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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: 1 K 1705/03 E
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 1
HGB § 255 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

1 K 1705/03 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Errichtung eines Anbaus als Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind und in welcher Höhe Schuldzinsen im Zusammenhang mit dem Gebäudeerwerb steuermindernd anzuerkennen sind.

Die Klägerin (Klin.) erwarb mit Vertrag vom 09.07.1996 das gemischtgenutzte Grundstück A-Straße 32 in I von Frau SI, der ehemaligen Lebensgefährtin des Herrn H. Sie vermietete das Gebäude zu Wohnzwecken sowie zum Betrieb einer Arztpraxis an ihren Lebensgefährten, den Arzt H. Nach dem notariellen Kaufvertrag vom 09.07.1996 betrug der Kaufpreis für das Gebäudeobjekt 200.000,00 DM. Dem Wortlaut des Vertrages entsprechend war für die Kaufpreisbildung u.a. maßgebend, dass noch wesentliche Baumaßnahmen am Kaufgegenstand durchzuführen und Bauanträge noch nicht abschließend beschieden waren. Der Kaufpreis war zum 01.09.1996 zur Zahlung fällig und von der Klin. an die Bank E in E zur teilweisen Rückführung der Darlehen, die den vier Grundschulden im Gesamtnennbetrag von 425.000,00 DM zu Grunde lagen, zu überweisen.

Nach Angaben der Klin. valutierten die vier Darlehen zum 01.09.1996 mit insgesamt 346.146,01 DM. In § 2 Abs. 3 der notariellen Vertragsurkunde war weiterhin folgendes vereinbart:

"Die Käuferin verpflichtet sich hiermit, die im Grundbuch des Kaufgegenstandes in Abtl. III unter laufender Nr. 4, 6, 7 und 8 eingetragenen vier Buchgrundschulden im gesamten Nennbetrag von 425.000 DM mit dinglicher Wirkung zu übernehmen. Eine persönliche Schuldhaftung durch die Käuferin scheidet aus; es verbleibt insoweit bei den ursprünglich begründeten Schuldverhältnissen".

Die der Verkäuferin des Grundstücks von der Bank E für das Streitjahr in Rechnung gestellten Zinsen in Höhe von insgesamt 22.695,91 DM hat die Klägerin anteilig in Höhe von 57,78 % = 13.113,76 DM als Werbungskosten geltend gemacht und sind in dem angefochtenen Bescheid berücksichtigt worden. Diese Zinsen sind im Streitjahr vom Konto Nr. 00000000 abgeflossen, auf welches vereinbarungsgemäß Herr H die Mieten, auch nach Kauf des Objektes durch die Klägerin, zu überweisen hatte. Dieses Konto lautete im Streitzeitraum auf den Namen "SI".

In 1997/Anfang 1998 erstellte die Klin. einen Anbau an das Gebäude A-Straße 32 in I. Der Anbau hat eine Wohn- und Nutzfläche von 44 qm. Im Rahmen der Einkünfteermittlung aus Vermietung und Verpachtung (V+V) für das Streitjahr 1998 machte sie die nachträglichen Herstellungskosten in Höhe von 44.942,00 DM und Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 40.177,00 DM im Zusammenhang mit der Errichtung des Anbaues geltend. Im angefochtenen Einkommensteuer(ESt)-Änderungsbescheid für das Streitjahr beurteilte das beklagte Finanzamt (FA) alle Aufwendungen als Herstellungskosten des Anbaus und berücksichtigte bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung für Abnutzung (AfA) 54.092,59 DM. Die entsprechende AfA von 2 % betrug 1.080,00 DM.

Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte (Bekl.) einen geänderten ESt-Bescheid vom 21.10.2002, in dem nunmehr die sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 723,11 DM sowie eine AfA von 1.541,00 DM als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften steuerlich anerkannt wurden.

In dem Klageverfahren gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 20.03.2003 begehrte die Klägerin ursprünglich die zusätzliche Berücksichtigung von Erhaltungsaufwand von 32.575,16 DM. Nach der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2007 wurde die Geltendmachung des Aufwandes für Renovierungsarbeiten an Bädern im Dachgeschoss nicht weiterverfolgt.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Kosten des Anbaus sofortabzugsfähiger Erhaltungsaufwand darstelle, da diese Maßnahme ausschließlich dazu gedient habe, den weiteren Praxisbetrieb in dem Objekt A-Straße 32 sicherzustellen. Bei Nichtvornahme der Baumaßnahmen hätte die Arztpraxis geschlossen werden müssen. Die Baumaßnahme habe insoweit allein der Sicherung von Vermietungseinkünften gedient. Eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten als Voraussetzung für die Annahme von Herstellungskosten sei daher nicht gegeben. Sollte das Gericht dieser Auffassung nicht folgen, sei zumindest im Zusammenhang mit der Durchführung des Anbaus ein erheblich höherer Erhaltungsaufwand zu berücksichtigen, als dies bisher in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Fall ist. Zumindest in Höhe eines Teilbetrages von 13.030,57 DM liege sofortabzugsfähiger Erhaltungsaufwand vor. Bei der Baurechnung der Firma D handele es sich u.a. um durchgeführte Putzarbeiten im Altbau sowie die Erneuerung des Bodenbelages im Altbau. Weiterhin seien alte Fenster und Türen ausgebaut worden. Ferner sei die Dachbegrünung auf dem Anbau als selbständige Außenanlage zu behandeln, die mit einem Abschreibungssatz von 10 % abzuschreiben sei. Insgesamt seien daher im Zusammenhang mit dem Anbau Werbungskosten in Höhe von 15.042,36 DM zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebniss eines am 13.09.2005 vor dem zuständigen Berichterstatter durchgeführten Erörterungstermin macht die Klin. nunmehr nicht mehr nur einen anteiligen Zinsaufwand aus den der Verkäuferin in Rechnung gestellten Zinsen geltend, sondern begehrt den vollständigen Abzug dieser Zinsen in Höhe von 22.695,00 DM. Sie trägt nunmehr vor, der Zinsaufwand sei ausschließlich durch die Einkünfteerzielung aus V+V veranlasst. Auch sei zwischen den Parteien angestrebt gewesen, dass die Klägerin alle Verbindlichkeiten der Frau SI übernehme. Somit wäre sie auch im Streitjahr berechtigt, die Schuldzinsen in voller Höhe als Werbungskosten geltend zu machen. Der vereinbarte Grundstückskaufpreis habe abweichend vom notariell beurkundeten Kaufpreis auch nicht 200.000 DM, sondern 346.146 DM betragen sollen.

Die Klin. beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuer (ESt)-Bescheid für 1998 zu ändern und zusätzliche Erhaltungsaufwendungen von 24.997,58 DM, zusätzliche Zinsaufwendungen i.H.v. 9.582,21 DM und eine zusätzliche AfA auf der Bemessungsgrundlage eines Grunstückskaufpreises von 346.146 DM steuermindernd zu berücksichtigen.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass die Anbaukosten für einen Anbau mit einer Nutzfläche von 44 qm nach gefestigter BFH-Rechtsprechung grundsätzlich als Herstellungskosten zu behandeln seien. Aus den übrigen vorgelegten Rechnungen zum Nachweis weitere Erhaltungsaufwendungen könne an keiner Stelle entnommen werden, dass weiterer die Altbausubstanz betreffende Erhaltungsaufwendungen angefallen seien. Der Vortrag zu dem nunmehr geltend gemachten weiteren Zinsaufwand sei nicht nachvollziehbar. Der Grundstückskaufpreis sei in dem notariellen Vertrag vom 09.07.1996 mit 200.000,00 DM beurkundet worden und sollte zur Rückführung der Darlehen, die die Bank E der Voreigentümerin gewährt hatte, überwiesen werden. Diese Vereinbarung sei offensichtlich nicht eingehalten worden, denn die Darlehen valutierten am 01.01.1996 mit 346.146,00 DM und am Ende des Streitjahres 1998 noch mit 307.043,00 DM. Anhaltspunkte für eine falsche Beurkundung seien nicht ersichtlich. Aus der dinglichen Belastung von Grundstücken mit Hypotheken oder Grundschulden ergebe sich für sich allein auch noch kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus V+V.

Im Klageverfahren reichte die Klägerseite mit Schriftsatz vom 18.01.2007 Schreiben im Zusammenhang mit der baurechtlichen Problematik der Nutzung des Gebäudes als Arztpraxis ein. Auf diese Anlagen wird ausdrücklich Bezug genommen.

Der Senat hat am 23.01.2007 und 08.05.2007 mündlich verhandelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 08.05.2007 ist der Notar N als Zeuge vernommen worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Protokolle der Senatsverhandlungen verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch die beigezogenen Akten des 13. Senats des FG Münster (13 K 1127/05 E und 13 V 3095/03 E), sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen in zutreffender Art und Weise in Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten unterteilt. Auch die angesetzte AfA ist zutreffend. Eine Berücksichtigung von Zinsen, die der Verkäuferin des Grundstücks, Frau SI, in Rechnung gestellt worden sind, bei der Klägerin scheidet im Streitjahr aus. Da der Senat eine Verböserung der Einkommensteuerfestsetzung für 1998 nicht vornehmen darf, bleibt es bei der Berücksichtigung des von Beklagtenseite als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzten Betrages von 13.113,76 DM. Eine Berücksichtigung zusätzlicher AfA auf einen Grundstückskaufpreis von 346.146 DM scheitert daran, dass ein solcher Kaufpreis von der Klägerin mit der Verkäuferin nicht vereinbart worden ist und seitens des Beklagten die AfA für den tatsächlich vereinbarten Kaufpreis zutreffend angesetzt worden ist.

Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Diese Begriffsbestimmung ist auch für das Steuerrecht maßgeblich (BFH-Urteil vom 13.10.1998 IX R 80/95, BFH/NV 1999, 605). Eine solche Erweiterung liegt bei einem Anbau vor (BFH-Beschluss vom 08.05.2001 IX B 153/00, BFH/NV 2001, 1290, vgl auch BFH-Urteil vom 25.01.2007 III R 49/06, DStR 2007, 988 zu dem deckungsgleichen Herstellungskostenbegriff beim InvZulG 1999), der im vorliegenden Fall gegeben ist.

Die Aufwendungen des Anbaus verlören auch nicht dadurch ihre Eigenschaft als Herstellungskosten, wenn erst durch diesen Anbau, wie von Klägerseite behauptet, das Betreiben der Arztpraxis weiter ermöglicht würde. Entscheidend für die Beurteilung der Aufwendungen als Herstellungskosten ist die Funktionsfähigkeit des Gebäudes als Mietobjekt und nicht die Funktionsfähigkeit des Gebäudes als Arztpraxis. Folgte man dagegen der Klägeransicht, dass es auf die Funktionsfähigkeit des Gebäudes als Arztpraxis ankäme, so führte dies aus Sicht des Senats im vorliegenden Fall allerdings zum gleichen Ergebnis, da sich aus den vorgelegten Unterlagen eindeutig ergibt, dass ein Anbau für die Beibehaltung der Arztpraxis nicht zwingend erforderlich war. Es reichte vielmehr nach Ansicht des Gewerbeaufsichtamts E, der sich der Regierungspräsident E in seinem Widerspruchsbescheid vom 26.08.1992 anschloss, die Entfernung der von der Verkäuferin, Frau SI, vorgenommenen Deckenverkleidung aus. Dies hätte zu einer Raumhöhe von 2,30 m und damit zur Genehmigung des Betriebes einer Arztpraxis geführt (vgl. S. 4 des Widerspruchsbescheides des RP E vom 26.08.1992).

Die schon im ADV-Verfahren vor dem 13. Senat des FG Münster (13 V 3095/03 E) vorgelegten Rechnungen sind auch nicht geeignet darzulegen, dass und in welchem Anteil bzw. in welcher Höhe Erhaltungsaufwand an dem Gebäude außerhalb des Bereichs des Anbaus erfolgte. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss dieses Senats vom 09.07.2003 verwiesen, die sich der erkennende Senat zu eigen macht. Eine Aufteilung insbesondere der Arbeiten der Fa. D mit Sitz in B/Ausland ist dem Senat nach den vorgelegten Rechnungen mit Pauschalpreisen und den sonstigen Bau- und Rechnungsunterlagen weiterhin nicht möglich. Auch im Klageverfahren hat die Klägerin keine detaillierten und spezifizierten Baubeschreibungen vorlegen können. Die Dachbegrünung der Außenanlage steht nach Ansicht des Senats mit dem Gebäude im Zusammenhang, da dies dem Raumklima und der Isolierung desselben als wesentlicher Bestandteil dient. Diese Begrünung ist deshalb als Herstellungskosten des Gebäudes zu qualifizieren. Die AfA auf diese Kosten bemisst sich folglich entsprechend der AfA für das Gebäude.

Eine Berücksichtigung der von Klägerseite geltend gemachten zusätzlichen Zinsaufwendungen in Höhe von weiteren 9.582,21 DM scheitert bereits an dem fehlenden Nachweis der entsprechenden Belastung der Klägerin im Streitjahr und auch daran, dass die Klägerin vereinbarungsgemäß nur einen Betrag von 200.000 DM der zum 01.09.1996 valutierenden Darlehen von 346.146,01 DM übernommen hatte. Der hierauf entfallende Anteil der Schuldzinsen in Höhe von 13.113,76 DM ist vom Beklagten im Streitjahr bereits berücksichtigt worden.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG können Schuldzinsen als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn sie mit einer Einkunftsart, im vorliegenden Fall mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, in Zusammenhang stehen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG setzt der Abzug einen Abfluss im Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum voraus. Ein solcher ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Die Zinszahlungen erfolgten von einem Konto, welches auf den Namen der Verkäuferin Frau SI lautete. Eine Übertragung auf die Klägerin erfolgte bis zum Zeitraum des Streitjahres einschließlich nicht. Da die Klägerin nach dem notariellen Kaufvertrag nur die dingliche Schuldhaft, nicht aber auch die persönliche übernahm, ist es nicht möglich, das entsprechende Konto, welches den Namen der Frau SI trug, der Klägerin zuzurechnen. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass dieses Baukonto im Streitzeitraum der Frau SI zuzurechnen ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin mit dem Mieter unter dem 01.04.1996 vereinbarte, dass die Mieten auch weiterhin auf dieses Konto gezahlt werden sollten. Diese Vereinbarung führt zwar zur Vereinnahmung der Mieten durch die Klägerin, nicht aber auch zur Verausgabung in Höhe der von Frau SI geschuldeten Zinsen durch die Klägerin.

Nach § 4 Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages war der Kaufpreis für das Grundstück vielmehr am 01.09.1996 fällig und von der Klägerin in voller Höhe zu überweisen. Der notarielle Kaufvertrag enthält keine Vereinbarung darüber, dass die Klägerin persönlich die Verbindlichkeiten oder die Zinszahlungspflichten der Frau SI gegenüber der Bank E übernehmen sollte.

Eine solche Vereinbarung ist für den Senat auch ansonsten in Bezug auf den Streitzeitraum nicht erkennbar.

Damit eine solche Vereinbarung steuerlich berücksichtigungsfähig wäre, bedürfte sie grundsätzlich einer notariellen Vereinbarung in den Jahren 1996 bis einschließlich 1998. Dies ergibt sich nach Ansicht des Senats schon aus dem Formzwang bei Grundstücksübertragungen gemäß § 313 BGB a. F. (jetzt § 311b BGB) (vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 311b, Rz. 25). Eine solche Vereinbarung ist nicht vorgelegt worden. Damit besteht die widerlegbare Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Vertragsinhalts gemäss dem notariell beurkundeten Vertrag vom 09.07.1996.

Eine hiervon abweichende steuerliche Berücksichtigung, die bei Vorliegen des notariellen Kaufvertrages als Scheingeschäft gemäß § 41 Abs. 2 AO denkbar ist, scheidet in Bezug auf die Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten aus. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien den Eintritt der erklärten Rechtsfolgen übereinstimmend nicht wollen (vgl. nur BFH-Urteil vom 07.11.2006 IX R 4/06, BStBl II 2007, 372; vom 21.09.2004 IX R 5/03, BFH/NV 2005, 498). Ein Indiz für das Vorliegen eines solchen Scheingeschäfts ist gegeben, wenn die Vertragsparteien offenkundig die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 21.09.2004 IX R 5/03, BFH/NV 2005, 498 m.w.N.). Beachtet man diese höchstrichterlichen Grundsätze, so könnten im vorliegenden Fall zwar Zweifel hinsichtlich der Entgeltlichkeit des Grundstückskaufvertrages zwischen Frau SI und der Klägerin bestehen, da eine Kaufpreiszahlung, wie zwischen diesen Parteien vereinbart, nicht erfolgte. Der Kaufvertrag könnte deshalb als Scheingeschäft für eine verdeckte unentgeltliche Grundstücksübertragung verstanden werden. Allerdings verkennt auch der Senat nicht, dass eine Grundstücksübertragung erfolgte und zumindest in späteren Jahren Darlehen der Frau SI von der Klägerin übernommen worden sind. Inwieweit diese Übernahme anstelle der Zahlung der im Kaufvertrag genannten 200.000 DM treten wird, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ist aber für das Streitjahr mangels vorliegender Vereinbarung auch nicht weiter aufklärungsbedürftig. Aus diesem Grunde bedurfte es einer Vernehmung der geladenen und erschienenen Mitarbeiter der Bank nicht mehr. Der Senat geht zugunsten der Klägerin davon aus, dass diese das Grundstück entgeltlich erworben hat.

Indizen für das Vorliegen eines Scheingeschäfts hinsichtlich der Kaufpreishöhe sind nach Überzeugung des Senats für das Streitjahr ebenfalls nicht erkennbar. Die Annahme eines Scheingeschäfts scheitert schon an der fehlenden Offenkundigkeit einer abweichenden Vereinbarung zwischen den Parteien, was aufgrund der Zeugenvernahme des Notar N - auch bei Zugrundelegung der Klägerbehauptungen - für den Senat feststeht. Der Zeuge Notar N schilderte im Rahmen dieser Befragung glaubhaft und glaubwürdig, dass über die vertragliche Ausgestaltung des fraglichen Kaufvertrages intensiv im Vorfeld diskutiert worden sei. Dies ergäbe sich aus dem umfangreichen Schriftverkehr aus seiner Handakte. Dabei sei ein Kaufpreis von 200.000 DM bei gleichzeitiger nur dinglicher Übernahme der eingetragenen Grundschulden durch die Klägerin gefunden worden. Er betonte, dass er nach seiner Erinnerung über die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung informiert habe. Soweit der Zeuge diesbezüglich eine Einschränkung machte, ist dies aufgrund des langen Zeitablaufs verständlich. Diese Aussage entspricht dem notariellen Vertragstext und ist nachvollziehbar. Dass die Parteien daneben, ohne dies in den Gesprächen mit dem Notariat irgendwie kenntlich zu machen, an einer anderen Höhe des Kaufpreises neben dem notariellen Vertrag weiter festhielten, ist nicht erkennbar und auch unwahrscheinlich. Glaubhaft ist vielmehr die Aussage des Zeugen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen nicht.

Unter Berücksichtigung dieser Zeugenaussage und des vorliegenden notariellen Kaufvertrages vom 09.07.1996 bedurfte es einer weitergehenden Zeugenvernahme nicht. Denn selbst wenn der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass sowohl sie wie auch Frau SI eine weitergehende schuldrechtliche Haftung der Klägerin für Verbindlichkeiten der Frau SI angestrebt hätten, ist eine solche Vereinbarung zwischen Parteien mit Wirkung für das Streitjahr nicht umgesetzt worden. Aufgrund der vom Zeugen N beschriebenen intensiven Verhandlungen im Vorfeld des Vertragsabschlusses ist insbesondere die hierfür nötige Offenkundigkeit einer anderslautenden Vereinbarung zwischen den Parteien nicht denkbar. Spätestens im Augenblick des Vertragsabschlusses muss eine solche Regelung nach Überzeugung des Senats fallen gelassen worden sein. Dies ist zwingende Folge der vorliegenden Aufklärung durch den Notar. Beiden Parteien war deshalb klar, welche Regelungen wirklich vereinbart worden sind. Die Kenntnis des für Frau SI anwesenden Herrn H ist hierbei gemäß § 166 BGB analog dieser zuzurechnen.

Aufgrund des bislang Gesagten kann es der Senat dahinstehen lassen, wie eine spätere Umschreibung des Baukontos auf die Klägerin zu werten ist. Insoweit muss sich der Senat auch nicht mit der Frage beschäftigen, inwieweit Vereinbarungen zwischen der Klägerin und Frau SI, welche beide Lebensgefährtinnen des Mieters H sind bzw. waren, sogar einem Fremdvergleich gerecht werden müßten.

Der Senat geht aufgrund des bisher Gesagten auch davon aus, dass die AfA im Streitjahr höchstens von dem im notariellen Kaufvertrag vom 09.07.1996 genannten Kaufpreis als Anschaffungskosten berechnet werden kann. Da der Beklagte diesen Betrag zutreffend berechnet und auch als AfA berücksichtigt hat, kann es der Senat dahinstehen lassen, ob im Streitjahr eine solche AfA ggf. aufgrund einer fehlenden tatsächlichen Aufwendung des Kaufpreises gänzlich zu unterbleiben hätte. Der aktivierbare und damit auch als Bemessungsgrundlage für die AfA gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG berücksichtigungsfähige Anschaffungspreis setzt bekanntlich eine solche tatsächliche Aufwendung voraus (vgl. nur HHR-Stobbe, § 6 Rz. 285 m.w.N.). Doch selbst wenn das Gericht hier zu dem Ergebnis käme, dass eine solche tatsächliche Aufwendung des Kaufpreises mit Relevanz für das Streitjahr nicht vorläge, hinderte das für das Gericht geltende Verböserungsverbot (vgl. Tipke in T/K, § 100 FGO, Rz. 36) daran, die Einkommensteuer 1998 höher festzusetzen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe, gemäß § 115 Abs. 2 FGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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