Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 8 K 3267/05 GrE
Rechtsgebiete: UStG, GrEStG


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 9 Buchst. a
UStG § 13b Abs. 2
GrEStG § 8 Abs. 1
GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 K 3267/05 GrE

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die auf den Grundstückskaufpreis entfallende Umsatzsteuer (USt) im Falle der Option des Verkäufers zur Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 9 Buchst. a) Umsatzsteuergesetz - UStG) Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) ist.

Mit notariellem Vertrag vom 16.2.2004 (UR-Nr. 93/2004 des Notars N1 aus E) erwarb die Klägerin (Klin.) von der Firma G GmbH ein in O belegenes Grundstück. Zugleich verpflichtete sich die Verkäuferin zur Bebauung des Grundstücks mit einem Q-Markt nebst Back-Shop.

Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis für den Grund und Boden i.H.v. EUR 560.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. EUR 89.600,--. Im Falle einer erforderlichen Sanierung des Grundstücks sollte sich der Kaufpreis um bis zu maximal EUR 40.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. weiteren EUR 6.400,-- erhöhen. Ebenfalls im Kaufvertrag ausgewiesen war die auf die hälftige Grunderwerbsteuer (GrESt) entfallende Mehrwertsteuer i.H.v. EUR 1.680,-- (EUR 600.000,-- x 3,5% x 1/2 x 16%). Der Kaufpreis für das zu errichtende Gebäude einschließlich Stellplätze und Außenanlagen betrug EUR 1.077.500,-- zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. EUR 172.400,-- sowie auf die hälftige GrESt entfallende Mehrwertsteuer i.H.v. EUR 3.017,-- (EUR 1.077.500,-- x 3,5% x 1/2 x 16%).

Der Kaufpreis für den Grund und Boden i.H.v. EUR 560.000,-- zuzüglich USt i.H.v. EUR 89.600,-- war zur Zahlung innerhalb von zehn Tagen nach Beurkundung des Vertrags, d.h. bis zum 26.2.2004, fällig (§ 3 Abs. 2 des Kaufvertrags). Im Übrigen war der Kaufpreis fällig mit vertragsgemäßer Errichtung des Gebäudes (§ 3 Abs. 4 des Kaufvertrags). Besitz, Nutzen und Lasten gingen auf die Klin. Ende Juni 2004 über.

Der Kaufpreis wurde einschließlich USt von der Klin. an die Verkäuferin vereinbarungsgemäß gezahlt.

Mit Bescheid vom 3.3.2004 setzte der Beklagte (Bekl.) die GrESt gegen die Klin. vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) i.H.v. EUR 66.482,-- fest. Der Bekl. ging hierbei - vorläufig - von einer steuerpflichtigen Gegenleistung der Klin. i.H.v. EUR 1.899.500,-- (EUR 560.000,-- Grund und Boden + EUR 1.077.500,-- Gebäude + EUR 262.000,-- USt) aus.

Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klin. vom 9.3.2004. Die Klin. trug im Einspruchsverfahren vor:

Die Einbeziehung von USt in die Bemessungsgrundlage für GrESt sei nach der gesetzlichen Neuregelung in § 13b UStG nicht (mehr) rechtmäßig. Hiernach gehe die Steuerschuld für Umsätze, die unter das GrEStG fallen, auf den Leistungsempfänger über. Die USt sei daher nicht mehr Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Dies gelte selbst dann, wenn - wie vorliegend - die Kaufvertragsparteien das Vertragsverhältnis umsatzsteuerlich aufgrund der Übergangsregelungen der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 31.3.2004 IV D 1 - S 7279-107/04, Bundessteuerblatt - BStBl. - Teil I, 453, Tz. 26) noch nach der bis zum 31.3.2004 geltenden Rechtslage abgewickelt hätten.

Der Bekl. wies den Einspruch am 6.7.2005 als unbegründet zurück. Zu Recht - so der Bekl. - sei die USt in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen worden. Zwar führe die Umkehr der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bei Grundstücksumsätzen ab 1.4.2004 grundsätzlich dazu, dass die vom Käufer zu übernehmende USt nicht mehr Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage sei. Allerdings werde von der Finanzverwaltung für Umsätze, die - wie im Streitfall - zwischen dem 1.4. und 30.6.2004 getätigt wurden, nicht beanstandet, wenn die Vertragspartner noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers ausgingen (BMF-Schreiben vom 31.3.2004 IV D 1 - S 7279-107/04, BStBl. I 2004, 453, Tz. 26).

Im Übrigen sei die USt - entgegen der gesetzlichen Vorgaben in § 13b UStG - gesondert im Kaufvertrag ausgewiesen worden, so dass die Verkäuferin hierfür in jedem Fall hafte (§ 14c Abs. 1 UStG). Werde die USt vom Käufer - wie vorliegend - übernommen, zahle dieser auf eine fremde Schuld. Dies wiederum führe dazu, die USt als Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage anzusehen.

Am 9.8.2005 erhob die Klin. Klage. Hierbei wiederholte sie im Wesentlichen ihr außergerichtliches Vorbringen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19.11.2007 verwies der Prozessbevollmächtigte der Klin. auf eine bestehende Regelungslücke im Grunderwerbsteuerrecht, die daraus resultiere, dass mit Wirkung zum 1.4.2004 das Umsatzsteuerrecht mit grunderwerbsteuerlicher Relevanz - hier § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG - geändert worden sei.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung am 19.11.2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klin., die GrESt ohne Einbeziehung der USt in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage im Billigkeitswege gem. § 163 AO abweichend vom angefochtenen Steuerbescheid festzusetzen. Zu diesem Zwecke sei dieses Verfahren gem. § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen.

Die Klin. beantragt,

1. gem. § 163 AO die GrESt abweichend ohne Einbeziehung der USt in die Bemessungsgrundlage festzusetzen;

2. das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag zu. 1. nach § 74 FGO auszusetzen;

3. hilfsweise

für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu 2. ablehnt, die Grunderwerbsteuer um EUR 9.170,-- niedriger festzusetzen;

4. weiter hilfsweise

die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise

für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Bekl. verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung vom 6.7.2005.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen auf die Verwaltungsakten, die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.11.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Bekl. hat zu Recht GrESt i.H.v. EUR 66.482,-- unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.899.500,-- festgesetzt. Die von der Klin. an die Verkäuferin gezahlte USt i.H.v. EUR 262.000,-- ist Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Die Klin. ist daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die festzusetzende GrESt bemisst sich regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Als Gegenleistung gelten beim Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). In die Bemessungsgrundlage der GrESt ist hierbei einzustellen, was Entgelt für den Erwerb des Grundstücks ist (vgl. nur Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Auflage, § 9 Rz. 71).

Zum Entgelt im grunderwerbsteuerlichen Sinne zählt vorliegend auch die von der Klin. an die Verkäuferin des Grundstücks gezahlte USt i.H.v. EUR 262.000,--. Zwar sind Umsätze, die unter das GrEStG fallen, grundsätzlich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG). Allerdings kann der leistende Unternehmer - wie vorliegend - auf die Steuerbefreiung nach näherer Maßgabe des § 9 UStG verzichten.

Nach der bis zum 31.3.2004 geltenden Rechtslage hatte dies zur Folge, dass die aufgrund der Option zur Steuerpflicht dem Grundstückserwerber in Rechung gestellte USt zivilrechtlich Bestandteil des Kaufpreises (vgl. hierzu Heinrichs in: Palandt, BGB, 66. Auflage, § 157 Rz. 13 m.w.N.) und damit auch der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage war (BFH-Urteil vom 18.10.1972 II R 124/69, BFHE 107, 399, BStBl II 1973, 126; BFH-Beschluss vom 21.11.2000 II B 45/99, BFH/NV 2001, 642; Sack in: Boruttau, GrEStG, 16. Auflage, § 9 Rz. 281a). Dies galt selbst dann, wenn die in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abgezogen werden konnte (BFH-Beschluss vom 13.2.1998 II B 69/97, BFH/NV 1998, 1256).

Durch Art. 14 Nrn. 1 und 2 Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HbeglG 2004) vom 29.12.2003 (BGBl. I 2003, 2076, BStBl I 2004, 120) sind § 9 Abs. 3 und § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG geändert bzw. erweitert worden. Die Änderung des § 13b UStG hat zur Folge, dass bei allen Umsätzen, die unter das GrEStG fallen und bei denen nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG verzichtet worden ist, nicht mehr - wie seinerzeit - der Veräußerer, sondern gem. § 13b Abs. 2 UStG der Erwerber Schuldner der USt ist, sofern dieser Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Diese Änderung ist mit Wirkung ab 1.4.2004 in Kraft getreten und grundsätzlich auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.3.2004 bewirkt wurden.

Grunderwerbsteuerlich führt dies dazu, dass die vom Erwerber allein und originär nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldete USt kein Entgelt für den Erwerb des Grundstücks (mehr) ist. Die in Optionsfällen vom Erwerber geschuldete USt ist somit nicht Bestandteil der Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (vgl. hierzu Forster, Umsatzsteuerrundschau - UR - 2004, 188; Küffner/Zugmaier, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2004, 712; Dürr, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht - UVR - 2004, 129; Bartsch/Blaas/v. Pannewitz, Betriebsberater - BB - 2004, 1249; Krauß, Der Betrieb - DB - 2004, 1225; Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Auflage, § 9 Rz. 98; so auch FinMin Bad.-Württ. vom 22.6.2004 3-S 4521/24, DStR 2004, 1432).

Dies vorangestellt, gilt für den Streitfall Folgendes: Soweit die Klin. den Kaufpreis für den Grund und Boden (EUR 560.000,-- zuzüglich USt i.H.v. EUR 89.600,--) gem. § 3 Abs. 2 des Kaufvertrags bereits vor Inkrafttreten der umsatzsteuerlichen Neuregelung zum 1.4.2004 an die Verkäuferin gezahlt hatte, blieb es bei der bisherigen Steuerschuldnerschaft der Verkäuferin gem. § 13a UStG - verbunden mit den aufgezeigten grunderwerbsteuerlichen Folgerungen zur Höhe der Gegenleistung. Denn nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Satz 4 UStG entsteht die USt bei vorwegvereinnahmten Entgelten bzw. Teilen hiervon - abweichend vom Grundsatz des Zeitpunkts der Leistungsausführung - bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt/Teilentgelt vereinnahmt worden ist, und somit vor Inkrafttreten der Neuregelung in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG.

Aber auch im Übrigen sieht der Senat keine Veranlassung, die Rechtmäßigkeit der GrESt-Festsetzung in Frage zu stellen. Zwar unterfiele der hier zu beurteilende Grundstücksumsatz - mit Ausnahme des vorausgezahlten Teilentgelts i.H.v. EUR 560.000,-- - grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 13b UStG. Der Grundstücksumsatz wurde nach dem 31.3.2004 ausgeführt (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG und BMF-Schreiben vom 31.3.2004 IV D 1 - S 7279-107/04, BStBl. I 2004, 453 Tz. 2). Zwar schlossen die Klin. und die Verkäuferin den Grundstückskaufvertrag bereits am 16.2.2004 und somit vor Inkrafttreten der umsatzsteuerlichen Neuregelung. Allerdings erfolgte die Übergabe des Objekts - auf diesen Zeitpunkt stellt das Umsatzsteuerrecht bei Grundstücksumsätzen regelmäßig ab (vgl. Leonard in: Bunjes/Geist, UStG, 8. Auflage, § 3 Rz. 16) - erst Ende Juni 2004. Auch hat die Verkäuferin innerhalb der notariellen Urkunde vom 16.2.2004 durch gesonderten Ausweis von Umsatzsteuer zumindest konkludent (vgl. hierzu Birkenfeld, Umsatzsteuer, Band II, § 113 Rz. 126 ff.) auf die Steuerfreistellung des Grundstücksumsatzes verzichtet (vgl. § 9 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 UStG). Entscheidend zu beachten ist allerdings, dass die Kaufvertragsparteien vorliegend die seit 1.4.2004 geltende Regelung des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG zu keiner Zeit umgesetzt haben. In der notariellen Urkunde vom 16.2.2004 wurde - entgegen der Vorgaben in § 14a Abs. 5 Satz 2 UStG - nicht auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (der Klin.) hingewiesen. Zudem wies die Verkäuferin die USt abweichend von § 14a Abs. 5 Satz 3 UStG gesondert im Kaufvertrag aus. Ferner entrichtete die Klin. an die Verkäuferin nicht nur den Netto-, sondern - wie auch vertraglich vereinbart - den Bruttokaufpreis. Dies betonte der Prozessbevollmächtigte der Klin. nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2007 und lässt sich zudem dem Einspruchsschreiben des seinerzeitigen Bevollmächtigten vom 9.3.2004 entnehmen, in dem auf ein Umsatzsteuerguthaben der Klin. i.H.v. EUR 89.600,-- verwiesen wurde, das aus der Überweisung der ersten Kaufpreisrate an die Verkäuferin resultiere.

Der Senat verkennt hierbei nicht, dass allein die Nichtbeachtung von gesetzlichen Vorgaben - hier § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG - durch die Vertragsparteien zwangsläufig auch deren Nichtanwendung im Rechtsverkehr zur Folge hat. Im Gegenteil: Grundsätzlich gilt die Neuregelung des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStG und die damit einhergehende originäre Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers - losgelöst vom Willen der Vertragsbeteiligten - für sämtliche Grundstücksumsätze, die nach dem 31.3.2004 bewirkt wurden. Allerdings räumte die Finanzverwaltung den Beteiligten übergangsweise ein einvernehmlich auszuübendes Wahlrecht ein, für den Zeitraum vom 1.4. bis 30.6.2004 noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG auszugehen, sofern Letzterer den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert (vgl. BMF-Schreiben vom 31.3.2004 IV D 1 - S 7279-107/04, BStBl. I 2004, 453, Tz. 26). Von diesem Wahlrecht haben die Vertragsbeteiligten ausweislich des Schreibens der Klin. an den Bekl. vom 10.8.2004 Gebrauch gemacht. Eine Inanspruchnahme der Klin. als originäre Steuerschuldnerin gem. § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG war somit ausgeschlossen, zumal dem Senat keine Anzeichen dafür vorliegen, dass die Verkäuferin den Grundstücksumsatz selbst nicht zutreffend versteuert hat (BMF-Schreiben vom 31.3.2004, a.a.O., 453, Tz. 26 a.E.).

Entgegen der Auffassung der Klin. bedingt die für einen kurzen Übergangszeitraum fortgewährte Anwendung des ausgelaufenen Umsatzsteuerrechts auch eine Fortgeltung der Rechtsgrundsätze, die zur Höhe der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei umsatzsteuerpflichtigen Grundstücksumsätzen aufgestellt wurden: Die Grunderwerbsteuer bemisst sich im Regelfall nach der Höhe der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Zur Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (vgl. statt vieler Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Auflage, § 8 Rz. 5 m.w.N. auf Rechtsprechung). Als Gegenleistung gilt beim Kauf der Kaufpreis (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Dieser umfasst im Streitfall nicht nur die Zahlung des Nettokaufpreises, sondern auch die Zahlung des der Umsatzsteuer entsprechenden Betrags, denn hierzu hatte sich die Klin. verpflichtet, um das Grundstück zu erhalten (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 18.10.1972, II R 124/69, BFHE 107, 399, BStBl II 1973, 126). Hätte die Klin. - aus welchem Grund auch immer - die Verkäuferin nur in Höhe des Nettokaufpreises (EUR 1.637.500,--) bezahlt, wäre Letztere zur eigenen Leistungsverweigerung berechtigt gewesen. Die ausgewiesene USt war unselbständiger Bestandteil des zivilrechtlichen Kaufpreises und damit konsequenterweise Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

Aus den genannten Gründen ist die von der Klin. angedeutete gesetzliche Regelungslücke im Grunderwerbsteuerrecht für den Senat nicht erkennbar. Die Höhe der Gegenleistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG hat sich an den zivilrechtlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien zu orientieren (Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Auflage, § 9 Rz. 74). Unter Zugrundelegung der - hier unstreitigen - Vereinbarungen wäre es inkonsequent, die Klin. in Höhe der auf den Nettokaufpreis entfallenden USt grunderwerbsteuerlich zu entlasten, obwohl die Klin. zum einen auch diesbezüglich gegenüber der Verkäuferin zivilrechtlich verpflichtet war und zum anderen umsatzsteuerlich aufgrund des von der Finanzverwaltung eingeräumten Wahlrechts noch keine originäre Verpflichtung nach § 13b UStG bestand.

Der Senat musste das Verfahren im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2007 erstmals gestellten Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege (§ 163 AO) auch nicht nach § 74 FGO aussetzen. Hiernach kann das Gericht das Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Zwar legt der Senat zugunsten der Klin. den Billigkeitsantrag gem. § 163 AO so aus, als sei dieser in der mündlichen Verhandlung nicht gegenüber dem Gericht, sondern - verfahrensrechtlich zutreffend - gegenüber dem Vertreter des Bekl. gestellt worden. Dennoch besteht keine Veranlassung, aus diesem Grund das hier streitige Anfechtungsverfahren auszusetzen.

Die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO ist eine Ermessensentscheidung des Gerichts, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (BFH-Urteil vom 18.7.1990 I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986 sowie Beschluss vom 31.7.1997 IX B 13/97, BFH/NV 1998, 201). Im Streitfall ist der Senat der Auffassung, dass eine Aussetzung des Verfahrens weder aus prozessökonomischen Gründen erforderlich ist noch im Interesse der Beteiligten liegt. Zwar greift das Billigkeitsverfahren nach § 163 AO als Grundlagenverfahren bis zur Rechtskraft der in ihm getroffenen Entscheidung der Anfechtungsklage gegen den Steuerbescheid vor. Allerdings ist entscheidend zu berücksichtigen, dass der Antrag nach § 163 AO vom Prozessbevollmächtigten der Klin. erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2007 gestellt wurde, und zwar erst nachdem die Sach- und Rechtslage des hier zu entscheidenden Anfechtungsbegehrens erörtert worden ist. Die Aussetzung des Verfahrens würde zu einer nicht hinnehmbaren ergebnislosen Verzögerung des Rechtsstreits führen. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass der Billigkeitsantrag der Klin. ausschließlich dieselben Rechtsfragen betrifft, die für das anhängige Anfechtungsverfahren maßgeblich und in diesem zu klären sind. Zusätzlich ist von Bedeutung, dass Billigkeitsgründe nicht offensichtlich erkennbar sind. Die Erfolgsaussichten des angestrengten Verfahrens nach § 163 AO dürften nach Ansicht des Senats - gerade weil die Klin. insoweit keine neuen Rechtsfragen aufgeworfen hat - gering sein. Angesichts dieser Erwägungen hält es der Senat für ermessensgerecht, das Klageverfahren abzuschließen, bevor über eine etwaige Unbilligkeit der Steuerfestsetzung entschieden wird.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Angesichts dieser Entscheidung ist der Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), gegenstandslos.

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Die Entscheidung des Senats beruht aufgrund der von den Vertragsbeteiligten in Anspruch genommenen Übergangsregelungen des BMF zur zeitlichen Anwendung des § 13b UStG auf herkömmlichen und geklärten Rechtsgrundsätzen.



Ende der Entscheidung

Zurück