweiligen Engagement-Verträge das gesamte Bühnenequipment komplett von den Künstlern gestellt werde und nur nach deren Bühnenanweisungen einzurichten sei. Das Finanzamt sah aus diesem Grund die Splittung der Auftrittshonorare als missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) an. Es ging davon aus, dass die gesamten von der M-GMBH bezogenen Honorare für die inländischen Auftritte der Gruppe "G" dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG zu unterwerfen seien und erließ gegen der MGMBH am 5. März 2002 einen Haftungsbescheid über Steuerabzugsbeträge gemäß § 50a EStG, in dem sie für aus diesem Grunde nachzuerhebende Steuerabzugsbeträge in Höhe von insgesamt ... EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag für 1997 bis 2001 in Haftung genommen wurde.

Dagegen erhob die M-GMBH Einspruch und führte aus, dass ein Gestaltungsmissbrauch nicht vorliege, denn die Gründung der deutschen GmbH sei aus betrieblichen Gründen erforderlich gewesen. Da die musikalischen Aktivitäten der "G" zum überwiegenden Teil in Deutschland stattfänden, sei es zweckmäßig gewesen, die Produktion auf eine Unterhaltungs- GmbH auszugliedern. Zum einen sollte damit das Problem gelöst werden, dass in der Vergangenheit die inländischen Veranstalter die Abzugssteuer nach § 50a EStG oftmals nicht ordnungsgemäß abgeführt hätten. Zum anderen sei es in der Vergangenheit häufig vorgekommen, dass Musiker bei den "G" ausgeschieden und durch neue Musiker ersetzt worden seien. Den damit verbundenen Haftungsrisiken habe man mit dem Aufbau einer professionellen rechtlichen Struktur begegnen wollen. Da die Entgelte für die Zurverfügungstellung des technischen Equipments auf der Grundlage besonderer Verträge an Dritte gezahlt worden seien, seien diese nicht Teil der künstlerischen Gesamtleistung und damit nicht dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG zu unterwerfen.

Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 nunmehr nicht mehr die gesamten von der M-GMBH vereinnahmten Auftrittshonorare der Berechnung der Haftungsbeträge zugrunde legte, sondern nur die an die K-GMBH und die ausländischen Bühnentechniker gezahlten Vergütungen. Demgemäß setzte es die Haftungsbeträge auf ... EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag herab. Ferner ging das Finanzamt in der Begründung der Einspruchsentscheidung nunmehr davon aus, dass sich die Verpflichtung der M-GMBH zum Steuerabzug aus den an die K-GMBH und die ausländischen Bühnentechniker gezahlten Vergütungen direkt aus § 49 Abs. 1 Nr. 2d und § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ergebe und § 42 AO nicht mehr herangezogen werden müsse.

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt vor, Zweck der Gründung der M-GMBH sei keineswegs ein steuerrechtliches Umgehungsmanöver gewesen. Vielmehr habe es vernünftige wirtschaftliche und organisatorische Gründe dafür gegeben. Da die deutschen Veranstalter in der Vergangenheit den Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG mehrfach nicht korrekt angemeldet und abgeführt hätten, sollte nunmehr gegenüber den jeweiligen deutschen Konzertveranstaltern allein ein inländischer Vertragspartner fungieren. Ein weiteres mit der Neustrukturierung der Konzertorganisation verfolgtes Ziel sei gewesen, die Bereitstellung der für Konzerte benötigten Licht- und Tontechnik auf ein spezialisiertes Unternehmen zu übertragen, da die Musiker mit einer derart komplexen Aufgabe überfordert gewesen seien. Dies sei in der Veranstaltungsbranche absolut üblich. Die Behauptung des Finanzamts, dass die Musiker die maßgeblichen Details der technischen Nebenleistungen vorgeben würden, sei nachweislich unrichtig. Diese Details würden vielmehr ausschließlich von der M-GMBH vorgegeben, weil sich die Musiker nicht mit den technischen, sondern ausschließlich mit den künstlerischen Fragen befassten. Dies lasse sich auch nicht aus der technischen Bühnenanweisung herauslesen.

Unabhängig vom sonstigen Ausgang des Rechtsstreits dürften die Honorare der Techniker vor Ort nicht mit in die Bemessungsgrundlage der Ausländersteuer einbezogen werden, denn die K-GMBH liefere nur die Technik und nicht das dazugehörende Bedienungspersonal.

Dieses werde von der M-GMBH selbst engagiert.

Für die technischen Nebenleistungen habe die M-GMBH lediglich eine marktgerechte Vergütung gezahlt. Durch die Leistungen der K-GMBH seien nicht Leistungen gegenüber den Musikern erbracht bzw. seien diese nicht von einer eigenen Verpflichtung befreit worden. Vielmehr seien Dienstleistungen gegenüber der M-GMBH erbracht worden. Dass die K-GMBH nicht zu Zwecken der Steuerumgehung eingeschaltet, sondern zu marktüblichen Konditionen tätig gewesen sei, werde auch dadurch belegt, dass diese bei Konzerten der G außerhalb Deutschlands während der Streitjahre ebenfalls die technischen Nebenleistungen erbracht hätte, und zwar - anders als bei den Konzerten in Deutschland - unmittelbar gegenüber den ausländischen Veranstaltern ohne Zwischenschaltung der M-GMBH. Die wirtschaftlichen Konditionen der Verträge seien für Konzerte in Deutschland dieselben gewesen als für Konzerte in anderen Ländern. Auch der Umstand, dass ab 2003 das Bühnenequipment nicht mehr von der K-GMBH geleast werde, sondern zu im wesentlichen gleichen Konditionen von einer deutschen GmbH, an der völlig fremde Personen beteiligt seien, zeige die Marktüblichkeit der Vertragsgestaltung in den Streitjahren.

Auch die nunmehrige Auffassung des Finanzamts, dass sich die Abzugsteuerpflicht hinsichtlich der technischen Nebenleistungen direkt aus § 49 Abs. 1 Nr. 2d und § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ergebe, sei falsch. Eine Grenzziehung zwischen Kosten, die im Zusammenhang mit den künstlerischen Leistungen stünden und solchen, bei denen ein solcher Zusammenhang nicht bestehe, sei nicht durchführbar. Tatsächlich seien die Licht- und Tonanlage sowie die Transportfahrzeuge Standardmaterial und nicht in irgendeiner Weise besonders auf die G und deren künstlerisches Programm zugeschnitten gewesen.

Die Einbeziehung der Nebenkosten in die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer bedeute auch eine faktische Versagung des Betriebskostenabzugs, denn die Nebenkosten für Licht und Ton seien selbst dann, wenn sie vom Künstler gestellt würden, Betriebskosten der Künstler. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe im Urteil vom 12. Juni 2003 C-234/01 (Rechtsstreit Gerritse) festgestellt, dass auch bei der Abzugsteuer ein Betriebskostenabzug möglich sein müsse. Selbst wenn die Licht- und Tontechnik nicht von einem unabhängigen Dritten, sondern von der M-GMBH selbst oder einem dieser steuerrechtlich zuzurechnenden abhängigen Dritten bezogen worden wäre, wären die darauf entfallenden Kosten herauszurechnen.

Auf das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2008 Az. 2 K 216/07 werde verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Haftungsbescheid über im Steuerabzug zu erhebende Einkommensteuer gemäß § 50a Abs. 4 EStG für 1997 bis 2001 vom 5. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 dahin zu ändern, dass die Honorare für Nebenleistungen in Höhe von ... DM (1997), ... DM (1998), ... DM (1999), ... DM (2000) und ... DM (2001) nicht mehr in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Steuerabzugsbeträge einbezogen werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der in der Einspruchsentscheidung dargestellte Sachverhalt werde zwar insoweit korrigiert, als die Musikgruppe G nicht aus ..., sondern aus ... Mitgliedern bestehe, die Musiker nicht in Form einer Personengesellschaft organisiert seien, sondern jeweils einzelne Werkverträge zwischen der M-GMBH und den Künstlern abgeschlossen und die Entgelte für das Bedienungspersonal ausschließlich durch die M-GMBH und nicht teilweise über die K-GMBH ausbezahlt worden seien. Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung ergäben sich dadurch jedoch nicht. Nebenleistungen auf der Grundlage besonderer Verträge mit Dritten im Sinne von R 227 b Satz 3 Einkommensteuer- Richtlinien 2001 ( EStR) und des BMF-Schreibens vom 23. Januar 1996 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1996 I 89) seien nur dann gesondert zu beurteilen, wenn es sich nicht wirtschaftlich gesehen um "Teile einer von dem beschränkt Steuerpflichtigen erbrachten Gesamtleistung" handele, für die letztlich eine "Gesamtvergütung" gezahlt werde. Im Streitfall sei der sachliche und zeitliche Zusammenhang der von der K-GMBH erbrachten Leistungen - anders als etwa im Fall des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Mai 2001 I R 64/99, (BStBl II 2003, 641) - mit den künstlerischen Darbietungen so eng, dass die zivilrechtlich mögliche Zerlegung der zu erbringenden Gesamtdarbietungsverpflichtung in mehrere vertragliche Vereinbarungen steuerrechtlich nicht beachtet werden könne, da der Auftritt der Künstler ohne die speziell auf sie und ihre künstlerische Vorstellungen zugeschnittenen Nebenleistungen nicht denkbar sei. Auch die jeweiligen Veranstalter hätten den Auftritt als einheitliche Leistung gewollt und nicht den Auftritt der Künstler sowie die Licht - und Tontechnik getrennt vereinbaren und erhalten wollen. Dagegen stellten die weiteren, von der M-GMBH erbrachten Leistungen wie Veranstaltungsort, Sicherheitskräfte usw. keinen Teil der künstlerischen Gesamtleistung dar, sondern bildeten lediglich den äußeren Rahmen, in dem das jeweilige Konzert stattfinden könne. Sie gehörten deshalb auch nicht zu den von den Künstlern erbrachten Leistungen. Dafür, dass nur eine einheitliche Gesamtdarbietungsverpflichtung der Künstler gegenüber der M-GMBH vorliege, spreche auch, dass bis 1997 die gesamte Darbietung von der Musikgruppe G unmittelbar gegenüber den deutschen Veranstaltern erbracht und erst danach die M-GMBH mit den beiden Musikern X und Y zwischengeschaltet und die technische Unterstützung (Licht und Ton) auf die K-GMBH mit dem Ehefrauen der genannten Musiker ausgelagert worden sei. Bereits daraus lasse sich ein Zusammenhang und eine enge Einflussmöglichkeit der beiden Musiker auf den Ablauf der Auftritte im Inland als künstlerische Gesamtleistung ableiten.

Auf die Anfrage des Berichterstatters vom 26. September 2008 nahm der Kläger mit Schreiben vom 6. Oktober 2008 wie folgt Stellung:

Der organisatorische Ablauf einer Konzertveranstaltung sei in der Weise erfolgt, dass zuerst von dem Künstleragenten Herrn A von der T-GMBH mit dem Veranstalter ein Auftrittvertrag im Namen der M-GMBH mit Ort und Zeit sowie Honorar des Auftritts fixiert worden sei. Den Musikern, dem übrigen Personal und der K-GMBH sei dann dieser Termin von der Geschäftsleitung der M-GMBH bekannt gegeben worden. Der Kartenvorverkauf sei vom Veranstalter durchgeführt worden. Die Künstler und das technische Hilfspersonal, soweit es nicht vor Ort engagiert worden sei, seien angereist. Vor dem Auftritt sei vom Hilfspersonal die Bühne und die Licht- und Tonanlage aufgebaut worden. Hierbei hätten die Geschäftsführung der M-GMBH, der Agent Herr A, der technische Leiter Herr B sowie der örtliche Veranstalter arbeitsteilig zusammengearbeitet. Mit dem Aufbau der Technik seien die Künstler nicht befasst gewesen. Nach dem Aufbau hätten die Musiker ihr Repertoire im Rahmen des Konzerts vorgetragen. Das Programm der "G" sei ein reines Volksmusikkonzert ohne besondere Bühnenshow. Es handele sich also lediglich um eine Abfolge von live gespielten Musikstücken ohne weiteres Bühnengeschehen. Es existiere somit kein Tourneekonzept bzw. kein ausgearbeitetes Programm und somit auch kein Leiter des Programms. Die Techniker erhielten ihre Anweisungen vom technischen Leiter B. Dieser sei selbstständiger Unternehmer, habe einen mündlich abgeschlossenen Vertrag mit der M-GMBH und bei den Konzerten die technische Oberaufsicht.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Herrn A, Herrn B, Herrn X und Herrn Y als Zeugen vernommen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 30. März 2009, die Anfragen des Berichterstatters vom 26. September 2008, die Aufklärungsanordnung vom 15. Dezember 2008, die Stellungnahmen des Klägers vom 6. Oktober 2008 und vom 15. Januar 2009, die Akten und die übrigen von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

1. Der Senat geht davon aus, dass der angefochtene Haftungsbescheid nicht wegen fehlender Bestimmtheit ( § 119 AO) nichtig ist. Zwar gibt er nicht an, für welche Vergütungsgläubiger (Steuerschuldner) die Abzugssteuer eingefordert wird. Auch aus dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 5. Februar 2002, der dem Haftungsbescheid zu Grunde liegt, geht dies nicht hiervor. Dieser führt lediglich aus, dass die von der M-GMBH gezahlten Produktionskosten zu den Einkünften der Musikergruppe "G" gehören. Ob die Musikgruppe selbst der Steuerschuldner ist oder ob dies die nicht genannten Mitglieder der Musikgruppe sind, bleibt offen. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 3.12.1996 I B 44/96, BStBl II 1997, 306) ist die fehlende Angabe des Steuerschuldners aber kein schwerer Fehler i.S. des § 125 Abs. 1 AO, solange die Haftungsschuld in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in anderer Weise ausreichend konkretisiert werden kann. Im Streitfall sind für die M-GMBH als Vergütungsschuldnerin die Steuerschuldner (Vergütungsgläubiger) ohne weiteres erkennbar, da ihr die Mitglieder der Musikgruppe, an die sie - wie sich aus den mit den Steueranmeldungen abgegebenen Abrechnungen (Gutschriften) ergibt - die Honorare für die Auftritte in Deutschland einzeln überwiesen hat, bestens bekannt waren. Da sie die einzelnen Werkverträge mit den Musikern geschlossen hat, wusste sie auch, dass Vergütungsgläubiger nicht die Gruppe als solche (als Gesellschaft bürgerlichen Rechts) war, sondern die einzelnen Musiker.

2. Zu Unrecht hat das Finanzamt jedoch die an die K-GMBH geleisteten Zahlungen der MGMBH für die technischen Nebenleistungen sowie die Zahlungen an das ausländische technische Personal in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG einbezogen.

2.1 Nach § 50a Abs. 4 EStG wird bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer in bestimmten Fällen im Wege des Steuerabzugs erhoben. In diesen Fällen muss der Schuldner der Vergütungen den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers vornehmen und die einbehaltene Steuer an das zuständige Finanzamt abführen ( § 50a Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG). Der Vergütungsschuldner haftet für die einzubehaltende und abzuführende Steuer ( § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG); soweit er seine Verpflichtungen nicht erfüllt, kann das Finanzamt die Steuer bei ihm durch Haftungsbescheid anfordern ( § 73g EStDV -Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Die Einbehaltungs- und Abführungspflicht des Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 4 EStG knüpft daran an, dass der beschränkt steuerpflichtige Vergütungsgläubiger der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte ( § 1 Abs. 4 EStG) erzielt. Sie setzt mithin voraus, dass die vom Vergütungsschuldner geleisteten Zahlungen aus der Sicht des Vergütungsgläubigers dem Einkünftekatalog des § 49 EStG unterfallen. Ist das nicht der Fall, so scheidet mangels einer abzuführenden Steuer eine Haftung des Vergütungsgläubigers nach § 50a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73g EStDV aus.

Unter den Tatbestand des § 50a Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG fallen Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen.

2.2 Unstreitig fallen die von den Mitgliedern der Gruppe "G" erbrachten Leistungen, die auf der Grundlage der zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern und der M-GMBH abgeschlossenen Werkverträge erbracht worden sind, unter den Tatbestand der künstlerischen Darbietungen. Für die hierfür den Gruppenmitgliedern ausbezahlten Honorare hat die MGMBH auch zutreffend den Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG durchgeführt. Die Entgelte für die von der K-GMBH gegenüber der M-GMBH erbrachten Leistungen, die die Zurverfügungstellung der für die Konzerte erforderlichen technischen Betriebsmitteln, insbesondere Licht und Ton, betrafen, würden dem Steuerabzug nach § 50 Abs. 4 Nr. 1 EStG nur unterliegen, wenn es sich hierbei entweder um eine einer künstlerischen Darbietung ähnliche Darbietung oder um eine mit der künstlerischen Leistung zusammenhängende Leistung im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG handeln würde. Gleiches gilt für die an die ausländischen Bühnentechniker ausbezahlten Vergütungen.

a) Eine der künstlerischen Darbietung ähnliche Darbietung liegt nur vor, wenn sie Ausdruck einer eigenschöpferischen Leistung wäre und dem Publikum als solche und prinzipiell unabhängig von der Darbietung der Musiker in eigenständig wahrnehmbarer Weise dargeboten worden wäre ( BFH-Urteil vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892). Die Leistung müsste zum Grenzbereich der ausdrücklich genannten künstlerischen Darbietung gehören, sich lediglich graduell von dieser unterscheiden und Schnittstellen zu dieser aufweisen, die der Darbietung als solcher ihrerseits einen gewissen eigenschöpferischen Charakter verleihen ( BFH Urteile vom 17. Oktober 2007 I R 81/06, I R 82/06, BFH/NV 2008, 356). Dies kann bei der hier vorliegenden Überlassung technischer Betriebsmittel ebenso ausgeschlossen werden wie bei der Tätigkeit der ausländischen Bühnentechniker (vgl. Hidien in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 49 Rdnr. E 414).

b) Voraussetzung für die Annahme von mit der künstlerischen Darbietung im Zusammenhang stehenden Leistungen ist neben dem unzweifelhaft bestehenden sachlichen Zusammenhang mit der Hauptleistung auch ein personeller Zusammenhang. Nach der Rechtsprechung des BFH muss einerseits die eigentliche steuerbegründende Hauptleistung und andererseits die darin einbezogene und mit dieser zusammenhängende Nebenleistung von einem und demselben Anbieter "aus einer Hand" erbracht werden. Nur so erklärt sich die gesetzliche Zuordnung dieser Nebenleistung zu den jeweiligen Haupttätigkeiten. Werden Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit einem Dritten abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden erbracht, fehlt der erforderliche tatsächliche konkrete und untrennbare Zusammenhang mit der Darbietung ( BFH-Urteile vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BStBl II 2003, 641; vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892). Dieser Auffassung hat sich das Finanzgericht Köln im Urteil vom 6. November 2008 15 K 4515/02, EFG 2009, 255 angeschlossen. Auch die Literatur folgt dieser Auslegung weitgehend (vgl. z.B. Maßbaum in Hermann/Heuer/Raupach, EStG § 49 Rz. 548; Gosch in Kirchhof, 7. Auflage, EStG § 49 Rz. 43; Hidien, a.a.O. E 411 ff.), ebenso auch die Verwaltung in R 59a.2 EStR 2008, die auf den BMF-Erlass vom 23. Januar 1996 IV B 4-S 2303-14/96 (BStBl I 1996, 89) verweisen (dort Ziff. 2.2.3.2).

aa) Der Senat folgt den als zutreffende Gesetzesauslegung erkannten Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH, dass die Einbeziehung einer Nebenleistung in den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG voraussetzt, dass der Hauptleistende zugleich Nebenleistender ist. Damit fehlt es am nötigen personellen Zusammenhang zwischen den künstlerischen Leistungen der Musiker und den technisch-logistischen Nebenleistungen der K-GMBH bzw. den vom technischen Hilfspersonal erbrachten personellen Nebenleistungen, denn diese Nebenleistungen sind nicht auf Grundlage der Verträge zwischen der M-GMBH und den Musikern erbracht worden. Wie sich aus den dem Senat vorliegenden Werkverträgen, die mit den einzelnen Musikern der Gruppe abgeschlossen wurden, ergibt, verpflichteten diese sich ausschließlich dazu, der M-GMBH für Musikdarbietungen und sonstige, den Geschäftszweig des Unternehmens umfassende Tätigkeiten im Einzelfall zur Verfügung zu stehen und alle Tourneen, Einzelauftritte, Promotion- und Werbetermine im Bereich des Unternehmens der M-GMBH (Deutschland) wahrzunehmen. Sie schuldeten somit ausschließlich, Musikdarbietungen zu erbringen sowie Promotion- und Werbetermine wahrzunehmen. Die gesamten technischen Dienstleistungen im Rahmen der Konzerte waren nicht Gegenstand der Werkverträge und wurden nicht von den Musikern erbracht. Vielmehr schloss die M-GMBH hierfür gesonderte Verträge, einerseits mit der K-GMBH und andererseits mit dem technischen Hilfspersonal. Die K-GMBH war im Rahmen der Konzerte in Deutschland auch nicht als Subunternehmer für die Künstler tätig, sondern erbrachte ihre Leistungen gegenüber der MGMBH aufgrund einer zwischen M-GMBH und K-GMBH bestehenden Vertragsbeziehung.

bb) Die technischen Dienstleistungen waren auch nicht so eng mit der musikalischen Darbietung verknüpft, dass sie - wie das Finanzamt meint - untrennbar mit dieser verbunden und aus diesem Grund zwingend den Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG zuzurechnen wären. Zwar sind die Musiker bei ihrer Darbietung auf die Bereitstellung der technischen Dienstleistungen angewiesen. Der Senat ist jedoch durch die Vernehmung der Zeugen über den technischen Ablauf der Konzerte zu der Überzeugung gelangt, dass diese Dienstleistungen in Bezug auf die musikalischen Darbietungen nur unterstützender Art und nicht speziell auf die Aufführungen der "G" zugeschnitten waren. Wie der Zeuge B, der die technische Oberaufsicht während der Tourneen in den Streitjahren hatte und als selbstständiger Tontechniker langjährige Erfahrungen in der Branche hatte, glaubhaft bezeugt hat, war die eingesetzte Technik internationaler Standard und hätte auch für andere Gruppen eingesetzt werden können. Der für die Musikagentur T-GmbH tätige Zeuge A hat bestätigt, dass er versucht hat, die Technik der K-GMBH an Dritte zu vermitteln, was in einigen Fällen auch gelang.

Umgekehrt haben die " G" bei ihren Konzerten auch gelegentlich von Dritten zur Verfügung gestellte anstelle der von der K-GMBH angemieteten Technik genutzt, z.B. im Rahmen von sog. "gemischten Tourneen", bei denen verschiedene Künstler aufgetreten sind. Auch das eingesetzte technische Personal war keine speziell auf die Gruppe " G" zugeschnittene Mannschaft. Vielmehr wurde dieses - wie die Zeugen A und B übereinstimmend bezeugten - jeweils für eine Tournee vom Zeugen B, der über die entsprechenden Kontakte in der Branche verfügte, zusammengestellt. Die Musiker nahmen auf die Zusammenstellung der Technikermannschaft keinen Einfluss.

Der Vortrag des Finanzamts, das die jeweiligen Veranstalter den Auftritt der "G" als einheitliche Leistung gewollt und nicht den Auftritt der Künstler sowie die Licht- und Tontechnik getrennt vereinbaren und erhalten wollten, mag zwar zutreffen. Diese Frage stellt sich im Streitfall jedoch nicht, da Vertragspartner der Veranstalter im Inland allein die M-GMBH war und diese von der M-GMBH diese einheitliche Leistung auch erhalten haben. Das Finanzamt verkennt, dass im Streitfall nicht darüber zu entscheiden ist, welche Leistungen die inländischen Veranstalter der Konzerte erhalten haben, sondern es ist allein über die von der MGMBH als inländische Produzentin der Konzerte bezogen Leistungen zu befinden. Daher geht auch der Einwand des Finanzamts, für die Auftritte der Gruppe sei letztlich eine Gesamtvergütung gezahlt worden, ins Leere, denn die M-GMBH hat unstreitig keine Gesamtvergütung bezahlt.

cc) Es kann offen bleiben, ob der Auffassung des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 6. November 2008 15 K 4515/02, EFG 2009, 255 zu folgen ist, wonach für die Frage, ob auf der Grundlage besonderer Verträge mit einem Dritten und damit den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 d EStG ausschließende Nebenleistungen vorliegen, nicht auf die "formalezivilrechtliche Gestaltung", sondern auf eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise" abzustellen sei. Bedenklich ist diese Auffassung deshalb, weil die wirtschaftliche Betrachtungsweise es zwar gebietet, für Zwecke der Besteuerung den wirtschaftlichen Inhalt einer vertraglichen Regelung zu erfassen, sie es aber nicht gestattet, die gewählte bürgerlich-richtige Form beiseite zu schieben, sofern diese eindeutig, ernstlich gewollt und tatsächlich durchgeführt wird ( BFH-Urteil vom 10. Juli 1974 I R 187/72, BStBl II 1974, 1380). Tatsächlich war es nicht ein Durchgriff durch die gewählte bürgerlich-rechtliche Form, der im vom Finanzgericht Köln entschiedenen Fall zur Feststellung führte, dass der notwendige personelle Zusammenhang zwischen den von der technischen Produzentin erbrachten technischen Nebenleistungen und der künstlerischen Darbietung gegeben war. Vielmehr stellte das Finanzgericht Köln aufgrund Würdigung aller Umstände fest, dass die technischen Produktionsleistungen für die Veranstaltung der Konzerte aus dem finanziellen, ideellen, personellen und organisatorischen Leistungsbereich der Künstlergesellschaft stammten und die von ihr vielfältig abhängige technische Produzentin ihre Verpflichtungen gegenüber den inländischen Veranstaltern nur aufgrund der Hilfestellung durch die Künstlergesellschaft erfüllen konnte. Letztlich wich die tatsächliche Handhabung seitens der Beteiligten von den Vertragsgestaltungen so stark ab, dass das Finanzgericht der tatsächlichen Sachbehandlung durch die Beteiligten den Vorrang einräumte.

Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die von der K-GMBH erbrachten Leistungen wirtschaftlich den Künstlern zuzurechnen seien, weil sie aus deren Leistungsbereich stammten.

Gegenstand der Vertragsbeziehungen zwischen der M-GMBH und der K-GMBH war lediglich die Überlassung der Musikanlagen (Bühnenequipment) und Transportfahrzeuge.

Diese Verpflichtungen konnte die K-GMBH ohne weiteres erfüllen und sie bedurfte dazu insbesondere nicht der Hilfestellung der Musiker. Wie die Klägerin durch Vorlage der Bilanz der K-GMBH zum 31.12.2000 sowie diverser Einkaufsrechnungen nachgewiesen hat, war die KGMBH Eigentümerin der technischen Anlagen und damit in der Lage, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Auf der anderen Seite - dies hat die Vernehmung der Zeugen X rund Y bestätigt - wären die Musiker gar nicht mehr in der Lage gewesen, der M-GMBH das Bühnenequipment zur Verfügung zu stellen, da diese darüber seit 1997 kein Verfügungsrecht mehr hatten. Eine wirtschaftliche Zurechnung dieser Leistungen auf die Künstler scheidet damit aus. Gleiches gilt für die Überlassung des technischen Personals. Es gibt auch nach der Vernehmung der Zeugen in der mündlichen Verhandlung keinen Hinweis darauf, dass das technische Personal bei den Künstlern unter Vertrag stand.

Wie die Vernehmung der Zeugen A und B ergeben hat, erfolgte die Anmietung der technischen Anlagen von der K-GMBH auch keineswegs nur zum Schein und wurde der Mietvertrag mit der K-GMBH auch tatsächlich durchgeführt. Nach Aussage des Zeugen A hat die Geschäftsführerin der K-GMBH, Frau D, sich persönlich um die Zurverfügungstellung der Technik gekümmert. Dies ist glaubhaft, da auch die anderen Zeugen das persönliche Engagement von Frau D bestätigt haben.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass das technische Personal in Bezug auf die Konzerte in Deutschland von der M-GMBH engagiert wurde. Der Zeuge B hat sicher und widerspruchsfrei bezeugt, dass er und das übrige technische Personal in Bezug auf ihre auftrittsbezogenen Honorarabrechnungen strikt zwischen den Konzerten in Deutschland und denen in Österreich und in den anderen Ländern unterschieden und hinsichtlich der Konzerte in Deutschland nur mit der M-GMBH abgerechnet haben. Dies hat auch der Zeuge X bestätigt.

Selbst wenn man die Aufspaltung der Tätigkeit des technischen Personals in Bezug auf ihre Auftraggeber, nämlich M-GMBH für Deutschland und K-GMBH für die übrigen Länder, nicht anerkennen wollte, sondern diese insgesamt der K-GMBH zurechnen würde, würde sich am Ergebnis nichts ändern, da das technische Personal der M-GMBH jedenfalls nicht seitens der Musiker zur Verfügung gestellt worden ist, sondern von einem Dritten. Unschädlich ist es dabei, dass der Zeuge B, wie er sagte, seine Weisungen ausschließlich vom Zeugen X erhalten hatte, da der Zeuge X - unbeschadet seiner Tätigkeit als Musiker - als Geschäftsführer der M-GMBH für die technische Durchführung der Konzerte verantwortlich war. Der Umstand, dass der Zeuge B von den übrigen Mitgliedern der Musikgruppe keine Anweisungen erhalten hat, bestätigt dies. Damit besteht kein Grund für die Annahme, es handele sich bei den vom technischen Personal erbrachten Leistungen um eine den Künstlern zuzurechnende Nebenleistung zur Musikdarbietung.

Unerheblich ist es, dass die in den Streitjahren von der K-GMBH erbrachten Leistungen in den Jahren bis 1997 Teile der von der Musikgruppe erbrachten Gesamtdarbietung dargestellt haben. Im Unterschied zu den Vorjahren wurden in den Streitjahren die Konzertveranstaltungen nicht mehr unmittelbar von den Musikern gegenüber den inländischen Veranstaltern erbracht. Vielmehr war es in den Streitjahren die M-GMBH, die sich als Konzertproduzentin gegenüber den inländischen Konzertveranstalten dazu verpflichtet hat, nach Maßgabe des jeweils abgeschlossenen Künstler-Engagement-Vertrags die Durchführung eines Konzerts der Gruppe "G" zu organisieren.

dd) Am vorgenannten Ergebnis ändert auch der Hinweis des Finanzamts auf Ausschnitte aus den Künstlerengagementverträgen nichts. Wenn der Vertrag insgesamt als Einheit gelesen wird, besteht kein Zweifel daran, dass Vertragspartner des inländischen Veranstalters nicht die Künstler als solche, sondern die M-GMBH war, da die Vertragsparteien im Eingangssatz des Vertrags eindeutig genannt sind. Ziffer 1 des Vertrags stellt dies noch einmal klar, indem darauf hingewiesen wird, dass T-GMBH exklusiv beauftragter Vertragspartner der M-GMBH, nachfolgend "Künstler", ist. Damit wird der Begriff "Künstler" im Vertragstext definiert, so dass, wenn im Vertragstext der Begriff "Künstler" verwendet wird, damit die MGMBH und nicht die Musiker selbst gemeint sind. Soweit daher das Finanzamt aus der Bestimmung in Ziff. 16 " das Bühnenequipment (Licht und Ton) wird komplett von den Künstlern gestellt. Einzelheiten siehe gesonderte Bühnenanweisung" ableitet, hierdurch sei belegt, dass das gesamte Bühnenequipment komplett von den Künstlern gestellt werde und nicht von einem Dritten, so liegt dies neben der Sache, denn Vertragspartner des inländischen Veranstalters ist ausschließlich die M-GMBH, die im Vertrag als" Künstler" bezeichnet wird.

Diese schuldete dem inländischen Veranstalter die künstlerische Gesamtdarbietung und hatte damit auch das Bühnenequipment zu stellen. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass die M-GMBH das Bühnenequipment von den Musikern bezogen hätte, denn von wem die M-GMBH als Konzertproduzentin die für die Durchführung des Konzerts erforderlichen Leistungen erhalten hat, ist für die Vertragsbeziehungen der M-GMBH zum inländischen Veranstalter nicht von Bedeutung. Auch die Bühnenanweisung, die Bestandteil des Vertrages war, ist für die hier zu entscheidende Frage ohne Bedeutung. Die Bühnenanweisung bestimmt nur die Anforderungen an die vom Veranstalter zu stellende Bühne vor Ort und hat nichts mit den von der K-GMBH erbrachten technischen Nebenleistungen zu tun.

c) Die ab 1997 erfolgte Zwischenschaltung der Klägerin bei den inländischen Konzerten der "G" ist auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO. Wie die Klägerin glaubhaft dargelegt hat, gab es wirtschaftliche Gründe dafür, dass die Gruppe "G" nicht mehr in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu den inländischen Veranstaltern trat, sondern diese Aufgabe auf die M-GMBH übertragen wurde. Es erscheint nachvollziehbar, dass es bei der Durchführung einer Vielzahl von Konzerten für inländische Veranstalter in den Jahren vor 1997, bei denen es sich überwiegend nicht um professionelle Konzertveranstalter gehandelt hat, zu Unregelmäßigkeiten im Rahmen des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 4 EStG gekommen ist und die damit verbundenen Probleme durch die Verlagerung der Konzertproduktion auf eine inländische Gesellschaft, die als Vertragspartner für die inländischen Veranstalter fungiert, vermieden werden sollten. Im Übrigen ist ein Gestaltungsmissbrauch regelmäßig nicht gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger - hier die Musiker der Musikgruppe - auf Dauer zwischen sich und einer Einkommensquelle eine inländische Kapitalgesellschaft - hier die M-GMBH - schalten und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen ziehen ( BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789). Diese Konsequenzen wurden im Streitfall auch tatsächlich gezogen, da - wie oben dargelegt - die M-GMBH die Verträge mit den inländischen Veranstaltern abgeschlossen hat, diesen gegenüber als Produktionsgesellschaft aufgetreten ist und die von ihr geschuldeten Leistungen auch tatsächlich erbracht hat.

Auch der Umstand, dass die Musikgruppe "G" die technischen Dienstleistungen auf die KGMBH ausgelagert und nicht mehr in eigener Verantwortung durchgeführt hat, kann nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Die technischen Anlagen befanden sich in der Zeit vor 1997 im Eigentum sämtlicher Gruppenmitglieder. Wie der Zeuge X glaubhaft versichert hat, hat dies aufgrund des häufigen Wechsels in der personellen Besetzung der Musikgruppe in der Anfangszeit zu Problemen mit den austretenden Musikern geführt. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar, da bei gemeinschaftlichem Eigentum der Mitglieder der Musikgruppe an den technischen Anlagen bei jedem Austritt eines Musikers eine Regelung über seine Abfindung getroffen werden muss. Es erscheint daher nahe liegend, dass aus diesem Grunde auf eine strikte Trennung von Musikdarbietungen und technischen Nebenleistungen geachtet wurde. Es liegt auf der Hand, dass es betriebsorganisatorische Vorteile mit sich brachte, wenn die technischen Anlagen in einer eigenen Gesellschaft gebündelt und von dieser vermietet wurden.

Die K-GMBH hat auch eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, indem sie die für ihren Geschäftsbetrieb bestimmten Wirtschaftsgüter eingekauft und an die M-GMBH und anderen Konzertveranstalter vermietet hat. Es liegt daher keine bloße formale Zwischenschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Gewinnverlagerung vor (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 2002 I R 38/00, BStBl II 2002, 819). Die K-GMBH stellte als Kapitalgesellschaft österreichischen Rechts dem Grunde nach ein selbständiges Steuersubjekt, welches die im Rahmen der Vermietung der technischen Anlagen an die M-GMBH erzielten Einkünfte selbst zu versteuern hat. Dass das Besteuerungsrecht hierfür möglicherweise nicht der deutsche Staat, sondern der österreichische hat, kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen.

Auch der Umstand, dass die K-GMBH von den Ehefrauen der Musiker X und Y gegründet worden ist, kann für sich alleine nicht mit zur Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung führen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und dem Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung folgt und die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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