Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 05.04.2005
Aktenzeichen: 8 K 3815/01 G,F
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 5.04.2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Ehrenamtlicher Richter ...

Ehrenamtliche Richterin ...

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob bei einer sogenannten Mehrmütterorganschaft einheitliche und gesonderte Feststellungen von Gewerbeertrag und Gewerbekapital für die - zur Willensbildung in der Organgesellschaft - in einer GbR zusammengeschlossenen Gesellschaften bzw. deren Organträger durchzuführen sind.

Die Klin. zu 1) (X AG) ist hundertprozentige Tochtergesellschaft der Klin. zu 2) (C AG). Zwischen beiden Gesellschaften besteht seit dem 1.01.1988 ein Beherrschungs- und Ergebnisübernahmevertrag. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass es sich bei der Klin. zu 2) um die Organträgerin der Klin. zu 1) handelt. Bei der Klin. zu 2) sind die Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1988 ff. wegen anhängiger Rechtsmittel noch nicht bestandskräftig.

Die Klin. zu 1) ist zudem gemeinsam mit der D-GmbH, I, N-GmbH, J, H-GmbH, M und der S-AG, J, Gesellschafter der F-Gesellschaft mbH. Die Klin. zu 1) ist am Stammkapital der GmbH mit 28,76 % beteiligt.

Am 26.08.1959 gründeten die Gesellschafter der GmbH die G-gemeinschafts-GbR. Bei dieser handelt es sich um eine Gemeinschaft, die Trägerin des gemeinsamen Willens der GmbH ist und daneben die GmbH mit Betriebskapital ausstattet. Das hingegebene Investitionsdarlehn betrug in allen Streitjahren 36.753.393,47 DM. Daneben wurden der GmbH noch weitere Darlehensbeträge zur Verfügung gestellt, die sich bis zum Streitjahr 1990 auf über 10.000.000 DM aufsummierten. Aus den vorliegenden Gewinnermittlungen ergaben sich für die Streitjahre folgende Zinserträge aus den Darlehenshingaben und folgende Gewinne bzw. Verluste (1995 nur Zinserträge Darlehn):

 Erträge aus GewinnabführungErträge aus Zinsen und ähnliche ErträgeSumme der Erträge
19883.335.848,94 DM2.721.338,97 DM6.057.187,91 DM
19893.506.206,86 DM3.519.794,54 DM7.026.001,40 DM
19903.092.465,95 DM4.024.639,72 DM7.117.105,67 DM
19913.265.674,88 DM4.384.150,67 DM7.649.825,55 DM
19922.864.410,91 DM4.954.307,96 DM7.818.718,87 DM
19932.738.790,28 DM4.434.752,86 DM7.173.543,14 DM
19942.682.035,07 DM3.525.090,15 DM6.207.125,22 DM
1995 3.146.750,00 DM 
19962.886.626,09 DM2.648.377,68 DM5.535.003,77 DM
19975.715.048,38 DM1.071.338,32 DM6.786.386,70 DM
19985.583.495,26 DM1.033.373,64 DM6.616.868,90 DM
19996.169.199,80 DM910.737,55 DM7.079.937,35 DM

Seit dem 30.12.1981 bestand zwischen der F-Gesellschaft mbH und der G-gemeinschafts-GbR ein Ergebnisübernahmevertrag, der zum 31.12.1988 außer Kraft trat, und durch einen neuen Ergebnisübernahmevertrag zwischen der GmbH und der G-gemeinchafts-GbR mit Wirkung zum 1.01.1989 ersetzt wurde.

In den für die Jahre 1988 bis 1999 ergangenen Gewerbesteuermessbescheiden wurde die G-gemeinschafts-GbR von dem Bekl. im Einklang mit den bis dahin ergangenen Urteilen des BFH zur Mehrmütterorganschaft als Organträgerin behandelt. Dementsprechend wurde die F-Gesellschaft mbH als Organgesellschaft angesehen.

Die festgestellten Gewerbeerträge bzw. das jeweils festgestellte Gewerbekapital bei der G-gemeinschafts-GbR wiesen die folgenden Werte aus:

 GewerbeertragGewerbekapital
19884.092.500,00 DM35.536.000,00 DM
19895.382.200,00 DM43.727.000,00 DM
19904.344.200,00 DM57.382.000,00 DM
19914.191.300,00 DM30.721.000,00 DM
19924.569.100,00 DM41.242.000,00 DM
19934.136.200,00 DM- 10.153.000,00 DM
19943.393.200,00 DM- 7 .348.000,00 DM
199517.769.600,00 DM- 8.941.000,00 DM
199617.546.300,00 DM- 4.647.000,00 DM
19978.000.881,00 DM14.154.000,00 DM
19986.517.900,00 DM 
1999- 9.805.605,00 DM(= vortragsfähiger Gewerbeverlust)

Daraus ergaben sich die folgenden Gewerbesteuermessbeträge:

 Messbetrag nach dem GewerbeertragMessbetrag nach dem GewerbekapitalEinheitlicher Gewerbesteuermessbetrag
1988202.825,00 DM70.832,00 DM273.657,00 DM
1989267.310,00 DM87.214,00 DM354.524,00 DM
1990215.410,00 DM114.524,00 DM329.934,00 DM
1991207.765,00 DM61.202,00 DM268.967,00 DM
1992226.655,00 DM82.244,00 DM308.899,00 DM
1993202.010,00 DM0,00 DM202.010,00 DM
1994164.860,00 DM0,00 DM164.860,00 DM
1995883.680,00 DM0,00 DM883.680,00 DM
1996872.515,00 DM0,00 DM872.515,00 DM
1997395.240,00 DM28.068,00 DM423.308,00 DM
1998321.095,00 DM 321.095,00 DM
19990,00 DM 0,00 DM

In den Urteilen vom 9.06.1999 (I R 43/97, BStBI. II 2000, 695 ff. und I R 37/98, BFH/NV 2000, 347 ff.) gab der BFH seine bisherige Rechtsprechung auf und entschied, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft unmittelbar den Gesellschaftern der Organgesellschaft und nicht mehr der von ihnen gegründeten BGB-Gesellschaft zuzurechnen sei, sofern die BGB-Gesellschaft lediglich der einheitlichen Willensbildung diene und keiner eigenen gewerblichen Tätigkeit nachgehe.

Daraufhin stellten die Klin. zu 1) mit Schreiben vom 1.12.2000 für sich und die Klin. zu 2) bei dem Bekl. die Anträge, die für die Mehrmütter-GbR ergangenen Messbescheide bzw. Verlustfeststellungen ab 1988 aufzuheben und die gewerbesteuerlichen Besteuerungsgrundlagen für die streitgegenständlichen Veranlagungsjahre einheitlich und gesondert festzustellen.

Mit Bescheiden vom 12.03.2001 lehnte der Bekl. diese Anträge ab.

Bei der Klin. zu 1) begründete er die Ablehnung im wesentlichen damit, dass die Bescheide für die Veranlagungsjahre bis einschließlich 1995 bestandskräftig seien und dass er im übrigen an das BMF-Schreiben zur Mehrmütterorganschaft vom 4.12.2001 gebunden sei, wonach die Urteile des BFH vom 9.06.1999 bis auf weiteres nicht anzuwenden seien und eine Neuregelung durch den Gesetzgeber abzuwarten sei.

Bei der Klin. zu 2) wies der Bekl. in seinem Ablehnungsbescheid im wesentlichen darauf hin, dass die Klin. zu 2) nicht zur Antragstellung befugt sei.

Den gegen die Ablehnung der beantragten gesonderten und einheitlichen Feststellungen eingelegten Sprungklagen stimmte der Bekl. nicht zu und wies die insoweit als außergerichtliche Rechtsbehelfe zu behandelnden Klagen mit Bescheiden vom 11.06.2001 zurück.

Gegen die Ablehnung der Durchführung von gesonderten und einheitlichen Feststellungen von Gewerbeertrag und Gewerbekapital richten sich die vorliegenden Klagen.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage die Rechtslage noch ungeklärt sei, welche Organe bzw. welche Firmen bei einer Mehrmütterorganschaft mehrstufiger Art in die Feststellungen einzubeziehen seien. So sprächen gewichtige Gründe sowohl für ein einstufiges als auch für eine mehrstufiges Feststellungsverfahren. Vorrangig werde hier die Klage der Klin. zu 1) betrieben; das Verfahren der Klin. zu 2) werde jedoch aufrecht erhalten.

Darüber hinaus sei die Klage begründet. Denn die Klägerinnen hätten einen Anspruch auf Anwendung der neuen BFH-Rechtsprechung zur Mehrmütterorganschaft. Die Durchführung der beantragten gesonderten und einheitlichen Feststellungen der gewerbesteuerlichen Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre sei daher zu Unrecht abgelehnt worden. Bei dem BMF-Schreiben vom 4.12.2001 handele es sich insoweit nicht um einen zulässigen Nichtanwendungs-, sondern um einen rechtswidrigen Untätigkeitserlass.

Die Klägerinnen sind der Meinung, dass ihnen die Anwendung der BFH-Rechtsprechung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zustehe. Insbesondere sei - unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - die ohne Übergangsregelung vorgenommene rückwirkende Gesetzesänderung nicht verfassungsgemäß. Denn sie verstoße gegen den Grundsatz der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen mit echter Rückwirkung. So sei durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG die Vornahme von Dispositionen als schützenswerter Vertrauenstatbestand noch mehr als bisher hervorgehoben und gestärkt worden. Die Klägerinnen hätten auch tatsächlich entsprechende Dispositionen vorgenommen. Denn die die Klin. zu 2.) habe - wenn auch mit anderen Gründen - seit 1988 Rechtsmittel gegen ihre Gewerbesteuermessbetragsbescheide eingelegt. Damit habe die Klin. zu 2) all das unternommen, was vernünftigerweise möglich gewesen sei, um die bisherige steuerliche Handhabung - Messbetragsfestsetzungen bei der G-gemeinschafts GbR - zu ändern. Insoweit habe sie disponiert und es stehe ihr auch der entsprechende Dispositionsschutz zu. Denn umfasst vom Dispositionsschutz seien alle Steuerpflichtigen, deren Verfahren bis zum Zeitpunkt der BFH-Entscheidung offen gehalten seien. Dabei könne es keinen Unterschied machen, in welcher verfahrensrechtlichen Konstellation und mit welcher Begründung die jeweiligen Steuerpflichtigen ihre Verfahren offen hielten. Ferner sei hier zu beachten, dass sich die vertrauensschützende Disposition einer der mehreren Mütter auch auf die anderen auswirke. Denn die Zurechnung auf die Mütter könne bei einer Mehrmütterorganschaft auch nur einheitlich und damit für alle gemeinsam erfolgen. Dies entspreche dem Gedanken des BFH in seinen Entscheidungen vom 9. Juni 1999, dass wegen der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung ein Feststellungsverfahren durchzuführen sei. Des weiteren wirke sich das Offenhalten der Gewerbesteuermessbescheide der Klin. zu 2) auch auf die Klin. zu 1) aus. Zudem bestehe bei einem Steuerpflichtigen auch ein schutzwürdiges Vertrauen in das zuletzt als richtig erkannte Recht. Dies stehe im Einklang mit Regelungen, die bei der rückwirkenden Wiedereinführung der Gepräge-Theorie beachtet worden seien. Zwar habe auch dieses Gesetz eine echte Rückwirkung bewirkt. Jedoch habe es sich im Fall der Aufgabe der Gepräge-Rechtsprechung um eine überwiegend verschärfende Rechtsprechung gehandelt. Zudem sei auch klar gewesen, dass aus rechtspolitischen Gründen die Gepräge-Theorie für die Zukunft auf jeden Fall wiederhergestellt werden sollte. Des Weiteren habe der Gesetzgeber hier durch eine Übergangsregelung das Vertrauen derjenigen Steuerpflichtigen geschützt, die nach Bekannt werden des damaligen BFH-Urteils Dispositionen (§ 52 Abs. 20 b EStG) getroffen hätten. Darüber hinaus hätten nach Verwaltungsanweisungen in Einzelfällen, wenn die Personengesellschaft keine steuerlichen Vorteile aufgrund der Gepräge-Rechtsprechung in Anspruch genommen habe, sondern sich im Gegenteil gegen ihre Behandlung als Gewerbebetrieb gewehrt und mit dieser Begründung die Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bestritten habe, Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinne nach § 163 AO außer Betracht gelassen werden können. U.a. aus den genannten Gründen habe der BFH die Verfassungsmäßigkeit dieses rückwirkenden Gesetzes bestätigt bzw. das BVerfG eine entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht angenommen.

Dagegen wirkte die Aufgabe der früheren Rechtsprechung bei der Mehrmütterorganschaft steuerentlastend und es sollte zudem nach den Planungen der Finanzverwaltung die Mehrmütterorganschaft für die Zukunft möglicherweise sogar völlig abgeschafft werden. Zudem wurde hier - trotz der für die Klägerinnen vorteilhaften Rechtsprechung - keine aus Vertrauensschutzgründen - erforderliche Übergangsregelung geschaffen.

Entsprechend hätten das Finanzgericht München mit Urteil vom 19.11.2003 7 K 3723/03, EFG 2004, 412 und das FG Berlin mit Beschluss vom 29. März 2004 8 B 8204/03, EFG 2004, 1145 zur Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Wiederherstellung der gewerbesteuerlichen Behandlung der Mehrmütterorganschaft entschieden.

Der Klage stehe auch die bis einschließlich 1995 eingetretene Bestandskraft der gegenüber der G-gemeinschafts-GbR ergangenen Gewerbesteuermessbescheide nicht entgegen. Denn gem. § 181 Abs. 5 AO könne eine gesonderte Feststellung nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit noch erfolgen, als sie für eine Steuerfestsetzung bedeutsam sei, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen sei. Dies sei hier der Fall, da die Gewerbesteuermessbetragsveranlagungen der Klin. zu 2) aufgrund der laufenden Rechtsmittel noch nicht bestandskräftig geworden seien.

Die Klin. zu 1) beantragt (sinngemäß),

den Bekl. zu verpflichten,

für die Kalenderjahre 1988 bis 1999 den Gewerbeertrag und das Gewerbekapital der F-Gesellschaft mbH und der G-gemeinschaft GbR einheitlich und gesondert für die beteiligten Gesellschaften festzustellen,

hilfsweise das Verfahren auszusetzen und im Wege einer konkreten Normenkontrolle die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz dazu einzuholen, ob die mit Rückwirkung erfolgte Änderung des § 2 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 Gewerbesteuergesetz durch Art. 4 des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12. 2001 (Bundessteuerblatt I 2002 Seite 35) verfassungswidrig ist.

Die Klin. zu 2) stellt für sich entsprechende Anträge.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Gründe seiner EE und ist der Auffassung, dass die angefochtenen Einspruchsentscheidungen zu Recht erfolgt seien, da die Verwaltung nicht rechtswidrig untätig geworden sei, sondern lediglich die geplante rückwirkende Gesetzesänderung abgewartet habe. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die bisherige Verwaltungsauffassung sei nicht gegeben, da die Verwaltung zu keinem Zeitpunkt die geänderte Rechtsprechung angewandt habe. Die neuen gesetzlichen Regelungen bei der Mehrmütterorganschaft seien deswegen auch unter dem Gesichtspunkt einer echten Rückwirkung zulässig gewesen.

Die Klagen haben keinen Erfolg.

I.) Die Klage der Klin. zu 2) ist - mangels Klagebefugnis - unzulässig.

Die Klin. zu 2) ist nicht Beteiligte an dem hier in Betracht kommenden Feststellungsverfahren.

Der BFH hat in seinen Entscheidungen vom 9.06.1999 I R 37/98 und I R 43/97 festgelegt, dass die bei einer Mehrmütterorganschaft den jeweiligen Muttergesellschaften zuzurechnenden Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien in entsprechender Anwendung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO einheitlich und gesondert festzustellen seien. Dies würde grundsätzlich bedeuten, dass nur die X AG als Beteiligte an der der F-Gesellschaft mbH und der G-gemeinschafts-GbR Feststellungsbeteiligte wäre. Die Besonderheit im Streitfall ist jedoch, dass die "Muttergesellschaft" X AG wiederum eine Organgesellschaft der C AG ist. D.h., die X AG ist kein eigenständiges gewerbesteuerliches Subjekt.

Die Gewerbesteuermessbeträge aus anteiligem Gewerbeertrag und Gewerbekapital der X AG werden danach zwar beim Organträger, der C AG, festgesetzt. Gegen die C AG als Feststellungsbeteiligte sprechen jedoch gewichtige Gründe: Denn zivilrechtlich ist ausschließlich die X AG an der F-Gesellschaft mbH und der G-gemeinschafts-GbR beteiligt. Ein entsprechendes Beteiligungsverhältnis an der GmbH und der GbR fehlt dagegen bei der C AG. Hier ergibt sich die gewerbesteuerliche Beteiligung allein aus dem Konstrukt eines steuerlichen Organschaftsverhältnisses zwischen der X AG und der C AG. Gegen eine Einbeziehung der C AG in das Feststellungsverfahren spricht zudem, dass in einem solchen mehrstöckigen Fall das Feststellungsinanzamt auch zu überprüfen hätte, ob überaupt ein (weiteres) anzuerkennendes Organschaftsverhältnis vorliegt. Das würde mit der Überprüfungskompetenz des jeweiligen Betriebsfinanzamt kollidieren und dadurch dem Zweck einer einheitlichen und gesonderten Feststellung zuwider laufen, nämlich im Interesse der Steuerverwaltung ein ökonomisches Verfahren abzuwickeln und der Gefahr von unterschiedlichen Entscheidungen beteiligter Finanzämter entgegenzuwirken.

Am konkreten Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung kann allein aus diesen Erwägungen nur die X AG beteiligt sein. Für eine solche Auslegung spricht zudem das allgemeine Steuerverfahrensrecht. Denn eine unmittelbare Zurechnung auf die C AG würde dazu führen, dass dann durch das Steuergeheimnis geschützte Verflechtungen zwischen Unternehmen aufgedeckt würden. Insoweit kann grundsätzlich Feststellungsbeteiligte nur die X AG sein.

Soweit die Klägerinnen Parallelen zu den sogenannten "Zebragesellschaften" und der damit verbundenen mehrstufigen Umqualifizierung von Einkünften ziehen, spielt eine solche Umqualifizierung hier keine Rolle. Vielmehr ist das weitere Organschaftsverhältnis eher mit einer sogenannten Unterbeteiligung oder einer verdeckten Treuhand vergleichbar. Dort aber hat der BFH schon mit Beschluss vom 5.11.1973 GrS 3/72 BStBl II 1974, 414 entschieden, dass in einem solchen Fall grundsätzlich in einem besonderen Feststellungsverfahren (II. Stufe) entschieden werden muss.

Da die Anträge der Klägerinnen beide auf die einheitliche und gesonderte Feststellung in der I. Stufe gerichtet waren, ist die Klage der Klin. zu 2) insoweit unzulässig.

Gründe

II.) Die Klage der Klin. zu 1.) ist nicht begründet.

Die Klin. kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihr und ihren Mitgesellschaftern Gewerbeertrag und Gewerbekapital im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung unmittelbar zugerechnet werden. Denn diesem Begehren stehen Art. 2 UntStFG vom 20.12. 2001 (BStBl. I 2002, 35 ff.) zu § 14 Abs. 2 KStG und Art. 4 UntStFG zu § 2 Abs. 2 GewStG entgegen.

Danach ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG n.F. im Fall des § 14 Abs. 2 KStG n.F. die Personengesellschaft Organträger. Schließen sich mehrere gewerbliche Unternehmen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG n.F., die gemeinsam im Verhältnis zur Organgesellschaft die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 erfüllen, in der Rechtsform einer Personengesellschaft lediglich zum Zweck der einheitlichen Willensbildung gegenüber der Organgesellschaft zusammen, ist nach Abs. 2 die Personengesellschaft als gewerbliches Unternehmen anzusehen, wenn jeder Gesellschafter der Personengesellschaft im übrigen ein gewerbliches Unternehmen unterhält. Dies liegt hier unstreitig vor.

Nach Art 4 UntStFG zu § 36 Abs. 2 GewStG n.F. ist § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG n.F. auch für Erhebungszeiträume vor dem Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm hat der Senat keine Zweifel.

Die sogenannte Mehrmütterorganschaft hatte sich ursprünglich als Gebilde der Rechtspraxis entwickelt und ist auf ein Urteil des RFH aus dem Jahre 1926 zurückzuführen (RFH v. 11.08.1926, I A 147/26).

Anerkannt war seither, dass sich gewerbliche Unternehmen lediglich zur einheitlichen Willensbildung gegenüber einer Kapitalgesellschaft zu einer GbR zusammenschließen konnten, mit der weiteren Folge, dass diese Personengesellschaft dann als reine Innengesellschaft angesehen wurde. Die Finanzverwaltung vertrat in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH die Auffassung, dass durch diesen Zusammenschluss ein eigener Organkreis aus der GbR (Organträgerin) und der Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) gebildet werde, so dass für körperschafts- und gewerbesteuerliche Zwecke in der Vergangenheit die Zurechnung des Einkommens-/Gewerbeertrags der Organgesellschaft bei der GbR erfolgte (Vgl. A 52 Abs.6 KStR 95, A 14 Abs.6 5.5 GewStR 98).

Die Voraussetzung eines gewerblichen Unternehmens war bei einem Zusammenschluss in der Form einer lediglich zum Zweck der einheitlichen Willensbildung geschlossenen GbR auch dann erfüllt, wenn nicht die GbR selbst, sondern alle an ihr beteiligten Gesellschafter einen Gewerbebetrieb unterhielten.

Die Willensbildungs-GbR wurde von jeher nicht als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG angesehen, da ihr Unternehmenszweck nicht darauf gerichtet ist, Einkünfte zu erzielen. Vielmehr beschränkt sie sich einzig darauf, die einheitliche Willensausübung der Gesellschafter der Organgesellschaft dieser gegenüber sicherzustellen.

Die Verwaltungsauffassung führte gewerbesteuerlich dazu, dass die positiven und negativen Erträge der Organgesellschaft der Mehrmütter-GbR zuzurechnen waren. Ein Ausgleich von gewerbesteuerlichen Verlusten der Organgesellschaft mit den einzelnen Gesellschaftern der GbR erfolgte nicht.

Mit Urteilen vom 09.06.1999 (BFH v. 09.06.1999, I R 43/97, BStBI II 2000, 695 und I R 37/98 NV) gab der BFH seine bis dahin der Verwaltungsauffassung entsprechende Rechtsauffassung zur Mehrmütterorganschaft auf. Unter Anlehnung an die zwischenzeitlich herrschende Lehre im Zivilrecht, wonach eine abhängige Gesellschaft durchaus in mehrere herrschende Unternehmen eingegliedert sein kann (sogenannte Lehre von der mehrfachen Abhängigkeit), bejahte der BFH die organschaftliche Verbindung im Rahmen einer Mehrmütterorganschaft direkt zu den einzelnen Gesellschaftern der Organgesellschaft. Die Willensbildungs-GbR sollte gewerbesteuerlich keine Bedeutung mehr haben. Da die Willensbildungs-GbR selbst kein gewerbliches Unternehmen betrieb, war sie aus diesem Grunde auch keine taugliche Organträgerin. Organträger sollten danach nur die Gesellschafter der Willensbildungs-GbR sein, mit der Folge, dass Gewinne und Verluste der Organgesellschaft mit Gewinnen und Verlusten der Mehrmüttergesellschaften verrechenbar sein sollten.

Aufgrund eines Erlasses der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 04.12.2000, BStBl. I 2000, 1571) wurden die Urteile des BFH jedoch nicht in noch laufenden Verfahren angewandt. Die Zurechnung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft erfolgte weiterhin bei der Mehrmütter-GbR, nicht bei ihren Gesellschaftern. Die im Erlass von der Verwaltung angekündigte gesetzliche Neuregelung wurde in Gestalt der § 14 Abs. 2 KStG, § 2 Abs. 2 S. 3 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz gesetzlich geregelt.

Die Neuregelungen zur Mehrmütterorganschaft traten nach der gesetzlichen Regelung zum 01.01.2002 auch für die Veranlagungszeiträume 2000 und früher mit Wirkung für die Vergangenheit in Kraft.

Die Anwendung der rückwirkenden gesetzlichen Wiederherstellung des Rechtszustandes der Mehrmütterorganschaft, wie er vor der Rechtsprechungsänderung durch die BFH-Urteile vom 09.06.1999 bestand, begegnet in diesem Fall keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Klägerinnen können nämlich kein Vertrauen in Anspruch nehmen, da die Verwaltung keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand geschaffen hat.

Der Grundsatz des Vertrauensschutzes beruht auf dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für die Beurteilung rückwirkender Gesetze ist deshalb zunächst der aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz der Rechtssicherheit, aus dem sich für den Bürger der Schutz seines Vertrauens sowohl gegenüber der Verwaltung als auch gegenüber dem Gesetzgeber ergibt (Herzog, in: Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art.20 VII, Rn.65). Der Staatsbürger soll die ihm gegenüber vorgenommenen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich entsprechend einrichten können; er soll darauf vertrauen dürfen, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit den daran anknüpfenden Rechtsfolgen auch in Zukunft als rechtmäßig anerkannt bleibt.

Auf der anderen Seite kann der Steuerbürger jedoch grds. nicht darauf vertrauen, dass steuerliche Regelungen auch für die Zukunft erhalten bleiben. Es besteht gerade hinsichtlich der Haushaltslage ein Bedürfnis, die Steuergesetze jedenfalls für die Zukunft verändern zu können. Voraussetzung ist aber, dass der Gesetzgeber nicht in unvorhergesehener Weise Gesetze rückwirkend schafft und damit in abgeschlossene, ggf. nicht mehr rückgängig zu machende Dispositionen des Steuerpflichtigen eingreift. Das Rechtsstaatsprinzip verbietet dem Gesetzgeber deshalb nicht, an Vergangenes anzuknüpfen, verpflichtet ihn aber auf Kontinuität (d.h. Gewähr von Stetigkeit, Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit der Gesetzgebung), Vertrauensschutz und schonende Übergänge.

Die Grundsätze der Rückwirkungsdogmatik liegen in der Unterscheidung zwischen sogenannter echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung, die auf die Rechtsprechung des BVerfG zurückgeht.

Die gesetzliche Kodifikation der Mehrmütterorganschaft stellt eine echte Rückwirkung dar, da das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 auch an die Veranlagungszeiträume vor 2000 anknüpft und somit nachträglich in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Der Gesetzgeber hat hierdurch also an vor Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossene Tatbestände für die Gesellschafter einer Mehrmütterorganschaft nunmehr ungünstigere Rechtsfolgen geknüpft als im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar war.

Eine echte Rückwirkung ist zwar grundsätzlich unzulässig, da sich der Einzelne darauf verlassen können soll, dass der Gesetzgeber an Tatbestände, die der Vergangenheit angehören, keine ungünstigeren Rechtsfolgen mehr knüpft, als sie im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände vorhersehbar waren. Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. So hat das BVerfG vier Sachverhaltsgruppen entwickelt, wonach eine echte Rückwirkung ausnahmsweise auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten rechtmäßig sein soll. Danach ist das Vertrauen des Bürgers in die Beständigkeit der geltenden Rechtslage dann nicht schutzwürdig, (1.) wenn der Bürger im Zeitpunkt, an den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Neuregelung rechnen musste, (2.) wenn das rückwirkend geänderte Recht unklar und verworren war, (3.) wenn die Rückwirkung lediglich einen durch eine nichtige Norm erzeugten Rechtsschein beseitigt, oder (4.), wenn zwingende Gründe des gemeinen Wohls, die dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnet sein müssen, eine Rückwirkungsanordnung rechtfertigen (vgl. Seewald, DÖV 1976, 228 (229)).

Gegenstand des rechtsstaatlich und grundrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutzes ist aber die Vertrauensbetätigung, also das für die Besteuerung relevante Verhalten. Dies erkennt in neueren Entscheidungen auch das BVerfG (BVerfG II. Senat v. 03.12.1997 zur rückwirkenden Abschaffung von Sonderabschreibungen für Schiffsbeteiligungen durch das JStG 1997, FR 1998, 377) an und bezieht den Vertrauensschutz freiheitsrechtlich auf den Zeitpunkt des rechtserheblichen Verhaltens. Das Rückwirkungsverbot wird damit zum Steuerplanungssicherheit vermittelnden Institut, das in erster Linie den Dispositionsschutz bezweckt. Das BVerfG kehrt damit weiter von seiner Rückwirkungsterminologie ab, die ausschließlich auf die Entstehung von Rechtsfolgen und die Verwirklichung des Steuertatbestandes gerichtet war.

Richtigerweise ist damit dem Rückwirkungsbegriff die vertrauensrechtlich relevante Disposition des Steuerpflichtigen zugrunde zu legen. Danach sind für den Rückwirkungsbegriff grds. zwei Zeitpunkte maßgeblich: Zum einen der Zeitpunkt, in dem eine Disposition zeitlich abgeschlossen ist, und zum anderen der Zeitpunkt, in dem der Vertrauensschutz infolge legislatorischer Maßnahmen entfällt. Eine Rückwirkung i.S.d. allgemeinen Rückwirkungsverbots liegt dann nur noch vor, wenn ein Gesetz Rechtsfolgen für Vertrauens betätigungen ändert, die vor dem endgültigen Gesetzesbeschluss als abgeschlossen zu beurteilen sind (Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 4, Rn. 170 ff).

Entscheidend ist folglich die Abwägung zwischen Dispositionsschutz gegen Gemeinwohlinteressen. Im konkreten Fall muss aber gesehen werden, dass die Verwaltung durch ihren Nichtanwendungs- oder Untätigkeitserlass - im Gegenteil - sogar dazu beigetragen hat, dass die Unternehmen Dispositionen unter Beachtung der BFH-Rechtsprechung unterlassen. Die Klägerinnen haben zwar vorgetragen, dass sie Dispositionen getroffen hätten. Der Senat vermag solche tatsächlich getroffenen Dispositionen jedoch nicht zu erkennen. Soweit die Klin. meint, dass durch die ab Streitjahr 1988 bei der Klin. zu 2) eingelegten Einsprüche gezeigt worden sei, dass man im Hinblick auf die steuerliche Behandlung disponiert habe, überzeugt dieser Gedanke nicht. Dagegen sprechen schon vernünftige wirtschaftliche Erwägungen, denn die Klägerinnen haben z.B. für die Streitjahre 1988 bis 1998 überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Vorteil aus einer geänderten Behandlung, sondern bei unterstellt gleichen Hebesätzen einen wirtschaftlichen Nachteil, da sich durch eine die Erfassung der Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien bei den Organmüttern eine gegenüber der bisherigen Steuerfestsetzung höhere Steuerfestsetzung ergeben würde. So ergaben sich für die genannten Streitjahre bis 1998 stets positive Gewerbeerträge, und die Gewerbekapitalien waren nur in vier Jahren negativ. Die Auswirkungen der sich über das negative Gewerbekapital ergebenden Gewerbesteuerermäßigungen würden sich jedoch erheblich geringfügiger auswirken, als der Wegfall der Vorteile des zusätzlichen Staffeltarifs und der zusätzlichen bei der GbR gewährten Freibeträge beim Gewerbeertrag und Gewerbekapital. Bei dieser Ausgangslage vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Klin. schon in der Vergangenheit Dispositionen im Hinblick auf eine zukünftige Rechtslage getroffen hat.

Dies gilt um so mehr, als in den Einsprüchen der Klin. zu 2) überhaupt nicht auf die gewerbesteuerliche Problematik bei der Mehrmütterorganschaft eingegangen wurde. In diesem Licht ist auch die konstruiert wirkende Behauptung der Klin. zu sehen, dass mit den Einsprüchen doch alles gemacht worden sei, um das jetzige Feststellungsverfahren offen zu halten. Unabhängig davon, ob durch die Einsprüche tatsächlich ein Offenhalten in dem behaupteten Umfang erreicht werden kann, hätte bei dem behaupteten geheimen Dispositionsvorbehalt die Klin. hellseherische Fähigkeiten haben müssen, denn sie hätte im voraus wissen müssen, dass der BFH in 1999 zu der Auffassung gelangen wird, dass die den jeweiligen Muttergesellschaften anteilig zuzurechnenden Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien in entsprechender Anwendung von § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO einheitlich und gesondert festzustellen sind. Der Senat ist - weil im übrigen auch bei der unmittelbar betroffenen Erdgasgemeinschaft GbR keine Rechtsbehelfe gegen die Gewerbesteuermessbetragsveranlagungen eingelegt wurden - zu der Überzeugung gelangt, dass die Klin. zu 2) ihre Einsprüche gegen ihre Gewerbesteuermessbescheide (1988 bis 1998) nicht im Hinblick auf die steuerlichen Probleme bei der Mehrmütterorganschaft, sondern ausschließlich aus anderen Erwägungen eingelegt hat. Ein besonderer Dispositionsschutz lässt sich daher für die Klin. auch aus diesen eingelegten Einsprüchen nicht ableiten, zumal es sich für die Streitjahre 1988 bis 1998 wohl nur um einen rein akademischen Streit zu Lasten der Klägerinnen handelt, da eine insgesamt niedrigere Gewerbesteuerfestsetzung nicht erkennbar erreicht werden kann. Der Senat ist aufgrund der Ausführungen der Klin. auch nicht davon überzeugt, dass die Klin. entsprechende Dispositionen für das Streitjahr 1999 getroffen hat. Er ist vielmehr aufgrund der vorliegenden Geschehensabläufe zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerinnen für die Streitjahre nicht disponiert haben, sondern sich nach Bekannt werden der BFH-Urteile vom 9.06.1999 lediglich um eine nachträgliche Korrektur ihrer Messbescheide bemüht haben.

Somit machen die Klägerinnen nach Auffassung des Senats lediglich geltend, dass sie einen Anspruch auf Behandlung entsprechend der BFH-Urteile vom 09.06.1999 haben. Die geänderte Rechtsprechung des BFH zur Behandlung der Mehrmütterorganschaft schafft aber allein ebenfalls kein Vertrauen in den Fortbestand dieser Rechtsauffassung für die Klägerinnen.

Zwar können sich bei Änderung einer langjährigen Rechtsprechung grundsätzlich Vertrauensschutztatbestände ergeben, die sich zum Teil überlagern: So wirkt die Rechtsprechungsänderung zurück auf noch nicht abgeschlossene Fälle; soweit der Steuerpflichtige aber im Vertrauen auf die alte Rechtsprechung disponiert hat, genießt er bzgl. der alten Rechtsprechung Vertrauensschutz vor belastenden Eingriffen. Wird die Rechtsprechungsänderung danach mit Rückwirkung gesetzlich außer Kraft gesetzt, dann bietet auch die ändernde Rechtsprechung grds. Vertrauensschutz vor belastenden Eingriffen (vgl. Raupach, DStR 2001, 1325 (1330)).

Besonderer Vertrauensschutz kann sich in der letzteren Variante in vier zu unterscheidenden Fällen ergeben:

1. Die Verfahren ruhen zwangsweise gem. § 363 Abs. 2 AO im Hinblick auf die Musterverfahren (BFH-Urteile vom 09.06.1999).

2. Im Hinblick auf die Musterverfahren sind vorläufige Bescheide gem. § 165 Abs. 1 S. 1 AO ergangen.

3. Vorläufige Steuerbescheide sind aus anderen Gründen gem. § 165 Abs. 1 S. 1 bzw. 2 AO oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 165 Abs. 1 S. 1 AO ergangen.

4. Die Voraussetzungen für einen Vorbehalt der Nachprüfung fehlen oder sind weggefallen (Vgl. Kirchhoff/ Raupach, DB-Beilage Nr. 3/2001, S. 1, 16).

Voraussetzung bleibt jedoch stets, dass die Steuerpflichtigen - wie es hier eben nicht der Fall ist - disponiert haben.

Durch den Nichtanwendungserlass des BMF mussten die Klägerinnen hier sogar mit einer Neuregelung rechnen, so dass auch im Sinne der alten Rechtsprechung des BVerfG gegen die echte Rückwirkung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Für den Zeitpunkt des "Rechnenmüssens" hat das BVerfG in mehreren Entscheidungen (BVerfGE 30, 272 (287); 72, 200) zwar auf den Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestags abgestellt, weil erst mit diesem Beschluss der wesentliche Unsicherheitsfaktor zu dem "ob" und dem "wie" der Neuregelung beseitigt werde. Allerdings betont das BVerfG in ständiger Rechtssprechung, dass der Beschluss des Bundestags "in der Regel" der maßgebende Zeitpunkt sei und lässt insoweit auch Ausnahmen zu. Ob und inwieweit auch vorlegislatorische Maßnahmen, wie hier die Ankündigung einer erwarteten Gesetzesänderung im Rahmen des Nichtanwendungserlasses des BMF, die Schutzwürdigkeit des Vertrauens beeinträchtigen oder gar beseitigen können, ist nach BVerfG v. 03.12.1997 (II. Senat v. 03.12.1997 zur rückwirkenden Abschaffung von Sonderabschreibungen für Schiffsbeteiligungen durch das JStG 1997, FR 1998, 377) allerdings wieder fraglicher geworden. Dort wird zwar bestätigt, dass grds. nur der Gesetzgeber die Kompetenz zur Änderung der Gesetzeslage habe und deshalb vorlegislatorische Maßnahmen ungeeignet seien, die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die bisherige Rechtslage entfallen zu lassen. Andererseits könne es einem Unternehmen aber durchaus zugemutet werden, sich ab Ankündigung einer Gesetzesänderung auf die neue Rechtslage einzustellen und diese in die unternehmerischen Planungen mit einzubeziehen. Hier ist darüber hinaus zu beachten, dass durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz die alte Rechtslage nach zwischenzeitlicher Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH lediglich wiederhergestellt wurde. Durch die unverzügliche Ankündigung einer gesetzlichen Neuregelung im Rahmen des Nichtanwendungserlasses und die konsequente Nichtanwendung der BFH-Urteile auf alle anderen offenstehenden Fälle verhinderte damit die Finanzverwaltung gerade die Entstehung eines Vertrauenstatbestandes auf Seiten der Klägerinnen.

Der Senat ist ferner der Auffassung, dass auch der Vergleich zu den Regelungen bei der Wiedereinführung der Gepräge-Theorie - wie der Kl. Vertr. unter Hinweis auf seinen Aufsatz in DStR Heft 32/2001 S. 1325 - 1331 dargelegt hat - nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Denn die Gepräge-Rechtsprechung brachte in vielen normal gelagerten Fällen durch die Erfassung der stillen Reserven bei Veräußerungs- und Entnahmevorgängen sowie bei Geschäftsveräußerungen oder Geschäftsaufgaben eine höhere ertragsteuerliche Belastung mit sich. Insoweit ist die Ausgangslage für die Gesetzesänderung - entgegen der Ansicht des Kl-Vertr. - durchaus vergleichbar. Für die Streitjahre 1988 bis 1998, in denen die alte Rechtslage für die Klin. insgesamt die wirtschaftlich günstigere darstellt, können Vertrauensschutzgesichtspunkte dagegen überhaupt keine maßgebende Rolle spielen.

Ein schutzwürdiges Vertrauen hätten die Klägerinnen daher allenfalls hinsichtlich der alten Verwaltungsauffassung und der bis zum 09.06.1999 geltenden Rechtsprechung haben können, die jedoch - wie bereits ausgeführt - wegen der (zusätzlichen) Freibeträge und des Staffeltarifs für die Streitjahre 1988 bis 1998 sogar zu einer geringeren Gesamtgewerbesteuerbelastung führt.

Unabhängig von den oben dargelegten Erwägungen liegt nach Auffassung des Senats wegen der von der G-gemeinschafts-GbR an die F-Gesellschaft mbH hingegebenen umfangreichen Investitionsmittel überhaupt keine reine Willensbildungs GbR vor. Vielmehr liegt wegen der Darlehenshingaben und der dadurch erzielten Zinsgewinne eine umfangreiche vermögensverwaltende Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft vor. Eine solche ist im Streitfall gegeben, da an der GbR ausschließlich Kapitalgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Die Hingabe der verzinslichen Darlehn führt hier zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb kraft gesetzlicher Fiktion (vgl. Schmidt EStG 23. Aufl. § 15 Rz 231, 232). Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG ist nämlich unter "Gewerbebetrieb" im Sinne des Gewerbesteuergesetzes ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Da es sich bei der Tätigkeit der G-gemeinschafts-GbR nicht um eine reine Willensbildungstätigkeit, sondern auch um eine vermögensverwaltende Tätigkeit handelt, die als ein eigener Gewerbebetrieb gilt, greift schon die von der Klin. angeführte BFH-Rechtsprechung nicht, denn sie ist ausdrücklich nur auf die Fälle beschränkt, in denen die BGB-Gesellschaft lediglich der einheitlichen Willensbildung dient und keiner eigenen gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeit nachgeht. Eine eigene gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit liegt jedoch - wie ausgeführt - hier in der Vermögensverwaltung durch die Darlehenshingaben vor (vgl. auch Abschnitt 11 Abs. 4 GewStR sowie Schmidt EStG § 15 Rz 232 m.w.N.).

Soweit der Kl-Vertr. in der mündlichen Verhandlung wegen der rechtlichen Auswirkung der Darlehensgewährung eingewandt hat, dass in den von dem BFH entschiedenen gleichgelagerten Fällen ebenfalls Darlehensgewährungen vorgelegen hätten, kann der Senat diesen Sachverhalt aus den Entscheidungen des BFH nicht ableiten. Die Rechtslage ist nach Auffassung des Senats hier unzweifelhaft.

Der Senat braucht sich aus den oben genannten Erwägungen nicht mit den Problem auseinandersetzen, ob für grundsätzlich festsetzungsverjährte Streitjahre überhaupt noch die begehrte gesonderte und einheitliche Feststellung in Betracht kommt. Zu bedenken ist nämlich, dass eine solche Feststellung nur (partielle) Wirkungen für die Muttergesellschaften hat, bei denen ebenfalls noch keine Festsetzungsverjährung bei der Gewerbesteuer eingetreten ist.

Denn nach § 181 Abs. 5 AO kann eine nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangene Feststellung nur noch solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Feststellung ebenfalls noch nicht abgelaufen war. Im Streitfall würde dies dazu führen, dass für festsetzungsverjährte Jahre trotz der Feststellung der Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien noch eine partielle Messbetragsveranlagung bei der G-gemeinschafts GbR bestehen bleiben würde. Ein solches Ergebnis mit einer verbleibenden Gewerbesteuerveranlagung bei der Willensbildungs GbR wäre jedoch zu gekünstelt und daher nicht mehr nachvollziehbar. Insoweit ist aber der Senat der Auffassung, dass für eine Anwendung des § 181 Abs. 5 AO im Streitfall nur Raum sein könnte, wenn für alle Gewerbesteuerfestsetzungen der Organmütter die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen wäre.

Mangels verfassungsrechtlicher Bedenken im konkreten Fall kam eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision gegen das Urteil betreffend die Klin. zu 1.) wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

Zurück