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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 31.08.2005
Aktenzeichen: 10 K 6840/03 F
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, BGB


Vorschriften:

BGB § 951
BGB § 812
AO 1977 § 41
EStG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 31.8.2005 an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Ehrenamtliche Richterin ...

Ehrenamtlicher Richter ...

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen in einer Steuerberater-Sozietät.

Der Kläger war seit dem 01.05.1995 an der T. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen mit seinem Vater - Steuerberater X. T. -, der zuvor eine Einzelpraxis betrieben hatte, beteiligt. Mit Partnerschaftsvertrag vom 05.11.1997 trat die Ehefrau des Klägers mit Wirkung vom selben Tag in die Sozietät ein. Am 06.11.1997 verstarb der Vater des Klägers. Alleinerbin aufgrund des Testaments vom 26.01.1980 war die Ehefrau des Verstorbenen, Frau J. T.. Aufgrund einer Testamentsergänzung vom 29.10.1997 erhielten die Enkelkinder jeweils ein Vermächtnis iHv 50.000,- DM.

Der Beklagte folgte in den Streitjahren 1997 und 1998 zunächst den Angaben in den von der Sozietät eingereichten Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und erließ entsprechende Feststellungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aufgrund der Feststellungen einer in den Jahren 2001/2002 durchgeführten Außenprüfung erhöhte er jedoch den Gewinn und ließ u.a. in 1997 einen Abschreibungsbetrag von zuletzt 5.702,60 DM und in 1998 einen Abschreibungsbetrag von 38.017,32 DM unberücksichtigt. Zur Begründung gab er an, bei den im Anlageverzeichnis 1997 als "Einbauten in fremde Gebäude" aufgeführten Vermögensgegenständen iHv 264.363,53 DM - der Betrag betrifft die vom Verstorbenen getragenen, durch AfA-Beträge geminderten Umbaukosten aus dem Jahr 1987 iHv 570.256,92 DM - handele es sich um Sonderbetriebsvermögen des X. T.. Dieses wachse nicht den verbleibenden Gesellschaftern nach § 738 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, sondern sei Teil der Erbmasse des Verstorbenen geworden. Die Vermögensgegenstände seien deshalb zum 06.11.1997 aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Bei den Sonderbetriebsausgaben sei die für diese Wirtschaftsgüter in Anspruch genommene Abschreibung für den Zeitraum 07.11.1997 bis 31.12.1997 von 38.017,36 DM um 54/360 = 5.702,60 DM zu mindern. Darüber hinaus sei die auf Einbauten in fremde Gebäude entfallende Jahresabschreibung 1998 in Höhe von 38.017,32 DM rückgängig zu machen. Mit Vertrag vom 08.01.1998 habe Frau J. T. zwar u.a. Mietereinbauten zum Buchwert von 212.959,04 DM auf den Kläger übertragen. Diese Einbauten seien jedoch mit dem Erbfall wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden. Sie hätten deshalb nicht mehr gesondert auf den Kläger übertragen werden können. Der Beklagte folgte dieser Auffassung und erließ entsprechende Änderungsbescheide. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Der Kläger meint, die Mietereinbauten seien in 1987 ausschließlich für die besonderen Bedürfnisse der Steuerberaterpraxis erfolgt. Sie seien auch nach dem Tod des Sozietätspartners als Sonderbetriebsvermögen der Praxis aus steuerrechtlicher Sicht, d.h. bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter geblieben. Der Erblasser habe allen Erben gegenüber mehrfach erklärt, dass sein Betriebsvermögen auf den Kläger übergehen solle. Dies hätten alle Erben ausdrücklich in einer Erklärung vom 21.01.2005 noch einmal bestätigt. Insoweit liege ein wirksames Vermächtnis vor. Im übrigen habe spätestens die Übertragung der Einrichtung durch Vereinbarung vom 08.01.1998 eine Einlage zu Buchwerten zur Folge gehabt.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Feststellungsbescheides 1997 vom 8.6.2005 und des Feststellungsbescheides 1998 vom 09.10.2002 idF der Einspruchsentscheidung den Gewinn um die Abschreibung für Mietereinbauten in 1997 um 5.702,60 DM und in 1998 um 38.017,32 DM zu mindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, eine Abschreibung für den Zeitraum 07.11.1997 bis 31.12.1997 habe nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden können, weil die Alleinerbin Frau J. T. mit dem Erbfall Eigentümerin der betreffenden Mietereinbauten geworden sei.

Gründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zutreffend die streitigen Abschreibungsbeträge in 1997 und 1998 unberücksichtigt gelassen.

Die im Jahre 1987 im Gebäude W. in E. getätigten, von Herrn X. T. finanzierten Umbaukosten sind grundsätzlich mit den AfA-Kosten steuerlich zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 iVm § 7 EStG). Dies gilt auch dann, wenn diese Aufwendungen wie im Streitfall als Mietereinbauten auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden, weil Gebäudeteile in einem unterschiedlichen Funktions- und Nutzungszusammenhang als selbständige Wirtschaftsgüter anzusehen sind (vgl. Beschluss des BFH vom 30.01.1995 GrS 4/92, BStBl., II 1995, 281 m.w.N.). Das aus betrieblichen Gründen hergestellte Wirtschaftsgut ist in diesem Fall wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln.

Das Wirtschaftsgut stand auch dem Vater des Klägers zu. Der Senat geht mit den Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das entstandene Wirtschaftsgut aufgrund eines diesem zustehenden Ausgleichsanspruchs gemäß den §§ 951, 812 BGB (vgl. Urteil des BFH vom 14.05.2002, VIII R 30/98, BStBl. II 2002, 741) nicht dem zivilrechtlichen Eigentum der Mutter des Klägers zuzurechnen war, sondern - weil es mit finanziellen Mitteln des Vaters des Klägers und im Einverständnis mit der zivilrechtlichen Eigentümerin hergestellt wurde - in dessen (wirtschaftliches) Eigentum überging und als dessen Wirtschaftsgut auszuweisen war. Denn nur in diesem Fall hatte der Vater des Klägers, wie seit 1987 geschehen, Abschreibungsbeträge in seiner Steuerberaterpraxis geltend machen können.

Die Abschreibung endete mit dem Tod des Vaters des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Mutter als Alleinerbin nach dem Testament vom 26.01.1980 durch Entnahme mit dem Teilwert auch Eigentümerin der Mietereinbauten. Damit sind die bis dahin selbständig bewerteten Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens der Steuerberaterpraxis mit dem Eigentum am Gebäude in der Person der Mutter des Klägers vereinigt und entgegen der Ansicht des Klägers keiner eigenständigen Übertragung mehr fähig. Hieran ändert auch nichts das Bestehen eines Vermächtnisses, das nach klägerischem Vorbringen die Erbin gegenüber dem Kläger zu erfüllen hatte.

Mit einem Vermächtnis erhält der Vermächtnisnehmer gegenüber dem bzw. den Erben einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zuwendung eines Vermögensvorteils (§§ 2147 ff. BGB). Dies hat gemäß § 1939 BGB durch Testament bzw. gemäß § 1941 BGB durch Erbvertrag zu geschehen. Zweck der Schriftform ist vor allem, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen. Der Erblasser soll gezwungen sein, sich über den Inhalt seiner Verfügung von Todes wegen selbst klar zu werden (Palandt, BGB, Aufl., § 2231 Anm. 1).

Die Voraussetzungen eines Vermächtnisses liegen im Streitfall nicht vor. Weder enthält das Testament vom 26.01.1980 Anhaltspunkte dafür, dass zugunsten des Klägers ein Vermächtnis (Übertragung des Sonderbetriebsvermögens) bestimmt sein sollte, noch enthält die Ergänzung des Testaments vom 29.10.1997 einen entsprechenden Hinweis, obwohl gerade in diesem Nachtrag den Enkelkindern des Erblassers Vermächtnisse zugewendet wurden. Der Senat hält es hiernach entgegen den entsprechenden Bekundungen der Mutter und der Geschwister des Klägers für zweifelhaft, ob der Erblasser dem Kläger überhaupt ein Vermächtnis hatte einräumen wollen. Jedenfalls fehlt es aber für die Wirksamkeit eines Vermächtnisses an der Einhaltung der hierzu notwendigen Formvorschriften. Darüber hinaus wäre allerdings auch bei Vorliegen eines Vermächtnisses die Übertragung der Mietereinbauten auf den Kläger im Wege der Erbfolge nicht möglich gewesen. Diese fielen mit dem Erbfall in das Eigentum der Mutter des Klägers und wären damit als selbständige Wirtschaftsgüter nicht mehr vorhanden gewesen. Aus diesem Grund scheitert auch eine Anwendung des § 41 Abgabenordnung (AO), selbst dann, wenn ein Vermächtnis zugunsten des Klägers gewollt gewesen wäre, lässt sich das gewünschte steuerliche Ergebnis, weiterhin Abschreibungen auf das Sonderbetriebsvermögen des Erblassers vornehmen zu können, nicht erreichen.

Soweit der Kläger hierzu auf die Vereinbarung vom 08.01.1998 verweist, geht die danach beabsichtigte Übertragung der Einbauten steuerrechtlich ins Leere. Selbst wenn hiernach zivilrechtlich die Mutter verpflichtet wäre, dem Kläger einen entsprechenden Anspruch (Wertersatz) einzuräumen, steht diesem schon mangels Anschaffungskosten kein Abschreibungsbetrag zur Verfügung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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