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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 12.09.2008
Aktenzeichen: 6 K 676/04 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
EStG § 10d Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 676/04 E

Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 vom 22.04.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 05.01.2004 wird die Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu festgesetzt. Die Berechnung wird dem Beklagten aufgegeben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob ein unter einer Bedingung stehender eingelöster Scheck als Einnahme oder als durchlaufender Posten zu behandeln ist. Weiter ist streitig ist, ob eine in der Buchführung erfasste Einnahme storniert werden kann und ob eine Betriebsausgabe des Folgejahres im Wege des Verlustrücktrags berücksichtigt werden kann.

Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr im Rahmen eines Anwaltszusammenschlusses als Fachanwalt für Steuerrecht tätig. In diesem Zusammenhang hatte er über mehrere Jahre zuvor das Mandat X.GmbH sozusagen als Hausberater innegehabt. Im Streitjahr 1995 kam es zum Zerwürfnis. Der Geschäftsführer der X.GmbH, Herr Y., beauftragte außenstehende Berater, um die Tätigkeit des Kl. zu überprüfen. Der Kl. wiederum versuchte die Firma unter Druck zu setzen. Er drohte damit, eine Selbstanzeige abzugeben, die zu einer erheblichen Steuerforderung führen würde. Am 14.09.1985 richtete der Kl. ein Schreiben an Herrn I. Y., in dem er ausführte, er schlage vor, dass sein ausstehendes Honorar durch eine Zahlung von 200.000,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer abgegolten werde. Er könne dann eine Selbstanzeige in noch zu reduzierender Form abgeben. Weiter erklärte er, als angemessene Abfindung für ein bei ihm bestehendes steuerstrafrechtliches Risiko sehe er einen Betrag von 2.000.000,00 DM an. Ohne dieses Entgeld werde er sein Risiko durch Absendung einer Selbstanzeige minimieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Landgerichts O. unter dem Aktenzeichen 2 O ......../95 verwiesen.

In der Folgezeit wurde eine einvernehmliche Gesamtlösung gesucht. Zu diesem Zweck wurde dem Kl. im September 1995 ein Scheck in Höhe von 230.000,00 DM überreicht, der auf einer Scheckallonge den Vermerk trug: "Vorbehaltlich des Zustandekommens der besprochenen Vereinbarung". In der Folgezeit löste der Kl. den Scheck ein. Es kam dann aber nicht zu der Gesamteinigung, so dass im Oktober 1995 der Betrag vom Kl. zurückgefordert wurde. Auf die beigezogenen Vorgänge in dem Verfahren 2 O ......./95 des Landgerichts O. wird verwiesen. Schließlich wurde der Kl. mit Urteil vom 01.02.1996 zur Zahlung von 230.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.10.1995 an die Firma X. GmbH verurteilt. Außerdem wurde ein Strafverfahren wegen Erpressung gegen den Kl. eingeleitet, in dem er rechtskräftig verurteilt wurde.

Der Kl. reichte am 12.02.1997 die Einkommensteuererklärung 1995 beim Beklagten (Bekl.) ein. Dabei ermittelte er den Gewinn für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt durch eine Einnahme-/Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). In den Vorjahren hatte er seinen Gewinn durch Bestandsvergleich gem. §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelt. Für das Streitjahr erklärte er einen Gewinn aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt in Höhe von 24.894,00 DM. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 11.04.1997 veranlagte der Bekl. antragsgemäß und setzte die Einkommensteuer (ESt) 1995 auf 0,00 DM fest. Dem hiergegen eingelegten Einspruch wegen eines Verspätungszuschlags wurde mit Änderungsbescheid vom 01.07.1997 abgeholfen. Der Bescheid erging ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zwischenzeitlich wurde nach Aktenlage noch eine geänderte Anlage GSE eingereicht, nach der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 37.314,00 DM erklärt wurden.

Eine am 01.10.1997 angeordnete Betriebsprüfung (BP) wurde aufgrund eines Steuerstrafverfahrens gegen den Kl. erst am 22.09.2000 begonnen. Im Rahmen der Prüfung wurde u. a. festgestellt, dass der Scheck der X. GmbH in Höhe von 230.000,00 DM am 20.09.1995 zunächst in Höhe von 200.000,00 DM auf dem Erlöskonto und in Höhe von 30.000,00 DM auf dem Umsatzsteuerkonto mit dem Text "Vereinbarung X." verbucht worden war. Mit Buchung vom 30.09.1995 wurden die sonstigen Verbindlichkeiten um 172.500,00 DM mit dem Buchungstext "X. Honorar streitig" erhöht und die Erlöse um 150.000,00 DM sowie die Umsatzsteuer um 22.500,00 DM entsprechend vermindert. Im Rahmen der Abschlussarbeiten wurden die sonstigen Verbindlichkeiten um 57.500,00 DM erhöht und die Erlöse um 50.000,00 DM bzw. die Umsatzsteuer um 7.500,00 DM vermindert. Der entsprechende Buchungstext lautete: "X. zurückzahlen". Der Gesamtbetrag der sonstigen Verbindlichkeiten in Höhe von 230.000,00 DM wurde schließlich als durchlaufender Posten umgebucht mit dem Text: "Y. Klage". Ferner wurde festgestellt, dass ein Honorar von Z. zunächst als Betriebseinnahme gebucht und entsprechend im ESt-Bescheid 1995 vom 11.04.1997 als Gewinn berücksichtigt wurde. Danach reichte der Kl. sowohl eine geänderte Gewinn- und Verlustrechnung als auch eine Anlage GSE ein. Darin minderte er den Gewinn bezgl. dieses Honorars um 23.000,00 DM. Diese Minderung wurde im ESt-Bescheid 1995 bisher nicht berücksichtigt. Bezgl. dieses Honorars wurden seitens der BP keine Feststellungen getroffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht des Finanzamts B. vom 20.12.2001 verwiesen.

Mit Änderungsbescheid vom 22.04.2002 wurde die ESt 1995 auf 91.578,00 DM bzw. 46.823,09 € festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Dabei wurde die Scheckzahlung in 1995 nicht als durchlaufender Posten, sondern gewinnerhöhend als Einnahme berücksichtigt. Des Weiteren wurde der Gewinn wegen des stornierten Honorars in der Sache Z. ebenfalls nicht korrigiert.

Der Kl. hat mit Schreiben vom 19.05.2002 gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er vor dem Landgericht O. im Jahre 1996 verurteilt worden sei, den Betrag von 230.000,00 DM zurückzuzahlen. Nach seiner Ansicht handele es sich insoweit um einen durchlaufenden Posten oder ein Darlehen. Des Weiteren beantragte er die Rückzahlung im ESt-Bescheid 1996 zu berücksichtigen und einen entsprechenden Verlustrücktrag nach 1995 durchzuführen. Zu dem Honorar Z. führte er aus, dass ein Geldfluss nicht vorgelegen habe und daher die Buchung rückgängig zu machen sei. Der Bekl. hat daraufhin den Kl. aufgefordert, entsprechende Nachweise vorzulegen.

Nachdem der Kl. keine entsprechenden Nachweise vorgelegt hat, hat der Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 05.01.2004 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verbuchung des Schecks 1995 gewinnerhöhend als Einnahme zu erfassen sei. Es handele sich um Einnahmen im Zusammenhang mit seiner Beratungstätigkeit in dem Mandat X.GmbH. Da er seinen Gewinn durch Einnahme-/Überschussrechnung ermittele, gelte das Zufluss- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Es handele sich dabei nicht um einen durchlaufenden Posten oder ein Darlehen. Bezgl. des Honorars Z. hat der Bekl. ausgeführt, dass der Kl. das Honorar zunächst selbst als Einnahme erfasst habe. Insoweit spreche eine gewisse Vermutung dafür, dass er diese Einnahme auch tatsächlich erzielt habe. Nachweise dafür, dass ein entsprechendes Honorar nicht erzielt worden sei und dieser Betrag entsprechend auszubuchen sei, habe er nicht beigebracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die EE des Bekl. vom 05.01.2004 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Mit seiner am 09.02.2004 eingegangenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, dass er sich von vornherein darüber im Klaren gewesen sei, dass der Scheckbetrag zurückzuzahlen sei. Der Scheck sei auch nicht für ein Honorar hingegeben worden. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine entsprechende Rechnung erstellt. Zum Beweis dafür bittet der Kl. um Beiziehung der Akten des Landgerichts O. in dem Rechtsstreit X../. T. aus dem Jahre 1996, Aktenzeichen 2 O ....../98. Der Kl. ist der Ansicht, dass es sich bei dem zurückzuzahlenden Betrag um ein Darlehen handele oder der Betrag als zurückzuzahlende Verbindlichkeit einzuordnen sei. Hilfsweise macht der Kl. geltend, dass für den Fall, dass in der bisherigen Einnahme-/Überschussrechnung der Betrag als Betriebseinnahme anzusehen sei, er eine Bilanzierung nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG wähle. In diesem Fall wäre ein Verlust von rund 25.000,00 DM anzusetzen. Die neue Bilanz könne im Termin vorgelegt werden.

Hinsichtlich des Honorars Z. trägt der Kl. vor, dass ein Honorar nie gezahlt worden sei. Er habe als Abschlussbuchung per 31.12.1995 eine Buchung vorgenommen, Privatkonto 2010 an Honorar 4202. Zum Beweis dafür legte er eine Kopie des Journalblatts Seite 248 vor. Er habe also seinem privaten Steuerkonto ein Honorar fiktiv zugeschrieben. Hintergrund sei quasi eine Verrechnung seiner nicht bezahlten Tätigkeit für die .......... & Co. KG (Z.) in Liquidation mit der Unterstützung seiner Mutter, C. T., die alleinige Vollhafterin der KG war, anlässlich der Auseinandersetzung mit der X.und Herrn Y.. Bei der Z. und seiner Mutter sei dieser Betrag nicht als Betriebsausgabe anerkannt worden, da es sich um ein verwandtennahes Geschäft handele. Zum Beweis dafür legt der Kl. ein Schreiben des Finanzamts D. vom 23.05.1997, einen Bescheid für die Z. für 1995 und einen dagegen von ihm geführten Einspruch vom 04. Juni 1998 in Kopie vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klagebegründung des Kl. vom 02. Juni 2005 und 02. Oktober 2006 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 05.01.2004 aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 22.04.2002 die Einkommensteuer für 1995 auf 0,00 DM/EURO herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom 05.01.2004.

Der Kl. hat wegen der USt 1995 unter dem Aktenzeichen 15 K 765/04 U ein Verfahren wegen des Honorars Z. vor dem Finanzgericht Münster geführt. Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 22.06.2004 die Klage als unbegründet abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte verwiesen.

Der erkennende Senat hat am 12. September 2008 in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Die Scheckzahlung der Firma X.GmbH i. H. v. 230.000,00 DM ist 1995 im Rahmen der Gewinnermittlung als Betriebseinnahme aus selbständiger Arbeit zu erfassen.

Da der Kl. seine Einkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, sind die Einnahmen nach § 11 Abs. 1 EStG in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerlich zu erfassen, in dem sie ihm zugeflossen sind. Ein Zufluss liegt vor, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder geldeswert bestehenden Güter erlangt hat (siehe BFH-Urteil vom 30. Januar 1975 IV R 190/71, BFHE 115, 559, BStBl. II 1975, 776). Einnahmen sind danach auch in den Fällen zugeflossen, in denen noch nicht zweifelsfrei feststeht, ob die Einnahmen beim Empfänger endgültig verbleiben; stellt sich später heraus, dass der Empfänger den ihm zunächst zugegangenen Wert nicht endgültig behalten darf, sondern in einem späteren Veranlagungszeitraum zurückgewähren muss, so ist dieser Vorgang einkommensteuerrechtlich nach § 11 EStG erst in dem späteren Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen (s. BFH-Urteile vom 01. März 1977 VIII R 106/74, BFHE 122, 60, BStBl. II 1977, 545; vom 13. Dezember 1963 VI 22/61 S, BFHE 78, 477, BStBl. III 1964, 184).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn bei der ESt-Veranlagung feststeht, dass die vereinnahmten Beträge zurückzuzahlen sind, selbst dann, wenn sie unter einer Bedingung geleistet worden sind (s. BFH-Urteil vom 29.04.1982 IV R 95/79, BFHE 136, 94, BStBl. II 1982, 593).

Der Kl. hat den Scheck i. H. v. 230.000,00 DM bereits in 1995 seinem Konto gutgeschrieben. Selbst wenn ihm dabei klar war, dass er dieses Geld zurückzahlen muss, hat er diesen Betrag 1995 vereinnahmt. Diese Einnahme stand auch im Zusammenhang mit seiner Beratungstätigkeit mit dem Mandat X.GmbH. Selbst wenn er diesen Betrag durch eine Erpressung erlangt haben sollte, schließt dieses Verhalten die Annahme einer Betriebseinnahme nicht aus. Gem. § 40 Abgabenordnung (AO) ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (s. auch BFH-Urteil vom 23.02.2000 X R 142/95, BFHE 191, 498, BStBl. II 2000, 610 zum Telefonsex).

Der hilfsweise vom Kläger gestellte Antrag, die Einkünfte im Rahmen eines Bestandsvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG zu berücksichtigen, ist unzulässig. Grundsätzlich besteht zwar für einen selbständig tätigen Rechtsanwalt ein Wahlrecht dahingehend, ob er seinen Gewinn durch Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder aber durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 5 EStG ermittelt. Sobald er aber einmal eine entsprechende Wahl getroffen hat, ist er an diese Wahl gebunden. Hat er aufgrund der gewählten Gestaltung sich für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG entschieden, so ist sein späteres Verlangen, der Besteuerung einen nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermittelnden Gewinn zugrunde zu legen, eine unzulässige nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart (s. BFH-Urteil v. 02.03.1998 IV R 45/73, BFHE 125, 45, BStBl. II 1978, 431 und BFH-Urteil v. 29.04.1982 IV R 95/79, BFHE 136, 94, BStBl. II 1982, 593). Der Kl. hat in seiner Steuererklärung die Einnahmen aus selbständiger Arbeit durch Einnahme-/Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Insoweit ist er an diese Ermittlung gebunden und kann nicht hilfsweise im gerichtlichen Verfahren eine Bilanzierung verlangen.

Schließlich stellt die Verbuchung des Schecks auch keinen durchlaufenden Posten i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG dar. Ein durchlaufender Posten setzt voraus, dass die Einnahmen im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt werden. Nur dann, wenn feststeht, dass es sich bei den vereinnahmten Beträgen um Fremdgelder handelt, diese somit im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, ist der Eingang der Gelder kein Zufluss und ihre Weitergabe keine Ausgabe. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kl. hat das Geld in eigenem Namen vereinnahmt. Ihm war zwar bei der Vereinnahmung möglicherweise bewusst, dass er das Geld werde zurückzahlen müssen. Gleichwohl hat er es nicht im Namen und für Rechnung eines Fremden entgegengenommen und weitergeleitet.

Letztlich stellt die Entgegennahme des Schecks auch kein Darlehen dar.

2. Der im Jahre 1996 zurückgezahlte Betrag in Höhe von 230.000 DM ist aber im Wege des Verlustrücktrags gem. § 10 d Abs. 1 EStG in noch zu berechnender Höhe in das Streitjahr zurückzutragen. Gem. § 10d Abs. 1 EStG sind Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von insgesamt 10 Millionen Deutsche Mark wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzuziehen; soweit ein Abzug danach nicht möglich ist, sind sie wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des ersten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzuziehen. Sind für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume bereits Steuerbescheide erlassen worden, so sind sie insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist. Das gilt auch dann, wenn die Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; die Verjährungsfristen enden insoweit nicht, bevor die Verjährungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem Verluste nicht ausgeglichen werden. Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist ganz oder teilweise von der Anwendung des Satzes 1 abzusehen. Im Antrag ist die Höhe des abzuziehenden Verlusts und der Veranlagungszeitraum anzugeben, in dem der Verlust abgezogen werden soll. Der Gesamtbetrag der Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 1996 (Verlustentstehungsjahr) betrug laut bestandskräftigem und festsetzungsverjährtem Einkommen-steuerbescheid vom 8. Januar 1998 12.818,00 DM. Rechnerisch verbleibt somit ein rücktragsfähiger Verlust in Höhe von 217.182,00 DM. Der Gesamtbetrag der Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 1995 (Verlustverrechnungsjahr) betrug laut mit der Klage angefochtenem Bescheid vom 22. April 2002 231.202,00 DM. Er vermindert sich durch den Verlustrücktrag aus 1996 um 217.182,00 DM auf 14.020,00 DM. a. Einem Verlustrücktrag steht nach Auffassung des Senats die Festsetzungsverjährung des Veranlagungszeitraums 1996 (Verlustentstehungsjahres) nicht entgegen. Zwar ist durch die Abgabe der Einkommensteuererklärung 1996 am 10. Dezember 1997 die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31.12.2001 eingetreten, §§ 170 Abs. 2 Nr. 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 AO. Auch hat der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung aus der besonderen Regelung für Festsetzungsverjährung in § 10d Abs. 1 EStG abgeleitet, dass der Verlustabzug insoweit zu berücksichtigen ist, als für das Verlustentstehungsjahr die Festsetzungsfrist bezogen auf die nicht ausgeglichenen Verluste noch nicht abgelaufen ist (s. BFH-Urteile vom 24. Juni 2008 IX R 64/06 abgedruckt in [...] undvom 4. November 1992 XI R 9/92, BFHE 169, 365, BStBl II 1993, 231). Diese Rechtsprechung schließt aber nach Auffassung des Senats den Verlustrücktrag im vorliegenden Fall nicht aus. Zwar ist für das Verlustentstehungsjahr 1996 Festsetzungsverjährung eingetreten. Im vorliegenden Fall ist aber das Verlustverrechnungsjahr 1995 weder bestandskräftig noch festsetzungsverjährt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den bisher durch den BFH entschiedenen. Während in den bisher entschiedenen Fällen das Verlustrücktragsjahr bestandskräftig bzw. festsetzungsverjährt und das Verlustentstehungsjahr offen war, liegt vorliegend genau der umgekehrte Fall vor, dass das Verlustentstehungsjahr festsetzungsverjährt und das Rücktragsjahr offen ist. Der Berücksichtigung des Verlustrücktrags im Jahr 1995 steht nach Auffassung des Senats auch nicht der Wortlaut des § 10d Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG entgegen. Nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG sind Steuerbescheide, soweit sie für die dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeiträume bereits erlassen worden sind, insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist. Danach ist der Verlustrücktrag ausdrücklich erlaubt. Nach Satz 3 gilt dies auch dann, wenn die Steuerbescheide für die Rücktragsjahre unanfechtbar geworden sind; die Verjährungsfristen enden insoweit nicht, bevor die Verjährungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem Verluste nicht ausgeglichen werden. Wenn sogar für unanfechtbare Jahre ein Verlustrücktrag nach dem Gesetzeswortlaut möglich ist, so muss dieser nach Auffassung des Senates erst recht möglich sein, wenn das Rücktragsjahr noch anfechtbar ist. Der Wortlaut des Gesetzes erlaubt somit einen Rücktrag. Auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift wird der Rücktrag für den vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen. Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass Verluste infolge Verjährung des Steueranspruchs im Verlustrücktragsjahr unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BTDrucks 7/4707, S. 6, s auch BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 9/92, a.a.O. ). Durch den Rücktrag wird zwar die Bestandskraft und Festsetzungsverjährung für das Jahr 1996 durchbrochen. Die Regelungen des § 10d Abs. 1 EStG enthalten aber eine gegenüber den Vorschriften der AO 1977 eigenständige Korrekturvorschrift, aufgrund derer ein bestandskräftiger Bescheid, in dem ein Verlustrücktrag dem Grunde oder der Höhe nach unzutreffend berücksichtigt wurde, geändert werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl.u.a.Urteil vom 14.11.1989 VIII R 209/85, BFHE 160, 219, BStBl II 1990, 620 = SIS 90 14 40). Sie enthält darüber hinaus eine Sonderregelung bezüglich der in § 171 AO 1977 nicht abschließend geregelten Ablaufhemmung (vgl. von Groll in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 10 d Anm. B 433; Schmidt/Heinicke, Einkommen-steuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 10 Anm. 8 a.E., und Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 10 d RdNr. 213). Nach Auffassung des Senates erstreckt sich diese auch und gerade auf offene Veranlagungszeiträume. Hinzu kommt, dass auch über die Höhe eines Verlustrücktrages nicht im Verlustentstehungsjahr (hier 1996), sondern im Verlustverrechnungsjahr (hier 1995) entschieden wird. Insoweit unterscheidet sich auch das Verfahren über den Verlustrücktrag von dem Verfahren zur Berücksichtigung eines Verlustes im Entstehungsjahr - hier ist immer die Änderbarkeit des betroffenen Veranlagungszeitraumes erforderlich - und für einen Verlustvortrag, bei dem eine gesonderte Verlustfeststellung zum Ablauf des Verlustentstehungsjahres erforderlich ist. Die Festsetzungsverjährung des Verlustentstehungsjahres steht daher dem Verlustrücktrag nicht entgegen. b. Dem Verlustrücktrag steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Veranlagungszeitraum 1996 wieder von der Einnahme-/Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG auf den Bestandsvergleich gem. §§ 4 Abs. 1, 5 EStG übergegangen ist. Zwar hätte sich im Rahmen der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG eine Ausbuchung der Forderung gewinnneutral verhalten. Geht ein Steuerpflichtiger aber von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG über, so erfordert der Wechsel vom Zu- und Abflussprinzip zum Realisationsprinzip die Vornahme von Zu- und Abrechnungen, damit sich Geschäftsvorfälle nicht doppelt oder (andererseits) überhaupt nicht auswirken (ständige Rechtsprechung seit dem Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 7.12.1938 VI 774/37, RStBl 1939, 172; s. auch BFH-Urteile vom 28.5.1968 IV R 202/67, BFHE 92, 555, BStBl II 1968, 650 undvom 24.1.1985 IV R 155/83, BFHE 143, 78, BStBl II 1985, 255 undvom 23.8.1995 IV B 78/94, BFH/NV 1996, 119). Danach ist die Rückzahlung des Schecks im Jahre 1996 gewinnwirksam zu berücksichtigen.

3. Bezgl. des Honorars Z. liegt eine Einnahme aus selbständiger Arbeit vor. Der Kl. hat den Betrag von 23.000,00 DM zunächst in seiner Buchführung als Einnahme für das Jahr 1995 erfasst. Den Nachweis dafür, dass dieser Betrag zu Unrecht erfasst worden ist, hat er nicht beigebracht. Insoweit wird auch auf die Entscheidungsgründe des Finanzgerichts Münster in dem Verfahren 15 K 765/04 U vom 22.06.2004 verwiesen. Auch aus den vorgelegten Kopien ist nicht ersichtlich, dass das Honorar Z. zu Unrecht erfasst worden ist. Der Vortrag des Kl. ist in diesem Punkt auch widersprüchlich. Soweit er ausführt, dass er diese Gelder mit Unterstützung seiner Mutter, die alleinige Vollhafterin der Z. war, anlässlich der Auseinandersetzung mit der X.und Herrn Y. erhalten habe und eine Verrechnung mit Honoraransprüchen erfolgt sei, spricht dieser Umstand dafür, dass er die Gelder tatsächlich vereinnahmt hat. Ob er diese über ein privates Einlagekonto oder in anderer Weise verbucht hat, ist dabei unerheblich.

4. Schließlich kommt es im Ergebnis möglicherweise auch gar nicht auf das Honorar Z. an. Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte nach Verlustrücktrag von 14.020,00 DM liegt nach Berücksichtigung der Sonderausgaben die Einkommensteuer 1995 ggf. schon bei Null.

Die Berechnung der Einkommensteuer für 1995 wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten aufgegeben, da die Ermittlung des festzusetzenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand bedeutet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Dem Beklagten waren die gesamten Kosten aufzuerlegen, da selbst bei einer steuerlichen Auswirkung des Antrags bzgl. der Einkünfte Z. (verbleibende Reststeuer in 1995) das Unterliegen des Klägers gering wäre.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.

Ende der Entscheidung

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