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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 03.04.2001
Aktenzeichen: 1 K 3426/98 F
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 179 Abs 2
AO 1977 § 179 Abs 2 S 2
AO 1977 § 180 Abs 1
AO 1977 § 180 Abs 1 Nr 2a
AO 1977 § 183 Abs 1
AO 1977 § 183 Abs 1 S 2
AO 1977 § 183 Abs 2
EStG § 15 Abs 3
EStG § 15 Abs 3 S 1
AO 1977 § 125 Abs 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES hat der 1. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 03.04.2001, an der teilgenommen haben:

aufgrund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Streitig ist in formeller Hinsicht, ob ein Feststellungsbescheid nichtig ist, materiell ist streitig, ob eine Betriebsaufgabe oder die Entnahme eines Grundstückes im Streitjahr oder zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt ist.

Die Kläger (Kl.) sind Gesellschafter der vormaligen A. OHG (OHG) aus ... . Die OHG entstand mit Wirkung ab dem 01.01.1949 durch Gesellschaftsvertrag vom 05. August 1948. Der damalige Inhaber der Einzelfirma A. , O. S. sen., nahm seine Söhne W. S. , den Kl. zu 1), und O. S. jun. als Gesellschafter auf. Gegenstand des Handelsgewerbes der OHG war der Betrieb einer Leinen- und Halbleinenweberei, welche Tisch- und Bettwäsche herstellte. Daneben betrieb die OHG einen Großhandel mit den von ihr hergestellten Waren. Ab 1942 wurden - zunächst durch die Einzelfirma - auch in wechselnder Größenordnung zugekaufte Waren im Großhandel vertrieben. Nach dem Tode von O. S. sen. im Jahre 1952 setzten die Söhne die OHG fort und betrieben die Produktion und den Großhandel unter der Firma A. OHG weiter. Von Ende 1965 bis April 1966 stellte die OHG die Produktion ein und verkaufte sämtliche Webereimaschinen. Auch das übrige Anlagevermögen wurde bis auf wenige Ausnahmen veräußert oder verschrottet. Die Produktionshalle wurde vollständig geräumt. Die OHG betrieb den Großhandel mit Tisch- und Bettwäsche weiter. Sie nutzte zunächst noch Lagerflächen im ersten Geschoß des Verwaltungsgebäudes und im Untergeschoß der Produktionshalle. Nach dem Verkauf der Lagerbestände - etwa Ende 1968 - wurde die eigene Lagerhaltung weitgehend eingestellt und der Großhandel im wesentlichen im Streckengeschäft abgewickelt.

Im Herbst 1970 verpachtete die OHG den Großhandel mit Tisch- und Bettwäsche an die ... gesellschaft A. mbH (GmbH), an der der Kl. zu 1) und O. S. jun. zu je 50 % beteiligt waren. Die GmbH zahlte für den Gewerbebetrieb eine umsatzabhängige Pacht wegen deren Höhe auf Bl. 7 der Gerichtsakte verwiesen wird. Daneben wurde für die Nutzung der Räume ein gesondertes Entgelt entrichtet. Nach dem Tode von O.-S. jun. am 14.02.1981 folgte dessen Ehefrau G. S. , die Klin zu 2), als Gesellschafterin der OHG und der GmbH nach. Am 31.08.1981 übertrug die Klin. zu 2) ihren Anteil an der GmbH auf den Kl. zu 1). Der Pachtvertrag zwischen der OHG und der GmbH wurde zum 30.09.1981 gekündigt. Allerdings wurde auch nach der Kündigung weiterhin die Pacht gezahlt und das Pachverhältnis weiter durchgeführt.

Ende 1985 wurde die A. OHG (neu) gegründet. Gesellschafter der OHG (neu) waren der Kl. zu 1) und die GmbH. Später schied die GmbH aus der OHG (neu) aus und die Ehefrau des Kl. zu 1), Frau D. S., trat in die OHG (neu) ein. Die OHG (neu) pachtete ab 1986 den Gewerbebetrieb Großhandel von der OHG bis zur Kündigung zum 31.12.1991. Bis zum 31.12.1991 zahlte die OHG (neu) Pacht für den Gewerbebetrieb, zuletzt 100 DM pro Jahr.

Ab dem 01. November 1965 wurde die Produktionshalle und Teile des Verwaltungsgebäudes der OHG an die Bundeswehrverwaltung vermietet. Sie nutzte die Gebäude ab dem 01.08.1967. Am 31.07.1975 endete die Verpachtung an die Bundeswehrverwaltung. Teile des Verwaltungsgebäudes wurden beginnend ab dem 15.09.1975 an verschiedene Pächter verpachtet. Die OHG und die GmbH zogen nach und nach in das ehemalige Werkswohnhaus ... um. Als das Verwaltungsgebäude 1976 vollständig fremdvermietet werden konnte, verlegten die OHG und die GmbH sämtliche Tätigkeiten in die ...

1977 wurde die Produktionshalle von der OHG mit einem Aufwand von ca. 1,5 Millionen DM zu einem Supermarkt umgebaut und an die Firma C. verpachtet. Die Kosten wurden als Aufwand gebucht und aktiviert. In den Erläuterungen zur Bilanz auf den 31.12.1977 heißt es unter "rechtliche Verhältnisse":

"Nachdem die Firma bereits im Frühjahr 1966 die Fabrikation eingestellt hat und das bewegliche Anlagevermögen fast vollkommen veräußert worden ist, wurde im Herbst 1970 auch der Großhandel und die Manipulation in Leinen- und Halbleinenerzeugnissen aufgegeben. Der Gewerbebetrieb wurde mit Wirkung vom 01. Oktober 1970 laut vorliegendem Pachtvertrag an die Firma ... gesellschaft A. mbH in ... verpachtet. Die Betriebsgebäude und das Verwaltungsgebäude sind seit dem 01. November 1965 mit Unterbrechungen vermietet".

1979 entnahmen die Gesellschafter unter Aufdeckung der stillen Reserven zwei Werkswohnhäuser in der ... straße aus dem Betriebsvermögen der OHG. Die Entnahme erfolgte nach vorheriger Absprache mit dem Bekl. auf Basis von Grundstücks- bzw. Gebäudewerten, die von einem vereidigten Sachverständigen ermittelt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk über ein Telefonat in den Steuerakten für das Jahr 1979 und auf die Bilanzausweise Bezug genommen.

Am 23. Dezember 1992 schlossen die Kl. vor dem Notar ... (UR ... ) einen Auseinandersetzungsvertrag mit Grundstücksübertragungen und Auflassung. Sie lösten die OHG auf und setzten sich dahin auseinander, daß das Eigentum an dem Grundbesitz der OHG auf die Kl. zu je œ übergehen sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag in der Vertragsakte verwiesen.

Die OHG erklärte bis zum Jahr 1991 stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Erläuterungen zu den Bilanzen enthielten ab 1978 stets den Zusatz:

"Eine eigene gewerbliche Tätigkeit konnte bisher noch nicht wieder aufgenommen werden." Sie erklärte auch nach Gründung der OHG (neu) bis 1991 Einkünfte aus der Verpachtung des Textilgewerbes, zuletzt 100 DM jährlich.

Die Bilanz für 1991 ging dem Bekl. mit der Feststellungserklärung für 1991 am 09.04.1992 zu. In dieser Feststellungserklärung, wie auch in den seit 1973 eingereichten Feststellungserklärungen war der Kl. zu 1) stets als Feststellungsbeteiligter zu 1) benannt, zunächst O. S. jun., dann seine Ehefrau, die Klin. zu 2) stets die Feststellungsbeteiligten zu 2).

1992 wandten sich die Kl. an den Bekl. und baten um eine verbindliche Auskunft. Die Kl. vertraten die Ansicht, spätestens mit Durchführung größerer Umbaumaßnahmen 1977 sei eine Betriebsaufgabe erfolgt. Für die Jahre 1966 bis 1976 könne möglicherweise noch von einer Betriebsverpachtung ausgegangen werden. Da aber in 1977 das Betriebsgebäude zu einem Supermarkt umgebaut worden sei, seien danach die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung nicht mehr gegeben gewesen. Eine Betriebsverpachtung sei nur solange möglich, wie die wesentlichen Grundlagen des Betriebes als einheitliches Ganzes verpachtet seien. Die Kl. hätten daher zu Unrecht zumindest für die Jahre 1977 bis 1991 Bilanzen aufgestellt und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Spätestens ab dem Jahre 1977 habe kein Gewerbebetrieb mehr existiert, welcher hätte verpachtet werden können. Denn eine Nutzung des Gebäudes als Fabrik sei nach dem Umbau in einen Supermarkt nicht mehr möglich gewesen. Da die Entnahme - spätestens in 1977 - im Jahr der Entnahmehandlung nicht mehr berücksichtigt werden könne, sei das entnommene Wirtschaftsgut erfolgsneutral aus der Bilanz des Wirtschaftsjahres, für das noch keine bestandskräftige Veranlagung zur Steuer vorliege, auszubuchen.

Der Bekl. verweigerte die Erteilung einer verbindlichen Auskunft, da der Sachverhalt, für den die verbindliche Auskunft beantragt werde, bereits verwirklicht sei. Er vertrat die Ansicht, daß eine Betriebsaufgabe erst mit Abschluß des notariellen Vertrages vom 23.12.1992 erfolgt sei. Für eine Betriebsaufgabe zu einem früheren Zeitpunkt fehle es an einer eindeutigen Aufgabeerklärung der OHG bzw. der Kl.

Die Feststellungserklärung der OHG für das Jahr 1992 ging dem Bekl. am 23. September 1993 zu. Sie bestand aus dem Mantelbogen "Erklärung zur gesonderten- und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung", aus der Anlage V und aus der Anlage FB zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. In der Anlage FB waren - wie in den Vorjahren auch - als Feststellungsbeteiligte unter Nr. 1 W. S., ... und unter Nr. 2 G. S., ... angegeben. Für den Kl. zu 1) wurde eine Sondervergütung für Tätigkeiten für die Gesellschaft erklärt.

Der Bekl. beauftragte seinen Bausachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens über den Verkehrswert des Grundbesitzes der OHG. Der Sachverständige ermittelte diesen mit 3.500.000 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten des Sachverständigen Bezug genommen. Auf Grundlage des Gutachtens des Bausachverständigen ermittelte der Bekl. einen Aufgabegewinn von 3.317.235 DM. Daneben berücksichtigte er die von dem Kl. erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V) von 342.220 DM als laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Durch Bescheid vom 11. Oktober 1993, gerichtet an Herrn W. S., ... setzte der Bekl. die Einkünfte aus laufenden Einnahmen aus Gewerbebetrieb und die Einkünfte aus dem Veräußerungsgewinn fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen ESt 1, 2, 3 B zur gesonderten und einheitlichen Feststellung verwiesen.

Der Einspruch gegen diesen Bescheid blieb erfolglos. In dem sich anschließenden Klageverfahren beim Finanzgericht Münster, Aktenzeichen 2 K 4784/95 F hob der Bekl. in der mündlichen Verhandlung den Feststellungsbescheid und die Einspruchsentscheidung (EE) auf, da der damals zuständige Senat den Bekl. darauf hingewiesen hatte, daß der Feststellungsbescheid und die EE einzeln an die beiden Gesellschafter der ehemaligen OHG bekanntzugeben waren.

Jeweils durch Bescheide vom 17.12.1997, gerichtet an die Kl. als Gesellschafter der vormaligen A. OHG, setzte der Bekl. die Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit und aus dem Veräußerungsgewinn in unveränderter Höhe fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage ESt 3 BM (85) verwiesen. Diese Anlage ist überschrieben: "Anlage ESt 3 BM (85) zur geänderten gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für 1992." In dieser Anlage sind die Beteiligten als Nr. 1 und Nr. 2 bezeichnet. Die Anlage ESt 3 BM (85) enthält in der Spalte über den Beteiligten den Hinweis: "Beteiligter laut Abschn. E des Vordrucks ESt 3 BM (85)." Einen Abschnitt E enthielten die Bescheide nicht. Die Bescheide wurden den Gesellschaftern jeweils am 18.12.1997 bekanntgegeben.

Gegen die Bescheide legten die Kl. erfolglos Einspruch ein. Jeweils durch EE vom 23.04.1998 wies der Bekl. die Einsprüche als unbegründet zurück.

Ihre Klagen begründen die Kl. in formeller Hinsicht damit, daß der Feststellungsbescheid für 1992 nichtig sei. Die Feststellung der Einkünfte der Beteiligten an der OHG sei nicht in der gebotenen Form erfolgt. Aus den Feststellungsbescheiden sei nicht ersichtlich, auf welchen Gesellschafter welche Einkünfte entfielen. Es werde weder der jeweilige Anteil am Gesamtgewinn ausgewiesen, noch würden die Feststellungsbeteiligten in einer Anlage zum Bescheid namentlich genannt. Ein Feststellungsbescheid gliedere sich in einen Verwaltungsakt über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften in einem Gesamtbetrag (Formular ESt 3 B) sowie der Feststellung der Einkünfte, die den Beteiligten steuerlich zuzurechnen seien (Verteilung der Gesamteinkünfte) in der Anlage ESt 1, 2, 3 B. Der Bekl. habe nicht diesen Formularsatz, sondern den Formularsatz "Anlage ESt 3 BM (85)", welcher für geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte anzuwenden sei, verwandt. Dieser Formularsatz verlange zwingend die Nennung der Beteiligten in Abschnitt E des Vordrucks ESt 3 BM (85). Der Teil, in dem die Beteiligten aufzuführen seien, fehle. Daher sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich, welchem der Feststellungsbeteiligten welche Einkünfte zuzurechnen seien. Eine hälftige Zurechnung der Einkünfte für jeden Beteiligten scheide aus, da dem Beteiligten zu 1) eine Vergütung für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft zugerechnet worden sei.

Hinsichtlich der Frage der Aufgabe des Gewerbebetriebs wiederholen und vertiefen die Kl. ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend tragen sie vor, die Pachteinkünfte seien anteilig auf die Zeit der Vermietung durch die OHG und durch die GbR wie folgt zu verteilen:

 Überschuß: 357/365 von 301.822 DM295.206 DM
+ Tätigkeitsvergütung52.437 DM
- Sonderwerbungskosten- 12.039 DM
Summe:335.604 DM

Wegen der Zurechnung der Einkünfte wird auf die Klageschrift (Bl. 14 der Prozeßakte) verwiesen.

Der Bekl. hat am 20.11.2000 einen geänderten Bescheid erlassen, in dem er der von den Kl. beantragten anteiligen Verteilung der Einkünfte folgt. Die Kl. haben diese Bescheide durch Antrag vom 21.12.2000 gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Die Kl. beantragen:

Die Feststellungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 jeweils vom 17.12.1997 und vom 20.11.2000 und die EE vom 23.04.1998 ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise die vorgenannten Bescheide dahingehend abzuändern, daß der im Gesamtbetrag enthaltene Aufgabegewinn auf 0 DM reduziert wird.

Sie beantragen weiter, im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Bekl. ist der Auffassung, die Feststellungsbescheide seien nicht nichtig, da aus der von den Kl. eingereichten Feststellungserklärung zu ersehen sei, daß der Kl. zu 1) W. S. Feststellungsbeteiligter zu Nr. 1 und die Klin. zu 2) Frau G. S. Feststellungsbeteiligte zu Nr. 2 sei. Die Feststellungsbescheide vom 17.12.1997 nähmen Bezug auf die von den Kl. eingereichte Feststellungserklärung. Die Feststellungserklärung sei den Kl. bekannt, daher hätten sie die in unterschiedlicher Höhe festgestellten Einkünfte dem jeweiligen Feststellungsbeteiligten eindeutig zurechnen können.

Der Bekl. habe auch zu Recht in 1992 einen Aufgabegewinn i. H. v. 3.317.235 DM festgestellt. Erst mit dem notariellen Vertrag vom 23.12.1992 habe die OHG ihre gewerbliche Tätigkeit eingestellt. Die Einstellung des Fertigungsbetriebes und der Verkauf der Maschinen in den Jahren 1965 und 1966 habe nicht zu einer Aufgabe des Gewerbebetriebes geführt. Gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in seiner jetzigen Fassung gelte die Tätigkeit einer Personengesellschaft insgesamt als gewerbliche Tätigkeit, wenn die Personengesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausübe. Die OHG habe nach Einstellung des Fertigungsbetriebes den Großhandel mit Tisch- und Bettwäsche betrieben, sie habe damit mit den Gegenständen gehandelt, die sie vorher hergestellt habe. Der Großhandel mit Tisch- und Bettwäsche stelle eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar. Es liege auch keine Teilbetriebsaufgabe hinsichtlich des Teilbetriebes "Leinen- und Halbleinenweberei" vor, da die OHG das die wesentliche Betriebsgrundlage des Teilbetriebs bildende Gebäude im gewerblichen Vermögen belassen habe und die übrige Tätigkeit weiterhin als gewerblich anzusehen gewesen sei.

Durch die Verpachtung des Großhandels an die GmbH am 01.10.1970 sei es ebenfalls nicht zu einer Betriebsaufgabe gekommen. Es habe eine Betriebsaufspaltung vorgelegen, da der Kl. zu 1) und sein Bruder O. S. jun. bis zum Tode von O. S. jun. zu gleichen Anteilen sowohl an der OHG als auch an der GmbH beteiligt gewesen seien. An die Stelle von O. S. jun. sei nach dessen Tod die Klin. zu 2) getreten.

Selbst wenn man eine Betriebsaufspaltung verneint, habe die OHG weiterhin eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, denn der von der OHG betriebene Großhandel sei im Ganzen an die GmbH verpachtet worden. Im Rahmen der Ausübung des sogenannten Verpächterwahlrechtes habe die OHG ihren Gewerbebetrieb in vollem Umfang verpachtet, sie hätte aber weiterhin einen ruhenden Gewerbebetrieb betrieben. Zu einer Betriebsaufgabe sei es mit der Verpachtung des Großhandels nicht gekommen, da die wesentlichen Betriebsgrundlagen weiterhin im Betriebsvermögen der OHG verblieben seien, die OHG diese als Betriebsvermögen bilanziert und eine eindeutige Aufgabeerklärung nicht abgegeben habe. Auch der Umbau des Gebäudes im Jahre 1977 habe nicht zu einer Entnahme des Grundstückes geführt, da das Grundstück weiterhin als Betriebsvermögen bilanziert worden sei und die OHG den Gewerbebetrieb Großhandel mit Tisch- und Bettwäsche weiterhin verpachtet habe. Erst mit der Auflösung der OHG durch den notariellen Vertrag vom 23.12.1992 sei das Betriebsgrundstück entnommen worden und die OHG aufgelöst worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die EE verwiesen.

Der Senat hat in der Sache am 3. April 2001 mündlich verhandelt. Er hat die Klagen durch Beschluß in der mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der später angefochtene Feststellungsbescheid ist nicht nichtig, da er nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) leidet. Er ist auch materiell rechtmäßig, da erst am 23.12.1992 eine Betriebsaufgabe erfolgt ist.

1) Der Feststellungsbescheid vom 17.12.1997 leidet nicht unter einem besonders schwerwiegenden Mangel gem. § 125 AO, der zur Nichtigkeit des Bescheides führen würde. Ein unter die Aufzählung der Absätze 2 und 3 des § 125 AO fallender Fehler liegt nicht vor. Ein Fehler ist schwerwiegend i. S. d. § 125 Abs. 1 AO, wenn die an einen ordnungsgemäßen Verwaltungsakt zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt sind, daß von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. Urteil des BFH vom 19.08.1999, IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409; Beschluß des BFH vom 14.04.1989, III B 5/89, BStBl. II 1990, 351). Weiter muß der Fehler bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig sein. Dabei ist auf die Sichtweise eines urteilsfähigen, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsbetrachters abzustellen (Tipke/Kruse, Kom. zur AO, § 125 Rnr. 6). Ein Bescheid der nicht erkennen läßt, gegen wen er sich richtet, ist stets nichtig, da er von niemanden befolgt werden kann (vgl. Urteil des BFH vom 19.08.1999 IV R 34/98, a. a. O.; Tipke/Kruse, § 122, Rnr. 15 f, § 125 Rnr. 7 f).

In dem den Kl. bekanntgegebenen Bescheid vom 17.12.1997 wurden die richtigen Inhaltsadressaten angegeben. Die Kl. wurden namentlich als ehemalige Gesellschafter der OHG benannt. Zwar ist die Rüge, die Einkünfte seien allein aus dem Bescheid den Kl. nicht zuzuordnen, begründet. Das allein macht aber den Bescheid nicht nichtig. Er ist zunächst auszulegen (vergl. Urteil des BFH vom 02.07.1997, I R 32/95, BStBl. II 1998, 176). Erst wenn auch nach Auslegung des Bescheides nicht erkennbar ist, wem welche Einkünfte zuzurechnen sind, ist der Bescheid nichtig. Bei der Auslegung kommt es darauf an, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vergl. Beschluß des großen Senats des BFH vom 21.10.1985, GrS 4/84, BStBl. II 1986, 230; Urteil des BFH vom 25.09.1990, IX R 84/88, BStBl. II 1991, 120; Urteil des BFH vom 16.06.1999 II R 36/97, BFH/NV 2000, 171, Urteil des BFH vom 19.08.1999 IV R 34/98, a. a. O.). Bereits viele Jahre - so auch für 1992 - haben die Kl. in den Feststellungserklärungen den Kl. zu 1) als Feststellungsbeteiligen zu 1) und die Klin. zu 2) als Feststellungsbeteiligte zu 2) benannt. Zusammen mit der Feststellungserklärung konnten daher die für den Beteiligten zu 1) festgestellten Einkünfte dem Kl. zu 1) zugeordnet werden, die für den Beteiligten zu 2) festgestellten Einkünfte der Klin. zu 2). Denn die im Bescheid vom 17.12.1997 vorgenommene Zurechnung der laufenden Einkünfte der OHG wich nicht von der Zurechnung der Einkünfte in der Feststellungserklärung ab. Den Kl. war bekannt, welchem Gesellschafter eine Vergütung für Tätigkeiten für die OHG gezahlt worden war. Ebenso war ihnen aufgrund der Feststellungserklärung bekannt, daß der Kl. zu 1) als Feststellungsbeteiligter zu 1) benannt war. Nach den den Kl. bekannten Umständen konnten diese den Bescheid vom 17.12.1997 nur so verstehen, daß mit dem Feststellungsbeteiligten zu 1) der Kl. zu 1) und mit dem Feststellungsbeteiligten zu 2) die Klin. zu 2) gemeint war. Es war weder aus dem Bescheidinhalt noch aus sonstigen den Kl. erkennbaren Umständen auch nur ansatzweise zu vermuten, daß der Bekl. von der von den Kl. vorgenommenen Zuordnung der laufenden Einkünfte abweichen wollte. Daran ändert die hälftige Zurechnung des von dem Bekl. ermittelten Aufgabegewinns nichts. Die Zurechnung des - der Höhe nach unstreitigen - Aufgabegewinns erfolgte zu 50 v.H., die Höhe war den Kl. aus der vorhergehenden Korrespondenz mit dem Bekl. bekannt. Aus den Beträgen der laufenden Einkünften - die mit den erklärten Beträgen übereinstimmten - war eine eindeutige Zuordnung möglich. Der den Kl. bekanntgegebene Bescheid vom 17.12.1997 konnten daher nur so ausgelegt werden, daß Feststellungsbeteiligter zu 1) der Kl. zu 1) und Feststellungsbeteiligte zu 2) die Klin. zu 2) war.

2) Der Feststellungsbescheid wurde zu Recht an die Kl. einzeln bekanntgegeben, zu Recht haben diese auch einzeln geklagt. Gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO i. V. m. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO werden einkommensteuerpflichtige Einkünfte und damit im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich und gesondert festgestellt, wenn die Einkünfte mehreren Personen zuzurechnen sind. Der Feststellungsbescheid kann gem. § 183 Abs. 1 Satz 2 AO an einen zur Vertretung der Gesellschaft Berechtigten bekanntgegeben werden. Ist der Finanzbehörde bekannt, daß die Gesellschaft aufgelöst ist, ist der Bescheid gem. § 183 Abs. 2 AO jedem Beteiligten einzeln bekanntzugeben.

Der Feststellungsbescheid an die OHG konnte gem. § 183 Abs. 1 Satz 2 AO solange an den Kl. zu 1) bekanntgegeben werden, wie dieser Geschäftsführer der OHG war. Mit Auflösung der OHG am 23.12.1992 durfte der Bekl. den Feststellungsbescheid nicht mehr gem. § 183 Abs. 2 AO nur dem Kl. zu 1) bekanntgeben, da ihm bekannt war, daß die OHG aufgelöst war. Die Bekanntgabe des Feststellungsbescheides vom 17.12.1997 erfolgte zu Recht gem. § 122 Abs. 1 Satz 1 AO an jeden Beteiligten. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil vom 29.01.2001 (II ZR 331/00, BB 2001, 374) entschieden, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als solche aktiv und passiv im Zivilprozeß parteifähig ist. Diesem Urteil kommt jedoch für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu, da die durch die Kl. gebildete GbR erst nach der Auflösung der OHG am 23.12.1992 entstanden war. Gegenstand der Feststellungserklärung und des Feststellungsbescheides vom 17.12.1997 waren im Wesentlichen die von der OHG bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1992 erzielten Einkünfte. Das Feststellungsverfahren diente der Zurechnung der Einkünfte an die Gesellschafter. Inhaltsadressat dieses Bescheides waren daher die Gesellschafter der OHG. Für diese war der Verwaltungsakt gem. § 122 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmt, da sie durch den Regelungsbereich des Verwaltungsaktes betroffen sind. Die Kl. sind die Inhaltsadressaten, sie sind daher auch einzeln klagebefugt.

3) Materiell ist der Bescheid auch zu Recht ergangen. Der Gewerbebetrieb der OHG wurde erst mit Abschluß des notariellen Vertrages vom 23.12.1992 aufgegeben. Nach Aufgabe der Weberei und Veräußerung der Maschinen 1965/1966 lag keine Betriebsaufgabe vor, da der Gewerbebetreib nur umstrukturiert wurde. Auch eine Betriebsaufgabe, eine Teilbetriebsaufgabe oder eine Entnahme des Grundstücks zu einem früheren Zeitpunkt als dem 23.12.1992 ist nicht erfolgt.

Die Aufgabe eines Gewerbebetriebes (Betriebsaufgabe) liegt vor, wenn aufgrund eines Entschlusses des oder der Inhaber, den Betrieb aufzugeben, die bisher in diesem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird. Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen in einem einheitlichen Vorgang oder innerhalb kurzer Zeit insgesamt an einzelne Erwerber veräußert werden oder in das Privatvermögen überführt werden. Der Betrieb muß als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens beendet werden (vergl. Urteile des BFH vom 12.12.2000, VIII R 10/99, BFH/NV 2001, 538; vom 21.08.1996, X R 78/93, BFH/NV 1997, 226; vom 16.12.1992, X R 52/90, BStBl. II 1994, 838; vom 09.08.1989, X R 62/87, BStBl. II 1989, 973 m. w. N.).

Abzugrenzen ist die Betriebsaufgabe von der Umstrukturierung eines Betriebes (von einem Produktionsbetrieb zu einem Handelsbetrieb, Urteil des BFH vom 21.08.1996 X R 78/93, a. a. O.; Wendt, FR 1998, S. 264, 268 ff) und von der sog. allmählichen Betriebsaufgabe (vergl. Urteil des BFH vom 16.12.1997, VIII R 11/95, BStBl. II 1998, 379). Weiter abzugrenzen ist die Betriebsaufgabe von einer bloßen Betriebsunterbrechung, bei der der oder die Betriebsinhaber die betriebliche Tätigkeit einstellen ohne den Entschluß gefaßt zu haben, die betriebliche Tätigkeit endgültig aufzugeben. Eine solche liegt beispielsweise vor bei einer Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebes (vergl. Urteil des BFH vom 06.03.1997, XI R 2/96, BStBl. II 1997, 460, 462). In den Fällen der Verpachtung eines ganzen Gewerbebetriebes hat der Verpächter wegen der Ungewißheit, ob er sich damit endgültig aus dem Erwerbsleben zurückziehen und sein bisheriges Betriebsvermögen als Privatvermögen nutzen will, ein Wahlrecht die Betriebsaufgabe eindeutig zu erklären, oder den Gewerbebetrieb fortzuführen. Solange der Verpächter eine entsprechende Aufgabeerklärung nicht abgegeben hat (vergl. Urteil des BFH vom 06.03.1997, XI R 2/96 a. a. O., Urteil vom 13.11.1963 GrS 1/63 S, BStBl. 1964, S. 124) oder aufgrund objektiver tatsächlicher Umstände der Betrieb nicht wieder aufgenommen werden kann (vergl. dazu Urteil des BFH vom 03.06.1997, IX R 2/95, BStBl. II 1998, 373; Wendt FR 1998, 264), bleibt der Gewerbebetrieb bestehen.

a) Am Jahreswechsel 1965/1966 erfolgte keine Betriebsaufgabe. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden wären. Das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage ist im Betriebsvermögen der OHG verblieben. Auch wurde nicht der gesamte Lagerbestand in einem engen zeitlichen Zusammenhang veräußert, es erfolgte vielmehr ein über 2 Jahre gestreckter Verkauf der Waren. Allein die Veräußerung der Maschinen und des sonstigen für die Produktion notwendigen Anlagevermögens stellt keine Betriebs- oder Teilbetriebsaufgabe dar. Der Betrieb der OHG bestand neben der Leinenweberei auch im Großhandel mit selbst erzeugten sowie mit zugekauften Webereierzeugnissen. 1965/1966 wurde in einem einheitlichen Akt nur die Leinen- und Halbleinenweberei aufgegeben. Hingegen wurde der Großhandel fortgesetzt, zunächst mit den noch vorhandenen selbst erzeugten und zugekauften Waren, später dann ausschließlich mit zugekauften Waren.

Es lag zu diesem Zeitpunkt auch keine Teilbetriebsaufgabe vor. Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter organisch abgeschlossener Teil eines Gesamtbetriebes, der für sich allein lebensfähig ist (vergl. Urteil des BFH vom 27.10.1994 I R 107/93, BStBl. II 1995, 403, 405). Nach Ansicht des erkennenden Senates kann letztlich dahinstehen, ob die Weberei als Teilbetrieb angesehen werden kann. Es handelte sich zwar um einen abgrenzbaren Bereich, der wohl auch allein lebensfähig gewesen wäre. Für eine Teilbetriebsaufgabe wäre aber erforderlich gewesen, daß nahezu das gesamte die wesentlichen Betriebsgrundlagen bildende Vermögen verkauft oder entnommen wurde. Das war hinsichtlich des Betriebsgrundstückes nicht der Fall. Es wurde weder veräußert, noch entnommen, sondern verblieb im Betriebsvermögen der OHG. Das Betriebsgrundstück war notwendiges Betriebsvermögen für den Betrieb der Weberei und des Großhandels. Denn bei dem Betriebsgrundstück handelt es sich nach der funktionalen Betrachtungsweise stets um eine wesentliche Betriebsgrundlage (ständige Rechtsprechung des BFH, vergl. Urteile des BFH vom 23.05.2000, VIII R 11/99, BFH/NV 2000, 1540; vom 21.05.1992, X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659 und vom 20.06.1989, VIII R 396/83, BFH/NV 1989, 634) auch deswegen, weil das Betriebsgrundstück in der Regel erhebliche stille Reserven enthält (vergl. Urteil des BFH vom 26.04.1979, IV R 119/76, BStBl. II, 1979, 557). Da das Betriebsgrundstück im Betriebsvermögen verblieb, lag keine Teilbetriebsaufgabe vor.

Es handelte sich bei dem Betriebsgrundstück auch nicht um notwendiges Privatvermögen. Selbst wenn es nicht mehr notwendiges Betriebsvermögen gewesen sein sollte, was offenbleiben kann, war es jedenfalls gewillkürtes Betriebsvermögen, denn auch ein Großhandel - wie ihn die OHG zunächst bis 1968 betrieb - benötigt Lagerflächen. Das Betriebsgrundstück wurde auch von der OHG bis zum 23.12.1992 als Betriebsvermögen behandelt. Es fehlt damit am Erfordernis der eindeutigen Aufgabeerklärung. Die OHG hat durch die Bilanzierung des Betriebsgrundstückes vielmehr konkludent erklärt, dieses als Betriebsvermögen fortführen zu wollen. Auch die Kl. selbst räumen ein, daß 1965/1966 die Voraussetzungen einer Betriebs- oder Teilbetriebsaufgabe wohl nicht vorgelegen haben. Daraus und aus dem Rechtsgedanken des jetzigen § 15 Abs. 3 Satz 1 EStG - der in dieser Form 1965/66 noch nicht normiert war - ist zu folgern, daß das Betriebsgrundstück Betriebsvermögen der OHG blieb.

b) Auch mit der Verpachtung des Großhandels 1970 an die GmbH erfolgte keine Betriebsaufgabe. Die damaligen Gesellschafter haben eine Betriebsaufspaltung begründet. Eine sog. echte Betriebsaufspaltung liegt u. a. vor, wenn eine Personengesellschaft (Besitzunternehmen) an eine Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) Wirtschaftsgüter vermietet und eine enge sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen besteht. Von einer personellen Verflechtung wird gesprochen, wenn eine oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Beteiligungswillen durchzusetzen (vergl. Urteil des BFH vom 27.08.1992, IV R 13/91, BStBl. II 1993, S 134). Rechtsfolge einer Betriebsaufspaltung ist, daß beide Unternehmen - das Besitz- und das Betriebsunternehmen - gewerbliche Einkünfte erzielen (Schmidt/Schmidt, Kom. zum EStG, 19. Aufl. § 15 Rnr. 869 ff m. w. N.). Eine sachliche Verflechtung zwischen der OHG und der GmbH lag vor, da die OHG der GmbH sowohl das Betriebsgrundstück als auch alle anderen Wirtschaftsgüter verpachtet hatte. Die GmbH nutzte die von der OHG bisher zur Ausübung ihres Gewerbebetriebes benötigten Wirtschaftsgüter weiter. Es lag auch eine Beteiligungsidentiät vor, der Kl. zu 1) und sein Bruder O. S. jun. hielten jeweils den hälftigen Anteil an der OHG und an der GmbH. Damit hatten die Gesellschafter der OHG die Möglichkeit ihren Willen in der GmbH durchzusetzen.

c) Durch den Umbau der Produktionshalle zu einem Supermarkt in 1977 kam es ebenfalls nicht zu einer Betriebsaufgabe oder einer Entnahme des Grundstücks. Das Betriebsgrundstück war 1977 Bestandteil des Betriebsvermögens der OHG. Der Betrieb der OHG war 1965/66 von einem Produktions- und Großhandelsbetrieb zu einem reinen Großhandel umstrukturiert worden, das Grundstück blieb Betriebsvermögen der OHG. Der von der OHG betriebene Großhandel ruhte, nachdem die Betriebsaufspaltung begründet wurde und die GmbH den Großhandel von der OHG gepachtet und Räumlichkeiten von der OHG angemietet hatte. Eine (Zwangs-)entnahme des Betriebsgrundstückes wäre erfolgt, wenn durch die Umgestaltung der ehemaligen Produktionshalle in einen Supermarkt der von der GmbH gepachtete Betrieb in der ehemaligen Produktionshalle nicht wieder hätte aufgenommen werden können. Eine Zwangsentnahme ist vom BFH bejaht worden, im Fall der Verpachtung einer Apotheke an ein Warenhaus, da das Warenhaus die Räume, in denen die Apotheke betrieben wurde umgebaut, erweitert und mit dem Warenhaus verbunden hatte (Urteil vom 03.06.1997, IX R 2/95, BStBl. II 1998, 373). Eine Entnahme lag auch vor bei Veräußerung aller Maschinen eines Holzbearbeitungsbetriebes und Verpachtung eines Teiles der bisher betrieblich genutzten Grundstücksflächen, da eine Wiederaufnahme des Betriebes ohne erhebliche Investitionen in neue Maschinen nicht möglich war (vergl. Urteil des BFH vom 17.04.1997 VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388). Aus den tatsächlichen Umständen kann nicht geschlossen werden, daß der an die GmbH verpachtete Betrieb durch die OHG nicht wieder aufgenommen werden konnte. Es fehlt auch zu diesem Zeitpunkt die ausdrückliche Aufgabe- bzw. Entnahmeerklärung. Bei der Beurteilung der Frage, wozu das Gebäude nutzbar war, ist auf den nach der Umstrukturierung betriebenen Großhandel abzustellen. Ein Großhandel benötigt grundsätzlich auch Lagerflächen. Daher war das umgebaute Gebäude auch für den Großhandel nutzbar. Die Frage, ob nach den tatsächlichen Umständen der verpachtete Gewerbebetrieb von der OHG weiter betrieben werden könnte, ist anhand des der GmbH verpachteten und von dieser fortgeführten Betriebes - dem Großhandel - zu beurteilen. Auf die Möglichkeit, die 1965/1966 aufgegebene Produktion wieder aufzunehmen, kommt es nicht an, da nur der Großhandel 1970 an die GmbH verpachtet wurde und die GmbH diesen 1977 noch betrieb. Die OHG hat auch nach dem Umbau das Grundstück weiter als Betriebsvermögen bilanziert. Die von der OHG getragenen Kosten des Umbaus wurden als betrieblicher Aufwand verbucht. In die Erläuterungen zur Bilanz auf den 31.12.1977 nahm die OHG ausdrücklich den Hinweis auf, daß ein eigener Gewerbebetrieb bisher nicht wieder aufgenommen werden konnte. Dieser Hinweis kann nur so verstanden werden, daß die OHG weiterhin die Absicht hatte, gewerblich tätig zu sein und keine Betriebsaufgabe erklären zu wollen. Wie die Umstände der Entnahme der ehemaligen Werkswohnhäuser 1978 zeigen, gingen auch die Gesellschafter der OHG von fortbestehendem Betriebsvermögen aus.

d) Auch im Ausscheiden der Klin. zu 2) aus der GmbH 1981 kann keine Entnahme gesehen werden. Die Betriebsaufspaltung dauerte bis zur Übertragung des nach dem Tode von O. S. jun. auf die Klin. zu 2) übergangenen Anteils der GmbH auf den Kl. zu 1) am 31.08.1981. Denn ab diesem Zeitpunkt bestand nicht mehr die Möglichkeit der Gesellschafter der OHG einen in der OHG gebildeten einheitlichen Betätigungswillen in der GmbH durchzusetzen, da der Kl. zu 1) alleiniger Gesellschafter der GmbH war. Aber durch die Beendigung der Betriebsaufspaltung und die Kündigung des Pachtvertrages zwischen der OHG und der GmbH erfolgte keine Betriebsaufgabe durch die OHG. Am 01.09.1981 waren - wie bereits vor diesem Zeitpunkt steuerrechtlich subsidiär - die Voraussetzungen für eine Betriebsverpachtung gegeben. Die Betriebsverpachtung tritt gegenüber der Betriebsaufspaltung zurück (vergl. Urteil des BFH vom 23.04.1996, VIII R 13/95, BStBl. II 1998, S. 325). Voraussetzung einer Betriebsverpachtung ist, daß ein ganzer Betrieb oder seine wesentlichen Grundlagen an einen fremden Dritten verpachtet werden, so daß der Pächter den Betrieb im wesentlichen fortsetzen kann (vergl. Urteil des BFH vom 17.04.1997, VIII R 2/95, a. a. O.). Liegt eine Betriebsverpachtung vor, hat der Verpächter ein Wahlrecht, ob er die Verpachtung als Betriebsaufgabe oder lediglich als Betriebsunterbrechung behandeln will. Erklärt er die Betriebsaufgabe nicht, bezieht er weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und das Betriebsvermögen ist sowohl bei Begründung als auch bei Beendigung der Betriebsverpachtung mit dem Buchwerten fortzuführen (st. Rspr. des BFH, vergl. Urteil vom 23.04.1996 VIII R 13/95, a. a. O.). Sind neben den Voraussetzungen der Betriebsverpachtung auch die der Betriebsaufspaltung gegeben, führt der Zwang zur Buchwertfortführung bei der Betriebsaufspaltung nicht zu einem endgültigen Verlust des Verpächterwahlrechtes. Dieses lebt vielmehr mit Beendigung der Betriebsaufspaltung wieder auf, wenn die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung bei der Beendigung der Betriebsaufspaltung noch gegeben sind (vergl. Urteil des BFH vom 23.04.1996 VIII R 13/95, a. a. O.) Die Kl. können sich auch nicht auf das Urteil des BFH vom 06.03.1997, XI R 2/96 BStBl. II 1997, 460 berufen. Denn in dem dort entschiedenen Fall lag eine sog. unechte Betriebsaufspaltung vor. Die der Betriebskapitalgesellschaft verpachtete wesentliche Betriebsgrundlage war später erstellt und dann an diese verpachtet worden. Hier wurde 1970 ein bestehender Gewerbebetrieb Großhandel an die GmbH verpachtet. Die von der GmbH genutzten Flächen mietete die GmbH ebenfalls von der OHG an, sie waren mit den von der OHG genutzten Flächen identisch. Für eine der vorliegenden vergleichbaren Situation hat der BFH in dem genannten Urteil bestätigt (S. 462, 1. Spalte), daß das Verpächterwahlrecht bei Beendigung der Betriebsaufspaltung wieder auflebt (so auch Urteil des BFH vom 15.12.1988 IV R 36/84, BStBl. II 1989, 363).

Eine Betriebsaufgabe oder eine Entnahme des Grundstückes erfolgt auch nicht mit der Kündigung des Pachtvertrages zum 30.08.1981. Denn diese Kündigung wurde tatsächlich nicht beachtet. Vielmehr wurde das Pachtverhältnis weiter durchgeführt. Die Pacht wurde gezahlt, und die GmbH betrieb den Großhandel weiter, bis die OHG den Großhandel an die Ende 1985 gegründete OHG (neu) verpachtete.

e) Auch für die Verpachtung des Großhandels an die OHG (neu) gilt, daß ohne eine Aufgabeerklärung der OHG weiter der ruhende Gewerbebetrieb der OHG fortbestand. Dem Vortrag der Kl., bereits 1980 sei kein nennenswerter Großhandel mehr betrieben worden, vermag der Senat nicht zu folgen, da die umsatzabhängigen Pachtentgelte 1977 - 1980 gegenüber den Vorjahren gestiegen sind. Die Verpachtung des Gewerbebetriebes Großhandel an die OHG (neu) zeigt auch, daß 1985 noch ein Großhandel in nennenswertem Umfang bestand und dieser auch von einem anderen Rechtsträger fortgeführt werden konnte. Es erscheint nicht plausibel, bei sich stetig verringernden Umsätzen 1985 eine neue Gesellschaft zu gründen, die den Großhandel weiter betreibt. Da die OHG (neu) den Großhandel fortgeführt hat, hätte auch die OHG diesen weiter betreiben können.

f) Schließlich können die Kl. eine für sie günstige Rechtsfolge nicht daraus herleiten, daß die OHG den Pachtvertrag mit der OHG (neu) zum 31.12.1991 gekündigt hat. Denn sowohl die GmbH als auch die OHG (neu) haben den Gewerbebetrieb von der OHG gepachtet. Die OHG hat den Großhandel bis 1969 betrieben. Die GmbH hat den Gewerbebetrieb insgesamt von der OHG gepachtet und fortgeführt. Nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit der GmbH konnte die OHG den Großhandel weiter betreiben oder - wie es tatsächlich erfolgt ist - anderweitig an die OHG (neu) verpachten. Mit Beendigung der Verpachtung an die OHG (neu) bestand aber nach den obigen Ausführungen weiterhin das Wahlrecht der OHG, den Großhandel weiter fortzuführen, oder ihn aufzugeben. Für die Betriebsaufgabe war eine eindeutige Aufgabeerklärung oder Aufgabehandlung erforderlich. Diese erfolgte nicht in 1991. Auch die am 09.04.1992 beim Bekl. eingegangene Bilanz 1991 enthielt noch den Hinweis, daß das Textilgewerbe an die OHG (neu) verpachtet ist und eine eigene gewerbliche Tätigkeit der OHG nicht wieder aufgenommen werden konnte. Der Bekl. mußte daher davon ausgehen, daß sich bis zum 31.12.1991 an der Absicht der OHG, den Betrieb weiterzuführen, nichts geändert hatte. Objektive Umstände, die Anlaß zu Zweifeln gegeben hätten, lagen bis zum 09.04.1992 nicht vor. Erst mit dem Schreiben der Kl. vom 21.12.1993, mit dem um eine verbindliche Auskunft ersucht wurde, erhielt der Bekl. von der Absicht der OHG, den Gewerbebetrieb aufzugeben, Kenntnis. Diese Absicht haben die Gesellschafter der OHG durch den Vertrag vom 23.12.1992 in die Tat umgesetzt. Erst mit dem Abschluß des Vertrages lagen äußerlich erkennbare Umstände (vergl. dazu Urteil des BFH vom 16.12.1997 VIII R 11/95, BStBl. II 1998, 379) vor, aus denen sich eindeutig ergab, daß der Betrieb endgültig aufgegeben werden soll. Aus diesen Umständen hat der Bekl. durch den Feststellungsbescheid vom 17.12.1997 in Form der Änderungsbescheide vom 20.11.2000 die zutreffenden steuerlichen Folgerungen gezogen.

4) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

5) Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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