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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 16.05.2008
Aktenzeichen: 6 K 3233/03 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 13
EStG § 13a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 3233/03 E

Tenor:

Unter Änderung der geänderten Bescheide vom 16.08.2001 und 23.08.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2003 wird die Einkommensteuer für die Jahre 1996 bis 1998 nach Maßgabe der Urteilsgründe niedriger festgesetzt. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Steuer zu berechnen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand:

Zu entscheiden ist im Wesentlichen, ob die Bestellung von Erbbaurechten an Gründstücken eines landwirtschaftlichen Betriebes zur Entnahme dieser Grundstücke geführt hat und ob die weitere Bestellung entgeltlicher bzw. teilentgeltlicher Erbbaurechte zu Gunsten zweier Kinder der Kläger (Kl.) zu einer Entnahme der Grundstücke geführt hat oder ob diese als gewillkürtes Betriebsvermögen weiterhin dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen sind. Ferner wurde darüber gestritten, ob die Gewinnermittlung für die die Streitjahre betreffenden Wirtschaftsjahre des Betriebes nach § 13 a EStG oder nach § 13 EStG erfolgen kann und in welcher Höhe Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.

Die Kl. sind unbeschränkt steuerpflichtig und werden gemeinsam zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Die Kl. erzielten in den Streitjahren Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung und für 1998 auch aus Leibrenten).

Der Kl. ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes in G mit einer Größe von ursprünglich etwa 3,5 ha (= 35.000 m²). Der Betrieb wurde von ihm zunächst selbst bewirtschaftet. Durch Pachtvertrag vom 27.11.1997 verpachtete der Kl. seinen Betrieb an seine Tochter A für die Zeit vom 01.12.1997 bis 31.12.2006. Es wurde eine jährliche Pacht i. H. v. 1.000,00 DM vereinbart. Die Vertragsparteien vereinbarten u.a. auch, dass der Kl. als Verpächter das Recht hat, Bauplätze direkt aus der Verpachtung gegen Pachtnachlass zu verkaufen.

Die ursprüngliche Gesamtfläche des landwirtschaftlichen Betriebes wird - nach Durchführung des Einspruchsverfahrens - von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend mit 35.380 m² (= 3,538 ha) angegeben. Diese Fläche enthält 21 Erbbaurechte (A-.straße 29, 31, 19, 27, 43, 21 und 41 sowie T-weg 24, 22 und 18 mit einer Gesamtgröße von 6.485 m² (= 0,6485 ha), die entgeltlich bestellt wurden und in den Jahren 1979 bis 1982 an verschiedene Erbbauberechtigte abgegeben worden waren und mit Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen bebaut sind. Nach Abzug dieser Erbbaurechtsflächen beträgt die restliche Betriebsgröße 28.895 m² (= 2.895 ha). Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Anlage 2 zum Betriebsprüfungs(Bp)-Bericht vom 11.06.2001 (= Anlage 5 zur Einspruchsentscheidung (EE) vom 23.05.2003) Bezug genommen.

Mit Erbbaurechtsvertrag vom 08.10.1991 (UR-Nr. /1991, Notar) bestellte der Kl. seinem Sohn M ein Erbbaurecht an einem Teilstück mit einer Größe vom 881 m² ( nach Vermessung 874 m²), das mit einem Einfamilienhaus bebaut wurde (A-straße 13). Das Erbbaurecht wurde unentgeltlich bestellt.

Mit notariell beurkundeten Vertrag vom 27.01.1997 (UR-Nr. /1997, Notar) verkaufte der Kl. mit Besitzübergang zum 25.06.1997 aus drei verschiedenen Flurstücken eine Teilfläche von insgesamt 569,5 m² für einen Kaufpreis i. H. v. 197.935 DM an die Firma K GmbH. Der hieraus erzielte Gewinn beträgt 172.680 DM (vgl. Tz. 21, 30 und Anlage 4 des Bp-Berichtes vom 07.06.2001).

Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 12.05.1998 (UR-Nr. /1998, Notar) verkaufte der Kl. aus verschiedenen Flurstücken Teilflächen von insgesamt 656,5 m² mit Besitzübergang am 16.06.1998 für einen Kaufpreis i. H. v. 178.930 DM an die Eheleute W. Der hieraus erzielte Gewinn beträgt 157.370 DM (vgl. Tz. 24 und 30 sowie Anlage 4 des Bp-Berichtes vom 07.06.2001 - Verkauf Eheleute W).

Mit notariellem Vertrag vom 14.04.1998 (UR-Nr. /1998, Notar) bestellte der Kl. seinem Sohn U mit dinglicher Einigung ein entgeltliches Erbbaurecht an einem Grundstück mit einer Größe von 871 m² (A-straße 17), das mit einem Einfamilienhaus bebaut wurde. Der Erbbauzins beträgt 3,50 DM pro m² und ist ab dem 01.01.1999 zu zahlen. Die Bp behandelte diesen Vorgang als steuerliche Entnahme, dessen Wert mit 223.679,45 DM angegeben wird (vgl. Tz. 22 und 30 sowie Anlage 4 des Bp-Berichts vom 07.06.2001.

Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 26.04.1999 (UR-Nr. /1999, Notar) bestellte der Kl. an einer weiteren Teilfläche mit einer Größe von 890 m² (T-weg 11) seiner Tochter S mit dinglicher Einigung ein Erbbaurecht, das mit einem Einfamilienhaus bebaut wurde. Lt. § 5 des Erbbaurechtvertrages erfolgte die Bestellung des Erbbaurechtes entgeltlich. Es ist ein Erbbauzins von 1,00 DM pro m² ab dem 01.01.2000 zu zahlen. Dieser Vorgang, der außerhalb des Prüfungszeitraums liegt, wurde vom Bekl. als steuerliche Entnahme behandelt mit einem Entnahmewert i. H. v. 239.750 DM (vgl. Der Berechnungsbogen ESt 2a/Feststellungsbogen ESt 2d 1998 in den Steuerakten Veranlagungszeitraum 1998).

Der Bekl. hatte mit Bescheiden aus den Jahren 1998, 1999 und 2000 unter Berücksichtigung der zuvor eingereichten Steuererklärungen der Kl. die ESt für die Jahre 1996 bis 1998 erklärungsgemäß festgesetzt. Die vom Kl. vereinnahmten Erbpachtbeträge waren dabei als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und in den Festsetzungsbescheiden berücksichtigt worden. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft waren weder erklärt, noch wurden sie in den Erstfestsetzungen berücksichtigt.

Im Jahre 2000 wurde für die Jahre 1995 bis 1997 eine Bp durchgeführt. Die Bp ermittelte Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 a EStG und berücksichtigte den o.g. Gewinn aus den Grundstücksverkäufen an die Firma K GmbH und die Eheleute W - der Gewinn aus der Veräußerung an die Eheleute W wird durch eine gleichhohe Rücklage nach § 6c EStG kompensiert - sowie einen Entnahmegewinn aus der Erbbaurechtsbestellung an den Sohn U Y. (Tz. 21 bis 23 und 30 sowie Anlage 4 des Bp-Berichts vom 07.06.2001). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den genannten Bp-Bericht Bezug genommen.

Der Bekl. folgte den Feststellungen und steuerlichen Bewertungen des Bp-Berichtes und berücksichtigte im Rahmen geänderter Bescheide aus dem Wirtschaftsjahr 1998/1999 zusätzlich einen Entnahmewert (zur Hälfte) für der Erbbaurechtsbestellung an die Tochter S (vgl. Tz. 24 des Bp-Berichts vom 07.06.2001 und Berechnungsbogen ESt 2 a /Feststellungsbogen ESt 2b 1998). Mit geänderten Bescheiden vom 16.08.2001 (für 1996 und 1997) und vom 23.08.2001 (für 1998) wurde die ESt für die Jahre 1996 bis 1998 anderweitig festgesetzt.

Die gegen die geänderten Festsetzungen gerichteten Einsprüche vom 12.09.2001, mit denen geltend gemacht wurde, die Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder U und S seien nicht als steuerliche Entnahmen zu berücksichtigen und mit denen des Weiteren verausgabte Schuldzinsen geltend gemacht wurden sowie die (steuerfreie) Entnahme des Wohnhauses der Kl. zum 31.12.1998, hatte teilweise Erfolg. Die geltend gemachten Schuldzinsen wurden im Wesentlichen berücksichtigt. Mit EE vom 23.05.2003 wurde die ESt für die Jahre 1996 bis 1998 dementsprechend teilweise herabgesetzt. Soweit die Herausnahme von Entnahmegewinnen (Erbbaurechte der Kinder U und S) geltend gemacht wurde, wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Wegen weiter Einzelheiten wird auf die EE vom 23.05.2003 Bezug genommen.

Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie meinen, es seien keine Entnahmegewinne aus dem Erbbaurechtbestellungen an die beiden Kinder U und S angefallen. Des Weiteren wird geltend gemacht, eine Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen nach § 13 a EStG sei ab dem Zeitpunkt der Betriebsverpachtung vom 01.12.1997 nicht mehr zulässig. Hierzu tragen die Kl. im Wesentlichen folgendes vor:

Durch die Erbbaurechtsbestellungen in den Jahren 1979 bis 1982 habe sich die restliche Betriebsgröße von 35.380 m² (= 3,538 ha) um 6.485 m² (= 0,6458 ha) auf 28.895 m² (= 2,8895 ha) verringert, denn diese mit Erbbaurechten belasteten Gesamtgrundstücksfläche gehöre nicht mehr zum Betriebsvermögen. Die damalige umfangreiche Nutzungsänderung habe insoweit zu einer Verselbständigung der Vermögensverwaltung geführt. Damit sei es zum damaligen Zeitpunkt zu einer schlüssigen Entnahme dieser Gesamtfläche gekommen. Unerheblich sei, dass es insoweit wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr zu einer Besteuerung dieser Entnahmewerte kommen könne. Mit den Erbbaurechtsbestellungen zu Gunsten der Kinder U und S sei nunmehr eine Fläche von 1.762 m² (= 0,176 ha) betroffen. Dieses seien weniger als 10% der verbliebenen Gesamtfläche des Betriebes. Das schließe eine Entnahme aus, da die schlichte Nutzungsänderung von Grundstücken von geringer Bedeutung noch nicht zur Entnahme dieser Grundstücke führe. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der die dafür maßgebende Geringfügigkeitsgrenze bei 10 v.H. der Gesamtfläche des Betriebes ziehe, müsse diese Fläche als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992, IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342). Hinsichtlich der Erbbaurechtsbestellung zu Gunsten der Tochter S gehe der Bekl. außerdem zu Unrecht davon aus, dass es sich um eine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung handele. Die 1,00 DM pro m² Erbbauzins seien das Entgelt. Da dieses Entgelt nicht weniger als 10 % des ortsüblichen Entgeltes betrage, scheide auch eine zwangsweise Überführung des Grundstückes in das Privatvermögen aus. Auch dürfe ab dem Zeitpunkt der Verpachtung (01.12.1997) die Gewinnermittlung landwirtschaftlicher Einkünfte nicht mehr nach § 13 a EStG vorgenommen werden. Daher seien der Grundbetrag und auch der Wert der Arbeitsleistung nicht mehr anzusetzen. Im Schätzungswege seien auch Betriebsausgaben abzusetzen (Grundsteuer, Umlage, Berufsgenossenschaft, Schuldzinsen usw.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände seien die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 81.088 DM anzusetzen und die Einkünfte aus 1998 mit ./. 3.811,60 DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 12.09.2001 und die Schriftsätze vom 17.06.2003, 30.07.2003 und 02.03.2004 Bezug genommen.

Die Kl. beantragen,

unter Änderung der geänderten Bescheide vom 16.08.2001 und 23.08.2001 in der Fassung der EE vom 23.05.2003 die ESt für die Jahre 1996 bis 1998 in der Weise niedriger festzusetzen, dass Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder U und S nicht als Entnahmen behandelt werden und dass im Übrigen bei der Berechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die mit Schriftsatz vom 02.03.2004 eingereichten Gewinnermittlungen berücksichtigt werden,

und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise,

für den Fall des vollen oder teilweisen Unterliegen, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

bei der Berechnung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Gewinnermittlungen laut Schriftsatz vom 02.03.2004 zu berücksichtigen und im Übrigen die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. meint im Wesentlichen, es sei zutreffend, dass die Erbbaurechte, die in den Jahren 1979 bis 1982 bestellt worden seien, zumindest teilweise zu Entnahmen geführt haben dürften, so dass jedenfalls ein Teil der betroffenen Grundstücke nicht als Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebes des Kl. behandelt werden dürften, da die erbbaurechtsbelastete Gesamtfläche mit 6.485 m² mehr als 10 % der Betriebsgröße (damals 35.380 m²) ausmachte. Dies führe jedoch nicht dazu, dass die Bezugsgröße "Gesamtfläche des Betriebes" gemindert würde und damit die Geringfügigkeitsgrenze neu zu ermitteln sei. Es werde den Kl. auch dahingehend zugestimmt, dass eine schlichte, (entgeltliche) Erbbaurechtsbestellung nicht zu notwendigem Privatvermögen führe. Zu beachten sei hier aber die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % für eine im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ausgeübte Vermögensverwaltungstätigkeit, die der BFH in dem von den Kl. genannten Urteil aufgestellt habe. Diese sei, hier bereits durch die ersten Erbbaurechtsbestellungen in den Jahren 1979 bis 1982 überschritten, so dass jede weitere Erbbaurechtsbestellung zur Entnahme des betroffenen Grundstückes führe. Das gelte unabhängig davon, ob durch die genannten ersten Erbbaurechtsbestellungen alle damals betroffenen Grundstücke als entnommen anzusehen seien, oder ein Teil dieser Grundstücke noch gewillkürtes Betriebsvermögen seien, denn mit dem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze sei die nach der BFH-Rechtsprechung mögliche Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen, das dem Grunde nach der Vermögensverwaltung diene, für alle zukünftigen Fälle verbraucht. Die Erbbaurechtsbestellungen zu Gunsten des Kinder U und S müssten bereits aus diesem Grunde als Entnahmen der betroffenen Grundstücke behandelt werden. Hinsichtlich der Erbbaurechtsbestellungen zu Gunsten der Tochter S komme noch hinzu, dass diese als unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung angesehen werden müsse, was in jedem Falle zu einer Entnahme des betroffenen Grundstückes führe. Der gezahlte Erbbauzins betrage lediglich 28,5 % des ortsüblichen Vollentgeltes (1,00 DM pro m² zu 3,50 DM pro m²). Diese Teilentgeltlichkeit sei wie eine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung zu behandeln, denn eine noch niedrigere Grenze, wie sie die Kl. für richtig halten, sei lebensfremd. Zugestimmt werde den Kl. jedoch, dass ab dem 01.12.1997 die Gewinnermittlung nicht mehr nach § 13 a EStG erfolgen dürfe. Das Pachtverhältnis mit der Tochter A werde anerkannt. Auch im Übrigen bestünden gegen die geänderten Gewinnermittlungen des Kl. (vgl. dessen Schriftsatz vom 02.03.2004) keine Bedenken. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 31.10.2003 verwiesen.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16.05.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Grundstücke, die von den Erbbaurechtsbestellungen zu Gunsten der Kinder U und S betroffen sind, sind als gewillkürtes Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Klägers (Kl.) zu behandeln, weil sie durch die Erbbaurechtsbestellungen nicht zwangsweise entnommen wurden. Entgegen der Auffassung des Beklagten (Bekl.) wurde die Geringfügigkeitsgrenze für gewillkürtes Betriebsvermögen, die laut Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) bei 10 v.H. der Gesamtfläche des Betriebes liegt (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992, IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342), durch diese Erbbaurechtsbestellungen nicht überschritten. Auch wurde die Möglichkeit, gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden, durch die Erbbaurechtsbestellungen der Jahre 1979 bis 1982 nicht "verbraucht", weil die damalige Gesamtfläche (zwangsweise) in das Privatvermögen des Kl. übergegangen ist. Zu Recht verweisen die Kläger (Kl.) auch darauf, dass die Erbbaurechtsbestellung zu Gunsten der Tochter S nicht wie eine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung zu behandeln ist, weil die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen erst dann ausscheidet, wenn der betriebliche Nutzungsanteil weniger als 10 v.H. beträgt (BFH- Urteil vom 02. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BFH 02.10.2003 - IV R 13/03]; andere Ansicht OFD Düsseldorf, Vfg. Vom 17. März 1995 - S 2134 A - St 11 H, DB 1995, 900 ). Die Kl. sind daher durch die auf Erbbaurechtsbestellungen zu Gunsten der Kinder U und S zurückzuführende Erfassung von Entnahmegewinnen in den Besteuerungsgrundlagen der angegriffenen Steuerfestsetzungen in ihren Rechten verletzt ( § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Gleiches gilt hinsichtlich höherer Gewinne, die auf fehlerhaften Gewinnermittlungen beruhen.

I.

Die durch die Erbbaurechtsbestellungen vom 16.04.1998 (Sohn U, Wirtschaftsjahr 1997/1998) und vom 26.04.1999 (Tochter S, Wirtschaftsjahr 1998/1999) betroffenen Grundstücke von (871 + 890 =) 1.761 m² bleiben gewillkürtes Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebes.

1. Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass durch Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebes an die Tochter A ab dem 01.12.1997 - Pachtvertrag vom 27.11.1997 - keine Betriebsaufgabe erfolgte.

Bis zur Verpachtung des Betriebes mit dem o.g. Pachtvertrag hat der Kl. die Land- und Forstwirtschaft unstreitig als landwirtschaftlichen Nebenerwerb betrieben. Einkünfte hieraus, zu denen auch solche aus Grundstücksentnahmen gehören können, sind demnach als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.

Die Verpachtung des Betriebes an die Tochter stellt keine Betriebsaufgabe dar. Ein aktiver Betrieb wird dann eingestellt, wenn die im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt werden oder veräußert werden und wenn die stillen Reserven aufgelöst werden. Wird ein Betrieb verpachtet, kann durch eine Erklärung gegenüber der Finanzbehörde die Betriebsaufgabe herbeigeführt werden. Fehlt eine derartige Aufgabeerklärung, so führt der Landwirt den Betrieb in anderer Form fort (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 28. August 2003, IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 , vom 21. September 2000, IV R 29/90, BFH/NV 2001, 433 und vom 11. Februar 1999, III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198, jeweils m. w. N.). Im Streitfall ist eine derartige Erklärung weder förmlich abgegeben worden noch sind Anhaltspunkte dafür da, dass sich aus anderen Umständen, Handlungen oder Äußerungen eine Betriebsaufgabeerklärung ergibt (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 23. November 1995, IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398 und vom 22. September 2004, III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160). Danach sind die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Kl. durchgängig für alle die Streitjahre des vorliegenden Klageverfahrens 1996 bis 1998 betreffenden Wirtschaftsjahre (1995/1996, 1996/1997, 1997/1998 und 1998/1999) als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.

2. Entgegen der Auffassung des Bekl. sind in den für die Streitjahre 1996 bis 1998 maßgebenden Wirtschaftsjahren (1995/1996 bis 1998/1999) jedoch durch die Erbbaurechtsbestellungen vom 16.04.1998 und 26.04.1999 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus entsprechenden Grundstücksentnahmen angefallen.

a) Nach § 4 Abs. 1 EStG wird der Gewinn um den Wert von Entnahmen erhöht. Als Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Die von den Kl. aufgeworfene weitere Frage, nach welcher Gewinnermittlungsart (§ 13 a EStG oder § 13 EStG) ein Landwirt seinen Gewinn ermitteln, hat für die Frage, ob eine Entnahme vorliegt, keine Bedeutung (§ 4 Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG). Die Entnahme eines Wirtschaftsgutes, d.h. die Überführung des Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen in (notwendiges) Privatvermögen, verlangt, wie die Betriebsaufgabe, grundsätzlich eine eindeutige Erklärung des Betriebsinhabers, dass das Wirtschaftsgut entnommen werden soll. Darüber hinaus sind schlüssige Entnahmehandlungen grundsätzlich möglich, wozu auch Nutzungsänderung von Wirtschaftsgütern gehören können (§ 4 Abs. 1 Satz 6 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, führt die Bestellung entgeltlicher Erbbaurechte grundsätzlich auch dann nicht zur Entnahme der betroffenen Grundstücke, wenn mit ihr eine Nutzungsänderung in der Weise erfolgt, dass die Erbbaurechte anschießend mit privatgenutzten, Wohnzwecken dienenden Häusern bebaut werden. Erforderlich ist in diesen Fällen vielmehr, dass eine derartige Nutzungsänderung durch Erbbaubestellung dazu führt, dass eine dadurch betriebene Vermögensverwaltung von einigem Gewicht entsteht, die die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt. Das wird dann angenommen, wenn 10 % oder mehr als 10 % der landwirtschaftlichen Fläche der Nutzung durch derartige Erbbaurechte zugeführt wird. Eine endgültige Nutzungsänderung von 10 % oder weniger als 10% (geringen) Umfang führt nicht zu einer Zwangsentnahme der betroffenen Grundstücke. Fehlt insoweit eine Entnahmeerklärung, werden die Grundstücke für die vergebenen Erbbaurechte als gewillkürtes Betriebsvermögen weitergeführt (BFH-Urteile 10. Dezember1992, IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342 und vom 26. August 2004, IV R 52/02, BFH/NV 2005, 674, jeweils m. w. N.).

So liegt es auch im Streitfall. Mit den Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder des Kl. durch Verträge vom 16.04.1998 und 26.04.1999 (Größe der Erbbaurechte 871 m² und 890 m² = insgesamt 1671 m²) wurde, entgegen der Auffassung des Bekl., die 10 %-Grenze nicht überschritten.

Dabei kann an dieser Stelle offen bleiben, welche Ausgangsgröße als Bezugsgröße für den landwirtschaftlichen Betrieb des Kl. zugrundezulegen ist - die Ursprungsgröße des Betriebes vor Bestellung der Erbbaurechte mit einer zwischen den Beteiligten unstreitigen Gesamtfläche vom 35.680 m² (10 % hiervon sind 3.568 m²), die nach den Erbbaurechtsbestellungen von 1979 bis 1982 (Gesamtgröße von 6.485 m²) verbliebene Gesamtbetriebsfläche von 28.895 m². (10 % hiervon sind 2.889,5 m²) oder die nach Abzug weiterer Flächen von 874 m² (unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung vom 08.10.1991, die zur Zwangsentnahme führt, weil für den landwirtschaftliochen Betrieb keine Einnahmen verbleiben), 569,5 m² (Verkauf vom 27.01.1997) und 656,5 m² (Verkauf vom 12.05.1998) verbliebene Gesamtbetriebsfläche von nur noch 26.781 m² (10 % hiervon sind 2.678,1 m²). Die im Streitfall durch die Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder des Kl. betroffene Gesamtfläche von insgesamt 1671 m² ist in jedem Fall kleiner als 10 % der genannten Ausgangsflächen. Wie anschließend ausgeführt, sind die 10% auch nicht bereits durch frühere entgeltliche Erbbaurechtsbestellungen (Verträge von 1979 bis 1982) ganz oder teilweise verbraucht - die insoweit fehlende Entnahmegewinnbesteuerung ist ebenfalls unerheblich, weil sie andere Streitjahre betrifft und nicht nachgeholt werden kann.

Entgegen der Auffassung des Bekl. ist die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens hinsichtlich der durch die Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder des Kl. durch Verträge vom 16.04.1998 und 26.04.1999 betroffenen Grundstücke von (871 m² und 890 m² =) insgesamt 1671 m² nicht durch die Erbbaurechtsbestellungen der Jahre 1979 bis 1982 ausgeschlossen. Die insoweit gegenteilige Ansicht des Bekl. beruht - u.a. unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Äußerungen - darauf, dass sie die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens im Zusammenhang mit der Bestellung entgeltlicher Erbbaurechte als "verbrauchbares Wahlrecht" versteht und/oder das gewillkürte Betriebsvermögen in dem genannten Umfang bereits durch die Erbbaurechtsbestellungen von 1979 bis 1982 oder durch einen Teil dieser Erbbaurechtsbestellungen als ausgenutzt behandelt - auf letztgenannte Ansicht deuten die schriftsätzlichen Ausführungen im Klageverfahren und in der EE hin, die die maßgebende Bezugsgröße in der ursprünglichen Betriebsgröße i. H. v. 35.980 m² (10 % hiervon sind 3.568 m²) sieht und in Bezug auf die Erbbaurechtsbestellungen 1979 bis 1982 die Grundstücke mit den Erbbaurechten A-straße 29, 31, 19, 27 und 43 mit einer Gesamtgröße von 2.950 m² als gewillkürtes Betriebsvermögen ansehen. Mit dem nächsten Erbbaurechtsgrundstück T-weg 20 von 614 m² wird dann nach Auffassung des Bekl. die 10 %-Grenze überschritten (Gesamtfläche der Grundstücke mit dem letztgenannten Grundstück 3.564 m² bei einer 10 %-Grenze von 3.538 m²), so dass das Grundstück T-straße 20, A-straße 21 und 41 und die Grundstücke T-weg 24, 22 und 18 als entnommen anzusehen sind. Für weiteres gewillkürtes Betriebsvermögen aus späteren Erbbaurechtsbestellungen bliebe dann kein Raum.

Für die Einzelgrundstücksbetrachtung (= grundsätzliche Einzelbehandlung jedes einzelnen Erbbaurechtsgrundstückes als selbständiges Wirtschaftsgut und damit auch die grundsätzlich für jedes dieser Grundstücke zu stellende und zu entscheidende Frage, ob es zum gewillkürten Betriebsvermögen zu zählen ist) spricht zwar, dass Entnahme- und Einlagevorgänge jeweils wirtschaftsgutbezogen sind. Für eine zusammenfassende Betrachtung bei der Frage, ob und wann im Streitfall gewillkürtes Betriebsvermögen in Form von wohnerbbaurechtsbelasteten Grundstücken gebildet wurde, spricht jedoch, dass der BFH in den genannten Entscheidungen und auch in den dort in Bezug genommenen weiteren Entscheidungen (Urteile vom 28. März 1985, IV 88/81, BFHE 143, 559, BStBl II 1985, 508 und vom 03. Dezember 1987, IV R 4/87, BFHE 152, 113, BStBl II 1988, 269) den landwirtschaftlichen Betrieb und die Vermögensverwaltung hinsichtlich der daraus erzielten Einkünfte als grundsätzlich sich ausschließende Betätigungen ansieht, die nur bei einer bestimmten Größenordnung in der Weise miteinander vereinbar erscheinen, wenn die Vermögensverwaltung 10 % der Fläche des landwirtschaftlichen Betriebes nicht überschreitet.

Im Streitfall kommt es auf die Entscheidung dieser Frage jedoch nicht an, denn alle Erbbaurechtsbestellungen der Jahre 1979 bis 1982 sind hinsichtlich der betroffenen landwirtschaftlichen Fläche als ein Wirtschaftsgut zu behandeln. Sämtliche Erbbaurechtsbestellungen, für die in den Jahren 1980 bis 1982 Nachfeststellungen vorgenommen worden sind, beruhen auf den beiden Erbaurechtsverträgen vom 28.06.1979 (UR-Nr. 950/1979, Notar - Schuldrechtliche Einigung) und vom 07.07.1980 (UR-Nr. /1980, Notar - dingliche Einigung - Verträge in der Bp-Akte I). In der schuldrechtlichen Einigung vom 28.06.1979 sind die Bedingungen für die Erbbaurechtsbestellung festgelegt. Das betroffene Teilstück aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Kl. ist nur mit einer Gesamtgröße gekennzeichnet, die dort mit etwa 9.000 m² geschätzt wird und die zeichnerisch in einem Lageplan festgehalten ist. Aus Sicht des betroffenen Kl. handelt es sich damit um ein Grundstück, auf dessen nähere Aufteilung er selbst keinen weiteren Einfluss nimmt. Diese obliegt vielmehr seinem Vertragspartner, dem Immobilienkaufmann X. Dementsprechend ist in der dinglichen Einigung vom 07.07.1980 auch eine Einigung insoweit verfolgt, dass zwar einerseits nunmehr, entsprechend der katasteramtlichen Vermessung, einzelne Erbbaugrundstücke verschiedener Größe identifizierbar sind, dass jedoch andererseits insgesamt die nunmehr vermessene Gesamtfläche von 6.485 m² als Vertragsgegenstand auch für die schuldrechtliche Einigung vom 28.06.1979 angesehen wird, die mit der Erbbaurechtsbestellung einer anderen Nutzung zugeführt wird. Daher erscheint es dem Senat sachgerecht und konsequent, alle Erbbaurechtsvorgänge der Jahre 1979 bis 1982, die auf die beiden genannten Verträge vom 28.06.1979 und 07.07.1980 zurückzuführen sind, als ein einheitliches Wirtschaftsgut zu behandeln und nicht als 21 Wirtschaftsgüter, zu denen man käme, wenn man jede vermessene Teilfläche als Einzelwirtschaftsgut behandeln würde. Daraus folgt, dass mit diesen Einigungen und der entsprechenden Umtragung im Grundbuch, auf die der Kl. zeitlich gesehen keinen Einfluss hat, für die Gesamtfläche von 6.485 m² aufgrund eines einheitlichen Vorganges eine Veränderung der Nutzung erfolgt, die dann insgesamt wegen Überschreitens der 10 %-Grenze zur Entnahme dieser Gesamtfläche aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Kl. führt.

Der Senat folgt auch nicht der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Bekl., die Möglichkeit der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens als verbraucht anzusehen. Nach allgemeiner Meinung kann der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut dem gewillkürten Betriebsvermögen "widmen", wenn es objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (BFH-Urteil vom 19. Februar 1997, XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399, 402). Weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen gibt es lediglich bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern (10 %-Grenze - BFH- Urteil vom 02. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985 [BFH 02.10.2003 - IV R 13/03]). Insoweit wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Auch der Umstand, dass die mit den weiteren Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder U und S von 871 m² und 890 m² belasteten Grundstücke bei ihrer Entnahme der privaten Vermögensverwaltung des Kl. zuzurechnen wären, wie schon die Erbbaurechte aus den Jahren 1979 bis 1982, führt nicht zum Ausschluss der Möglichkeit gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden. Zum Einen entscheidet sich die Frage der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens wirtschaftsgutbezogen. Zum Anderen stellen die im Streitfall zu beurteilenden weiteren Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder U und S von 871 m² und 890 m² aus den Jahren 1998 und 1999 jeweils von den anderen Erbbaurechtsbestellungen unabhängige und eigenständige Vorgänge dar. Auch stellt die Verwaltung dieser Erbbaurechte im Rahmen des Betriebes keinen größeren Aufwand dar. Schließlich hat es der Steuerpflichtige, bei Beachtung der genannten Grenzen für gewillkürtes Betriebsvermögen, selbst in der Hand, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er von der Möglichkeit Gebrauch macht, gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden. Entsprechend der Grundsätze aus dem BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 (IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342) führen daher die im Streitfall zu beurteilenden weiteren Erbbaurechtsbestellungen an die Kinder U und S von 871 m² und 890 m² aus den Jahren 1998 und 1999 nicht zur Entnahme der betroffenen Grundstücke.

b) Die Erbbaurechtsbestellung an die Tochter S vom 26.04.1999 ist entgegen der Auffassung des Bekl. auch nicht deshalb als Entnahme anzusehen, weil statt des üblichen Erbbauzinses von 3,50 DM pro m² hier nur ein solcher von 1,00 DM pro m² zu zahlen ist.

Dem Bekl. ist zuzugeben, dass die unentgeltliche Bestellung eines Erbbaurechtes zum Zwecke der Wohnnutzung des Erbbaurechtes als Entnahme zu behandeln ist. Entgegen der Auffassung des Bekl. liegt hier jedoch keine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung vor. Auch ist die Teilentgeltlichkeit der Erbbaurechtsbestellung nicht wie eine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung zu behandeln.

In der Rechtsprechung wird die Grenze zwischen Unentgeltlichkeit und Teilentgeltlichkeit im Regelfall bei 10 % des üblichen Wertes gezogen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 02. Oktober 2003, IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, 986) [BFH 02.10.2003 - IV R 13/03]. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Diese Grenze ist im Streitfall hinsichtlich des vereinbarten Erbbauzinses nicht unterschritten, denn mit 1 DM pro m² ist etwa 28 % des üblichen Erbbauzinsen vereinbart worden.

Entgegen der Auffassung des Bekl. ist eine teilentgeltliche Erbbaurechtsbestellung auch nicht wie eine unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung zu sehen. Die Gleichsetzung der teilentgeltlichen Erbbaurechtsbestellung mit der unentgeltlichen Erbbaurechtsbestellung verbietet sich bereits deshalb, weil damit die bereits mehrfach genannte Rechtsprechung zur Bildung gewillkürten Betriebsvermögens missachtet wird. Gleiches gilt auch für die vom Bekl. für richtig gehaltene Gleichsetzung der teilentgeltlichen Erbbaurechtsbestellung mit einer teilentgeltlichen Veräußerung von Betriebsvermögen. Hinzu kommt noch folgender Gesichtspunkt:

Die teilentgeltliche Veräußerung von Betriebsvermögen führt nach der Rechtsprechung des BFH zur vollständigen Realisierung der stillen Reserven. Soweit der Erwerber eine Gegenleistung erbracht hat, sind die stillen Reserven durch die Veräußerung aufgedeckt worden und soweit er keine Gegenleistung erbracht hat, sind sie durch eine Entnahme aufgedeckt worden. Diese Beurteilung beruht darauf, dass sicherzustellen ist, dass stille Reserven von Wirtschaftsgütern, die im Betriebsvermögen gehalten werden, spätestens dann zu realisieren und aufzudecken sind, wenn der zu beurteilende Rechtsvorgang dazu führt, dass die Versteuerung stiller Reserven nicht mehr sichergestellt ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der zu beurteilende Rechtsvorgang dazu führt, dass ein betriebliches Wirtschaftsgut in das notwendige Privatvermögen übertragen wird (vgl. hierzu z. B. BFH-Beschluss vom 04. April 2006, IV B 12/05, BFH/NV 2006, 1460 und FG München, Urteil vom 22. Februar 2005, 13 K 1055/98, EFG 2007, 1061 sowie insbesondere auch BFH-Urteil vom 25. Juli 2000, VIII R 46/99, BFH/NV 2000, 1549 zu den allgemeinen Grundsätzen der Versteuerung stiller Reserven bei Veränderungen im Betriebsvermögen, jeweils m. w. N.).

Im Streitfall ist die Realisierung stiller Reserven aus dem Erbbaugrundstück weiterhin sichergestellt. Das Grundstück kann und wird als gewillkürtes Betriebsvermögen weiterhin im landwirtschaftlichen Betrieb des Kl. geführt. Auch eine Aufteilung des Erbbaugrundstückes in einen entgeltlich überlassenen Teil und in einen unentgeltlich überlassenen Teil mit der Folge, dass stille Reserven insoweit zu versteuern wären, als sie dem unentgeltlich überlassenen Teil zugerechnet werden können, ist nach Auffassung des Senats nicht möglich. Das Grundstück ist entweder insgesamt Betriebsvermögen oder muss insgesamt als Privatvermögen behandelt werden. Die im Streitfall getroffene Entscheidung, das Grundstück als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln, schließt daher die Versteuerung stiller Reserven aus, weil hierzu eine Grundstücksentnahme erforderlich wäre, die nach Auffassung des Senats gerade nicht gegeben ist.

Auch das BFH-Urteil vom 23. November 2000 (IV R 82/99, BFHE 193, 488, BStBl II 2001, 232) rechtfertigt keine andere Entscheidung. Zwar hat der BFH dort entschieden, dass eine steuerfreie Entnahme einer Betriebswohnung nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG 1987 auch für teilentgeltliche überlassene Wohnungen möglich ist. Diese Entscheidung beruht jedoch nicht auf den Gesichtspunkt der Teilentgeltlichkeit - diese Frage hat der BFH ausdrücklich offen gelassen - sondern darauf, dass die Witwe des verstorbenen Gesellschafters, die die entnommene Wohnung bewohnt, diese Wohnung zu eigenen Wohnzwecken unentgeltlich nutzt. Der BFH betont ausdrücklich die Betriebsbezogenenheit der genannten Vorschrift, die es erforderlich macht, dass die Wohnung als Betriebsleiter oder Altenteilwohnung benötigt wird, und die entfällt, wenn die im Betrieb nicht tätige Witwe die Wohnung alleine bewohnt. Die Befriedigung dieses Bedarfs führt bei einem Einzelunternehmen nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung zwangsweise zu einer Entnahme (die Wohnung wird notwendiges Privatvermögen), die durch die Steuerbefeiung nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG vergünstigt werden soll. Dieser Fall ist nicht mit dem vorliegenden Fall der teilentgeltlichen Erbbaurechtsbestellung vergleichbar.

c) Bezogen auf die Einkünfte des Kl. ergeben sich folgende Auswirkungen:

für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 ist der von der Betriebsprüfung angesetzte Entnahmewert aus der Erbbaurechtsbestellung zu Gunsten des Sohnes U i. H. v. insgesamt (gerundet) 223.680,00 DM nicht mehr anzusetzen (vgl. Tz. 22 und 30 des Bp-Berichts vom 07.06.2001). Von dem in Anlage 4 des Bp-Berichtes genannten Gewinn aus Grund und Boden für dieses Wirtschaftsjahr i. H. v. 381.350,00 DM verbleiben demnach nur noch 157.670,00 DM, neutralisiert durch die § 6c EStG-Rücklage.

aus der Erbbaurechtsbestellung an die Tochter S (Tz. 24 des Bp-Berichts vom 07.06.2001), die im Wirtschaftsjahr 1998/1999 erfolgte, ist kein Entnahmegewinn anzusetzen. Dieser ist bisher - nach Abzug eines Freibetrages nach § 13 a Abs. 8 EStG von 3.000,00 DM - mit 236.750,00 DM angegeben.

II.

Wechsel der Gewinnermittlung ab dem 01.12.1997 und dadurch eintretende (weitere) Gewinnänderungen

Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass mit Eintritt der Betriebsverpachtung an die Tochter A zum 01.12.1997 der Gewinn nicht mehr nach § 13 a EStG zu ermitteln ist. Da der Kl. keine Flächen mehr nutzt, ist für ihn auch kein Ausgangswert anzusetzen (§ 13 a Abs. 4 Nr. 1 und 3 EStG). Da der Kl. als Verpächter auch nicht buchführungspflichtig ist, kann er seinen Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (vgl. Schmidt, EStG, 17. Auflage 1998, § 13 a Rd-Nr. 17und § 13 Rd-Nr. 16 und 137). Im Übrigen hat sich der Bekl. grundsätzlich mit einer derartigen Änderung der Gewinnermittlung einverstanden erklärt (vgl. SS vom 21.10.2003).

Gegen die Richtigkeit der weiteren Gewinnkorrekturen werden vom Bekl., der insoweit ausdrücklich einen die Klageabweisung einschränkenden Antrag gestellt hat, keine Einwände erhoben. Das gilt auch für die geänderten Gewinnermittlungen, die der Bevollmächtigte der Kl. mit SS vom 02.03.2004 eingereicht hat (Bl. 38 bis 40 der GA). Soweit dort ein Ansatz von Einkünften - konkret: (die Hälfte der Einkünfte aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 = 83.084,00 DM) - und teilweise von den zu berücksichtigenden Schuldzinsen (Ausgangsbetrag für die Einnahmen des Wirtschaftsjahres Dezember 1997 bis Juni 1998 = 6.102,00 DM) von den Werten aus der Anlage zur EE (vgl. Bl. 8 der GA) abweicht, beruht die Abweichung auf dem SS des früheren Bevollmächtigten im Einspruchsverfahren vom 12.09.2001 (vgl. Bp-Akte Band III "Einsprüche des Steuerpflichtigen gegen die EStB 95 bis 98 vom 12.09.2001"). Gegen die dortigen Ansätze, die im Übrigen über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag und die Protokollerklärung vom Bekl. akzeptiert sind, bestehen keine Bedenken. Das gilt sowohl für die veränderten Werte zur landwirtschaftlichen Fläche, da in der bisherigen Berechnung der Finanzverwaltung die Verkäufe K und W und die Erbbaurechtsbestellungen für die Kinder U und S nicht im Abzug gebracht wurden, die landwirtschaftlich nicht mehr bewirtschaftet werden, als auch für die geltend gemachten Schuldzinsen, die im Einspruchsverfahren vom Bekl. erkennbar rechnerisch geprüft wurden.

Andererseits berücksichtigt der Bevollmächtigte bei seiner Berechnung und Darstellung nicht, dass Erbbauzinsen vereinnahmt wurden. Diese gehören zwar unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen im Wesentlichen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, bis auf die Erbbauzinsen, die die Kinder U und S zu zahlen haben. Für die Berechnung der geänderten Ansätze zu den streitigen ESt-Festsetzungen für die Streitjahre 1996 bis 1998 kann dieser Umstand jedoch vernachlässigt werden, da eine Verminderung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu einer entsprechenden Erhöhung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen würde. Aus diesem Grunde sind diese Zinsen in der nachfolgenden Berechnung bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft verblieben. Sie betragen durchgängig jährlich 12.919,00 DM und werden, soweit die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem Wirtschaftsjahr nicht vollständig entsprechend der Anlage zur EE übernommen werden - insoweit erfolgt eine vollständige Übernahme durch das Wirtschaftsjahr 1995/1996 - jeweils mit der vollen Summe bzw. mit der Hälfte der Summe (Anteil aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 für das Streitjahr 1996) hinzugesetzt. Folgt man dem nicht, müssen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um die in der Berechnung genannten Erbbauzinsen erhöht werden.

Danach ergeben sich folgende (weitere) Besteuerungsgrundlagen:

Liste in den Originaldaten

für das Streitjahr 1996:

83.085,00 DM Einkünfte nach § 13 a EStG (anteilig gem. Einspruchschreiben)

+ 6.459,00 DM anteilige Erbbauzinsen für das Streitjahr 1996

+ 4.664,00 DM

anteiliger Gewinn nach § 13 a EStG aus dem Wirtschaftsjahr 1995/1996 gem. EE (incl. 6.459,00 DM anteiliger Erbbauzinsen für 1996)

94.208,00 DM

Gesamtbetrag

Der bisherige Ansatz bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft beträgt 94.458,00 DM und liegt mithin 277,00 DM höher. Der letztgenannte Betrag mindert das bisher zu versteuernde Einkommen für 1995

Liste in den Originaldaten

für 1997

83.084,00 DM aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997, anteilig, vgl. GA Bl. 39

+ 12.919,00 DM Erbbauzinsen für das Streitjahr 1997

./. 1.553,00 DM anteiliger Verlust des Wirtschaftsjahre 1997/1998, vlg. Bl. 39 der GA

./. 443,00 DM

Verlust aus den Monat Dezember 1997, vgl. Bl. 39 der GA

94.007,00 DM

Summe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Den 94.007,00 DM stehen bisherige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. H. v. 205.656,00 DM gegenüber. Das bedeutet eine Minderung um 111.649,00 DM, die von den bisher zu versteuernden Einkünften (223.022,00 DM) abzuziehen sind.

Liste in den Originaldaten

für 1998

12.919,00 DM Erbbauzinsen für das Streitjahr 1998

./. 2.656,00 DM anteiliger Verlust des Wirtschaftsjahre 1997/1998, vgl. Bl. 40 der GA

./. 1.156,00 DM

anteiliger Verlust des Wirtschaftsjahres 1998/1999, vgl. Bl. 40 der GA

9.107,00 DM

Gesamtgewinn aus Land- und Forstwirtschaft.

Den 9.107,00 DM stehen bisherige Einkünfte i. H. v. 240.509,00 DM gegenüber. Der Differenzbetrag aus beiden Summen i. H.v. 231.402,00 DM mindert das bisher zu versteuernde Einkommen i. H. v. 267.367,00 DM.

III. Nebenentscheidungen

Die Berechnung der nach dem Urteil geänderten Steuerfestsetzungen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Bekl. übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, § 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) zugelassen.

Zwar sind alle Fragen im Zusammenhang mit der 10 % -Grenze geklärt. Gleichwohl verbleibt noch die Frage, ob die Erbbaurechtsbestellungen auf Grund der notariellen Verhandlungen vom 28.09.1979 und vom 07.07.1980 mit der Auffassung des Senats als einheitlichen Entnahmevorgang der betroffenen Grundstücke zu behandeln sind mit der Folge, dass für weitere, davon unabhängige Erbbaurechtsbestellungen im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebsvermögen bei entsprechender Wohnnutzung noch die Rechtsprechung Anwendung finden kann, wonach bei Unterschreiten von 10 % der Gesamtfläche des Betriebes gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden kann.

Die Entscheidung zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.



Ende der Entscheidung

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