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Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 8 K 808/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Streitsache

...

hat der 8. Senat des Finanzgerichts München

unter Mitwirkung

...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Der Kläger war im Streitjahr 2005 für die X Gesellschaft als fachlicher Mitarbeiter tätig. Er beabsichtigte die Steuerberaterprüfung abzulegen und besuchte hierzu Vorbereitungskurse.

Er nahm am Bonus System der X teil und hatte sich im Jahr 2004 einen Bonus, bewertet mit 4.975 EUR erworben.

Der Kläger ließ sich diesen Betrag nicht auszahlen, sondern wandelte ihn gegenüber der Gesellschaft, mit Antrag vom 19. Januar 2005, in Freizeit für als gleichwertig errechnete 268,90 Stunden Arbeitszeit um. Er berief sich dabei auf § 5 Abs. 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Bonussystem 03/99, welche ergänzt wird durch ein Merkblatt zur Examensförderung. Dort ist vereinbart, dass Mitarbeiter, die sich auf ein Examen vorbereiten, eine maximale Freistellung von der Arbeitsleistung für 90 Arbeitstage beanspruchen können. Für die Zeit der Freistellung wird der Lohn weitergezahlt.

Mit seiner Einkommensteuererklärung 2005, die am 23. März 2006 beim Finanzamt (dem Beklagten) einging, machte der Kläger 4.995 EUR wegen "Zahlung an Arbeitgeber für Freistellung" als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 7. Juni 2006 lehnte das Finanzamt eine Berücksichtigung dieses Betrages ab und hielt hieran, nach rechtzeitig eingelegtem Einspruch, in der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2007 fest.

Der Kläger ist der Ansicht, die Umwandlung des Bonus im Wert von 4.975 EUR in entsprechende Freizeit bedeute einen "Kauf" von Zeit zur Berufsexamensvorbereitung und sei als Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Es handele sich dabei um Aufwand zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Der Aufwand liege darin, dass der Anspruch auf Auszahlung der 4.975 EUR mit der vom Kläger nicht erbrachten Arbeitsleistung verrechnet werde. Die Gestaltung sei als Aufrechnung im Sinne der §§ 387 BGB ff. zu sehen. Das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - IV R 102/75 vom 15. Dezember 1977 BStBl II 1978, 216, welches zum Verzicht auf Einnahmen ergangen sei, betreffe einen grundsätzlich anderen Sachverhalt. Es treffe auch nicht zu, dass Werbungskosten nur aus versteuertem Einkommen herrühren könnten. Das objektive Nettoprinzip erfordere die Zulässigkeit des Abzugs aller Erwerbsaufwendungen, die kausal mit einer Einkunftsquelle zusammenhingen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 7. Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2007 unter Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 4.975 EUR zu ändern, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung in der ausgeführt ist, der Kläger habe auf Einnahmen verzichtet, indem er sich den Bonus in Freizeit habe umwandeln lassen. Nach der Betriebsvereinbarung habe sich der Kläger "Freizeit" erkauft. Wie er die Tage verbracht habe, sei unbekannt, ein tatsächlicher Zusammenhang mit der Steuerberaterprüfung daher ungewiss.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die vorgelegten Unterlagen und Akten gemäß § 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO -, sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2009 verwiesen.

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die Inanspruchnahme eines erarbeiteten Bonusanspruches in Form von Freizeit anstatt durch Auszahlung führt nicht zu Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG -.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind berücksichtigungsfähig, wenn und sobald sie beim Steuerpflichtigen abgeflossen sind und so bei ihm zu einer endgültigen Vermögensminderung geführt haben (§ 11 Abs. 2 EStG). Zu den Werbungskosten rechnen daher in erster Linie die beruflich veranlassten Ausgaben in Geld oder Geldeswert (vgl. Schmidt/Drenseck, Komm. zum EStG, 27. Aufl. 2008, § 9 Rz. 2). Werbungskosten können aber auch vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichem Grund auf eine Forderung verzichtet oder mit einer aus beruflichem Grund eingegangenen Verbindlichkeit aufrechnet (vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 11 Rz. 30).

Der Kläger hat im Streitfall keine beruflichen Aufwendungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG getätigt, weil er nicht auf eine Geldforderung verzichtet hat und auch nicht eine Forderung gegen eine andere aufgerechnet hat.

1.1 Ein Verzicht ist nicht erfolgt. Nach dem Bonussystem der X können die fachlichen Mitarbeiter im Status des Klägers ihren Bonus auf zweierlei Weise erhalten. Sie können ihn entweder ausbezahlt bekommen und damit eine zusätzliche Geldleistung erhalten oder sie können - bei Fortzahlung des Lohnes - Freizeit in Anspruch nehmen. In diesem Fall tritt die bereits früher zusätzlich erbrachte Sonderleistung, die zum Bonus geführt hat und in Arbeitszeit umgerechnet wurde, an Stelle der später eigentlich geschuldeten Arbeitsleistung.

Das Bonussystem der X räumt dem Kläger auf diese Art ein Wahlrecht entsprechend der Regelung des § 262 BGB n.F ein. Er kann zwischen einer "Vergütung in Geld" und einer "Freistellung von der Arbeit" ohne Kürzung des Arbeitslohns wählen. Mit seiner Wahl - im vorliegenden Fall: "Freistellung von der Arbeit" - konkretisierte der Kläger mit seinem Antrag vom 19. Januar 2005 die von seinem Arbeitgeber für seine Sonderleistungen geschuldete Leistung. Einen Verzicht auf die andere, nicht gewählte Leistung hat der Kläger damit nicht verbunden. Denn von den beiden möglichen Leistungen schuldete der Arbeitgeber nur die Eine oder die Andere (vgl. Palandt, Komm. zum BGB, 68. Aufl. 2009, § 262 Rz. 1). Die Entscheidung des Klägers für die Erfüllung seines Anspruchs aus der Sonderleistung durch bezahlte Freistellung von der Arbeit führt folglich nicht zu einer Ausgabe im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 2 EStG, sondern nur zu einem konkretisierten Leistungsaustausch.

1.2 Von einer Aufrechnung, wie der Kläger meint, kann im Falle der Bonusgewährung durch Freizeitgewährung durch den Arbeitgeber nicht ausgegangen werden. Es liegt keine Aufrechnungslage vor, wenn - wie im Streitfall - beide Parteien die vom jeweils Anderen vertraglich geschuldete und, aus Sicht des Klägers, konkretisierte Leistung erhalten.

2. Die Kostenentscheidung folgt § 135 Abs. 1 FGO.

3. Ein Revisionsgrund im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO liegt nach Ansicht des Senats nicht vor.

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