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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 27.09.2002
Aktenzeichen: 11 K 5882/01 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs 4a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Münster

27.09.2002

11 K 5882/01 F

Gewinnfeststellung:

Nichtabziehbarkeit von Schuldzinsen bei Überentnahmen einer Personengesellschaft - Nur einmalige (gesellschaftsbezogene) Berücksichtigung des Bagatellbetrags nach § 4 Abs. 4 a Satz 5

IM NAMEN DES VOLKES

hat der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 27.09.2002, an der teilgenommen haben:

im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Der Minderungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG ist, wenn die Abziehbarkeit von Schuldzinsen bei Überentnahmen einer Personengesellschaft zu beurteilen ist, nicht jedem einzelnen Gesellschafter, sondern insgesamt nur einmal zu gewähren.

Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Bagatellbetrag nach § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG bei Personengesellschaften insgesamt nur einmal oder bei jedem Gesellschafter in voller Höhe anzusetzen ist.

Die Klägerin (Klin.), eine Kommanditgesellschaft, betreibt ein Pflegeheim. Die Gesellschafter sind wie folgt an Gewinn und Verlust beteiligt:

 K. L1G. L2B. L3S. M.
Komplemt.Kommand.Kommand.Kommand.
10 %30 %30 %30 %

In den Jahren 1999 und 2000 kam es zu Überentnahmen durch die Gesellschafter. Auf der Grundlage erklärter Überentnahmen von 460.790,38 DM (1999) bzw. 486.916,73 DM (2000) betragen die typisierten Schuldzinsen 27.647,42 DM (1999) bzw. 29.215,00 DM (2000). Tatsächlich sind der Klin. Schuldzinsen in Höhe von 32.349,91 DM (1999) bzw. 26.902,57 DM entstanden. Zur Ermittlung des maximalen Hinzurechnungsbetrages verminderte die Klin. die tatsächlich entstandenen Schuldzinsen um 4 × 4.000 DM und rechnete diesen Betrag in den Streitjahren dem Gewinn der Klin. bzw. den Gesellschaftern entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel zu.

In den Gewinnfeststellungsbescheiden 1999 vom 06.11.2000 bzw. 2000 vom 16.08.2001 wich der Beklagte (Bekl.) von dieser Handhabung ab und berücksichtigte den Bagatellbetrag von 4.000 DM nur einmal und nicht für jeden Gesellschafter. Den Hinzurechnungsbetrag rechnete er den Gesellschaftern letztlich nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu.

Gegen die Bescheide erhob die Klin. jeweils Einspruch mit dem Ziel, den Bagatellbetrag von 4.000 DM bei jedem Gesellschafter anzusetzen. Die Einsprüche blieben erfolglos. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 16.10.2001 trug der Bekl. vor, bei § 4 Abs. 4 a EStG handele es sich um eine Gewinnermittlungsvorschrift. Die Gewinnermittlung bei einer Personengesellschaft erfolge nicht gesellschafter-, sondern gesellschaftsbezogen. Überentnahmen seien daher für die Gesellschaft und nicht für den einzelnen Gesellschafter zu ermitteln. Entsprechend sei auch der Bagatellbetrag von 4.000 DM gesellschaftsbezogen zu verstehen und stehe nicht jedem Gesellschafter in voller Höhe zu.

Mit Schreiben vom 25.10.2001 erhob die Klin. gegen die EE Klage. Sie vertritt die Auffassung, § 4 Abs. 4 a EStG sei gesellschafterbezogen zu ermitteln mit der Folge, dass bei jedem Gesellschafter die nach dieser Vorschrift nicht abzugsfähigen Schuldzinsen um bis zu 4.000 DM zu kürzen seien. Personengesellschaften seien als solche nicht einkommensteuerpflichtig. Daher seien die von ihnen erzielten Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anteilig unmittelbar den einzelnen Mitunternehmern zuzurechnen. Ebenso könnten auch Entnahmen nur den Gesellschaftern zugerechnet werden. Auf diesem Hintergrund sei es nicht nachvollziehbar, wenn § 4 Abs. 4 a EStG gesellschaftsbezogen verstanden würde. Das führe zu einer Benachteiligung der Mitunternehmer gegenüber dem Einzelunternehmer.

Die gesellschafterbezogene Feststellung der Übereintnahmen bedeute zugleich, dass der Bagatellbetrag nach § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG bei jedem Gesellschafter zu berücksichtigen sei.

Die Klin. beantragt,

die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 vom 06.11.2000 bzw. für 2000 vom 16.08.2001 in Gestalt der EE vom 16.10.2001 zu ändern und den Gewinn auf Gewerbebetrieb wie folgt festzustellen und zu verteilen:

 19992000
Gewinn49.185,00 DM84.230,00 DM
Verteilung:  
L13.207,00 DM8.586,00 DM
L215.326,00 DM22.070,00 DM
L315.326,00 DM22.031,00 DM
M15.326,00 DM31.543,00 DM

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die EE.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klin. vom 19.10.2001 und die Verwaltungsakten Bezug genommen.

Der Senat hat die Verfahren 11 K 5882/01 F und 11 K 5883/01 F durch Beschluss vom 23.09.2002 gemäß § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die Klage ist unbegründet.

Der Bekl. ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Minderungsbetrag nach § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG (4.000 DM/2.050 Euro) nicht jedem Gesellschafter, sondern insgesamt nur einmal zu gewähren ist, wenn die Abziehbarkeit von Schuldzinsen im Rahmen des § 4 Abs. 4 a EStG im Zusammenhang mit Personengesellschaften zu beurteilen ist.

§ 4 Abs. 4 a EStG ist Teil der Gewinnermittlungsregelungen. Eine Personengesellschaft ist Subjekt u.a. der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung (BFH, Urteil vom 26. November 1996 VIII R 42/94, BFHE 182/101, BStBl II 1998, 328; Beschluss vom 03. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178/86, BStBl II 1995, 617). Erfolgt die Gewinnermittlung gesellschaftsbezogen, ist es folgerichtig, dass bei der Entscheidung, ob der Bagatellbetrag insgesamt nur einmal und den Gesellschaftern anteilig oder jedem Gesellschafter in vollem Umfang zusteht, auf die Gesellschaft abgestellt und der Bagatellbetrag insgesamt nur einmal angesetzt wird (für die gesellschaftsbezogene Auslegung des § 4 Abs. 4 a EStG insgesamt z.B.: HHR/Schallmoser, § 4 Anm. 1041; Kanzler, Inf 2000, 513; Littmann/von Reden, §§ 4, 5 Tz. 1658; Lademann/Meurer, § 4 Anm. 656 q; Schmidt, § 15 Rn. 430).

Ob hinsichtlich der Ermittlung der Überentnahmen zu berücksichtigen ist, dass die Personengesellschaft selbst keine private Sphäre hat und daher Überentnahmen nur in der Sphäre der Gesellschafter stattfinden können (für die gesellschafterbezogene Auslegung z.B.: Wendt, FR 2000, 417; Groh, DStR 2001, 105; Kirchhof/Reiß, § 15 Tz. 359; Prinz, FR 2000, 134), kann der Senat im Streitfall letztlich dahinstehen lassen.

Der Bagatellbetrag nach § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG ist unabhängig von diesem Streit betriebsbezogen zu verstehen und für jedes Gewinnermittlungssubjekt nur einmal zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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