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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 10.11.2009
Aktenzeichen: 15 K 393/04 U, AO
Rechtsgebiete: UStG, EStG


Vorschriften:

UStG § 4
EStG § 18 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzungen für 1996 bis 2000, ob bezüglich der Umsätze aus der sog. Rückenschule die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vorliegen.

Die Klägerin (Klin.) ist Diplom-Sportwissenschaftlerin. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Rückenschullehrerin bei dem Verein O e.V., in P und zusätzlich beim Bundesverband E e.V., in I. Nach der Ausbildung war sie berechtigt, die Zusatzbezeichnung Rückenschullehrerin zu tragen. Weiterhin belegte sie einen Zusatzlehrgang "Osteoporose" beim F Verband e.V. und besitzt die Berechtigung zur Ausbildung von Rückenschullehrern. In den Streitjahren betrieb sie in N eine sog. Rückenschule, ein Ausbildungsinstitut zur Erlangung der Rückenschullehrerlizenz und ein Institut zur Fortbildung von unter anderem Ärzten, Physiotherapeuten und Rückenschullehrern. Die von der Klin. aus dem Ausbildungs- und Fortbildungsinstitut erzielten Umsätze sind - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - steuerpflichtig und unterliegen dem allgemeinen Steuersatz.

Die Klin. reichte am 05.02.2001 ihre USt-Erklärung für 1999 und am 29.09.2001 ihre USt-Erklärung für 2000 beim Beklagten (Bekl.) ein. USt-Erklärungen für die Streitjahre 1996 bis 1998 hatte die Klin. nicht abgegeben. Der Bekl. führte 2003 eine Außenprüfung bei der Klin. für 1998 bis 2000 durch. Auf den Bericht über die Außenprüfung vom 25.02.2003 wird Bezug genommen. Darin führte die Prüferin in Textziffer 2.3. sinngemäß aus: Die Umsätze aus der Tätigkeit der Klin. als Rückenschullehrerin seien steuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG komme nicht in Betracht, da keine ähnliche heilberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliege. Es mangele an der Vergleichbarkeit der Ausbildung zu einer der dort genannten Berufsgruppen. Zudem sei auch nicht hinreichend nachgewiesen worden, ob die Erstattung der Kosten der Rückenschule durch die Krankenkassen regelmäßig erfolgt sei oder die freiwilligen Kostenübernahmen durch die Krankenkassen als Ausnahmeleistungen anzusehen seien. Die vorgenannten Verhältnisse hätten auch 1994 bis 1997 vorgelegen. Dementsprechend seien die Umsätze dieser Veranlagungszeiträume ebenfalls der USt zu unterwerfen. Ab dem Veranlagungszeitraum 1996 seien die Voraussetzungen für eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG nicht mehr gegeben, da der Vorjahresumsatz die Grenze von 32.500,- DM überschritten habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Umsätze aller Tätigkeiten der Klin. zusammen zu rechnen seien. Nach Maßgabe der Prüfungsfeststellungen erließ der Bekl. unter dem 14.04.2003 erstmalige USt-Festsetzungen für 1996, 1997 und 1998 und Festsetzungen der Zinsen zur USt 1996, 1997 und 1998 sowie gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte USt-Festsetzungen für 1999 und 2000 und Festsetzungen der Zinsen zur USt 1999 und 2000. Die Vorbehalte der Nachprüfung wurden in den USt-Festsetzungen für 1999 und 2000 gemäß § 164 Abs. 3 AO aufgehoben.

Die Klin. legte am 14.05.2003 gegen diese Bescheide Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor: Ihre Ausbildung und ihr Ausbildungsstand seien absolut mit dem in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Personenkreis vergleichbar, wenn nicht sogar höher einzustufen. Bei der Durchführung der ärztlich empfohlenen und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlten "orthopädisch-rehabilitativen Rückenschule" entsprechend § 43 SGB V handele es sich um einen Teil des therapeutischen Therapiekonzeptes bei schmerzhaften Funktionsstörungen der Wirbelsäule. Die Patientenkurse seien als ärztlich verordnete Therapien anzusehen. Darüber hinaus sei sie als Sportwissenschaftlerin von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt, da sie die beruflichen Voraussetzungen zur Integration in das therapeutische Konzept der Volkskrankheit "Rückenschmerzen" erfülle.

Der Bekl. erließ unter dem 03.09.2003 gemäß § 172 AO geänderte Festsetzungen der Zinsen zur USt für 1996 bis 2000. Er wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 17.12.2003, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Die Klin. hat am 19.01.2004 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: Als mit ihrer Tätigkeit vergleichbarer Katalogberuf sei der des Physiotherapeuten heranzuziehen. Sowohl der Physiotherapeut als auch sie würden beide auf dem Gebiet der Prävention und Rehabilitation tätig sein. Beide hätten sie Patienten, die mit Krankheiten bzw. Störungen des Bewegungsapparates die Praxisräume aufsuchen würden. Beide würden sie versuchen, durch Anregungen und gezielte Übungen die Krankheitssymptome zu beseitigen. Beide würden sie auf Empfehlung des behandelnden Arztes handeln. Auch die Einrichtung ihrer Praxisräume samt Hilfsmittel würden der Einrichtung eines Physiotherapeuten entsprechen. Während der Physiotherapeut problemlos von der USt gemäß § 4 Nr. 14 UStG befreit werde, solle sie steuerpflichtige Umsätze erzielen. Die steuerliche Behandlung ihrer Umsätze durch den Bekl. verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie bilde sich zudem auch regelmäßig fort. Im Bereich der Rückenschule habe ein Rückenschullehrer alle zwei Jahre Fortbildungsmaßnahmen von mindestens 15 Unterrichtsstunden zu besuchen. Der Bundesverband E e.V. überwache dabei die Einhaltung der Standards und Qualitätsanforderungen der Rückenschullehrer. Es sei zudem zu beachten, dass einziger Normzweck des § 4 Nr. 14 UStG die Entlastung der Sozialversicherungsträger von der USt sei. Die Kosten für ihre Leistungen würden zu 80 % von den Krankenkassen übernommen. Die Zuführung der Kursteilnehmer in die Rückenschule sei auf unterschiedliche Weise erfolgt. Die Krankenkassen hätten Listen mit Anbietern von Rückenschulen geführt. Teilweise seien auch Rückenschulkurse auf Initiative der Krankenkassen durch sie durchgeführt worden. Die Versicherten hätten sich also direkt an ihre Krankenkassen wenden können, um Informationen über Rückenschulanbieter zu erlangen. Sie habe auch Rahmen- und Honorarvereinbarungen mit verschiedenen Krankenkassen zur Übernahme der Kosten abgeschlossen. Sie übersandte zur Gerichtsakte insoweit Vereinbarungen unter anderem mit der gesetzlichen Krankenkasse E und der Gesetzliche Krankenkasse C und mehrere Schreiben von Krankenkassen, unter anderem ein Schreiben der gesetzlichen Krankenkasse E vom 15.03.2001, in dem ausgeführt wird, dass im Rahmen des § 43 SGB V Rückenschulkurse, soweit diese im Rahmen der Rehabilitation notwendig seien, bezuschusst würden, Schreiben der gesetzlichen Krankenkasse E , der gesetzlichen Krankenkasse C, der gesetzlichen Krankenkasse L, nach denen die Krankenkassen sich zu 80 % an den Kursgebühren beteiligen und ein Schreiben der Krankenkasse J vom 23.01.2002 zum Kursangebot der Klin. zur primären Prävention nach § 20 Abs. 1 SGB V, in dem bestätigt wird, dass die Klin. die Qualifikationsvoraussetzungen als Kursleiterin der präventiven Gesundheitsmaßnahme erfülle und die Krankenkasse J einen Zuschuss zu den Kosten übernehmen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte übersandten Vereinbarungen und Schreiben der Krankenkassen Bezug genommen. Eine Vielzahl der Kursteilnehmer habe sich auch in ärztlicher Behandlung befunden. Aufgrund einer individuellen Diagnose habe der behandelnde Arzt die Teilnahme an einer Rückenschule empfohlen und habe gleichzeitig den Antrag zur Kostenübernahme gemäß § 43 SGB V gestellt. Grundsätzlich sei die Kostenübernahme im Rahmen der ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation auf der Grundlage des § 43 SGB V nach der Empfehlung des behandelnden Arztes erfolgt. Da es sich bei § 43 SGB V um eine Kannvorschrift handele, habe es und gebe es hierfür keine gültigen Formblätter. Sie übersandte insoweit eine entsprechende Formularempfehlung des Bundesverband E e.V. für einen Antrag auf Kostenübernahme "orthopädisch-rehabilitative Rückenschule" gemäß § 43 SGB V zur Gerichtsakte. Die Krankenkassen hätten regelmäßig dieses Muster-Formular, wonach eine individuelle Diagnose erstellt und danach ärztlich indiziert die Teilnahme an einer Rückenschule empfohlen worden sei, akzeptiert. Sie erbringe also ganz überwiegend Leistungen, die von den Krankenkassen bezahlt würden. Da die Krankenkassen durch die USt-Befreiung entlastet werden sollen, komme das auch ihr zugute. Sie habe keine Zulassung nach § 124 SGB V beantragt. Eine Zulassung nach § 124 SGB V sei aber auch nicht notwendig, da die Kostenübernahme der Rehabilitation nach § 43 SGB V erfolgt sei. Ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Prävention würden darüber hinaus eine besondere Bedeutung durch die Neufassung des § 20 SGB V erhalten. Auch hier gehe der Gesetzgeber von verschiedenen Krankheitsbildern, sog. Volksleiden, aus. Hierzu hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen einen Leitfaden "Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung von § 20 Abs. 1 und 2 SGB V vom 21. Juni 2000 in der Fassung vom 12. September 2003" entworfen. Die Krankenkassen würden dabei entsprechend der Regelung des § 124 SGB V die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards der Anbieter berücksichtigen. Der Sportwissenschaftler (Diplom) werde als qualifizierter Anbieter solcher Leistungen im Leitfaden zur Umsetzung von § 20 SGB V genannt. Die Bezahlung der Rückenschulkurse sei durch die Kursteilnehmer zunächst privat erfolgt. Sofern die Kursteilnehmer bei den Krankenkassen versichert gewesen seien, mit denen sie noch keine gesonderte Vereinbarung geschlossen habe, habe sie für den jeweiligen Teilnehmer im Vorfeld vor Absolvierung des Kurses abgeklärt, ob eine Kostenerstattung erfolgen würde. Wie mit den Krankenkassen vereinbart, habe sie eine gesonderte Bescheinigung über die regelmäßige Teilnahme an den Rückenschulkursen ausgestellt. Nachdem die Kursteilnehmer die Bezahlung an sie entrichtet hätten, hätten sie sich den Betrag zu 80 % bei Vorlage der Bescheinigung erstatten lassen können. Ob die Kursteilnehmer sich regelmäßig die Kosten von den Krankenkassen haben erstatten lassen, könne von ihrer Seite nicht beurteilt werden. Ihr seien jedoch keine Reklamationen durch Kursteilnehmer bekannt, wonach sich Krankenkassen zur Übernahme der Kosten geweigert hätten.

Mit Schriftsätzen vom 10.04.2007 und 13.06.2007 führt die Klin. zur Begründung ihrer Klage weiter aus: Die von ihr erbrachten Leistungen hätten nahezu vollständig nur Leistungen dargestellt, die fachärztlich orthopädisch indiziert und schriftlich verordnet bzw. angewiesen gewesen seien. Die Patienten seien zunächst einer gezielten orthopädischen Diagnostik und Schmerztherapie sowie einer anschließenden physikalischen Therapie und krankengymnastischen Therapie zugeführt worden. Im Anschluss hieran sei ein Antrag zur Kostenübernahme an die jeweilige Krankenkasse unter Angabe der individuellen Diagnose gestellt worden. In dem Antrag sei die schriftliche Kostenübernahmezusage vor dem Beginn der Therapie erbeten worden. Nur wenn die Krankenkasse eine entsprechende schriftliche Kostenzusage auf der Grundlage von § 43 SGB V erteilt habe, habe die entsprechende Therapie begonnen werden können. Damit habe sie Leistungen auf der Grundlage von § 43 SGB V, nicht von § 20 SGB V er-bracht. Selbst wenn sie Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe erbracht hätte, würden diese Leistungen unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG fallen, denn den Krankenkassen seien in § 20 SGB V die Übernahme der Kosten als Solleistung aufgetragen.

Die Klin. trägt mit Schriftsatz vom 23.07.2009 zudem ergänzend vor: Dass ihre Tätigkeit gemäß § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sei, gelte auch, soweit das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.04.2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 zugrunde gelegt werde. Sie erbringe ausschließlich Leistungen aufgrund ärztlicher Anordnung. Der BFH habe in dem zitierten Urteil ausdrücklich festgehalten, dass zu den zur USt-Freiheit führenden Heilbehandlungen gerade auch Leistungen gehören würden, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht würden, sowie Leistungen zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit. Die von ihr erbrachten Leistungen würden gerade dazu gehören. Ihre Qualifikation werde nicht nur durch ihre berufliche Ausbildung als Diplom-Sportwissenschaftlerin und ihren beruflichen Werdegang bewiesen, sondern zusätzlich entsprechend dem zitierten BFH-Urteil auch dadurch, dass die Krankenkassen die Kosten aufgrund der vom BFH genannten Gesamtvereinbarung in Verbindung mit § 43 SGB V übernommen hätten. Dies dürfte als Nachweis der erforderlichen Qualifikation nach der Rechtsprechung des BFH genügen. Ihre Qualifikation sei des Weiteren beispielsweise auch durch die Rahmenvereinbarungen bewiesen, die sie mit der gesetzlichen Krankenkasse E und der gesetzlichen Krankenkasse C abgeschlossen habe. Zudem sei ihre Qualifikation durch die Aufnahme ihrer Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 92 SGB V und zusätzlich dadurch, dass ihre Qualifikation in einem Versorgungsvertrag gemäß § 11 Abs. 2, 40, 111 SGB V für Leistungen von Fachkräften zur medizinischen Rehabilitation benannt sei, bewiesen.

Auf die Aufforderung des Berichterstatters, die Anerkennung im Sinne des § 6 bzw. des § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining zu übersenden, führt die Klin. aus: Sie vertrete die Auffassung, dass die Anerkennung im Sinne des § 6 bzw. § 7 der Gesamtvereinbarung nicht erforderlich sei. Der BFH habe in seinem Urteil vom 30.04.2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 ausgeführt, dass durch eine Anerkennung im vorstehenden Sinne die berufliche Qualifikation nachgewiesen werden könne. Dies bedeute aber nicht, dass der Nachweis der beruflichen Qualifikation nur über die Anerkennung im Sinne des § 6 bzw. § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining geführt werden könne. Vielmehr könne der Qualifikationsnachweis auch anderweitig erbracht werden. Zudem sei eine solche Anerkennung für die USt-Befreiung nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie könne ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung schon deshalb nicht verlangt werden, weil die Gesamtvereinbarung eine freiwillige Vereinbarung darstelle, die die USt-Befreiung der Leistungen der Klin. nicht in Frage stellen könne. Die USt-Befreiung nach § 4 Nr. 14 UStG könne daher nicht davon abhängig gemacht werden. Sie habe zudem in den Streitjahren über die Qualifikation im Sinne des § 6 bzw. des § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining verfügt. Denn sie sei nicht nur Diplom-Sportlehrerin, wie die Klin. in dem vom BFH entschiedenen Fall, sondern sie sei eine der führenden Fachkräfte zur Heilbehandlung im Sinne des § 6 bzw. des § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining in Deutschland. Sie halte bundesweit Vorträge und veranstalte Fortbildungsseminare zu diesem Themenkomplex. Sie schreibe selbst Bücher zu diesem Themenkomplex, die in den Fachkreisen als "die Standardwerke" gelten würden. Auch die bereits zur Gerichtsakte übersandten Skripte würden die medizinisch-wissenschaftliche Grundlage des Kurses "orthopädisch-rehabilitative Rückenschule" unterstreichen. Sie verfüge aufgrund ihrer theoretischen Vorbildung nicht nur durch ihr Studium, sondern auch durch die von ihr veranstalteten Kongresse und Seminare und abgehaltenen Schulungen über hervorragende theoretische Fachkenntnisse und aufgrund der langjährigen praktischen Erfahrungen über hervorragende praktische Kenntnisse zu diesem Themenkomplex. Man könne sie zu Recht als eine der führenden, wenn nicht die führende Spezialistin in dem Themenkomplex bezeichnen. Im Übrigen hätten die Krankenkassen die Vergütung nur deshalb bezahlt, weil sie aufgrund ihrer vielfach nachgewiesenen sogar besonderen fachlichen Kompetenz von den Krankenkassen als qualifiziert beurteilt worden sei. Für den Nachweis der erforderlichen Qualifikation dürfte es nach dem BFH-Urteil vom 30.04.2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 genügen, dass ein Funktionstraining vorliege, das von den Krankenkassen nach § 43 SGB V in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung tatsächlich vergütet werde. Sie habe zudem die ihrer Auffassung nach nicht erforderliche Anerkennung im Sinne des § 6 bzw. des § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining erhalten.

Die Klin. beantragt,

die USt-Festsetzungen für 1996 und 1998 vom 14.04.2003 und die Festsetzungen der Zinsen zur USt 1996 und 1998 vom 03.09.2003, jeweils in der Fassung der EE vom 17.12.2003 aufzuheben, sowie die USt-Festsetzungen für 1997, 1999 und 2000 vom 14.04.2003 in der Fassung der EE vom 17.12.2003 dahingehend zu ändern, dass die Umsätze aus der Rückenschule (für 1997: brutto 32.338,- DM/ für 1999: brutto 44.187,69 DM/ für 2000 brutto 54.601,80 DM) als steuerfreie Umsätze behandelt werden sowie die Festsetzungen der Zinsen zur USt 1997, 1999 und 2000 vom 03.09.2003 in der Fassung der EE vom 17.12.2003 dementsprechend herabzusetzen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen,

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,

sowie weiter hilfsweise,

die schriftsätzlich beantragten Beweise zu erheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Nach dem Vorbringen der Klin. sei davon auszugehen, dass die Erstattungen durch die Krankenkassen lediglich freiwillig aufgrund von Einzelvereinbarungen zwischen der Klin. und der jeweiligen Kasse erfolgt seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, insbesondere auf die schriftsätzlich gestellten Beweisanträge der Klin., und die von dem Bekl. übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Der Senat hat in der Sache am 10.11.2009 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen USt-Festsetzungen für 1996 bis 2000 vom 14.04.2003 und die Festsetzungen der Zinsen zur USt 1996 bis 2000 vom 03.09.2003, jeweils in der Fassung der EE vom 17.12.2003, sind rechtmäßig und verletzen die Klin. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Bekl. hat zu Recht bezüglich der streitbefangenen Umsätze aus der Rückenschule das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG verneint.

Nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes" steuerfrei. Diese Vorschrift beruht gemeinschaftsrechtlich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden", steuerfrei sind. Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass der Unternehmer die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679; BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 38/04, BFHE 217, 323, BStBl II 2008, 37; BFH-Urteil vom 30. Januar 2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399, BStBl II 2008, 647, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH-).

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sind demgegenüber "ärztliche Leistungen", "Maßnahmen" oder "medizinische Eingriffe", die zu anderen Zwecken erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH und des EuGH).

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Klin. Heilbehandlungen im vorgenannten Sinne erbracht hat, denn ihre streitigen Umsätze sind schon deshalb nicht steuerbefreit, weil es an der für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Berufsqualifikation fehlt.

Die Definition der ärztlichen oder arztähnlichen Berufe obliegt nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedstaaten. Von der beruflichen Befähigung ist deshalb grundsätzlich auszugehen, wenn der Unternehmer die Voraussetzungen einer berufsrechtlichen Regelung erfüllt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 34/02, BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Das ist vorliegend nicht der Fall, weil der Beruf der Diplom-Sportwissenschaftlerin/Sportlehrerin bzw. Rückenschullehrerin keine berufsrechtliche Regelung erfahren hat.

Der Nachweis der beruflichen Befähigung hängt allerdings nicht ausschließlich von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. Entsprechend dem Zweck der Regelung, die Sozialversicherungsträger von der USt zu entlasten, kann grundsätzlich vom Vorliegen des Befähigungsnachweises ausgegangen werden, wenn die Leistungen des Unternehmers durch heilberufliche Tätigkeit in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 30. Januar 2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399, BStBl II 2008, 647). Grundlage dafür ist in erster Linie eine Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gemäß § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 34/02, BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Daran fehlt es aber im Streitfall. Weder die Klin. noch ihre Berufsgruppe sind nach § 124 Abs. 2 SGB V zugelassen.

Neben der Zulassung kann Indiz für einen entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweis sein, dass die betreffenden Leistungen in den durch die Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien gemäß § 92 SGB V konkretisierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 34/02 BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). § 92 Abs. 1 SGB V sieht vor, dass die Bundesausschüsse (§ 91 SGB V) Richtlinien beschließen über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter anderem über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Nr. 5), über die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege, Soziotherapie (Nr. 6) und über eine Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Nr. 8). Den Richtlinien kommt ab ihrer Bekanntmachung rechtliche Bedeutung zu (§ 94 Abs. 2 SGB V; vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 34/02 BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Heilmittel im Sinne des SGB V werden definiert als ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Zur Erstattung der Kosten für - wie im Streitfall - nicht von einem Arzt erbrachte Dienstleistungen zur Behandlung einer Krankheit, sind die Sozialversicherungsträger grundsätzlich nur nach Maßgabe der aufgrund des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien bzw. nach Maßgabe der Satzung der jeweiligen Krankenkasse (§ 194 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) verpflichtet. Wird deshalb eine in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse aufgenommene Leistung von einem Arzt angeordnet, kann dies als Indiz dafür herangezogen werden, dass die betreffende Leistung eine entsprechende berufliche Befähigung voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 34/02 BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Im Streitfall waren die von der Klin. durchgeführten Rückenschulkurse bzw. ihre Leistungen im Rahmen der Rückenschulkurse nicht in dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klin. "als Beweis" angeführten Schriftsätzen der Krankenkassen. Für den Senat besteht auch keine Veranlassung, die insoweit beantragten Beweise zu erheben, da die Behauptung der Klin., ihre Leistungen seien in dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen, als bloße, unsubstantiierte Behauptung anzusehen ist.

Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG kommt auch dann in Betracht, wenn eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrages gemäß §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Einrichtung als auch die Leistungen der hierzu nach Maßgabe des Versorgungs- oder Rehabilitationsvertrages qualifizierten Fachkräfte an diese Einrichtung steuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669). Im Streitfall sind Anhaltspunkte tatsächlicher Art, aus denen sich ergibt, dass die Klin. ihre Leistungen im Rahmen eines Versorgungsvertrages gemäß §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V erbracht hat, weder von der Klin. substantiiert vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Die bloße Behauptung der Klin., "ihre Qualifikation sei in einem Versorgungsvertrag gemäß §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V für Leistungen von Fachkräften zur medizinischen Rehabilitation benannt", genügt insoweit nicht. Sie ist ebenfalls als bloße, unsubstantiierte Behauptung anzusehen.

Der erforderliche Qualifikationsnachweis kann sich auch aus der Kostentragung nach § 43 SGB V in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679). Die Gesamtvereinbarung, die am 01. Januar 1994 in Kraft getreten ist, ist durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung und Kriegsopferversorgung unter Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung (Gesamtvereinbarung) auf der Grundlage von § 5 Abs. 6 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation abgeschlossen worden (abgedruckt u.a. in: Die Betriebskrankenkasse 1993, 681). Durch die Gesamtvereinbarung sollte sichergestellt werden, dass Rehabilitationssport und Funktionstraining als ergänzende Leistung zur Rehabilitation nach einheitlichen Grundsätzen gewährt und gefördert werden, denn Krankenkassen konnten nach § 43 Nr. 1 SGB V in den in den Streitjahren 1996 bis 1999 geltenden Fassungen als ergänzende Leistungen (nur) "den Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird". Mit Wirkung ab dem 01. Januar 2000 wurde diese Vorschrift dahingehend ergänzt, dass "dies auch für das Funktionstraining gilt". Nach der amtlichen Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/1245, S. 66) wurde durch "die Gleichstellung des Funktionstrainings mit dem Rehasport ... das Recht der derzeitigen Praxis angepasst". Dieser Hinweis bezog sich auf die Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining.

Nach § 2 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung umfasste der Rehabilitationssport bewegungstherapeutische Übungen, die als Gruppenbehandlung unter ärztlicher Betreuung/Überwachung im Rahmen regelmäßig abgehaltener Übungsveranstaltungen durchgeführt wurden. Zweck des Rehabilitationssports war es insbesondere durch bewegungstherapeutische Übungen, die auf die Art und die Schwere der Behinderung und den gesundheitlichen Allgemeinzustand des/der Behinderten abgestimmt sein mussten, das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern. Übungen ohne medizinische Notwendigkeit gehörten nicht zum Rehabilitationssport (vgl. § 2 Abs. 4 der Gesamtvereinbarung). Die Durchführung des Rehabilitationssports oblag nach § 6 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung insbesondere den Sportgemeinschaften, die über die Landesbehinderten-Sportverbände dem Deutschen Behinderten-Sportverband angehörten. "Rehabilitationssportgemeinschaften" bedurften der Anerkennung. Die Anerkennung der "Rehabilitationssportgemeinschaften" sowie die fortlaufende Überprüfung der Durchführung der Übungsveranstaltungen sollte durch Arbeitsgemeinschaften auf Landesebene aller am Rehabilitationssport beteiligten Leistungsträger, Verbände und Institutionen erfolgen. Waren keine Arbeitsgemeinschaften auf Landesebene gebildet, erfolgte die Anerkennung sowie die fortlaufende Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Durchführung der Übungsveranstaltungen der Sportgemeinschaften grundsätzlich durch den zuständigen Landesbehinderten-Sportverband. Bei Herzgruppen wurde die Anerkennung auch durch die Landesorganisationen der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen ausgesprochen (vgl. § 6 Abs. 2 der Gesamtvereinbarung). Nach § 11 der Gesamtvereinbarung kamen als Übungsleiter für Rehabilitationssport in Betracht, die aufgrund eines besonderen Qualitätsnachweises - z.B. als Übungsleister "Sport in der Prävention und Rehabilitation" nach den Ausbildungsrichtlinien des Deutschen Behinderten-Sportverbandes oder bei Herzgruppen auch nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen - die Gewähr für eine fachkundige Anleitung boten. Die Notwendigkeit des Rehabilitationssports war schließlich nach § 13 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung im Allgemeinen von dem Arzt zu verordnen, der das der Behinderung zugrunde liegende Leiden oder dessen Folgen behandelte, und nach § 15 der Gesamtvereinbarung durch den Rehabilitationsträger zu bewilligen. Nach § 17 der Gesamtvereinbarung erfolgte die Abrechnung für die Teilnahme des/der Behinderten an den Übungsveranstaltungen zwischen dem Rehabilitationsträger und den Beteiligten gemäß § 6 der Gesamtvereinbarung, den anerkannten "Rehabilitationssportgemeinschaften".

Nach § 3 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung umfasste das Funktionstraining mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie bewegungstherapeutische Übungen, die als Gruppenbehandlung unter fachkundiger Anleitung und Überwachung vor allem durch Krankengymnastinnen/-gymnasten abgehalten wurden. Zweck des Funktionstrainings war es insbesondere, bei chronisch Kranken die Krankheitsverläufe günstig zu beeinflussen, die Leistungsfähigkeit zu verbessern oder mindestens einer Verschlechterung vorzubeugen und damit das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern. Nach § 3 Abs. 3 der Gesamtvereinbarung gehörten Übungen ohne medizinische Notwendigkeit nicht zum Funktionstraining. Es konnte sich nach § 5 der Gesamtvereinbarung um Trocken- oder Wassergymnastik handeln. Die Durchführung des Funktionstrainings oblag nach § 7 der Gesamtvereinbarung insbesondere den Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Rheumaliga, die auch für die erforderliche Anerkennung von Funktionstrainingsgruppen zuständig war. Nach § 12 der Gesamtvereinbarung kamen für die Leitung des Funktionstrainings vor allem Krankengymnastinnen/ -gymnasten mit speziellen Erfahrungen und spezieller Fortbildung für den Bereich der rheumatologischen Erkrankungen einschließlich Atemgymnastik, aber auch andere qualifizierte Therapeuten mit Zusatzausbildung in Betracht. Die Notwendigkeit des Funktionstrainings war schließlich nach § 14 der Gesamtvereinbarung im Allgemeinen von einem Arzt zu bescheinigen und nach § 15 der Gesamtvereinbarung durch den Rehabilitationsträger zu bewilligen. Nach § 17 der Gesamtvereinbarung erfolgte die Abrechnung für die Teilnahme des/der Behinderten an den Übungsveranstaltungen zwischen dem Rehabilitationsträger und den Beteiligten gemäß § 7 der Gesamtvereinbarung, den anerkannten "Funktionstrainingsgruppen".

Hiervon ausgehend hat die Klin. - trotz gerichtlicher Aufforderung - nicht nachgewiesen, dass ihre Rückenschule bzw. ihre Rückenschulkurse in den Streitjahren als "Rehabilitationssportgemeinschaft" oder "Funktionstrainingsgruppe" gemäß § 6 bzw. § 7 der Gesamtvereinbarung anerkannt waren, mithin eine Kostentragung nach § 43 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung (zumindest teilweise) erfolgte. Die Klin. trägt insoweit die Feststellungslast. Die von der Klin. lediglich unsubstantiiert aufgestellten Behauptungen, die Krankenassen hätten die Kosten aufgrund der Gesamtvereinbarung in Verbindung mit § 43 SGB V übernommen bzw. sie habe die Anerkennung im Sinne des § 6 bzw. des § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining erhalten, genügen insoweit nicht. Denn den Behauptungen ist schon nicht zu entnehmen, ob sie als "Rehabilitationssportgemeinschaft" oder als "Funktionstrainingsgruppe" und insbesondere auch nicht, wann und von wem sie anerkannt worden ist. Es besteht für den Senat auch keine Veranlassung, bezüglich der unsubstantiierten Behauptungen die von der Klin. insoweit benannten Beweise zu erheben. Auch aus den von der Klin. "als Beweis" vorgelegten Schriftsätzen ergibt sich keine entsprechende Anerkennung als "Rehabilitationssportgemeinschaft" oder "Funktionstrainingsgruppe" nach der Gesamtvereinbarung. Dass sie - wie sie vorträgt - über die in der Gesamtvereinbarung aufgeführten Qualifikationen verfügt und eine der führenden Fachkräfte zur Heilbehandlung im Sinne des § 6 bzw. § 7 der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining in Deutschland ist, reicht für den "beruflichen Befähigungsnachweis im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG" nicht aus. Denn aus § 43 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung ergibt sich eine Verpflichtung zur Kostentragung nur, wenn eine Anerkennung nach § 6 bzw. § 7 der Gesamtvereinbarung vorliegt. Entgegen der Auffassung der Klin. hat der BFH in seinem Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 für das Vorliegen des beruflichen Befähigungsnachweises auch nicht auf eine Kostentragung nach allen Alternativen des § 43 SGB V, sondern auf eine Kostentragung nach § 43 SGB V, d.h. genauer § 43 Nr. 1 SGB V, in Verbindung mit der Gesamtvereinbarung abgestellt.

Eine ("freiwillige") Kostentragung durch die Krankenkassen nach § 43 Nr. 2 SGB V oder nach § 20 SGB V genügt hingegen nicht, um den beruflichen Befähigungsnachweis zu erbringen. Dafür, dass - wie die Klin. sinngemäß vorträgt - für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG entscheidend sein müsse, dass den Kursteilnehmern die Kosten der Rückenschule zu 80 % erstattet worden seien, bietet weder Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG noch § 4 Nr. 14 UStG einen hinreichenden Anknüpfungspunkt. Entsprechendes lässt sich auch den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. Oktober 1999 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132, BStBl II 2000, 155; vom 10. November 1999 2 BvR 1820/92, BStBl II 2000, 158 und vom 10. November 2000 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160 nicht entnehmen. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 29. Oktober 1999 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132, BStBl II 2000, 155 betont, dass zu berücksichtigen sei, ob die Leistungen "in der Regel" von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Dem entspricht es, grundsätzlich nur solche Heilbehandlungen von der USt zu befreien, die - aufgrund der Zulassung des leistenden Unternehmers bzw. der entsprechenden Berufsgruppe, der Aufnahme der betreffenden Leistung in den Leistungskatalog (§ 92 SGB V) oder der Erfüllung der Anforderungen des § 43 Nr. 1 SGB V i.V.m. mit der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationsport und das Funktionstraining - die Sozialversicherungsträger ihrer Art nach zur Erstattung verpflichten. Diese Auslegung ist auch mit Art. 3 GG vereinbar. Denn Normzweck des § 4 Nr. 14 UStG ist die Entlastung der Sozialversicherungsträger von der USt (vgl. BVerfG-Urteil vom 29. Oktober 1999 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132, BStBl II 2000, 155). Entgegen den sinngemäßen Ausführungen der Klin. kann der für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG erforderliche Qualifikationsnachweis auch nicht auf jede erdenkliche Art und Weise erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679).

Aus den vorgenannten Gründen bedurfte es keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, so dass für den Senat auch keine Veranlassung bestand, die weiteren beantragten Beweise zu erheben.

Die Voraussetzungen des § 19 UStG (Besteuerung der Kleinunternehmer) lagen in den Streitjahren nicht vor. Der jeweilige Gesamtumsatz überstieg die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen.

Die Festsetzungen der Zinsen zur USt 1996 bis 2000 sind rechtmäßig. Gegen die Zinsberechnung hat die Klin. keine gesonderten Einwendungen erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Da die Klage mit der Kostenfolge, dass die Klin. die Kosten des Verfahrens trägt, abgewiesen wurde, ist der Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, gegenstandslos geworden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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