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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Beschluss verkündet am 10.08.2009
Aktenzeichen: 7 V 3628/08
Rechtsgebiete: AO, FGO, HGB


Vorschriften:

AO § 171 Abs. 10
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
HGB § 249 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

des Präsidenten des Finanzgerichts des Richters am Finanzgericht und

der Richterin am Finanzgericht

ohne mündliche Verhandlung

am 22. Dezember 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Die Antragstellerin ist eine GmbH. Ihr Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter ist Herr ...

Die Antragstellerin war im Streitjahr an verschiedenen Personengesellschaften (KG's) in Berlin beteiligt. Der Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) 2006 wies Erträge aus Beteiligungen in Höhe von 194.666 EUR aus. Für die Gewinnanteile der Antragstellerin wurden vom Betriebsfinanzamt ... Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erlassen. Danach wurden Gewinnanteile der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 145.270,68 EUR festgestellt. Der Antragsgegner (das Finanzamt) setzte im Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom 8. Mai 2008 abweichend vom Jahresabschluss die Gewinnanteile in der vom Betriebsfinanzamt festgestellten Höhe an und verminderte das zu versteuerndes Einkommen entsprechend um 49.395 EUR.

Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2006 legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den das Finanzamt noch nicht entschieden hat. Sie machte geltend, die Grundlagenbescheide seien offensichtlich rechtswidrig, die hierfür erfolgten Veranlagungen seien willkürlich. Die eingereichten Bilanzen seien falsch und nicht ordnungsgemäß festgestellt worden. Auch die Bilanz für 2006 sei von der Gesellschafterversammlung nicht genehmigt worden.

Die Antragstellerin legte ferner eine Rechnung eines Herrn A, gerichtet an Herrn R, vom 1. Juli 2008 über 333.333,33 EUR zuzüglich 63.333,33 EUR Umsatzsteuer für Vermittlungsbemühungen betreffend 3 Fonds vor, außerdem ein Schreiben der Antragstellerin vom 2. Juli 2008, mit dem dieser Rechnung widersprochen wurde sowie ein Rechtsanwaltsschreiben vom 22. August 2008. Aufgrund dieser Rechnung sei eine Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme aus dem Provisionsbegehren des Herrn A zu bilden, da der Vorgang im Jahre 2006 ausgelöst worden sei und als Schuldner nicht die Person R in Betracht komme, sondern ausschließlich die Antragstellerin, für die dieser als Geschäftsführer gehandelt habe.

Streitig sei allenfalls die Höhe der Rückstellung, die auf ein Drittel der Provisionsforderung reduziert werde, da bisher keine weiteren Schriftsätze des Anwalts von Herrn A vorlägen.

Ein weiterer Rückstellungsbedarf ergebe sich aus einer Forderung der ...GmbH, die diese im Schreiben vom 11. September 2008 dargelegt habe und die auf 16.000 EUR beziffert werde. Zudem sei eine Rückstellung in Höhe von 5.000 EUR zu bilden, da Herr R vom Komplementär der ... KG vor dem Landgericht ... wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Geschäftsehre gemäß § 824 Bürgerliches Gesetzbuch verklagt worden sei und es sich nicht um eine reine Privatangelegenheit von Herrn R handle.

Die Antragstellerin beantragt nach erfolgloser Antragstellung beim Finanzamt,

die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2006 vom 8. Mai 2008 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit.

Das Finanzamt beantragt,

die Ablehnung des Antrags.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2008, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Der Antrag ist unbegründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Die Einkünfte der Antragstellerin aus den Beteiligungen an den Personengesellschaften hat das Finanzamt in zutreffender Höhe angesetzt. Nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nummer 2 a Abgabenordnung ( AO) werden die Einkünfte der Personengesellschaften, an denen die Antragstellerin beteiligt ist, vom zuständigen Betriebsfinanzamt ... (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AO) durch Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) festgestellt. In diesen Feststellungsbescheiden, bei denen es sich um Grundlagenbescheide i.S.v. § 171 Abs. 10 AO handelt, wird auch verbindlich über die Höhe der Gewinnanteile der Gesellschafter entschieden (vgl. Leopold/Madle/Rader, Abgabenordnung, § 180 Rz. 22). Die vom Finanzamt ... in den Gewinnfeststellungsbescheiden festgestellten Gewinnanteile der Antragstellerin sind für die vom Antragsgegner zu erlassende Körperschaftsteuerbescheide, bei denen es sich insoweit um Folgebescheide handelt, bindend (§ 182 Abs. 1 S. 1 AO). Der Antragsgegner ist daher schon aus Rechtsgründen daran gehindert, von den Feststellungen in den Grundlagenbescheiden des Finanzamts ... abzuweichen. Soweit die Antragstellerin mit den Feststellungen des Finanzamts ... in den Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Personengesellschaften, an denen sie beteiligt ist, nicht einverstanden ist, kann sie dies nur durch Anfechtung der Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide) tun, nicht aber durch Anfechtung des Körperschaftsteuerbescheids (§ 351 Abs. 2 AO i.V.m. § 42 FGO). Dementsprechend ist auch die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids ausgeschlossen, soweit dieser auf Entscheidungen beruht, die - wie im Streitfall - in Feststellungsbescheiden verbindlich getroffen worden sind (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 69 Rz. 55 "Folgebescheide"). Erst wenn die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, wird von Amts wegen auch die Vollziehung des Folgebescheids angeordnet (§ 69 Abs. 2 Satz 4 FGO). Die Vollziehung der Grundlagenbescheide des Finanzamts ... ist jedoch nach Aktenlage nicht ausgesetzt worden.

2. Hinsichtlich des von der Antragstellerin im Übrigen vorgetragenen Sachverhalts liegen die Voraussetzungen für die Bildung von den Gewinn mindernden Rückstellungen nicht vor.

Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuerbescheid - EStG -). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine betrieblich veranlasste und in der Vergangenheit wirtschaftlich verursachte, aber dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sofern wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit besteht oder entstehen wird und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird (z.B. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BStBl II 2006, 371).

Es kann im Streitfall offen bleiben, ob die Provisionsforderung des Herrn A gegen die Antragstellerin gerichtet ist oder aber Herrn R privat betrifft. Die Bildung einer Rückstellung in der Bilanz der Klägerin zum 31.12. 2006 ist jedenfalls bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an der wirtschaftlichen Verursachung der von Herrn A behaupteten Forderung im Jahr 2006 fehlt. Gemäß dem Schreiben des Rechtsanwalts von Herrn A vom 22. August 2008 hat im Jahr 2006 lediglich eine erstmalige Kontaktaufnahme von Herrn R mit Herrn A stattgefunden. Die Umstände, aus denen Herr A eine Provisionsforderung gegenüber Herrn R herleitet, sind jedoch frühestens im Jahr 2007 eingetreten, denn erst im Jahr 2007 hat sich die ... Bank mit dem Projekt befasst und erst in der Folgezeit sind Investoren vermittelt worden. Damit konnte auch der geltend gemachte Provisionsanspruch aufgrund von Vermittlungsbemühungen frühestens im Jahr 2007 entstanden und damit wirtschaftlich verursacht worden sein.

Soweit die Antragstellerin die Bildung einer Rückstellung aufgrund einer Forderung der ...GmbH in Höhe von 16.000 EUR beantragt, fehlt bereits jeder Anhaltspunkt für eine wirtschaftliche Verursachung im Jahr 2006. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr gibt es keinen Hinweis, dass die wirtschaftliche Belastung der Antragstellerin bereits zum 31.12.2006 eingetreten ist. Im Übrigen ist auch nicht anzunehmen, dass im Zeitpunkt der Bilanzerstellung im Februar/März 2007 die Geltendmachung dieser Forderung für die Antragstellerin bereits erkennbar war. Das wäre jedoch Voraussetzung dafür, dass eine Bilanzberichtigung durchzuführen ist (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz 27. Auflage, § 4 EStG Rz. 681 m.w.N.). Gleiches gilt auch für die beantragte Bildung der Rückstellung in Höhe von 5.000 EUR wegen des Gerichtsverfahrens des Komplementärs der ...KG gegen Herrn R, so dass auch hier die Frage, ob es sich überhaupt um eine Verbindlichkeit der Antragstellerin handelt, offen bleiben kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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