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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht München
Urteil verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 9 K 1490/03
Rechtsgebiete: HGB, EStG 1997, EStG 1990, EStG 1997, EStG 1990


Vorschriften:

EStG 1990 § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
EStG 1990 § 15a Abs. 1 S. 1
EStG 1990 § 9 Abs. 1 S. 1
EStG 1990 § 11 Abs. 2 S. 1
EStG 1997 § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
EStG 1997 § 15a Abs. 1 S. 1
EStG 1997 § 9 Abs. 1 S. 1
EStG 1997 § 11 Abs. 2 S. 1
HGB § 167 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

hat der 9. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ... des Richters am Finanzgericht ... und der Richterin am Finanzgericht ... sowie der ehrenamtlichen Richterinnen ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die Höhe der als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigenden Verluste aus zwei typisch stillen Beteiligungen sowie die Frage, in welchem Veranlagungszeitraum diese abzuziehen sind.

1. Mit Vertrag vom 2. November 1996 beteiligte sich der Kläger über die als Treuhänder auftretende B-GmbH mit einer Einlage von 22.500.000 DM als stiller Gesellschafter an der D-GmbH - Beteiligung 1 -. In § 3 Ziff. 1 des Vertrages ist vereinbart, dass die Einlage von 22.500.000 DM zum 31.12.1996 in Höhe von 19.415.150 DM durch Übernahme der Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag mit der E-Bank in Höhe von 760.111.351,90 SFR und in Höhe des Restbetrags durch Barleistung zu erbringen sei. Des Weiteren war vereinbart, dass der stille Gesellschafter bis zur Umschreibung des Darlehens durch die E-Bank die D-GMBH in Höhe des übernommenen Betrags von allen Risiken und Pflichten aus dem Darlehensvertrag freistelle. Hinsichtlich der Verlustzuweisung bestimmt § 9 Ziff. 5, dass dem stillen Gesellschafter im Jahr der Einlagenleistung und ggf. im Folgejahr ein anteiliger Vorwegverlust insgesamt bis zur Höhe seiner Einlage zugerechnet werde und dieser Vorwegverlust alle betrieblichen Aufwendungen wie auch Aufwendungen der Tochtergesellschaften umfasse.

Am 12. November 1996 wurde folgende Ergänzungsvereinbarung getroffen: "... Die B-GmbH hat als Treuhänder für Herrn ... ( den Kläger) die steuerbilanziellen Verluste des Jahres 1996 der D-GMBH, u.a. aus der Beteiligung an der G-KG, vollständig zu übernehmen. Diese Verluste werden im Dezember 1996 in vorläufiger Höhe dem Kapitalkonto in der Steuerbilanz belastet. Die steuerbilanziellen Verluste 1996 ... werden voraussichtlich laut Prospekt der G-KG DM 14.018.000,00 DM betragen."

Im Jahr 1996 leistete der Kläger eine Bareinlage von 2.400.000 DM an die D-GMBH. Anstelle der B-GmbH trat mit Wirkung vom 2. Januar 1997 die P-GmbH) als Treuhänder ein. Die Anzeige der Schuldübernahme an die E-Bank und Umschreibung des Darlehens erfolgte nach Angabe des Klägers "nach 1997".

2. Weiterhin beteiligte sich der Kläger mit Vertrag vom 1. September 1997 über die als Treuhänder auftretende P-GmbH mit einer Einlage von 29.000.000 DM als stiller Gesellschafter an der D-GmbH - Beteiligung 2 -. § 3 des Vertrags bestimmt, dass die Einlage in Höhe von 29.000.000 DM zum 1. September 1997 zu leisten sei. Sie sei in Höhe von 29.000.000 DM durch Übernahme der Verpflichtung der D-GmbH aus dem Darlehensvertrag mit der Z-AG von 34.265.000 DM zu erbringen. Der stille Gesellschafter werde bis zur Umschreibung des Darlehens durch die Bank die D-GmbH in Höhe des übernommenen Betrags von allen Risiken und Pflichten aus dem Darlehensvertrag freigestellt.

Die Vereinbarung über die Verlustzuweisung im Jahr der Einlagenleistung in § 9 Ziff. 5 des Vertrags entspricht § 9 Ziff. 5 des Vertrags vom 2. November 1996. Im Jahr 1997 leistete der Kläger eine Bareinlage von 773.826 DM an die D-GmbH auf die Beteiligung 2. Gemäß einem Schreiben der Z-AG vom 11. Dezember 2000 bestätigte diese gegenüber dem Kläger den Eingang eines Faxes vom 30. Dezember 1997, in dem dieser seinen "Schuldbeitritt zur Objektfinanzierung der Hauptverwaltung der A-AG für das Darlehen an die D-GmbH in Höhe von 30,0 Mio. DM" erklärte. Die Z-AG erklärte sich in dem Schreiben vom 11. Dezember 2000 mit dem "Schuldbeitritt" einverstanden.

3. Mit Nachträgen vom 2. Juni 1998 zu den Verträgen über die Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 2. November 1996 (Beteiligung 1) und vom 1. September 1997 (Beteiligung 2), auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde zwischen der P-GmbH und der D-GmbH vereinbart, unter Beteilung am Vermögen und an den stillen Reserven der D-GmbH die bisherigen typisch stillen Beteiligungen in atypisch stille Beteiligungen umzuwandeln. Mit Datum vom 30. Dezember 1998 wurde in Ergänzung zum Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 1. September 1997 (Beteiligung 2) zwischen P-GmbH, D-GmbH und dem Kläger eine Einlagenerhöhung um 19.750.000 DM vereinbart, die in Höhe von 11.318.530 DM durch Übernahme von Verpflichtungen aus dem Darlehen der D-GmbH bei der E-Bank und in Höhe von 5.741.465,17 DM durch Übernahme von Verpflichtungen aus dem Darlehen der D-GmbH bei der Z-AG erbracht werden sollte, wobei bis zur Umschreibung des Darlehens auf den stillen Gesellschafter dieser die D-GmbH im Innenverhältnis von allen Verpflichtungen freistelle. Der Restbetrag von 2.690.000 DM sollte durch Verrechnung mit einer Darlehensforderung des Klägers erbracht werden. Mit Vereinbarung vom 29. Dezember 1999 zwischen der D-GmbH und dem Kläger, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde der Freistellungsanspruch der D-GmbH gegenüber dem Kläger aus der Beteiligung 2 mit einer Forderung des Klägers gegenüber der D-GmbH verrechnet. Die Darlehensverbindlichkeit der D-GmbH gegenüber der E-Bank sollte weiterhin im Innenverhältnis vom Kläger getragen werden.

4. In seinen Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen machte der Kläger aus den stillen Beteiligungen jeweils im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 16.064.563 DM (1996) und 31.703.808 DM (1997) geltend. In der ESt-Erklärung 1998 machte er einen Werbungskostenüberschuss für die typisch stille Beteiligung vom 01.01. bis 01.06.1998 in Höhe von 8.004.093 DM geltend. Für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der atypisch stillen Beteiligung erließ das Finanzamt am 1. Oktober 1999 einen Gewinnfeststellungsbescheid, in welchem dem Kläger für 1998 ein Verlust von 11.243.075 DM zugerechnet wurde.

5. In den Jahren 1999 bis 2000 fand beim Kläger für die Jahre 1993 bis 1997 eine Außenprüfung statt. Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass der Kläger im Zusammenhang mit seinen typisch stillen Beteiligungen an der D-GmbH in den Jahren 1996 und 1997 entsprechend den erfolgten Bareinzahlungen lediglich Einlagen in Höhe von 2.400.000 DM (im Jahr 1996) bzw. 773.826 DM (im Jahr 1997) geleistet habe und die Verluste aus den typisch stillen Beteiligungen gemäß § 11 Einkommensteuergesetz (EStG) erst im Zeitpunkt der Bilanzerstellung des Unternehmens berücksichtigt werden könnten. Die ergänzende Vereinbarung vom 12. November 1996 über den Zeitpunkt der Belastung der Verluste beim Kapitalkonto des stillen Beteiligten habe in der Bilanz zum 31.12.1996 nicht nachvollzogen werden können. Es habe für diesen Zeitpunkt keine Buchung festgestellt werden können. Der Verlust aus dem Jahr 1996 in Höhe von 16.061.183 DM könne im Jahr 1997 gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 15 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EStG lediglich bis zur Höhe der tatsächlich geleisteten Einlage in Höhe von 2.400.000 DM berücksichtigt und der darüber hinausgehende Verlust lediglich als verrechenbarer Verlust zum 31.12.1997 gesondert festgestellt werden. Der Verlust aus dem Jahr 1997 könne entsprechend erst im Jahr 1998 bis zur Höhe der tatsächlich geleisteten Einlage von 773.826 DM berücksichtigt werden. Das beklagte Finanzamt (FA) folgte der Auffassung des Prüfers und erkannte im ESt-Änderungsbescheid 1996 vom 18. September 2001 die geltend gemachten Verluste aus der typisch stillen Beteiligung nicht an. Im ESt-Bescheid 1997 vom 18. September 2001 berücksichtigte das FA lediglich einen Verlust in Höhe von 2.400.000 DM als Werbungskosten. Im ESt-Bescheid 1998, zuletzt vom 1. Februar 2002, berücksichtigte das FA im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen den Verlust aus der typisch stillen Beteiligung nur in Höhe von 773.826 DM. Da sich für 1998 ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte ergab, erließ das FA mit Datum vom 17. Oktober 2001, geändert mit Datum vom 25. Februar 2002, einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1998 sowie mit Datum vom 17. Oktober 2001 ESt-Änderungsbescheide für 1996 und 1997, in denen Verlustrückträge aus 1998 nach § 10d Abs. 1 EStG durchgeführt wurden und die ESt jeweils auf 0 DM festgesetzt wurde. Der Kläger erhob Einspruch gegen die ESt-Bescheide und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1998 mit dem Antrag, die Verluste aus der typisch stillen Beteiligung wie erklärt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen und beantragte den Erlass von Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1996 und 31.12.1997 unter Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste aus den typisch stillen Beteiligungen. Nach Ablehnung des Antrags auf Erlass der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1996 und 31.12.1997 erhob der Kläger auch Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. Oktober 2001. Die Einsprüche gegen die ESt-Bescheide 1996 bis 1998 nahm der Kläger mangels Beschwer zurück. Die Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1996 und 31.12.1997 sowie gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.1998 wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 6. März 2003).

Dagegen richtet sich die Klage, die wie folgt begründet wird:

Nach dem auf die hier vorliegende typisch stille Gesellschaft entsprechend anzuwendenden § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG dürften Verluste des stillen Gesellschafters bis zur Höhe seines Kapitalkontos berücksichtigt werden. Das Kapitalkonto i.S.v. § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG sei - wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 14. Mai 1991 VIII R 31/88 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1992, 167) entschieden habe - das Kapitalkonto in der Steuerbilanz; hinzuzurechnen seien lediglich Mehr- oder Mindersalden aus der für einen Gesellschafter geführten Ergänzungsbilanz. Grundlage des Kapitalkontos in der Steuerbilanz sei das Kapitalkonto in der Handelsbilanz, denn das Kapitalkonto in der Steuerbilanz weiche von dem in der Handelsbilanz nur dann ab, wenn dies durch einkommensteuerliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften geboten sei (Schmidt/Wacker, EStG, 24. Aufl. 2005, § 15 a Rz. 83/86). Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung GoB schrieben für die Handelsbilanz der Personengesellschaft vor, dass ausstehende Pflichteinlagen, unabhängig davon, ob sie eingefordert worden seien oder nicht, entweder auf der Passivseite offen vom Eigenkapital abzusetzen oder als gesonderter Aktivposten unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen seien. Diese handelsrechtliche Behandlung sei zwingend. Zu verweisen sei dabei z.B. auf den Beck'schen Bilanzkommentar zu § 264c Handelsgesetzbuch (HGB). Nach § 5 Abs. 1 EStG seien die handelsrechtlichen GoB zwingend auch im Steuerrecht zu übernehmen. Zu diesen GoB gehörten auch die Regeln über den materiellen Inhalt des Jahresabschlusses (Schmidt/Weber-Grellet, EStG § 5 Rz. 29). Somit seien über die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz zwingend die verbuchten ausstehenden Pflichteinlagen und damit korrespondierend das entsprechende erhöhte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Steuerbilanz auszuweisen. Dementsprechend erhöhe sich auch das Ausgleichsvolumen für die zugeschriebenen Verluste nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG um den Betrag der aktivierten, aber noch nicht einbezahlten Pflichteinlagen. Die Einlageforderung sei ebenso wie ihr Surrogat, das als Einlage Geleistete, verwertbares Gesellschaftsvermögen. Die Auffassung des BFH, dass Kapitalkonto i. S. von § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG nur der tatsächlich geleistete und nicht auch der rückständige Teil der Einlage sei, weil die Regelung des § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG sonst überflüssig sei, treffe nicht zu und verkenne den grundlegenden Unterschied zwischen Pflichteinlage und Haftsumme. § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG begründe eine eigene Möglichkeit, im Falle einer unbeschränkten Außenhaftung eines Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB zugewiesene Verlustanteile mit sonstigen Einkunftsarten verrechnen zu können. Aus dem Gesetz ergebe sich aber in keiner Weise, dass § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG und der aufgrund der Verweisung auf § 171 Abs. 1 HGB notwendige Hinweis auf die Leistung der Einlage den in § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG normierten Begriff des negativen Kapitalkontos einschränkend auslegen solle.

Im Streitfall trete entscheidend hinzu, dass es sich bei der Verpflichtung des Klägers, anders als in allen bisher vom BFH entschiedenen Fällen, nicht nur um die Verpflichtung zur Einlagenleistung, wie sie bei der rückständigen Pflichteinlage des Kommanditisten gegeben sei, handle. Vielmehr habe der Kläger seine Einlage als stiller Gesellschafter, die in seiner Verpflichtung zur Schuld- bzw. Erfüllungsübernahme nach § 415 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hinsichtlich der bezeichneten Bankverbindlichkeiten bestanden habe, bereits jeweils im Zeitpunkt seines Beitritts wirksam erbracht. Der Abschlussprüfer der D-GmbH habe in einer Bestätigung vom 17. Mai 2000 erklärt, dass die Forderung gegen den Kläger auf Schuldbefreiung in voller Höhe verbucht worden sei und dieser damit seine Einlage erbracht habe. Diese Schuld- bzw. Erfüllungsübernahme sei ein aliud gegenüber der bloßen Pflichteinlage, denn mit der Schuldübernahme habe der Kläger dem Gesellschaftsvermögen einen Vermögenswert in Höhe der ausstehenden Darlehen zugeführt, so dass es nicht darauf ankomme, wann und ob eine Genehmigung der Schuldübernahme erfolgt sei.

Im Streitfall bestehe auch eine Ausnahme vom Regelfall, dass der Verlustanteil des stillen Gesellschafters diesem erst im Jahr der Bilanzaufstellung zuzuweisen sei. Denn in § 9 Ziff. 5 der Gesellschaftsverträge und in der Zusatzvereinbarung vom 12. November 1996 sei eine - der dispositiven gesetzlichen Regelung des § 232 HGB vorrangige - Vereinbarung über einen Verrechnungszeitpunkt bereits im Jahr der Verlustentstehung getroffen worden, was nach dem BFH-Urteil vom 10. November 1987 VIII R 53/84 (BStBl II 1988, 186) zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 26. Oktober 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 06.März 2003 zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Verluste aus stiller Beteiligung von 16.061.183 DM in 1996 und von 28.639.827 DM in 1997 gesondert festzustellen sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 vom 25. Februar 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 06. März 2003 dahin zu ändern, dass der Verlust aus 1998 zusätzlich in Höhe von 8.004.093 DM berücksichtigt wird, hilfsweise unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 26. Oktober 2001 und der Einspruchsentscheidung vom 06. März 2003 den Beklagten zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1997 unter Berücksichtigung des Verlusts aus stiller Beteiligung in Höhe von 16.061.183 DM gesondert festzustellen sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 vom 25. Februar 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 06. März 2003 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug um 28.639.827 DM erhöht wird,

weiter hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er beruft sich zur Begründung auf den im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluss des Senats vom 21. März 2002 und den im selben Verfahren ergangenen Beschluss des BFH vom 7. August 2002 Az. VIII B 90/02 (BFH/NV 2002, 1577). Aus den vom Kläger nunmehr mit Datum vom 12. Juli 2005 vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass in den Streitjahren keine befreiende Schuldübernahme genehmigt worden sei. Die Schuldablösung sei erst am 28. Dezember 1999 erfolgt; zu diesem Zeitpunkt hätten typisch stille Beteiligungen nicht mehr bestanden.

Auf die Sitzungsniederschrift vom 26. April 2006 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat es das FA abgelehnt, die Verluste des Klägers aus den bis 2. Juni 1998 unstreitig bestehenden typisch stillen Beteiligungen an der D-GmbH in der geltend gemachten Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen und für 1996 und 1997 entsprechende Verlustfeststellungen durchzuführen bzw. die gesonderte Feststellung des Verlustes 1998 entsprechend zu ändern.

1. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ordnet die sinngemäße Anwendung von § 15 a EStG an. § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG nicht ausgleichsfähig ist, soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Bezogen auf den stillen Gesellschafter bedeutet dies, dass dieser den auf ihn entfallenden Anteil am Verlust nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgleichen kann, soweit ein negatives Einlagenkonto entsteht oder sich erhöht (Dötsch in Kirchhof/Söhn, EStG § 20 Rdnr. F 164).

a) Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG vertritt der BFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass mit dem Begriff des Kapitalkontos das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich ggf. bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint sei. Das Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz werde durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen bzw. durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt. Das Kapitalkonto werde dabei - wie sich aus dem Begriff der "geleisteten Einlage" in § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG ergebe - nur durch solche Einlagen beeinflusst, die tatsächlich erbracht seien. Die im Innenverhältnis gegenüber der KG bestehende Einlageverpflichtung, die "ausstehende Einlage" des Kommanditisten reiche hierfür nicht aus. Vielmehr müsse dem Gesellschaftsvermögen etwas von außen zugeflossen sein, was den bilanziellen Unternehmenswert mehre, also die Aktiva des Unternehmens erhöhe oder die Passiva mindere und so Einfluss auf das Kapitalkonto nehme (BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2003 IV B 201/03, BStBl II 2003, 705 m.w.N.). Dem ist die herrschende Meinung in der Literatur gefolgt (vgl. v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, EStG § 15 a Rdnr. B 151 m.w.N.).

Der Senat schließt sich der Auffassung des BFH und der h.M., dass das Kapitalkonto i.S.v. § 15 a Abs. 1 S. 1 EStG durch den jeweiligen Stand der geleisteten Einlage bestimmt wird, an. Dieses Ergebnis ergibt sich aus einer zutreffenden Auslegung des Begriffs des Kapitalkontos, ohne dass es hierfür eines Rückgriffs auf § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG bedarf. Bereits die Entstehungsgeschichte des § 15 a EStG belegt, dass der Gesetzgeber einen Verlustausgleich nur im Rahmen der geleisteten Einlagen zulassen wollte (BT-Drucks. 8/3648 S. 16). Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht die Berücksichtigung nur der geleisteten Einlage im Rahmen des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dem Handelsrecht. Wie Döllerer (DStR 1981, 21; vgl. auch v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, EStG § 15 a Rdnr. B 151 ff.) aufgezeigt hat, folgt aus der Systematik des Handelsrechts vielmehr, dass nur die geleistete Einlage für die Bestimmung der Höhe des Kapitalkontos maßgebend sein kann. Das Handelsrecht verwendet für die Gesellschaftsanteile der Gesellschafter einer Personengesellschaft den Begriff des Kapitalkontos nicht. Es verwendet vielmehr (siehe § 167 Abs. 3, § 169 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz HGB) den Begriff des Kapitalanteils und versteht darunter - wie sich aus § 167 Abs. 3 HGB ergibt - die bedungene Einlage (Pflichteinlage), soweit sie geleistet ist (so auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8. Auflage § 11 a III 2.a. cc). Nicht bestimmend für den Kapitalanteil ist die sog. Hafteinlage i.S.v. § 161 Abs. 1, § 172 HGB, also der Betrag, auf den die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Das Kapitalkonto als bloßer Buchungsort für den Kapitalanteil in der Bilanz enthält nach der Konzeption des HGB damit nicht die rückständige Pflichteinlage. Der Gesetzgeber hat somit in § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG die Entscheidung getroffen, dass - obwohl nach Handelsrecht (§ 167 Abs. 3 HGB) der Kommanditist bis zum Betrag des Kapitalanteils und der noch rückständigen Einlage am Verlust teilnimmt - nur bis zur Höhe der von ihm geleisteten Pflichteinlage steuerlich ein Verlustausgleich zulässig ist. Die rückständige Einlage wird nur unter den Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG berücksichtigt. Dass die Vertragspraxis dazu übergegangen ist, entgegen der dispositiven gesetzlichen Regelung feste Kapitalanteile zu bilden, für die nicht die tatsächlich geleistete, sondern die vereinbarte Pflichteinlage maßgebend ist (siehe Knobbe-Keuk a.a.O), vermag die an die Systematik des HGB anknüpfende Regelung des § 15 a EStG nicht zu beeinflussen.

b) Entspricht die Beschränkung des Verlustausgleichs auf die Höhe der geleisteten Einlage somit dem Sinn und Zweck des Gesetzes im Rahmen des unmittelbaren Anwendungsbereichs des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG, so muss dies nach Auffassung des Senats erst recht für die hier vorliegende sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gelten. Zwar ist § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG, aus dem der BFH im unmittelbaren Anwendungsbereichs von § 15 a EStG die Beschränkung auf die geleistete Einlage im Rahmen des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG herleitet, im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht anwendbar, weil es für den stillen Gesellschafter keine dem § 171 Abs. 1 HGB entsprechende Außenhaftung gibt (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 2003 VIII R 33/01, BStBl II 2003, 705). Wie bereits dargelegt, ergibt sich die Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG auf die Höhe der geleisteten Einlage aber unabhängig von § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG aus der zutreffenden Auslegung des vom Gesetz verwendeten Begriffs des Kapitalkontos. Bei entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG auf den typisch stillen Gesellschafter bedeutet dies, dass sich die Höhe der für den Verlustausgleich zur Verfügung stehenden Vermögenseinlage nach dem an den Geschäftsinhaber gezahlten Betrag bestimmt. Dieses Ergebnis ergibt sich - unabhängig von § 15 a EStG - im Übrigen bereits aus den im Rahmen des § 20 EStG geltenden Grundsätzen der Überschussrechnung und dem dabei zu beachtenden Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Denn durch die bloße schuldrechtliche Verpflichtung des stillen Gesellschafters, die ihm über den Betrag der tatsächlich geleisteten Einlage hinaus zugewiesenen Verlustanteile künftig auszugleichen oder mit künftigen Gewinnanteilen zu verrechnen, findet noch kein Abfluss i.S.v. § 11 Abs. 2 EStG statt (so zutreffend Dötsch in Kirchhof/Söhn, EStG § 20 Rdnr. F 153 und 171). Werbungskosten liegen daher insoweit nicht vor.

2. Zu Recht ist das FA auch davon ausgegangen, dass der Kläger in den Streitjahren über die Bareinlage in Höhe von 2.400.000 DM in 1996 für die Beteiligung 1 und in Höhe von 773.826 DM in 1997 für die Beteiligung 2 hinaus keine Einlagen geleistet hat, welche im Sinne der BFH-Rechtsprechung den bilanziellen Unternehmenswert mehrten, also die Aktiva des Unternehmens erhöhten oder die Passiva minderten und so Einfluss auf das Kapitalkonto nahmen. Eine Schuldübernahme seitens des Klägers würde das Gesellschaftsvermögen nur dann erhöhen, wenn die D-GmbH an den jeweiligen Bilanzstichtagen der Streitjahre 1996 bis 1998 endgültig von ihren Verbindlichkeiten befreit worden wäre, was jedoch wegen der fehlenden Genehmigung der Schuldübernahmen durch die Gläubigerbanken nach § 415 BGB unstreitig nicht der Fall war. In den Streitjahren lag nur eine im Innenverhältnis zur D-GmbH wirksame Erfüllungsübernahme (§ 415 Abs. 3 i.V.m. § 329 BGB) oder ein Schuldbeitritt (§ 328 BGB) vor. Die Z-AG hat in ihrem Schreiben vom 11. Dezember 2000 die vom Kläger eingegangene Verpflichtung auch zutreffend als "Schuldbeitritt" bezeichnet. Da auch eine eventuell erst in einem späteren Veranlagungszeitraum erteilte Genehmigung eines Schuldbeitritts durch die Gläubigerbank - weil es auf die tatsächlichen Verhältnisse an den jeweiligen Bilanzstichtagen ankommt (vgl. BFHBeschluss vom 7. August 2002 VIII B 90/02, BFH/NV 2002, 1577) - nicht dazu führen kann, dass die Einlagen rückwirkend auf die Streitjahre mit steuerlicher Wirkung als erbracht gelten, braucht nicht darüber entschieden werden, wie es zu werten ist, dass die Z-AG sich erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2000 mit dem "Schuldbeitritt" einverstanden erklärt hat - also zu einem Zeitpunkt, in welchem die Freistellungsverpflichtung des Klägers gegenüber der D-GmbH aus dem Darlehensverhältnis mit der Z-AG aufgrund der Aufrechnung vom 29. Dezember 1999 bereits erloschen war und dass die Schuldübernahme des Darlehens der E-Bank offenbar nie vollzogen und von der Bank jedenfalls nicht genehmigt wurde. Fest steht, dass in den Streitjahren nur Forderungen der D-GmbH gegenüber dem Kläger auf Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten bestanden haben; durch diese schuldrechtlichen Verpflichtungen, die für den Kläger noch keine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung dargestellt haben, hat er seine Einlage nicht erbracht (vgl. BFH-Urteil vom 7. Oktober 2004 IV R 50/02, BFH/NV 2005, 533).

An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger sich gegenüber der D-GmbH verpflichtet hat, diese bis zur Umschreibung des Darlehens durch die Bank in Höhe des jeweils übernommenen Betrags von allen Risiken und Pflichten aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt diese Verpflichtung noch keinen Vermögenswert dar, der einer tatsächlich geleisteten Einlage gleichzustellen ist. Denn solange die Forderung nur im Innenverhältnis besteht und nicht geltend gemacht wird, trifft den Kläger noch keine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung (siehe BFH in BFH/NV 2005, 533).

3. Zutreffend hat das FA auch die in 1996 und 1997 entstandenen Verluste der D-GmbH beim Kläger erst in den Folgejahren 1997 und 1998 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters nicht zu berücksichtigen sind, bevor der Jahresabschluss des Geschäftsinhabers festgestellt und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet worden ist (BFH-Urteil vom 23. Juli 2002 VIII R 36/01, BStBl II 2002, 858). Es kann daher offen bleiben, ob im Streitfall die Beteiligungskonten des Klägers bereits im jeweiligen Jahr der Einlagenleistung mit dem Verlustanteil des Klägers für das laufende Jahr belastet worden sind, denn für einen Abfluss als Werbungskosten ist in jedem Fall zusätzlich die Feststellung der jeweiligen Bilanz der D-GmbH erforderlich. Vor der Feststellung der Bilanz einer Kapitalgesellschaft steht der Gewinn bzw. Verlust dieser Gesellschaft noch nicht endgültig fest, da dieser wesentlich auch von der Entscheidung der Gesellschafter, insbesondere über die ihnen zustehenden Wahl- und Gestaltungsrechte, abhängt. Solange diese Entscheidungen noch nicht getroffen sind, steht auch noch nicht fest, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe bei den am Ergebnis beteiligten stillen Gesellschaftern Ansprüche oder Verbindlichkeiten entstanden sind (FG München, Urteil vom 5. November 1980 V 57/76 E2, Betriebsberater 1981, 1315 mit zustimmender Anmerkung Döllerer unter Hinweis auf den nicht veröffentlichten Beschluss des BFH vom 30. September 1980 VIII B 84/79; vgl. auch BFH-Urteil vom 10. November 1987 VIII R 53/84, BStBl II 1988, 186). Entgegen der Auffassung des Klägers ist dem auch das FG Düsseldorf im Urteil vom 2. April 1993 14 K 82/89 E (EFG 1993, 710) gefolgt.

4. Bei diesem Ergebnis (siehe oben 1 und 2) können auch die Hilfsanträge keinen Erfolg haben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

6. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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