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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 01.09.2009
Aktenzeichen: 1 K 1936/06 E
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 2
EStG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Gründe:

Streitig ist, ob im Betriebsvermögen gehaltene GmbH-Anteile im Wege der Teilwertabschreibung auf 0,00 DM abgeschrieben werden können.

Der Kläger ist mit 40.000,00 DM am Stammkapital der Firma C Stahl- und Metallbau GmbH (GmbH) mit Sitz in W beteiligt. Das gesamte Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.000,00 DM. Unternehmensgegenstand ist die Ausführung von Stahl-, Metall- und Rohrleitungsbau sowie der Handel mit Betriebseinrichtungen, Fachschränken, Bauelementen und Eisenwaren. Der Kläger ist außerdem Geschäftsführer der GmbH.

Im Wege einer Betriebsaufspaltung verpachtet er das unbewegliche Betriebsvermögen an die GmbH. Aus dieser Tätigkeit erzielt er u. a. Einkünfte aus Gewerbetrieb als Einzelunternehmer.

Von Mai bis Juni 2002 fand beim Kläger eine steuerliche Betriebsprüfung durch den Beklagten statt. Die Prüferin stellte u. a. folgendes fest:

In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Streitjahr 1999 berücksichtigte der Kläger eine Betriebsausgabe i. H. v. 23.424,00 DM. Hierbei handelt es sich um eine Teilwertabschreibung auf Finanzanlagen in Gestalt des Buchwertes der Beteiligung des Klägers an der GmbH. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung nicht vorlägen, da die GmbH nicht zeitnah stillgelegt bzw. liquidiert worden sei.

Am 16.07.2002 änderte das beklagte Finanzamt den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 1999 der Kläger nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Dabei berücksichtigte es den Betriebsausgabenabzug wegen der vorgenommenen Teilwertabschreibung nicht und setzte die Einkommensteuer auf 30.823,74 EUR fest.

Die Kläger legten gegen diesen Bescheid am 15.08.2002 Einspruch ein. Zur Begründung führten sie lediglich aus, für eine Wertminderung der Anteile könne ausreichen, dass die betreffende GmbH im Jahr 2002 tatsächlich die Durchführung eines Insolvenzverfahrens beantragt habe.

Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 04.04.2006 als unbegründet zurück. Wegen der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der am 08.05.2006 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Sie tragen ergänzend vor, es sei im Streitjahr tatsächlich nicht möglich gewesen, die Anteile des Klägers an der GmbH für einen Kaufpreis von auch nur einem Euro zu veräußern. Ein möglicher Kaufinteressent aus den Niederlanden habe von einem zunächst angedachten Verkauf Abstand genommen.

Das Gericht hat die Bilanzakten der GmbH für die Kalenderjahre 1994 - 2001 beigezogen.

Die GmbH erwirtschaftete in den Jahren 1994 - 1999 nachfolgend aufgeführte Gewinne/Verluste unter Einbeziehung der ebenfalls angeführten Miet- und Lohnzahlungen an den Kläger, wobei der Verlust des Jahres 1999 in Höhe von 592.000,00 DM auf einer Einzelwertberichtigung beruht.

 Gewinn/VerlustMiete/GesellschafterLohn/Gesellschafter
199420.966,- DM236.650,- DM387,922,- DM
199512.639,- DM193.000,- DM413.610,- DM
1996./. 223.301,- DM174.000,- DM373.659,- DM
1997./. 78.917,- DM174.000,- DM284,736,- DM
19989.313,- DM174.000,- DM203.772,- DM
1999./. 696.592,- DM174.000,- DM168.382,- DM
   

Der Kläger hat am 30. 08. 2009 unter Vorlage eines hausärztlichen Attestes Terminsverlegung beantragt. Der Berichterstatter hat durch Telefongespräch mit dem Klägervertreter am 31. 08. 2009 in dessen Büro auf die Möglichkeit einer Terminswahrnehmung durch dessen Kooperationspartner sowie die Möglichkeit des Verzichts auf eine mündliche Verhandlung hingewiesen. Außerdem hat er wegen der Ausführungen des Klägervertreters zu seiner Erkrankung ( Wirbelsäulenprobleme ) auf die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes zum Nachweis der Verhandlungsunfähigkeit hingewiesen. Daraufhin hat lediglich der Partner des Klägervertreters mitgeteilt, er sehe sich angesichts der Kürze der Zeit nicht in der Lage, den Fall vorzubereiten und wahrzunehmen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteueränderungsbescheid 1999 vom 16.07.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.04.2006 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb eine Teilwertabschreibung i. H. v. 23.424,00 € steuermindernd berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Der erkennende Senat konnte in der Streitsache mündlich verhandeln und entscheiden ohne dem Antrag des Klägervertreters auf Terminsverlegung zu entsprechen. Ein Beteiligter hat nur dann Anspruch auf Verlegung eines anberaumten Verhandlungstermins, wenn hierfür erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliegen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV, 520; vom 1. Februar 2002 II B 38/01, BFH/NV 2002, 938; vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584; BFH-Beschluss vom 7. August 2006 VIII B 98/05, Haufe-Index 1612047). Ein solcher Grund kann unter anderem darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist (der BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 520, 521 m. w. N.). Eine Terminsverlegung ist aber nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (BFH-Beschluss vom 17. April 2002, 151/00, BFH/NV 2002, 1047). Jedenfalls dann, wenn ein Verlegungsantrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird, muss das Finanzgericht an Hand der ihm bekannten Umstände beurteilen, ob eine Terminsverlegung gerechtfertigt ist. Dazu muss es in der Lage sein, sich über das Vorliegen eines Verlegungsgrundes ein eigenes Urteil zu bilden. Die Voraussetzungen hierfür zu schaffen ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt (BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/01, BFH/NV 2003, 178).

Diesen Anforderungen ist der Klägervertreter in Streitfall nicht nachgekommen. Das von ihm einen Tag vor der Verhandlung am 31. August 2009 vorgelegte hausärztliche Attest besagt nichts über Art und Umfang seiner Erkrankung. Angesichts des Umstandes, dass der Klägervertreter telefonisch am gleichen Tage trotz seiner Erkrankung dienstanwesend im Büro erreicht wurde, wäre insoweit, darauf hat der Berichterstatter hingewiesen, die Vorlage einer amtsärztlichen Bescheinigung notwendig und zumutbar gewesen.

Auch das Vorbringen des Kooperationspartners des Klägers, er sei nicht in der Lage sich in der gebotenen Form und Intensivität mit dem Sachverhalt zu beschäftigen, rechtfertigt keine Terminsverlegung.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 vom 16.07.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2006 zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung auf die im Betriebsvermögen des Klägers gehaltene Beteiligung an der GmbH nicht vorliegen.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Wirtschaftsgüter des nichtabnutzbaren Anlagevermögens, zu diesen gehört die vom Kläger gehaltene GmbH-Beteiligung, mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Ist der Teilwert niedriger so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung; jetzt nur noch unter Voraussetzung einer voraussichtlichen dauernden Wertminderung). Teilwert des Wirtschaftsgutes ist dabei der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das betreffende Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb in der bisherigen Weise vorführt (BFH-Urteil vom 6. November 2003 VI R 10/01, BStBl. II 2004, 416).

Für die Bestimmung des Teilwerts einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt nach der Rechtsprechung des BFH die Vermutung, dass er im Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung den Anschaffungskosten entspricht. Eine Teilwertabschreibung setzt voraus, dass entweder die Anschaffung als Fehlmaßnahme anzusehen ist oder aber die Wiederbeschaffungskosten nach dem Erwerb der Beteiligung gesunken sind, weil sich der innere Wert des Beteiligungsunternehmens vermindert hat.

Eine solche Wertminderung ergibt sich nicht bereits daraus, dass hohe Verluste im Beteiligungsunternehmen entstanden sind. Denn für den Wert der Beteiligung sind nicht nur die Ertragslage und die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens maßgebend (BFH-Urteile vom 27. Juli 1988 I R 104/84, BStBl. II 1998, 274, vom 7.November 1990 I R 116/86, BStBl. II 1991, 342 und vom 6. November 2003 V R 10/01, BStBl. II 2004, 416 m. w. N.).

Wird die Beteiligung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vom Besitzunternehmen gehalten, hat ihre funktionale Bedeutung für die Wertbestimmung besonderes Gewicht (FG Baden-Württemberg Urteil vom 13. April 1998 II K 322/84, EFG 1989, 505). Denn die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft ist Bestandteil der unternehmerischen Betätigung der sowohl Besitz- als auch Betriebsunterhemen beherrschenden Personen oder Personengruppe. Ein gedachter Erwerber des Besitzunternehmens würde den anteilig für die Kapitalbeteiligung zu zahlenden Preis vorwiegend danach bestimmen, welche Ertragsaussichten für die abgestimmte Tätigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen bestehen. Der sich dabei ergebene Wert kann erheblich von dem Betrag abweichen, denn derjenige zu zahlen bereit wäre, der lediglich die Anteile der Betriebskapitalgesellschaft erwirbt.

Dabei darf die Bestimmung des Werks der Beteiligung jedoch nicht alleine auf die funktionale Bedeutung der Betriebsgesellschaft für die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verwirklichte unternehmerische Gesamtbetätigung abgestellt werden. Dann käme es womöglich niemals zu einer Teilwertabschreibung, auch wenn insgesamt vom Besitz- und Betriebsunternehmen keinerlei Gewinne mehr erzielt werden könnten. Vielmehr folgt aus der Berücksichtigung der funktionalen Bedeutung der Beteiligung der Betriebsgesellschaft für deren Bewertung, dass eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen anzustellen ist. Weist der Steuerpflichtige nach, dass diese in einem solchem Maße gesunken sind, dass ein Erwerber des Besitzunternehmens für die zu dessen Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Besitzkapitalgesellschaft einen hinter den Anschaffungskosten zurückbleibenden Preis zahlen würde, kann eine diesbezügliche Teilwertabschreibung vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 06.11.2003 a. a. O.).

Unter Anlegung der vorstehend beschriebenen Maßstäbe hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung der GmbH weder schlüssig dargelegt noch glaubhaft gemacht. Sein im Einspruchsverfahren erfolgter Hinweis auf ein Insolvenzverfahren der GmbH im Kalenderjahr 2002 rechtfertigt jedenfalls keine Teilwertabschreibung bereits im Streitjahr.

Auch sein im Klageverfahren zusätzlich erfolgter Hinweis eine Veräußerung des Betriebsunternehmens im Streitjahr 1999 sei gescheitert, weil ein möglicher Erwerber aus den Niederlanden nicht bereit gewesen sei, einen Kaufpreis von mindestens 1 € zu bezahlen, eröffnet die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung im Streitjahr nicht. Ausdiesem Sachverhalt lässt sich ein entsprechend niedrigerer Teilwert nicht ableiten.

Nach den o. a. Grundsätzen ist für die Bewertung der Beteiligung an der Betriebsgesellschaft abzustellen auf die Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang nur die Lohnzahlungen der GmbH an den Kläger und seine Ehefrau hat die unternehmerische Gesamtbetätigung des Klägers bis einschließlich 1998 nicht unerhebliche Gewinne in einer Gesamthöhe von rund 1,4 Mio. DM erwirtschaftet. Der bei dieser Betrachtungsweise im Streitjahr 1999 erstmals erwirtschaftete Verlust in Höhe von rund 528.000 DM, der nach Feststellungen des Betriebsprüfers zudem aus dem Ausfall eines einzelnen Hauptgläubigers resultiert, belegt danach nicht, dass der Teilwert der vom Kläger gehaltenen GmbH-Anteile unter deren historischer Anschaffungskosten gesunken ist.

In diesem Zusammenhang muss zu Lasten des Klägers weiter angeführt werden, dass die Bilanz seines Einzelunternehmens zum 31.12.1999 ein positives Eigenkapital in Höhe von fast 250.000 DM ausweist. Berücksichtigt man zusätzlich, dass in den bilanzierten Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Bauten nicht unerhebliche stille Reserven enthalten sein dürften, rechtfertigen neben der Ertragslage der gesamtunternehmerischen Betätigung auch die vorhandenden Substanzwerte eine Teilwertabschreibung im Streitjahr nicht.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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