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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 03.07.2007
Aktenzeichen: 1 K 1731/06 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

1 K 1731/06 F

Tenor:

Unter Änderung des Bescheides für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 05.01.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2006 wird der ausgleichsfähige Verlust im Sinne des § 15 a EStG für den Kläger zu 2) auf insgesamt 4.187.178,63 DM festgestellt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des ausgleichsfähigen Verlustes im Sinne des § 15 a EStG.

Das Kommanditkapital des Klägers zu 2) wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 21.07.2000 um 8.399.998 DM auf 10.000.000 DM erhöht. Die Kapitalerhöhung ist am 23.08.2000 in das Handelsregister eingetragen worden. Im Feststellungszeitraum 2000 entfiel auf den Kläger zu 2) ein Verlustanteil im Sinne des § 15 a EStG im Betrag von 4.212.821,37 DM, der in voller Höhe als ausgleichsfähig berücksichtigt wurde.

Bei der Klägerin zu 1) fand eine Betriebsprüfung statt, die die Feststellungszeiträume 1998 bis 2002 umfasste. Sie führte u.a. unter dem 05.01.2005 zu einer Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001. Danach war der auf den Kläger zu 2) entfallende Verlust 2001 von 5.304.342,37 DM in Höhe von 1.868.223,77 DM ausgleichsfähig und in Höhe von 3.436.118,60 DM als verrechenbar festgestellt.

Gegen diesen Bescheid wurde Einspruch erhoben. Zur Begründung wurde geltend gemacht, Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht würden, führten regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren, vom Wortlaut des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG abweichenden Folge, dass Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähige Verluste zu qualifizieren seien, wenn hierdurch erneut ein negatives Kapitalkonto entstünde oder es sich erhöhe. Insoweit verwies die Klägerseite auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 14.10.2003, VIII R 32/01, BStBl II 2004, 359). Diese Rechtsprechung sei auf den Streitfall anzuwenden. Daher sei die Berücksichtigung eines Korrekturpostens außerhalb des Kapitalkontenvergleichs notwendig, der sich wie folgt entwickele:

 Kapitalerhöhung 20008.399.998,00 DM
./. ausgleichsfähiger Verlust 20004.212.821,37 DM
Korrekturposten 31.12.20004.187.176,63 DM
./. ausgleichsfähiger Verlust 2001 bisher1.868.223,77 DM
./. zusätzlich ausgleichsfähiger Verlust 2001 durch Verbrauch des verbleibenden Korrekturpostens2.318.952,86 DM
Korrekturposten31.12.2001 0,00 DM

Der im Feststellungszeitraum 2001 insgesamt entstandene Verlust nach § 15 a EStG betrage 5.304.342,37 DM, so dass nach Berücksichtigung des Korrekturpostens ein nicht ausgleichsfähiger Verlust 2001 in Höhe von 1.117.165,74 DM auf die Folgejahre vorzutragen sei.

Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 30.03.2006 zurück. Zur Begründung berief er sich auf den Wortlaut des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach sei ein Vergleich der Kapitalkontenstände am Schluss des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung (31.12.2001) und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (31.12.2000) anzustellen. Entscheidend sei, ob ein Negativsaldo des Kapitalkontos im Vergleich der Stichtage weiter angestiegen bzw. ein Negativsaldo entstanden sei oder nicht. Eine Einlageerhöhung in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr würde nur dann zur Ausgleichsfähigkeit eines Verlustes in einem späteren Wirtschaftsjahr führen, soweit die Einlageerhöhung zu einem positiven Kapitalkonto geführt habe. Die abweichende Rechtsprechung des BFH sei nach dem BMF-Schreiben vom 14.04.2004 (IV A 6 - S 2231a - 10/04 BStBl I 2004, 463) über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar.

Mit Schreiben vom 26.04.2006 erhoben die Kläger gegen die Einspruchsentscheidung Klage und verfolgen ihr Begehren weiter.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 05.01.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2006 dahingehend zu ändern, dass der ausgleichsfähige Verlust im Sinne des § 15 a EStG für den Kläger zu 2) in Anwendung der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 14.10.2003, VIII R 32/01) in Höhe von insgesamt 4.187.176,63 DM berücksichtigt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung nimmt er auf die Gründe der Einspruchsentscheidung Bezug.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat zu Unrecht den ausgleichfähigen Verlust im Sinne des § 15 a EStG unter Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift für den Kläger zu 2) nicht in Höhe von 4.187.176,63 DM berücksichtigt.

Zwar ist es nach dem Wortlaut § 15 a Abs. 1 EStG grundsätzlich nicht zulässig, den einem Kommanditisten zuzurechnenden Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb oder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten auszugleichen, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Der hiernach erforderliche Vergleich des Kapitalkontenstandes am Ende des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung mit demjenigen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres führt jedoch - wie der BFH im Urteil vom 14.10.2003 (VIII R 32/01, BStBl II 2004, 359) ausgeführt hat ( für den Fall, dass eine Einlage vor dem Wirtschaftsjahr der Verlustentstehung geleistet und nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht wurde, zu sinnwidrigen Ergebnissen. Die Vorschrift des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG ist deshalb für diese Fallkonstellation teleologisch zu reduzieren und die dadurch entstehende verdeckte Regelungslücke im Wege eines Analogieschlusses entsprechend dem Regelungsplan und der Entstehungsgeschichte des § 15 a EStG zu schließen. Diese, den Wortlaut korrigierende Rechtsfortbildung hat nach der genannten Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, zur Folge, dass außerhalb des Kapitalkontenvergleichs der geleistete Einlagebetrag, soweit er nicht durch im Wirtschaftsjahr der Einlage zugerechnete ausgleichsfähige Verluste verbraucht wurde, als Korrekturposten festzuhalten ist und damit Verlustanteile des Kommanditisten in den folgenden Wirtschaftsjahren bis zur Höhe des noch nicht verbrauchten Korrekturpostens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn durch die Verlustzurechnung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (s. auch FG Nürnberg, Urteil vom 15.11.2005, I 235/2004, EFG 2006, 1833).

Auf dieser Grundlage ist im Streitfall ein ausgleichsfähiger Verlust im Sinne des § 15 a EStG für den Kläger zu 2) in Höhe von insgesamt 4.187.176,63 DM (1.868.223,77 DM + 2.318.952,86 DM) festzustellen:

 Kapitalerhöhung 20008.399.998,00 DM
./. ausgleichsfähiger Verlust 20004.212.821,37 DM
Korrekturposten 31.12.20004.187.176,63 DM
./. ausgleichsfähiger Verlust 2001 bisher1.868.223,77 DM
./. zusätzlich ausgleichsfähiger Verlust 2001 durch Verbrauch des verbleibenden Korrekturpostens2.318.952,86 DM
Korrekturposten31.12.2001 0,00 DM

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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