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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 8 K 38/05 U
Rechtsgebiete: AO, InsO, FGO


Vorschriften:

AO § 5
AO § 34 Abs. 3
AO § 130 Abs. 1
AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
AO § 208 Abs. 3
AO § 251 Abs. 3
InsO § 155 Abs. 1 S. 2
InsO § 179 Abs. 1
FGO § 102
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 K 38/05 U

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten (Bekl.), einen bestandskräftigen Feststellungsbescheid i.S. des § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 179 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) aufgrund einer nachträglich eingereichten Umsatzsteuererklärung zu korrigieren.

Der Kl. ist mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 5.9.2002 (Az. 00 IN 000/00) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Frau KC bestellt worden. Frau KC betrieb in X als Einzelunternehmerin einen Lebensmittelmarkt.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zeigte der Kl. am 6.9.2002 vorsorglich die Masseunzulänglichkeit an (§ 208 InsO), da zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens nicht überschaubar gewesen sei, ob die entstehenden Masseverbindlichkeiten in voller Höhe erfüllt werden könnten.

Nach Aufforderung meldete der Bekl. mit Schreiben vom 22.10.2002 Abgabenforderungen i.H.v. EUR 19.050,-- zur Insolvenztabelle nach (§ 177 InsO). Es handelte sich hierbei um Umsatzsteuer für 2002, die der Bekl. im Schätzungswege - weitestgehend auf Grundlage der bis einschließlich August 2002 eingereichten Voranmeldungen - ermittelte. Der Nachmeldung beigefügt war eine handschriftlich verfasste Umsatzsteuerberechnung für 2002. Das Vorauszahlungssoll für 2002 wurde nicht in Abzug gebracht.

Unter dem Datum des 12.11.2002 übersandte der Bekl. dem Kl. eine maschinell erstellte Abrechnung über Umsatzsteuer 2002, aus der sich ein Nachzahlungsbetrag i.H.v. EUR 10.305,78 ergibt (EUR 19.050,-- ./. EUR 8.744,22 Vorauszahlungen 2002).

Nachdem der Kl. die Forderung des Bekl. im Prüfungstermin am 8.11.2002 in voller Höhe bestritten hatte, erließ dieser - nach vorheriger Anhörung - am 3.12.2002 einen Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO betreffend Umsatzsteuer 2002 über EUR 19.050,--.

Der Kl. legte gegen den Feststellungsbescheid keinen Einspruch ein. Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragte der Bekl. entsprechende Berichtigung der Insolvenztabelle. Die Berichtigung erfolgte durch das Insolvenzgericht am 12.2.2003.

Am 9.1.2004 reichte der Kl. eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2002 beim Bekl. ein. Aus den erklärten Werten ergab sich eine Umsatzsteuerschuld i.H.v. EUR 9.544,30. Nach Abzug des Vorauszahlungssolls für 2002 errechnete der Kl. eine verbleibende Umsatzsteuerschuld i.H.v. EUR 3.293,02.

Der Bekl. nahm intern eine Änderungsveranlagung vor. Im Ergebnis wurden die vom Kl. erklärten Werte bis auf die vom Kl. nicht vorgenommene Aufteilung der Vorsteuerkürzung wegen nicht mehr bezahlter Lieferantenverbindlichkeiten übernommen. Mit Schreiben vom 2.4.2004 lehnte der Bekl. eine Änderung der Umsatzsteuer 2002 ab. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass der Feststellungsbescheid bereits bestandskräftig sei.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch berief sich der Kl. auf eine Korrektur des Feststellungsbescheids nach § 130 AO, hilfsweise auf eine solche nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Mit Schreiben vom 19.5.2004 beantragte der Kl. auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist und legte zugleich Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 ein. Begründet wurde der Wiedereinsetzungsantrag - wie auch der Korrekturantrag nach § 130 AO - damit, dass erst nach Erlass des Feststellungsbescheids sowohl die tatsächlichen als auch die finanziellen Möglichkeiten für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2002 zur Verfügung gestanden hätten.

Während des Einspruchsverfahrens ergänzte der Bekl. seine Ablehnung dahingehend, dass die Rücknahme nach § 130 AO im Ermessen der Finanzbehörde stehe. Das Ermessen sei entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben. Die Grenzen des Ermessens seien einzuhalten (§ 5 AO). Er - der Bekl. - habe mit der Antragsablehnung nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, da gegen den Feststellungsbescheid kein Einspruch eingelegt wurde. Eine jetzige Änderung des Bescheids führte zu einer Aushöhlung der Rechtsbehelfsfrist. Auch widerspräche es dem Sinn und Zweck eines Feststellungsbescheids, wenn dieser nach Bestandskraft jederzeit wieder geändert werden könnte, weil neue Erkenntnisse und finanzielle Möglichkeiten geltend gemacht würden.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 2.12.2004 wies der Bekl. den Einspruch zurück. Korrekturvorschriften der AO seien nicht einschlägig. Insbesondere komme eine Rücknahme des Feststellungsbescheids nach § 130 Abs. 1 AO nicht in Betracht. Der Kl. hätte als Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung Steuererklärungen erstellen müssen. Hierbei handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die selbst im Falle der Masseunzulänglichkeit erfüllt werden müsste. Auch sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist ausgeschlossen. Der Kl. habe in vollem Wissen ohne Hinderungsgründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden, keinen Einspruch gegen den Feststellungsbescheid eingelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die EE vom 2.12.2004 verwiesen.

Mit der daraufhin erhobenen Klage trägt der Kl. vor:

Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 AO lägen vor. Der Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 sei rechtswidrig bzw. rechtswidrig geworden. Die dem Bescheid zugrunde liegende Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei durch die am 9.1.2004 nachgereichte Umsatzsteuererklärung für 2002 als überholt und demnach als rechtswidrig anzusehen.

Das dem Bekl. zustehende Rücknahmeermessen sei zugunsten des Kl. auszuüben. Die Sach- und Rechtslage habe sich geändert. Erst nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids habe die Lohn- und Finanzbuchhaltung der Schuldnerin aufgearbeitet werden können. Es habe erst später - und zwar unerwartet - weitere freie Masse realisiert werden können. Gegen den Feststellungsbescheid sei kein Einspruch eingelegt worden, da der Kl. als Insolvenzverwalter zu jener Zeit weder über die hierfür erforderlichen Unterlagen noch über die erforderlichen finanziellen Mittel habe verfügen können. Insoweit sei dem Berufs- und Aufgabenfeld eines Insolvenzverwalters Rechnung zu tragen. Der Verwalter sei auf steuerliche Informationen durch den Schuldner und auf entsprechende finanzielle Mittel angewiesen. Er dürfe seine Tätigkeit von der Möglichkeit der Erstattung seiner Kosten und Auslagen abhängig machen. Verbindlichkeiten zu Lasten des Masse dürfe er nicht eingehen. Er sei berechtigt, bei Masseunzulänglichkeit - wie vorliegend - die Anfertigung von Steuererklärungen zu verweigern. Dies müsse insbesondere gelten, wenn für die Erstellung der Erklärungen ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe in Anspruch genommen werden müsste.

Es sei dem Kl. auch unzumutbar gewesen, gegen den Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids habe der Kl. Inhalt und Rechtmäßigkeit des Bescheids noch gar nicht verifizieren können. Der Kl. wäre demnach auf das Wohlwollen der Finanzbehörde angewiesen gewesen, dass das Einspruchsverfahren zunächst ausgesetzt worden wäre. Ein Einspruchsverfahren hielte er daher für nicht notwendig. Andernfalls würden die Finanzbehörden allgemein bei einer Insolvenz mit einer Flut von (vorsorglichen) Einsprüchen gegen Feststellungsbescheide "überrollt". Eine solche Vorgehensweise sei unökonomisch.

Durch eine (Teil-)Rücknahme des Feststellungsbescheids nach § 130 Abs. 1 AO würden auch keine Rechtsbehelfsfristen unterhöhlt. Es sei der Situation der §§ 130, 131 AO immanent, dass die Korrektur nach Bestandskraft des Bescheids erfolge.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass bei einer - hypothetisch - nachträglichen Änderung eines Feststellungsbescheids zu Lasten des Kl. die Finanzbehörde wohl regelmäßig die Anwendbarkeit des § 130 AO bejahen würde. Weshalb dann Abweichendes bei einer Korrektur zugunsten des Kl. gelten solle, sei nicht nachvollziehbar.

Unabhängig von vorgenannten Erwägungen sei der Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 auch unzulässig, zumindest ermessensfehlerhaft. Die dem Bescheid zugrunde liegenden Werte seien geschätzt worden. Der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen hätte allerdings vorausgehen müssen, dass der Kl. vorher zur Abgabe der entsprechenden Steuererklärung aufgefordert worden wäre. Wäre dies geschehen, hätte der Bekl. im Übrigen auch nicht sofort schätzen dürfen. Vielmehr hätte vorher versucht werden müssen, die Abgabe der Erklärung mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen.

Der Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 sei auch insoweit ermessensfehlerhaft, als in diesem kein Vorbehalt der Nachprüfung aufgenommen wurde. § 164 AO sei für Feststellungsbescheide i.S. des § 251 Abs. 3 AO zumindest analog anzuwenden. Dem Bescheid liege eine Schätzung zugrunde. Schätzungsbescheide würden von der Finanzverwaltung regelmäßig unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Bei dem Feststellungsverfahren nach § 251 Abs. 3 AO handele es sich quasi um die Fortsetzung des Steuerfestsetzungsverfahrens.

Sofern eine Korrektur des Feststellungsbescheids ausschließlich nach §§ 172 ff. AO zu erfolgen hätte, lägen im Streitfall die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor. Grob schuldhaftes Verhalten sei dem Kl. nicht vorzuwerfen. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel, Einspruch einzulegen, habe er den Feststellungsbescheid nicht innerhalb der hierfür geltenden Frist anfechten müssen.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

1. den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 3.12.2002 entsprechend der Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2002 vom 9.1.2004 unter Aufhebung des Bescheids vom 2.4.2004 und der EE vom 2.12.2004 abzuändern - und zwar unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 7.4.2006 erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen des Bekl.,

2. hilfsweise den Bekl. zu verpflichten, den Änderungsantrag vom 9.1.2004 unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden;

3. weiterhin hilfsweise - im Falle des vollständigen Unterliegens - die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. führt zur Begründung an:

Er - der Bekl. - habe ermessensfehlerfrei gehandelt, die beantragte Rücknahme des Feststellungsbescheids unter Hinweis auf den fehlenden Einspruch abzulehnen. Die den Insolvenzverwalter treffende öffentlich-rechtliche Pflicht, Steuererklärungen für den Schuldner zu erstellen, ende nicht bei angezeigter Masseunzulänglichkeit (Hinweis auf § 208 Abs. 3 AO). Die umfassende Erklärungspflicht gelte auch für Veranlagungszeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zudem sei der Kl. als Rechtsanwalt in der Lage gewesen, die erforderlichen Steuererklärungen auch ohne Einschaltung eines Steuerberaters zu erstellen.

Allein die nachträgliche Erstellung der Umsatzsteuererklärung für 2002 stelle auch keine Änderung der Sach- und Rechtslage dar, die eine für den Kl. günstige Ermessensentscheidung nach § 130 AO zuließe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter bei einer jederzeitigen Änderbarkeit eines Feststellungsbescheids nach § 130 AO gegenüber anderen Steuerpflichtigen über Gebühr besser gestellt würde: Bei regulären Steuerfestsetzungen müssten - anders als bei § 130 AO - die besonderen Anforderungen der §§ 172 ff. AO erfüllt sein. Eine Verpflichtung, Steuerfestsetzungen - selbst in Schätzungsfällen - unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) zu stellen, bestehe nicht.

Die Feststellung der hier streitigen Steuerforderung in der Insolvenztabelle wirke wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 178 InsO). Im Falle eines zivilrechtlichen Verfahrens hätte der Kl. den Weg einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage gehen müssen. Aufgrund dieser erschwerten Anforderungen dürfte auch ein Feststellungsbescheid nicht ohne weiteres nach § 130 AO geändert werden.

Ermessensfehler bei Erlass des Feststellungsbescheids seien nicht erkennbar. Zum einen sei der enge Zeitrahmen im Insolvenzverfahren zwischen Verfahrenseröffnung und Prüfungstermin zu berücksichtigen. Der Kl. sei zunächst schriftlich zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2002 aufgefordert worden. Aufgrund der anstehenden Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle sei die Umsatzsteuer für 2002 allerdings bereits am 12.11.2002 geschätzt worden. Für ein zeitaufwendiges Zwangsgeldverfahren sei während der Insolvenz kein Raum. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass der Feststellungsbescheid auf Betreiben des Kl. erlassen worden sei, nachdem dieser im Prüfungstermin die angemeldete Steuerforderung bestritten hatte.

Ferner sei es nicht ermessensfehlerhaft gewesen, den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 endgültig zu erlassen. Es bestehe keine Verpflichtung der Finanzbehörde, in sämtlichen Schätzungsfällen einen Vorbehalt der Nachprüfung aufzunehmen. Die Natur des Insolvenzverfahrens gebiete es, keine Feststellungen unter Vorbehalt der Nachprüfung durchzuführen. Vielmehr sei eine zeitnahe Abwicklung erforderlich.

Auch die vom Kl. hilfsweise begehrte Änderung des Feststellungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei ausgeschlossen. Der Kl. habe bewusst keinen Einspruch eingelegt. § 173 AO bezwecke nicht, dem Steuerpflichtigen das Risiko eines Rechtsbehelfsverfahrens zu nehmen.

Schließlich könne dem Begehren des Kl. auf teilweise Rücknahme des Feststellungsbescheids vom 3.12.2002 auch der Höhe nach nicht in vollem Umfang nachgekommen werden. Die geltend gemachten Vorsteuern seien nach Maßgabe der von der Insolvenzschuldnerin nicht mehr gezahlten Verbindlichkeiten nach § 17 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu berichtigen. Der Kl. hat insoweit auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters mit Schreiben vom 30.6. und 23.10.2006 erklärt, dass er jenen Einwand des Bekl. nicht bestreite.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die EE, den richterlichen Hinweis des Berichterstatters vom 20.3.2006 sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet.

Der Bekl. hat zu Recht abgelehnt, den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 nach Maßgabe der in der Umsatzsteuererklärung für 2002 erklärten Werte - teilweise - zurückzunehmen. Ermessensfehler des Bekl. sind der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Eine Rechtsverletzung des Kl. nach § 101 FGO liegt daher nicht vor.

I. Hauptantrag (Klageantrag zu. 1.))

Der Hauptantrag des Kl., den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 entsprechend der Umsatzsteuererklärung für 2002 - nunmehr unter Berücksichtigung des materiell-rechtlichen Einwands des Bekl. zur Vorsteuerkürzung - abzuändern, ist unbegründet.

1. Ein Anspruch auf (Teil-)Rücknahme des Feststellungsbescheids nach § 130 Abs. 1 AO besteht nicht. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt (VA), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurücknehmen.

Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich bei dem Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO - da er keine Steuerfestsetzung enthält - nicht um einen Steuerbescheid i.S. des § 155 AO, sondern um einen sonstigen Steuerverwaltungsakt, der nach Bestandskraft ausschließlich nach §§ 130, 131 AO korrigiert werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 VII B 244/98, BFH/NV 1999, 1583; FG Baden-Württ., Urteil vom 2. April 1993 9 K 403/91, EFG 1993, 763; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rdnr. 68; Fritsch in Pahlke/Koenig, AO, 1. Aufl., § 251 Rdnr. 88; Uhlenbrock, InsO, 12. Aufl., § 185 Rdnr. 4). Dieser VA ist auch - unabhängig von der Rechtmäßigkeit seines Erlasses dem Grunde nach - rechtswidrig, da die hierin festgestellte Abgabenforderung des Bekl. der Höhe nach - was offensichtlich unstreitig ist - unzutreffend war.

Allerdings besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch des Betroffenen auf Rücknahme eines rechtswidrigen VAes. Die Rücknahme steht ausweislich des Wortlauts des § 130 Abs. 1 AO im pflichtgemäßem Ermessen der Finanzbehörde. Die Ermessensentscheidung der Behörde ist gerichtlich nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603; BFH-Urteil vom 27. September 2001 X R 134/98, BFHE 196, 400, BStBl II 2002, 176). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des die Rücknahme ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen EE darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BFH-Urteile vom 29. März 2007 IX R 9/05, BFH/NV 2007, 1617;vom 14. Juni 2000 X R 56/98, BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 5 AO Rdnr. 75). Das Finanzgericht darf in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur dann, wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zur Rücknahme aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO; BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297).

Gründe, die eine Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null zugunsten des Kl. rechtfertigen, liegen im Streitfall nicht vor. In diesem Zusammenhang ist entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kl. den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 offensichtlich bewusst bestandskräftig hat werden lassen, um - was nahe liegt - nachträglich im Falle des Freiwerdens zusätzlicher Mittel aus der Insolvenzmasse eine Änderung des Bescheids zu erstreben. Setzt sich ein Steuerpflichtiger aber in Kenntnis der Tatsache einer zeitlich eingeschränkten Anfechtbarkeit von belastenden VAen über laufende Rechtsbehelfsfristen hinweg, so kann jedenfalls kein gebundener Anspruch auf eine spätere Änderung dieses VAes bestehen. In diesem Fall würden die gesetzlichen Rechtsbehelfsfristen zur Makulatur. Das im steuerlichen Verfahrensrecht zu beachtende Prinzip der Rechtssicherheit wäre bedeutungslos. Von diesen Grundsätzen ist auch auszugehen, wenn Adressat des VAes ein Insolvenzverwalter ist. Nach § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Insolvenzverwalter die die Insolvenzmasse betreffenden handels- und steuerrechtlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen (vgl. auch § 34 Abs. 3 AO). Der Insolvenzverwalter wird hierdurch hinsichtlich der Pflichtenerfüllung dem gemeinen Steuerpflichtigen gleichgestellt (vgl. auch BFH-Urteil vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194). Bereits aus diesem Grund kann der Auffassung des Kl., die Durchführung eines Einspruchsverfahrens gegen Feststellungsbescheide sei im Hinblick auf die Verfahrensökonomie verzichtbar, nicht gefolgt werden.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Erlass des Feststellungsbescheids auf Veranlassung des Kl. erfolgte. Da der Kl. die Steuerforderung im Prüfungstermin am 8.11.2002 bestritten hatte, war der Bekl. gezwungen, entweder die Beseitigung des Widerspruchs des Kl. zu bewirken (§ 178 Abs. 1 Satz 1 InsO) oder die Forderung durch Feststellungsbescheid festzustellen (§ 179 Abs. 1, § 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO), damit diese als Insolvenzforderung berücksichtigt wird. Eine Rücknahme des Widerspruchs wies der Kl. mit Schreiben vom 28.11.2002 zurück. Vor diesem Hintergrund oblag es dem Kl., den daraufhin ergangenen Feststellungsbescheid grundsätzlich zeitnah - d.h. innerhalb der Rechtsbehelfsfrist - mit dem Einspruch anzufechten, um seinen im Prüfungstermin erhobenen Widerspruch gegen die angemeldete Forderung aufrechtzuerhalten. Eine uneingeschränkte Verpflichtung der Finanzbehörde, jederzeit ein Änderungsbegehren des Insolvenzverwalters hinsichtlich des Grundes und/oder der Höhe der - bestandskräftig - festgestellten Forderung zu erfüllen, kann angesichts dieses Umstands nicht angenommen werden.

2. Die vom Kl. alternativ begehrte Änderung des Feststellungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ebenfalls ausgeschlossen. Die §§ 172 ff. AO gelten nur für Steuer- und diesen gleichgestellte Bescheide (vgl. nur Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 172 AO Rdnr. 12). Sonstige Steuerverwaltungsakte - und demnach auch der Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO - unterliegen ausschließlich dem Korrektursystem der §§ 130, 131 AO (vgl. Bringewat/Waza, Insolvenzen und Steuern, 6. Aufl., Rdnr. 279).

II. Hilfsantrag (Klageantrag zu 2.))

Auch der Hilfsantrag - Klageantrag zu 2.) - ist unbegründet. Ermessensfehler des Bekl., die eine Neubescheidung des Kl. nach § 101 Satz 2 FGO rechtfertigen würden, liegen nicht vor.

Nach § 5 AO hat die Finanzbehörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Allein dies ist - wie dargelegt - Prüfungsmaßstab für das Finanzgericht (§ 102 Satz 1 FGO). Die Finanzbehörde hat ihr Ermessen regelmäßig vor Erlass der Entscheidung auszuüben, kann dies aber noch bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung nachholen (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juni 1997 X R 14/95 , BFHE 183, 21, BStBl. II 1997, 642;vom 26. März 1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545; Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 5 AO Rdnr. 240 m.w.N.). § 102 Satz 2 FGO erlaubt es der Finanzbehörde sogar, ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des VAes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu ergänzen.

Die angefochtene Entscheidung entspricht diesen Maßstäben.

In § 130 Abs. 1 AO sind keine ausdrücklichen Grundsätze für die Ausübung des Ermessens aufgestellt. Die Finanzbehörde muss sich daher bei ihrer Ermessensausübung gemäß der in § 5 AO für alle Ermessensvorschriften getroffenen Regelung an dem Zweck der Ermächtigung orientieren. Da der Gesetzgeber die Rücknahme rechtswidriger VAe nicht für obligatorisch erklärt hat, kann der Zweck der Ermessensermächtigung nur darin gesehen werden, zwischen der materiellen Gerechtigkeit einerseits und dem durch die Bestandskraft eingetretenen Rechtsfrieden andererseits eine Abwägung zu treffen (vgl. Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl., § 130 Rdnr. 27; Pahlke in Pahlke/Koenig, AO, 1. Aufl., § 130 Rdnr. 22; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 130 AO Rdnr. 38).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass in der Regel die Entscheidung der Finanzbehörde, die Rücknahme eines rechtswidrigen unanfechtbaren VAes abzulehnen, ermessensfehlerfrei ist, wenn der Betroffene die Gründe, die seiner Auffassung nach eine Rücknahme rechtfertigen, mit einem fristgerecht eingelegten Einspruch gegen den Bescheid hätte vorbringen können. Mit dieser Begründung kann eine Rücknahme nur dann nicht abgelehnt werden, wenn vom Betroffenen die Anstrengung des Einspruchsverfahrens unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles billigerweise nicht erwartet werden konnte (vgl. nur BFH-Urteil vom 26. März 1991 VII R 15/89, BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552 und BFH-Beschlüsse vom 22. Juni 1999 VII B 244/98, BFH/NV 1999, 1583;vom 24. Januar 2001 I B 91/00, n.v., [...];vom 12. April 2005 VII B 81/04, BFH/NV 2005, 1478). Derartige - rücknahmebegründende - Umstände können insbesondere in Betracht kommen, wenn sich die dem VA zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen geändert hat oder dieser durch das Verhalten der Finanzbehörde veranlasst worden ist, von der Einlegung eines Rechtsbehelfs abzusehen (Pahlke in Pahlke/Koenig, AO, 1. Aufl., § 130 Rdnr. 25 m.w.N.). In diesen Fällen kommt es im Rahmen des erforderlichen Abwägungsvorgangs auf die Schwere und Offensichtlichkeit des Rechtsverstoßes und darauf an, weshalb die Rechtswidrigkeit des VAes erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist geltend gemacht wird (vgl. BFH-Urteil vom 9. März 1989 VI R 101/84, BFHE 157, 1, BStBl II 1989, 749).

Vorliegend hat der Bekl. das ihm in § 130 Abs. 1 AO eingeräumte Ermessen fehlerfrei dahingehend ausgeübt, die beantragte - teilweise - Rücknahme des Feststellungsbescheids vom 3.12.2002 abzulehnen. Zwar kann dem Ablehnungsbescheid vom 2.4.2004 nicht entnommen werden, dass der Bekl. bei seiner Entscheidung ernstliche Ermessenserwägungen angestellt hat. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kl. sein Änderungs- bzw. Rücknahmebegehren auch nicht substantiiert begründet hat. Soweit aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, hat sich der Kl. darauf beschränkt, dem Bekl. die Umsatzsteuererklärung für 2002 kommentarlos zu übersenden. Es ist nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 102 FGO nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde dem Rechtsfrieden und damit der eingetretenen Bestandskraft des VAes grundsätzlich eine derartig gewichtige Bedeutung beimisst, dass sie die Zurücknahme ohne weiteres ablehnt, wenn außer der von Anfang an vorliegenden Rechtswidrigkeit des VAes nicht zusätzliche Umstände geltend gemacht werden, die eine Rücknahme zugunsten des Betroffenen rechtfertigen.

Erst nachdem sich der Kl. in der Folgezeit auf die Unzumutbarkeit eines vorher durchgeführten Einspruchverfahrens gegen den Feststellungsbescheid berief (Schreiben vom 19.5.2004), erläuterte der Bekl. mit Schreiben vom 8.6.2004 seine Ermessenserwägungen. Eine Ermessensüber- bzw. -unterschreitung oder ein Ermessensfehlgebrauch ist dem Bekl. hierbei nicht vorzuwerfen.

Dass sich der Bekl. zur Rechtfertigung seiner Entscheidung vordergründig auf die Bestandskraft des Feststellungsbescheids und die andernfalls drohende "Aushöhlung der Rechtsbehelfsfristen" berief, ist bereits deshalb nicht ermessensfehlerhaft, da der Kl. keine besonderen Umstände vorgetragen hat, die die Versäumung eines Rechtsbehelfsverfahrens ausnahmsweise entschuldigen würden. Insbesondere kann sich der Kl. nicht auf eine nachträglich zu seinen Gunsten geänderte Sach- bzw. Rechtslage berufen. Zwar trifft es zu, dass erst nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids die offensichtlich zutreffenden Grundlagen für die Umsatzsteuer 2002 ermittelt wurden. Genauso mag es zutreffen, dass erst nach Bestandskraft des Bescheids genügend finanzielle Mittel aus der Insolvenzmasse zur Verfügung gestellt werden konnten, die eine Erstellung des Jahresabschlusses und der betrieblichen Steuererklärungen für 2002 unter Zuhilfenahme eines Steuerberaters ermöglichten. Eine gegenüber dem Erlass des VAes veränderte Sach- oder Rechtslage liegt aber nur hinsichtlich solcher Umstände vor, die in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den belastenden VA nicht hätten geltend gemacht werden können (vgl. in diesem Sinne Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl., § 130 Rdnr. 29). Hieran fehlt es vorliegend. Die noch ausstehende Umsatzsteuererklärung für 2002 hätte im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen den Feststellungsbescheid nachgereicht werden können. Zwar weist der Kl. in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass er - der Kl. - bei einer Anfechtung des Feststellungsbescheids auf ein "Wohlwollen" des beklagten Finanzamts dergestalt angewiesen wäre, die ihm eine Erstellung der Steuererklärung innerhalb einer großzügig bemessenen Frist ermöglicht oder gar zu einer Aussetzung bzw. einem Ruhen des Einspruchsverfahrens geführt hätte. Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass der Bekl. dem Kl. das erhoffte "Wohlwollen" - in welcher Form auch immer - nicht auch entgegengebracht hätte. Jedenfalls genügt allein die vage geäußerte Vermutung, dass sich die Finanzbehörde in diesem Zusammenhang nicht wohlwollend gezeigt hätte, nicht, um von einer veränderten Sach- und Rechtslage i.S. des Rechtsprechung des BFH auszugehen.

Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Kl. bereits am 6.9.2002 - vorsorglich - gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte (§ 208 AO) und erst erheblich später hinreichend finanzielle Mittel vorhanden waren, um die steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Entgegen der Ausführungen des Kl. entpflichtet die angezeigte Masseunzulänglichkeit den Insolvenzverwalter nicht, die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (weiter) zu erfüllen. Es entspricht gesicherter Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, dass der Insolvenzverwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners gem. § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 34 Abs. 3 AO auch dann zu erfüllen hat, wenn die Masse - voraussichtlich - zur Begleichung der hierfür entstehenden Kosten nicht ausreicht (BFH-Urteil vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194; jüngst BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VII B 104/07, n.v., [...]; Bringewat/Waza, Insolvenzen und Steuern, 6. Aufl., Rdnr. 165 ff.). Zudem lässt sich die Fortgeltung der steuerlichen Pflichten des Verwalters bei angezeigter Masseunzulänglichkeit auch aus § 208 Abs. 3 AO ableiten (vgl. Bringewat/Waza, Insolvenzen und Steuern, 6. Aufl., Rdnr. 171). Hinzu kommt im Streitfall, dass es dem Kl. zunächst lediglich oblag, (fristwahrend) gegen den Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 Einspruch einzulegen. Ein - erheblicher - nicht durch die Masse gedeckter Kostenaufwand wäre hierdurch kaum veranlasst worden.

Auch in diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass der Erlass des Feststellungsbescheids durch das Bestreiten der Steuerforderung im Prüfungstermin veranlasst war. Hätte der Kl. die Forderung nicht bestritten, hätte diese gem. § 178 Abs. 1 InsO als festgestellt gegolten mit der Folge, dass der daraufhin zu erfolgende Eintrag in die Insolvenztabelle wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern gewirkt hätte (§ 178 Abs. 3 InsO). Sieht sich der Insolvenzverwalter allerdings - aus welchen Gründen auch immer - veranlasst, die angemeldete Forderung zu bestreiten, zwingt er den Insolvenzgläubiger regelmäßig dazu, das Feststellungsverfahren nach §§ 179, 180 InsO (i.V.m. § 251 Abs. 3 AO) zu betreiben. Fordert dieses Verfahren - wie im Streitfall - eine Mitwirkung des Insolvenzverwalters und verweigert dieser eine solche unter Hinweis auf die Kostenarmut, widerspräche es den allgemeinen Risikolasten, wenn sich der Verwalter nach Rechts- bzw. Bestandskraft des Feststellungsverfahren auf eine für ihn günstigere Sach- oder Rechtslage berufen könnte.

Darüber hinaus bestätigt auch der Vergleich zu einem insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren bei einer zivilrechtlichen Forderung die Richtigkeit der Ermessensentscheidung des Bekl. Forderungen eines Insolvenzgläubigers, die nicht tituliert sind, müssen von diesem - sofern vom Verwalter bestritten - in einem ordentlichen Erkenntnisverfahren vor den Zivilgerichten mittels Feststellungsklage nach §§ 179, 180 InsO erstritten werden. Kommt der Insolvenzverwalter hierbei seinen prozessualen Mitwirkungspflichten - z.B. aus Kostengründen - nicht oder nicht hinreichend nach bzw. versäumt er es, gegen eine dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, berechtigt ihn eine später (vermeintlich) veränderte Sach- und Rechtslage nicht, eine für ihn günstigere Entscheidung in der Sache zu verlangen. Der Bekl. verweist zu Recht darauf, dass durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossene Zivilverfahren nur unter den erschwerten Bedingungen einer Nichtigkeits- bzw. Restitutionsklage wiederaufgenommen werden können (§§ 578 ff. Zivilprozessordnung - ZPO -). Prozessuale Nachlässigkeiten einer Partei fallen nicht hierunter. An diesen Maßstäben muss sich auch der Insolvenzverwalter messen lassen, der seine Rechtsbehelfsmöglichkeiten in einem behördlichen Feststellungsverfahren nach §§ 179, 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO - aus welchen Gründen auch immer - nicht wahrnimmt. Es kann aus Sicht des betreibenden Insolvenzgläubigers keinen Unterschied machen, ob die zur Tabelle angemeldete Forderung in einem zivilprozessualen Erkenntnisverfahren oder in einem Verwaltungsverfahren nach § 251 Abs. 3 AO festzustellen ist. In beiden Fällen unterliegt eine rechtskräftig festgestellte Forderung einem erhöhten Bestandsschutz (vgl. auch § 185 Satz 2 i.V.m. § 183 InsO), der die vom Bekl. vorgenommene Ermessensentscheidung in jedem Fall rechtfertigt.

Dem weiteren Einwand des Kl., der Korrektur nach §§ 130, 131 AO lägen regelmäßig bestandskräftige VAe zugrunde, ist entgegenzuhalten, dass belastende VAe vorrangig mit dem Einspruch anzufechten sind (§§ 347 ff. AO). Stellt sich im Einspruchsverfahren die Rechtswidrigkeit des angefochtenen VAes heraus, ist die Finanzbehörde verpflichtet, den Bescheid zurückzunehmen. Eine solche Verpflichtung besteht außerhalb des Einspruchsverfahrens nach §§ 130, 131 AO nicht. Hätte das Begehren auf Rücknahme - wie im Streitfall - inhaltlich bereits im Einspruchsverfahren geltend gemacht werden können, kann dem Einwand der jederzeitigen Rücknehmbarkeit aus den oben dargelegten Gründen nicht gefolgt werden (vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 VII B 244/98, BFH/NV 1999, 1583 zum Verbot des Unterlaufens von Rechtsbehelfsfristen).

Rein vorsorglich weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die vom Kl. vermutete Befürchtung einer problemlosen Änderung bestandskräftiger VAe zu Lasten des Betroffenen unbegründet sein dürfte. Rücknahme und Widerruf von begünstigenden VAen bzw. Teilen hiervon unterliegen den besonderen - vertrauensschützenden - Anforderungen aus §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 AO. Die vom Kl. angedeutete Vergleichbarkeit zu der hier zu entscheidenden Rechtssache besteht daher nicht.

Nach alledem kommt es auf die Frage der Höhe der tatsächlichen Umsatzsteuerschuld für 2002 und insbesondere zum Umfang einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG nicht mehr an.

Ohne Relevanz für die Entscheidung sind zudem die Ausführungen der Beteiligten, ob der Feststellungsbescheid vom 3.12.2002 rechtmäßig, insbesondere frei von Ermessensfehlern des Bekl. ergangen ist. Zum einen steht der Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO nach allgemeiner Auffassung nicht im Ermessen der Finanzbehörde (Fritsch in Pahlke/Koenig, AO, 1. Aufl., § 251 Rdnr. 87; Gundlach/Schmidt, DStR 2002, 406; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rdnr. 67). Zum anderen - und dies ist entscheidend - ist die Frage der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids nicht Gegenstand dieses Streitverfahrens. Allein zu beurteilen ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bekl., den Antrag auf Rücknahme des Feststellungsbescheids nach § 130 AO abzulehnen. Eine etwaige Rechts- bzw. Zweckwidrigkeit des Feststellungsbescheids hat auf die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde, jenen Bescheid zurückzunehmen, keinen Einfluss. Vielmehr ist dessen Rechtswidrigkeit Grundvoraussetzung dafür, dass eine Rücknahme nach § 130 AO überhaupt in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Bekl. seinerzeit verpflichtet gewesen wäre, den Feststellungsbescheid - wenn dies verfahrensrechtlich überhaupt möglich gewesen wäre - vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu erlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Der Senat folgt mit seiner Entscheidung herkömmlichen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Allein der Umstand, dass vorliegend Besonderheiten des Insolvenzverfahrensrechts berührt und Fragen der Stellung des Insolvenzverwalters im Besteuerungsverfahren erörtert werden, führt nicht dazu, dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO beizumessen.

Ende der Entscheidung

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