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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: 3 K 3325/05 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG, BewG


Vorschriften:

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1a
ErbStG § 3
BewG § 121 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

3 K 3325/05 Erb

Tenor:

Der Schenkungsteuerbescheid vom 03.02.2004 zur Steuernummer xxxxxxx in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe:

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) in Folge der Kapitalerhöhung einer GmbH gegen zu geringes Aufgeld Begünstigte einer steuerpflichtigen Schenkung ist.

Die Klin. ist österreichische Staatsbürgerin, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Sie ist neben drei weiteren Mitgliedern der Familie L*** zu 25 % Begünstigte der H*** Stiftung mit Sitz in W***, Liechtenstein. Die H*** Stiftung ist alleinige Gesellschafterin der Q*** Holdings s.a.r.l. mit Sitz in T***, Luxemburg. Die Q*** Holdings s.a.r.l. ist wiederum alleinige Gesellschafterin der QH***GmbH mit Sitz in C***, Deutschland.

An der Q*** GmbH mit Sitz in C***, Deutschland waren zu jeweils 50 % die B*** (B***) mit Sitz in U***, Liechtenstein sowie die D*** (D***) mit Sitz in W***, Liechtenstein beteiligt. Das Stammkapital der Q*** GmbH betrug zunächst insgesamt 15 Millionen. Zu den Einzelheiten der Beteiligtenstruktur der Gesellschaften wird auf Blatt 3 und 161 der Schenkungsteuerakte verwiesen.

Mit notarieller Urkunde vom 05.02.1998 beschloss die Gesellschafterversammlung der Q*** GmbH die Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft um 22.500.000 DM. Zur Übernahme der neuen Stammeinlage wurde unter Ausschluss der bisherigen Gesellschafter die QH*** GmbH zugelassen. Die neue Stammeinlage i.H.v. 22.500.000 DM wurde von der QH*** GmbH übernommen und mit einem Aufgeld von 7.500.000 DM in bar erbracht. Zu den Einzelheiten des Gesellschafterbeschlusses vom 05. 02.1998 wird auf Bl. 15 - 18 der Schenkungsteuerakte verwiesen.

Nach der Kapitalerhöhung waren die bisherigen Gesellschafter B*** und D*** noch mit jeweils 7.500.000 DM am erhöhten Stammkapital von 37.500.000 DM der Q*** GmbH beteiligt. Dies entspricht einer relativen Beteiligung von jeweils 20 %. Die verbleibenden 60 % des Stammkapitals entfielen nach der Kapitalerhöhung auf die QH*** GmbH.

Die Gesellschafter der B*** bzw. der D*** zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung der Q*** GmbH sind nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Gesellschaften im Einflussbereich der Familie L*** stehen.

Der vom Bekl. nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte gemeine Wert der Anteile an der Q*** GmbH betrug vor der Kapitalerhöhung 56.400.000 DM und nach der Kapitalerhöhung 76.125.000 DM. Diese Werte sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Auf die Berechnung in der Beiakte zur Schenkungssteuerakte wird Bezug genommen. Da das von der QH*** GmbH gezahlte Entgelt (Nennkapital i.H.v. 22.500.000 DM zuzüglich Aufgeld i.H.v. 7.500.000 DM) geringer war als der gemeine Wert der nach der Kapitalerhöhung auf die QH*** GmbH entfallenden Gesellschaftsanteile (60 % von 76.125.000 DM = 45.675.000 DM), ging der Bekl. von einem schenkungsteuerpflichtigem Sachverhalt aus.

Hinsichtlich der schenkungsteuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts kam es zu einem umfangreichen Schriftwechsel zwischen den steuerlichen Beratern der beteiligten Gesellschaften und dem Bekl. Zu den Einzelheiten wird hierzu auf den Inhalt der Schenkungsteuerakte verwiesen.

Nach einem Gespräch zwischen den Klägervertretern und Vertretern des Bekl. wurde vereinbart, hinsichtlich der hier streitbefangenen Kapitalerhöhung der Q*** GmbH für den Fall, dass hierdurch eine Schenkungsteuerpflicht eingetreten sei, davon auszugehen, dass als Schenker die B*** und die D*** und als Beschenkte die Begünstigten der H*** Stiftung, d.h. u.a. die Klin., in Betracht kämen. Es müsse im Rahmen eines Rechtsbehelfs- bzw. Klageverfahrens noch geklärt werden, ob Inlandsvermögen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG verschenkt worden sei. Auf den Aktenvermerk vom 20.01.2004 und den Schriftsatz der Klägervertreter vom 28.01.2004 wird hierzu Bezug genommen (Bl. 109 u. 110 f. der Schenkungsteuerakte).

Hieran anknüpfend erließ der Bekl. am 03.02.2004 gegen die Klin. einen Schenkungsteuerbescheid "über ihren Erwerb aus der Schenkung der B*** vom 05.02.1998". Der Bekl. ermittelte nach Abzug der von der QH*** GmbH für den Anteilserwerb gezahlten 30.000.000 DM (Nennkapital in Höhe von 22.500.000 DM zzgl. Aufgeld in Höhe von 7.500.000 DM) vom gemeinen Wert der neuen Anteile (45.675.000 DM) den Wert der Bereicherung aller Begünstigten in Höhe von insgesamt 15.675.000 DM. Diese gesamte Bereicherung teilte der Bekl. entsprechend der Beteiligungshöhe der Altgesellschafterinnen vor der Kapitalerhöhung auf und ging von einer Zuwendung der B*** und der D*** an die Begünstigten der H*** Stiftung in Höhe von jeweils insgesamt 7.837.500 DM aus. Hiervon entfielen nach der Berechnung des Bekl. 25 % mithin 1.959.375 DM auf die Klin. Dementsprechend setzte der Bekl. gegen die Klin. die Schenkungsteuer ausgehend von einem Wert des Erwerbs in Höhe von 1.959.375 DM nach Abzug des persönlichen Freibetrages auf 685.055 DM (350.263 Euro) fest. Steuerbefreiungen nach § 13 a ErbStG wurden darin nicht berücksichtigt. Auf den Schenkungsteuerbescheid (Bl. 113 - 115 der Schenkungsteuerakte) wird Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klin. am 20.02.2004 Einspruch ein. Zur Begründung führte die Klin. aus, die streitbefangene Kapitalerhöhung habe nicht zu einem beschränkt steuerpflichtigen Erwerb im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 4 BewG geführt. Es sei seitens der Altgesellschafter nicht zu einer Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gekommen. Vielmehr liege eine quotenverändernde Kapitalerhöhung vor, bei der neue Gesellschaftsanteile gebildet worden seien. Der Wertzuwachs bei der Neugesellschafterin ergebe sich aus einem Übergang der stillen Reserven von den Altanteilen auf die im Rahmen der Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Anteile. Zuwendungsgegenstand seien somit nicht die Anteile an der Kapitalgesellschaft, sondern der Wertzuwachs, der sich aus dem Übergang der stillen Reserven ergebe. Ein solcher Wertzuwachs stelle aber kein Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG dar, so dass kein beschränkt steuerpflichtiger Erwerb gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vorliege. Ferner begehrte die Klin. die Steuervergünstigungen gem. § 13 a ErbStG.

Der Bekl. erließ am 21.07.05 eine Einspruchsentscheidung (EE), in der er die Schenkungsteuer unter Änderung des Bescheides vom 03.02.2004 unter Gewährung des Bewertungsabschlages gem. § 13 a Abs. 2 ErbStG auf 210.018 Euro festgesetzte und den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückwies. Der Bekl. führte aus, Gegenstand der Zuwendung sei das Bezugsrecht für die im Rahmen der Kapitalerhöhung entstandenen neuen Gesellschaftsanteile. Das Recht, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung entstehenden neuen Gesellschaftsanteile zu übernehmen, stehe den Altgesellschaftern gem. § 57 j GmbHG entsprechend ihrer bisherigen Beteiligungsquote zu. Eine Verfügung über die Anwartschaft bzw. das gesellschaftsrechtliche Bezugsrecht sei anzunehmen, wenn ein zu Gunsten eines Altgesellschafters bestehendes Bezugsrecht übertragen werde, der Altgesellschafter zu Gunsten des betreffenden Neugesellschafters auf sein Bezugsrecht verzichte oder der Altgesellschafter durch Beschluss von der Kapitalerhöhung ausgeschlossen werde, mit der Folge, dass für ihn gesellschaftsrechtlich kein Bezugsrecht entstehe. Die schlichte Nichtausübung eines Bezugsrechts sei diesen Sachverhalten gleichzusetzen. Bezugsrechte seien als Anwartschaften auf GmbH-Anteile als Inlandsvermögen i.S.d. § 121 Nr. 4 BewG zu behandeln. Der BFH gehe in ständiger Rechtsprechung davon, dass Bezugsrechte auf neue GmbH-Geschäftsanteile Anwartschaften seien, die selbständig übertragen werden könnten. Der Begriff des Anwartschaftsrechts sei dabei nicht auf dingliche Rechte des Zivilrechts beschränkt, sondern könne jede rechtlich begründete Aussicht auf den Erwerb einer tatsächlichen oder rechtlichen Position betreffen. Auch aus dem Wortlaut § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG lasse sich ableiten, dass Anwartschaften auf Anteile an einer GmbH als Anteile an Kapitalgesellschaften anzusehen seien. Der Klin. sei schließlich lediglich der Bewertungsabschlag gem. § 13 a Abs. 2 ErbStG zu gewähren, da bislang keine unwiderrufliche Erklärung der Schenkerin über die Inanspruchnahme des Freibetrages nach § 13 a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 ErbStG vorliege. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in der EE vom 21.07.2005 verwiesen (vgl. Bl. 155-162 der Schenkungsteuerakte).

Mit ihrer Klage vom 17.11.2005 verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Eine Schenkung der B*** an die Klin. liege bereits deshalb nicht vor, weil die B*** keine Bereicherungsabsicht besessen habe. Zuwendungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter oder diesen nahestehenden Personen seien grundsätzlich als Entnahmen oder verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren und erfüllten deshalb keinen Schenkungsteuertatbestand. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die für die B*** handelnden Personen die vermeintlich Beschenkten bewusst hätten bereichern wollten. Vielmehr seien die handelnden Personen davon ausgegangen, dass die im Rahmen der Kapitalerhöhung von der QH*** GmbH zu leistende Kapitaleinlage angemessen gewesen sei. Hierzu verweist die Klin. auf einen seitens der steuerlichen Berater der Q***-Gruppe gestellten Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom 27.10.1997, in dem ausdrücklich die Angemessenheit der Beteiligung thematisiert worden sei. Hierzu wird auf Bl. 72-74 der GA verwiesen. Somit liege mangels eines subjektiven Bereicherungswillens keine Schenkung vor.

Selbst wenn davon auszugehen sei, dass eine Vermögenszuwendung von der B*** auf die Klin. vorgelegen habe, sei diese nicht schenkungsteuerpflichtig, da jedenfalls kein Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG übertragen worden sei. Als Zuwendungsobjekt komme weder ein Bezugsrecht noch ein Anwartschaftsrecht in Betracht. Vielmehr liege lediglich ein Wertzuwachs bei der Neugesellschafterin in Form des Übergangs von stillen Reserven von den Altanteilen auf die neuen Anteile vor. Der Übergang der abgespaltenen Vermögensteile könne jedoch nicht Gegenstand eines zivilrechtlichen Übertragungsgeschäfts sein. Insofern liege keine Übertragung von Bezugsrechten oder Anwartschaften vor. Die Neugesellschafterin habe ihre Anteile originär von der GmbH gegen Leistung der Einlage erworben. Der originäre Erwerb der Anteile von der Gesellschaft schließe eine Übertragung der selben Anteile von den Altgesellschaftern zwingend aus. Erst die Abspaltung und die Übertragung der stillen Reserven auf die neuen Anteile führten zu einer Bereicherung der Neugesellschafterin. Dieser Wertzuwachs liege dann aber nicht in der Übertragung der Gesellschaftsanteile, sondern im Übergang von stillen Reserven. Folglich komme ein beschränkt steuerpflichtiger Erwerb von Inlandsvermögen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 4 BewG nicht in Betracht, da die bloße Wertverschiebung durch Überspringen von stillen Reserven auf neue Gesellschaftsanteile nicht von § 121 Nr. 4 BewG erfasst sei. Selbst wenn Bezugsrechte bzw. Anwartschaften übertragen worden seien, führe dies nicht zu einer Steuerpflicht, da auch Bezugsrechte bzw. Anwartschaften nicht vom Anteilsbegriff des § 121 Nr. 4 BewG erfasst seien. Der Wortlaut des § 121 Nr. 4 BewG spreche insoweit eindeutig nur von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Bezugsrechte und Anwartschaften seien jedoch begrifflich keine Anteile an Kapitalgesellschaften.

Eine Schenkung der B*** an die Klin. könne schließlich auch nicht nach den Grundsätzen einer mittelbaren Schenkung angenommen werden. Die Klin. sei zu keinem Zeitpunkt Inhaberin der neuen Gesellschaftsanteile an der Q*** GmbH geworden. Vielmehr habe die QH*** GmbH die Anteile erworben, deren mittelbare Gesellschafterin bzw. Begünstigte die Klin. sei. Bezüglich der hier entscheidenden Frage, wie Zuwendungen an Kapitalgesellschaften schenkungsteuerrechtlich auf der Ebene der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft zu beurteilen sei, vertrete der BFH die Auffassung, dass eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens zwar regelmäßig den Wert der Geschäftsanteile erhöhe, woraus jedoch nicht gefolgert werden dürfe, dass die unentgeltliche Zuwendung an eine GmbH insoweit bei den Gesellschaftern zu erfassen sei, wie sie sich in einer Erhöhung des Werts ihrer Geschäftsanteile auswirke. Der Zuwendungsbegriff des Schenkungsteuerrechts setze einen unmittelbaren oder mittelbaren Substanzübergang vom Zuwendenden auf den Bedachten voraus, der nur angenommen werden könne, wenn sich durch den betreffenden Vorgang der Vermögensbestand beim Bedachten verändere. Ohne eine Veränderung des Vermögensbestandes gebe es keinen Zuwendungsgegenstand, der die steuerrechtliche Bereicherung verkörpere. Daraus folge, dass Vorgänge, die über eine substantielle Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft lediglich den Wert eines bereits im Vermögen des Anteilseigners vorhanden und in seiner Substanz unverändert gebliebenen Gesellschaftsanteils steigern, zwar Zuwendungen an die Kapitalgesellschaft als Vermögensträger, nicht aber zugleich Zuwendungen an die Anteilseigner sein könnten und im zu beurteilenden Fall erst recht nicht an die Begünstigte des mittelbaren Anteilseigners der die Zuwendung erhaltenden Kapitalgesellschaft. Die gegenständlich mittelbare Übertragung von Anteilen an der Q*** GmbH könne somit keine schenkungsteuerpflichtige Übertragung von Inlandsvermögen i. S.v. § 121 BewG auf die Klin. bewirken. Die Klin. verweist hierzu auf die Rechtsprechung des BFH sowie auf die in der Literatur vertretene Auffassungen. Zu den Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Klin. im Schriftsatz vom 19.12.2006 (Bl. 66-71 der GA) verwiesen.

Die Klin. beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 03.02.2004 in der Gestalt der EE vom 21.07.2005 aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung beruft sich der Bekl. auf seine EE. Ergänzend weist der Bekl. unter Nennung mehrerer Urteile darauf hin, dass aus der Rechtsprechung des BFH abgeleitet werden könne und auch in der Literatur die Auffassung vertreten werde, dass bei der Kapitalerhöhung einer GmbH als Zuwendungsgegenstand der originär vom Neugesellschafter erworbene Gesellschaftsanteil anzusehen sei. Der BFH habe im Falle des originären Erwerbs neuer Gesellschaftsanteile durch einen Dritten im Rahmen der Kapitalerhöhung einer GmbH eine Schenkung für den Fall angenommen habe, dass der gemeine Wert der neuen Anteile die zu leistende Einlage übersteige. Auf die Ausführungen des Bekl. im Schriftsatz vom 29.11.2006 (Bl. 53 der GA) wird Bezug genommen.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 26.10.2006 erörtert. Im Rahmen des Erörterungstermin haben die Beteiligten ihre bereits im Januar 2001 getroffene Vereinbarung wiederholt. Wörtlich gaben die Beteiligten übereinstimmend folgende als "tatsächliche Verständigung" bezeichnete Erklärung ab: "Im Rahmen der Kapitalerhöhung der Q*** GmbH mit Sitz in C*** gem. Beschluss vom 05.02.1998 kommen aufgrund der Beteiligungsstruktur der unmittelbar und mittelbar beteiligten Gesellschaften als Schenker nur die B*** mit Sitz in U***, Liechtenstein sowie die D*** mit Sitz in W***, Liechtenstein und als Beschenkte nur die Begünstigten der H*** Stiftung, d.h. u.a. die Klin. in Betracht." Zu den Einzelheiten des Erörterungstermins wird auf das Protokoll, (Bl,. 47 - 49 der GA) verwiesen.

Der Senat hat in der Sache am 18.10.2007 mündlich verhandelt. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Schenkungsteuerbescheid vom 03.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin in Folge der Kapitalerhöhung der Q*** GmbH gem. Gesellschafterbeschluss vom 05.02.1998 eine nach dem ErbStG zu besteuernde Schenkung von der B*** erhalten hat.

Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungsteuer. Als Schenkung unter Lebenden gilt u.a. eine Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die unbeschränkte Steuerpflicht tritt ein, wenn der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Als Inländer gelten u.a., natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 a ErbStG) und Körperschaften, wenn sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 d ErbStG). Wenn weder Schenker noch Beschenkter der unbeschränkten Steuerpflicht i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegen, tritt die beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG für den Vermögensanfall ein, der in Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG besteht.

Nach diesen Rechtsgrundlagen ist der Bekl. zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall jedenfalls kein unbeschränkt steuerpflichtiger Erwerb der Klin. von der B*** gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 a und Nr. 1 d ErbStG vorliegen kann, da die Kl. im Inland weder ihren Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hat und sich weder Sitz noch Geschäftsleitung der B*** im Inland befinden. Der Bekl. hat jedoch zu Unrecht einen beschränkt steuerpflichtigem Erwerb der Kl. gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG angenommen, da die streitbefangene Kapitalerhöhung der Q*** GmbH keine Schenkung der B*** an die Kl. bewirkt hat.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 20.12.2000 II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454; BFH, Urteil vom 30.05.2001 II R 6/98, BFH/NV 2002, 26) grundsätzlich eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden vorliegen, wenn Dritte im Zuge der Kapitalerhöhung einer GmbH zur Übernahme neuer Geschäftsanteile, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistende Einlage übersteigt, zugelassen werden, ohne weitere Verpflichtungen eingehen zu müssen. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister (§ 57 GmbHG) erwirbt der neue Gesellschafter originär einen Geschäftsanteil, dessen Wert von Anfang an den Nennwert übersteigt. Insofern ist der neue Gesellschafter bereichert. Die Entstehung des neuen Gesellschaftsanteils in der Hand des neuen Gesellschafters geht mit einer Entreicherung der bisherigen Gesellschafter einher. Ihre Geschäftsanteile vermitteln als Folge der Entstehung neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung und erfahren darüber hinaus eine Wertminderung dadurch, dass der neue Gesellschaftsanteil proportional am bisherigen Vermögen der GmbH teilhat ohne dass dies durch einen ebenfalls proportionalen Anteil der Altgesellschafter an dem von dem Neugesellschafter eingezahlten Kapital der GmbH ausgeglichen wird. Die Bereicherung des Neugesellschafters beruht insoweit auch auf einer Zuwendung der alten Gesellschafter, wobei die Leistung der Einlage Erwerbsaufwand darstellt. Die von den Geschäftsanteilen der Altgesellschafter abgespaltenen und auf den Neugesellschafter übergehenden Vermögensteile können zwar als solche nicht Gegenstand eines zivilrechtlichen Übertragungsgeschäfts sein. Soweit die GmbH im Rahmen der Kapitalerhöhung im Verhältnis zum Neugesellschafter über Vermögen disponiert, betrifft dies nicht ihr eigenes Vermögen, sondern das Vermögen der Altgesellschafter. Dazu haben die Altgesellschafter die GmbH durch den Zulassungsbeschluss ermächtigt, der als notwendiger Teilschritt des mehrstufigen Verfahrens der Kapitalerhöhung (§§ 55 ff. GmbHG) dem Abschluss des Übernahmevertrages vorauszugehen hat. In dieser Ermächtigung liegt der Rechtsgrund für die Bereicherung der Neugesellschafter auf Kosten der Altgesellschafter (vgl. BFH, Urteile vom 20.12.2000, II R 42/99, a.a.O. undvom 30.05.2001, II R 6/98, a.a.O.). Durch den originären Erwerb der neuen Gesellschaftsanteile ist der Neugesellschafter substanziell und nicht nur wertmäßig bereichert (vgl. hierzu Viskorf, FR 2001, 910; Albrecht, ZEV 2001, 375 f.). Dieser substanzielle Vermögensübergang in Form der neuen Gesellschaftsanteile kann entgegen der Auffassung der Kl. Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG darstellen.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen sich der Senat für den vorliegenden Fall anschließt, kommt bei Unterstellung der weiteren, von der Klin. bestrittenen Voraussetzung des Willens zur Unentgeltlichkeit, zwar grundsätzlich als Folge der Kapitalerhöhung der Q*** GmbH eine durch die Altgesellschafter (B*** und D***) bewirkte Schenkung von Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Nr. 4 BewG in Betracht. Dabei geht der Senat von der von der Kl. nicht bestrittenen Feststellung des Bekl. aus, dass der gemeine Wert der neuen GmbH-Anteile höher war, als die hierfür zu leistende Einlage. Da die Kl. allerdings mangels substanzieller Bereicherung nicht Empfängerin einer durch die Kapitalerhöhung bewirkten Zuwendung ist, scheidet eine Schenkung der B*** zugunsten der Kl. aus. Inhaberin der neuen Gesellschaftsanteile an der Q*** GmbH wurde nämlich die QH*** GmbH. Zwar mag die Kl. als Begünstigte der H*** Stiftung, die wiederum mittelbar über die Q*** Holdings s. a. r. l. alleinige Gesellschafterin der QH*** GmbH ist, wirtschaftlich mittelbar von der Kapitalerhöhung profitiert haben. Entgegen der Auffassung des Bekl. kann aus dieser Konstellation aber keine mittelbare Zuwendung der B*** an die Kl. und damit keine Schenkung der B*** an die Kl. abgeleitet werden.

Die Frage, ob bei Leistungen (hier originärer Erwerb der neuen Gesellschaftsanteile) eines Dritten (hier B***) an eine GmbH (hier die QH*** GmbH) eine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung an die Gesellschafter der GmbH (hier mittelbar die Klin.) vorliegen kann, wird von der Rechsprechung, der Literatur und der Finanzverwaltung zum Teil unterschiedlich beantwortet.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist Empfänger der einer GmbH gemachten Zuwendung die GmbH selbst, denn das Gesellschaftsvermögen sei Vermögen der GmbH. Sie werde durch die Zuwendung bereichert. Unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden oder Erwerbe von Todes wegen, bei denen eine GmbH oder eine andere juristische Person Empfänger sei, seien daher erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich bei dieser und nicht etwa bei den Gesellschaftern zu erfassen. Die durch die Zuwendung eines Vermögensvorteils an die GmbH bewirkte Erhöhung des Werts ihrer Geschäftsanteile könne die Bereicherung der GmbH weder aufheben noch mindern (vgl. BFH, Urteil vom 25.10.1995 II R 67/93, BFHE 179, 157, BStBl II 1996, 160; BFH, Urteil vom 17.04.1996 II R 16/93, BFHE 180, 464, BStBl II 1996, 454; BFH, Urteil vom 19.06.1996 II R 83/92, BFHE 181, 88, BStBl II 1996, 616).

Entgegen der vorgenannten Rechtsprechung vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei unentgeltlichen Leistungen eines Dritten an eine Kapitalgesellschaft sowohl eine Zuwendung an die Kapitalgesellschaft selbst als auch alternativ an einen, mehrere oder alle Gesellschafter der Kapitalgesellschaft vorliegen könne. Maßgebend für die Zuordnung der Zuwendung sei die Willensrichtung des Zuwendenden, die anhand objektiver Kriterien zu ermitteln sei. In der Regel sei davon auszugehen, dass der Wille des Zuwendenden darauf gerichtet sei, natürliche Personen zu bereichern. Dies werde insbesondere dann der Fall sein, wenn zwischen dem Zuwendenden und den Gesellschaftern persönliche Beziehungen bestünden (vgl. gleichlautender Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15.03.1997, BStBl I 1997, 350, Tz. 3.1; R 18 Abs. 4 ErbStR).

In der Literatur haben sowohl die Rechsprechung des BFH (vgl. z.B. Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 199; Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 208) als auch die Verwaltungsauffassung (vgl. z.B. Groh, DStR 1999, 1050; Hübner, DStR 1997, 905; Roser/Schrepp, GmbHR 1997, 400) Zustimmung erfahren (zum Meinungsstand vergl. auch die Ausführungen bei Kapp/Ebeling § 7 Rz. 207 ff.)

Der erkennende Senat folgt im vorliegenden Fall der eingangs dargestellten Rechtsprechung des BFH. Eine GmbH ist als juristische Person eigenständig und von der Person ihrer Gesellschafter unabhängig. Da eine GmbH gem. § 13 Abs. 1 2. Halbsatz, Abs. 2 GmbHG selbst Inhaberin des Gesellschaftsvermögens ist, wird sie, wenn sie von einem Dritten ohne entsprechende Gegenleistung einen substanziellen Vermögensvorteil erhält selbst unmittelbar bereichert. Eine (mittelbare) Schenkung des Dritten an die Gesellschafter der GmbH scheidet aus, da die sich aus der Zuwendung an die GmbH ergebende Vermögensmehrung des Gesellschafters (Wertsteigerung seiner bereits vorhandenen Gesellschaftsanteile) lediglich Folge seiner Gesellschafterstellung ist und nicht auf einer Zuwendung des Dritten an den Gesellschafter beruht.

Die angefochtene Schenkungssteuerfestsetzung stellt sich schließlich auch nicht unter Berücksichtigung der im Erörterungstermin vom 26.10.2006 getroffenen "tatsächlichen Verständigung" als rechtmäßig dar. Denn die Beteiligten, die sich bereits vor dem Erlass des angefochtenen Steuerbescheides inhaltich in gleicher Weise verständigt hatten, konnten sich abweichend von den vorstehend dargestellten rechtlichen Grundlagen nicht rechtsverbindlich darauf verständigen, dass -obwohl im Streitfall entsprechend der Rechtsprechung des BFH allenfalls eine freigebige Zuwendung der B*** an die QH*** GmbH vorliegen kann- die Klin. als Beschenkte in Betracht komme.

Der BFH hat die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt (vgl. BFH, Urteil vom 28.06.2001 IV R 40/00, BFHE 19, 87, BStBl II 2001, 714 m.w.N.). Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Feststellung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt im Sinne des § 88 AO einvernehmlich festzulegen (BFH, Urteil vom 28.06.2001 IV R 40/00 a.a.O.). Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung, die auch bei einem Erörterungstermin beim Finanzgericht stattfinden kann, ist es grundsätzlich nur möglich, dass sich die Beteiligten über Sachverhaltsfragen verständigen. Nicht möglich ist die vom Sachverhalt unabhängige Verständigung ausschließlich über Rechtsfragen. Diese ergeben sich aus dem Gesetz. Allerdings können sich die Beteiligten über solche Rechtsfragen verständigen, die in einem so engen Zusammenhang mit Tatsachen stehen, dass sie sachgerechterweise nicht auseinandergerissen werden können (vgl. Tipke/Kruse-Seer § 85 AO Rz. 58 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund kann die Vereinbarung der Beteiligten im Erörterungstermin am 26.10.2006 nicht dazu führen, entgegen der Rechtsprechung des BFH, die Klin. als Beschenkte anzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155 FGO i.V.m. 708 Nr. 11 u. 711 ZPO.

Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.



Ende der Entscheidung

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