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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 8 K 4674/04 GrE
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 K 4674/04 GrE

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen einer Grunderwerbsteuer(GrESt)-Festsetzung, ob im Zusammenhang mit dem Grundstückskauf übernommene Verpflichtungen der Verkäuferin zur Minderung der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung führen.

Mit notariellen Verträgen vom 08.04.2003 und vom 22.01.2004 (UR-Nr. 168/2003 und 31/2004 des Notars N1) hat die Klägerin (Klin.) das Kaufgrundstück bestehend aus Teilflächen der Flurstücke Gemarkung X Flur 3 Nr. 207, 208, 209 und 210 sowie Flur 5 Nr. 456 und 580 von der Stadt C erworben. Hinsichtlich des Kaufgrundstücks sollte im Zusammenhang mit dem Grundstück "A-Str. 1" ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt werden und auf dem Grundstück ein Fachmarktzentrum/Einkaufszentrum errichtet werden. Bei den Regelungen im Vertrag vom 22.01.2004 handelt es sich um Ergänzungen oder Neufassungen einzelner Regelungen des Vertrages vom 08.04.2003.

Das Kaufgrundstück wurde gem. § 2 Abs. 1 des Vertrages vom 08.04.2003 mit allen Rechten und frei von Schulden und Belastungen jeder Art verkauft (auch wenn solche im Grundbuch nicht eingetragen sind) und sollte im Übrigen gem. § 3 des Vertrages vom 22.01.2004 (= Neufassung § 4 des Vertrages vom 08.04.2003) auf den Käufer übergehen, wie es bei Vertragsabschluss vorhanden ist. Eine Garantie für Größe, Güte, Boden- und Baugrundbeschaffenheit, Bebaubarkeit, Freiheit von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten im Sinne des Bodenschutzgesetzes wurde nicht übernommen.

Weiter ist in § 3 des Vertrages vom 22.01.2004 geregelt:

"Wird der Verkäufer wegen des Zustandes des Kaufgrundstückes rechtlich, insbesondere nach den Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes, in Anspruch genommen, stellt der Käufer den Verkäufer vollumfänglich frei.

Dem Käufer ist vor Vertragsabschluss ausreichend Gelegenheit gegeben worden, das Kaufgrundstück zu besichtigen und für den beabsichtigten Nutzungszweck untersuchen zu lassen. Das Kaufgrundstück ist dem Käufer demnach ausreichend bekannt. Bekannt ist dem Käufer auch das Gutachten Nr. 8006/02 vom 11.12.2002 des Gutachters G1 aus I. Zur Eingrenzung der Verunreinigungen wurden weitere Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse sich aus dem Gutachten vom 02.09.2003 ergeben, das dem Käufer vorliegt. Alle nach dem Gutachten erforderlichen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen sind von dem Fachgutachter in einem Sanierungsplan gem. Bundesbodenschutzgesetz darzustellen und vom Käufer auch dann durchzuführen, wenn sie sich auf die bei der Stadt verbliebenen Fläche erstrecken..."

Der Kaufpreis betrug insgesamt 2.115.826,50 EUR unter Zugrundelegung von Werten von 201,00 EUR/qm und 50,25 EUR/qm (§ 4 des Vertrages vom 22.01.2004). Vom Restkaufpreis waren nach dieser Regelung 50 % der vom Käufer verauslagten Kosten für die Baugrund- und Altlastenuntersuchung abzusetzen.

Die Klin. verpflichtete sich als Käuferin gem. § 8 des Vertrages vom 08.04.2003 in Abstimmung mit dem Planungsamt einen (genauer geregelten) Bebauungsplan zu erarbeiten, später einen Bauantrag zu stellen und das Kaufgrundstück spätestens 20 Monate nach Rechtskraft der erteilten Baugenehmigung bezugsfertig zu bebauen und sich im Rahmen der Bunkerumgestaltung mit einem Betrag von 50 % der Kosten, maximal 25.000,00 EUR, zu beteiligen.

§ 10 des Vertrages vom 08.04.2003 wurde mit § 7 des Vertrages vom 22.01.2004 neu gefasst und enthält u. a. folgende Regelungen:

"Der Verkäufer verpflichtet sich, sich bezüglich des Kaufgrundstücks zu 50 % an den gutachterlich nachzuweisenden Kosten für Sondergründungsmaßnahmen zu beteiligen und die nachzuweisenden Kosten für eine evtl. Altlastensanierung zu übernehmen, wobei die Gesamthöhe der Kostenübernahme auf 50 % des Kaufpreises begrenzt ist."

Die Kosten des in diesem Zusammenhang zu erstellenden Gutachtens sollten die Parteien jeweils zur Hälfte tragen. Der Verkäufer verpflichtete sich auch, sich zu 50 % an den Kosten an der Gestaltung des sich nördlich des Kaufgrundstückes befindenden Bunkers zu beteiligen und 100 % des Betrages zu übernehmen, der 50.000,00 EUR übersteigt.

Mit gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 04.03.2004 setzte der Beklagte (Bekl.) (das Finanzamt - FA) die GrESt aus diesem Rechtsvorgang für die Klin. auf 74.053,00 EUR fest und legte dabei als Bemessungsgrundlage den Kaufpreis von 2.115.826,00 EUR zugrunde.

Gegen diesen Bescheid legte die Klin. am 05.04.2004 Einspruch ein und trug zur Begründung vor, die Bemessungsgrundlage für die GrESt in dem genannten Bescheid sei um den von der Veräußerin zu zahlenden Anteil an den Sondergründungskosten und der Verschönerung des Bunkers sowie die von der Veräußerin zu zahlenden Kosten für die Altlastenbeseitigung i. H. v. insgesamt 949.301,00 EUR zu kürzen. Das Grundstück sei nach Meinung aller Vertragsparteien mit einem wesentlich baulichen Mangel behaftet gewesen, der den Wert des Grundstücks erheblich gemindert habe. Anstelle eines den tatsächlichen Verkehrswert entsprechenden Bar-Kaufpreises sei jedoch aus politischen Gründen ein überhöhter Bar-Kaufpreis und die Übernahme der o. g. Kosten durch die Veräußerin vereinbart worden. Im Ergebnis habe damit die Käuferin nur den den Verkehrswert angemessenen Kaufpreis i. H. v. ca. 1.166.525,00 EUR (2.115.826,00 EUR abzüglich 949.301,00 EUR) zu tragen. Diese von der Veräußerin zu leistenden Zahlungen seien untrennbarer Teil des Grundstückskaufes und daher ebenso bei der Berechnung des grunderwerbsteuerlichen maßgeblichen Kaufpreises zu berücksichtigen wie der in bar zu zahlende Teil. Mit der Übernahme dieser Zahlungen durch die Veräußerin stehe und falle der Grundstückserwerb insgesamt. Nur unter Eingehung dieser zusätzlichen Verpflichtung der Veräußerin sei sie, die Klin., bereit gewesen, das Grundstück zu erwerben. Der tatsächliche Wert des Grundstücks habe nach übereinstimmender Meinung aller beteiligten Vertragsparteien lediglich den Bar-Kaufpreis abzüglich der von der Veräußerin zu zahlenden Leistungen entsprochen.

Bei den genannten Kosten handele es sich teilweise um geschätzte Werte, da die entsprechenden Maßnahmen noch nicht vollständig durchgeführt seien. Nach Abschluss der genannten Maßnahmen sei die Bemessungsgrundlage an die tatsächlichen Werte noch einmal anzupassen.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung - EE - vom 30.07.2004).

Zur Begründung führte es aus, als Bemessungsgrundlage sei zu Recht der Vertrag durch vereinbarten Gesamtkaufpreis zugrunde gelegt worden. Auszuscheiden aus der Bemessungsgrundlage seien (Geld-)Leistungen, die im Zusammenhang mit anderen vertraglichen Regelungen zu erbringen seien. Die Tatsache, dass verschiedene Vertragsgegenstände in einem einheitlichen Vertrag geregelt würden, führe nicht dazu, dass sämtliche Regelungen als Einheit zu sehen seien, auch wenn dies mit einer bestimmten Zielsetzung erfolgt sei. Bemessungsgrundlage für die Steuer sei die Gegenleistung, d. h. alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen aufbringen würde, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend für die Bemessungsgrundlage sei dabei, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht worden sei.

Im vorliegenden Fall werde das Grundstück übertragen so wie es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliege und nicht ein zukünftig saniertes Grundstück. Soweit das Grundstück Mängel ausweisen sollte, sei dies bereits in den vorliegenden vertraglichen Regelungen und damit auch im Kaufpreis berücksichtigt.

Der Vortrag der Klin., dass sich aus § 10 des notariellen Vertrages vom 08.04.2003 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22.01.2004 ergeben würde, dass die Bemessungsgrundlage um von der Verkäuferin zu tragende Kosten in Höhe von 949.301 EUR zu kürzen sei, sei nicht zutreffend, denn diese Kosten, die im Übrigen nicht nachgewiesen und nicht spezifiziert worden seien, würden Maßnahmen betreffen, die nach der Übertragung des Grundstücks erfolgen sollten und seien deshalb nicht mehr Gegenstand des Erwerbsvorganges des Grundstücks. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der EE Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klin. die Berücksichtigung einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.166.525 EUR (= 2.115.826 EUR abzüglich 949.301 EUR) und damit die Festsetzung einer GrESt in Höhe von 40.828 EUR erstrebt.

Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung seien von den Vertragsparteien vertraglich genau festgelegt worden.

Gemäß § 10 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 habe die Veräußerin die Verpflichtung, sich an den Sondergründungskosten und der Verschönerung des Bunkers zu beteiligen, sowie die Kosten für eine eventuelle Altlastenbeseitigung zu übernehmen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe die Höhe der für diese Maßnahmen anfallenden Kosten nicht genau beziffert werden können, so dass eine entsprechende Anpassung des Bar-Kaufpreises nicht möglich gewesen sei. So hätten sich die Vertragsparteien zu einer Aufteilung des Gesamtkaufpreises entschlossen. Da die entsprechenden Maßnahmen auch bis zur Einreichung des Klagebegründungsschriftsatzes vom 11.04.2005 noch nicht vollständig durchgeführt worden seien, würde im Rahmen der Klage ein geschätzter Betrag von insgesamt 949.301 EUR angesetzt.

Nur unter Eingehung dieser zusätzlichen Verpflichtung der Veräußerin sei die Klin. bereit gewesen, das Grundstück zu erwerben. Mit der Übernahme dieser Zahlungen durch diese Veräußerung stehe und falle somit der Grundstückserwerb insgesamt und nur der unter Berücksichtigung des Mangels des Kaufgrundstücks ermittelte tatsächliche Wert des Grundstücks sollte von ihr, der Klin., bezahlt werden.

Anders als vom FA dargestellt, sei unter Kaufpreis nicht nur der Betrag zu verstehen, der im Kaufvertrag direkt als "Kaufpreis" bezeichnet werde. Der Kaufpreis könne sich vielmehr auch aus mehreren Beträgen, unabhängig von ihrer Bezeichnung als "Kaufpreis" zusammensetzen. Der Kaufvertrag sei gegebenenfalls gemäß den §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auszulegen. Die von der Veräußerin zu leistenden Zahlungen seien danach untrennbarer Teil des Grundstückskaufes.

Weiterhin vermöge das Argument des FA, die weiteren Verpflichtungen hätten keinen unmittelbaren Bezug zum Kaufpreis als Gegenleistung, da Gegenstand des Erwerbsvorganges der tatsächliche Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges sei, nicht zu überzeugen. Der tatsächliche Zustand des Grundstücks zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges sei durch einen baulichen Mangel geprägt gewesen. Und nur der unter Berücksichtigung des Mangels ermittelte tatsächliche Verkehrswert sollte vereinbart werden und sei als Gegenleistung vereinbart worden, in dem der Gesamtkaufpreis in einen Bar-Kaufpreis und von der Veräußerin zu tragende, betragsmäßig noch nicht feststehende Kosten aufgeteilt worden sei.

Für ihre Rechtsauffassung spreche auch, dass gemäß § 5 Abs. 5 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 i. V. m. § 4 des Änderungs- und Ergänzungsvertrages vom 22.01.2004 die von der Veräußerin zu übernehmenden und vom Käufer zunächst verauslagten Kosten mit dem Restkaufpreis verrechnet würden. Eine weitergehende Verrechnung sei nicht vereinbart worden, da eine eventuelle Altlastenbeseitigung noch nicht genau festgestanden habe.

Die Aussage des FA, dass soweit das Grundstück Mängel ausweisen sollte, dies bereits in den vorliegenden vertraglichen Regelungen und damit auch im Kaufpreis berücksichtigung worden sei, sei nicht korrekt, da u. a. das FA in der Beurteilung des § 4 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 i. V. m. § 3 des Änderungs- und Ergänzungsvertrages vom 22.01.2004 jeweils die Verweisung auf § 10 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 unberücksichtigt lasse. Auch hier komme zum Ausdruck, dass der Mangel noch nicht im Bar-Kaufpreis berücksichtigt und somit der Gesamtkaufpreis aufgeteilt worden sei.

Nach der damaligen Haushaltslage der Stadt C habe diese den Mangel aus finanziellen Gründen nicht beseitigen und auch nicht bezüglich des Verkaufs des Grundstücks in Vorleistung treten können, da der Kaufvertrag bis zur Erteilung des Baurechts unter der aufschiebenden Bedingung stehe. Somit hätten sich die Vertragsparteien auf einen überhöhten Bar-Kaufpreis sowie auf von der Veräußerin zu tragende Kosten geeinigt. In § 5 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 i. V. m. § 4 des Änderungs- und Ergänzungsvertrages vom 22.01.2004 auch keine weitergehende Verrechnung mit dem Bar-Kaufpreis vereinbart werden können, da die eventuelle Notwendigkeit der Beseitigung von Altlasten sowie deren Kosten erst zeitlich nach Fälligkeit des Bar-Kaufpreises feststehen würden. Die Vertragsparteien seien gerade aufgrund des Gutachtens vom Vorhandensein von Altlasten ausgegangen und dieser Mangel, der in § 4 über § 10 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 der Stadt C zugerechnet werde, mindere den Bar-Kaufpreis.

Entsprechendes gelte für die Sondergründungsmaßnahmen. Entgegen der Auffassung des FA handele es sich hierbei nicht um eine eigenständige vertragliche Regelung, sondern um den finanziellen Ausgleich des der Stadt C zuzurechnenden Mangels, der in dem Bar-Kaufpreis aus den genannten Gründen noch keine Berücksichtigung habe finden können.

Wegen der dargestellten Ungewissheit über das Vorhandensein von Mängeln und der Kosten für deren Beseitigung hätten sich die Vertragsparteien darauf geeinigt, zunächst den Grundstückswert ohne solche Mängel in einem überhöhten Bar-Kaufpreis festzulegen und später, wenn die genaue Höhe der Kosten für die Beseitigung der Mängel feststehe, den überhöhten Bar-Kaufpreis, um die von der Veräußerin zu tragenden Kosten auszugleichen. Aus den genannten Gründen handele es sich im Ergebnis bei der von den Vertragsparteien gewählten Aufteilung des Gesamtkaufpreises um eine Kaufpreisminderung des Bar-Kaufpreises durch die gemäß § 10 von der Veräußerin zu tragenden Kosten. Eine andere Regelung bezüglich des Gesamtkaufpreises, der insbesondere dem tatsächlichen Zustand und damit auch dem erheblichen Mangel des Grundstücks im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorganges Rechnung tragen sollte, sei bei Vertragsabschluss nicht möglich gewesen. Daher ergebe sich als Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne der Bar-Kaufpreis abzüglich der von der Veräußerin zu tragenden Kosten (Kaufpreisminderung) als Gesamtkaufpreis.

Die Klin. beantragt sinngemäß,

unter Änderung des GrESt-Bescheides vom 04.03.2004 und unter Aufhebung der EE vom 30.07.2004 die GrESt auf 40.828 EUR festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt der EE vom 30.07.2004 und auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 16.08.2004 zur Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das FA hat in dem angefochtenen GrESt-Bescheid vom 04.03.2004 zutreffend den vertraglich vereinbarten Gesamtkaufpreis in Höhe von 2.115.826,50 EUR als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt. Das FA hat es zu Recht abgelehnt, bei der Höhe der Bemessungsgrundlage (Geld-)Leistungen, die im Zusammenhang mit anderen vertraglichen Regelungen zu erbringen sind, zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass verschiedene Vertragsgegenstände in einem einheitlichen Vertrag geregelt werden - was häufig der Fall ist - führt nicht dazu, dass sämtliche Regelungen dergestalt als Einheit zu sehen sind, dass sie sich im Saldierungswege auf die Höhe des Kaufpreises auswirken. Dies gilt auch für den Fall, dass der Vertrag ohne die vom Verkäufer zu erbringenden zusätzlichen Leistungen nicht vereinbart worden wäre. Bei der GrESt-Festsetzung ist entscheidend, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Erwerb eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der GrESt unterliegt. Bemessungsgrundlage für die GrESt ist die Gegenleistung (§ 9 GrEStG), d. h. alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen aufbringt, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend für die Bemessungsgrundlage ist dabei, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht wurde.

Das Grundstück wurde im vorliegenden Fall als unbebautes und unsaniertes Grundstück (= tatsächlicher Zustand des Grundstücks) zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht. Dies ergibt sich aus § 2 des Kaufvertrages, wonach das Grundstück mit allen Rechten und frei von Schulden und Belastungen jeder Art verkauft worden ist. Gem. § 4 des Vertrages vom 08.04.2003 (neugefasst durch § 3 des Vertrages vom 22.01.2004) ergibt sich ferner, dass das Grundstück auf den Käufer übergeht, wie es beim Vertragsabschluss vorhanden ist. Garantien für Größe, Güte, Boden und Baugrundbeschaffenheit, ... Freiheit von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten i. S. d. Bodenschutzgesetzes wurden nicht übernommen. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln, ... sowie Ausgleichsansprüche gem. Bundesbodenschutzgesetzes waren ausgeschlossen. Sollte der Verkäufer wegen des Zustandes des Kaufgrundstücks rechtlich in Anspruch genommen werden, hatte die Klin. als Käuferin den Verkäufer vollumfänglich freizustellen. Somit wurde das Grundstück, so wie es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorlag, übertragen und nicht etwa ein zukünftig saniertes Grundstück. Soweit das Grundstück Mängel aufweisen sollte, war dies bereits in den vorliegenden vertraglichen Regelungen und damit auch im Kaufpreis berücksichtigt.

Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung. Den Kaufpreis haben hier die Vertragsbeteiligten i. H. v. insgesamt ca. 2.115.826,50 EUR vereinbart.

Der Kaufpreis ist in Übereinstimmung mit dem Bürgerlichen Recht (§ 433 Abs. 2 BGB) das Entgelt für den Kaufgegenstand "Grundstück". Der Kaufpreis muss grundsätzlich in Geld bestehen. Was im Einzelfall Kaufpreis ist, ergibt sich jeweils aus dem Kaufvertrag. Bei der Pflicht zur Kaufpreiszahlung handelt es sich um die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Verpflichtung des Verkäufers stehende Hauptpflicht des Käufers. Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muss, um den Kaufgegenstand zu erhalten. Auf die Bezeichnung durch die Parteien kommt es insoweit nicht an. Hat der Erwerber neben dem eigentlichen Kaufpreis weitere nicht unmittelbar auf Zahlung von Geld gerichtete Leistungen zu erbringen (z. B. Forderungsverzicht oder Eintritt in einen gegenseitigen Vertrag), so können diese als "sonstige Leistungen" im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 Bestandteil der Gegenleistung sein (Sack in Boruttau, GrESt-Kommentar, 16. Auflage, § 9 Rdn. 206, m. w. N.).

Die Hauptpflicht der Klin. ist insoweit eindeutig. Sie hatte nach dem Inhalt des Kaufvertrages einen Kaufpreis i. H. v. ca. 2.115.826,50 EUR zu zahlen. Welche anderen Pflichten die Verkäuferin außer der Verpflichtung, das Eigentum an den Grundstücken zu übertragen, noch zu erbringen hatte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Ebenso unerheblich ist, ob diese von der Verkäuferin zusätzlich zu erbringenden Leistungen derart wichtig waren, dass der Vertrag ohne diese Leistungen nicht geschlossen worden wäre. Bei der Gegenleistung im Sinne des § 9 GrEStG, die gem. § 8 Abs. 1 GrEStG bei der Bemessung der Steuer zugrundezulegen ist, kommt es auf die von der Klin. als Erwerberin zu erbringenden Leistungen an und nicht auf die Leistungen, zu denen sich der Veräußerer zusätzlich verpflichtet. Die Klin. kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, soweit der Veräußerer neben der "Verschaffung" des Grundstücks Leistungen an den Erwerber erbringe, mindere dies die Gegenleistung für das Grundstück. Sie meint, stünden die Leistungen des Veräußerers unmittelbar in Geld oder in der Befreiung von einer Verbindlichkeit, so sei die Gegenleistung um deren Betrag zu kürzen. Die Klin. meint ferner, dieser Grundsatz, der im Gesetz ausdrücklich bei der Bemessung der Gegenleistung von Zwischengeschäften gem. § 9 Abs. 1 Nr. 5 und 6 GrEStG geregelt sei, gelte über den gesetzlich geregelten Fälle hinaus, da er aus dem Begriff der Gegenleistung resultiere. Diese Auffassung ist unzutreffend. Wenn der Gesetzgeber derartiges gewollt hätte, hätte er in § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG hineinschreiben müssen, dass von dem von dem Erwerber zu zahlenden Kaufpreis gleichzeitig in dem Kaufvertrag vereinbarte Geldleistungen des Verkäufers an den Käufer, zu denen sich der Verkäufer in dem Kaufvertrag aus bestimmten Gründen verpflichtet hat, abzuziehen sind. Da dies der Gesetzgeber nicht getan hat, sind derartige Geldleistungen allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die Vertragsbeteiligten ausdrücklich in dem Kaufvertrag festgelegt haben, dass sich evtl. Geldleistungen des Veräußerers an den Erwerber den vereinbarten Kaufpreis entsprechend mindern sollten. Eine derartige Vereinbarung haben die Vertragsbeteiligten im vorliegenden Fall gerade nicht getroffen. Es kann hierbei dahinstehen, aus welchem Grunde eine derartige Kaufpreisminderung, wenn sie von den Vertragsbeteiligten gewollt gewesen sein sollte, nicht getroffen worden ist. Die Klin. meint, dies sei aus politischen Gründen nicht gemacht worden. Dies ist unerheblich. Genauso wenig kommt es darauf an, dass die von den Vertragsbeteiligten getroffenen Regelungen wirtschaftlich im Ergebnis sich dahingehend auswirken, dass der gezahlte Kaufpreis der Stadt C als Veräußerin nicht in voller Höhe verbleibt. Hierauf kommt es rechtlich nicht an, weil es sich bei den vereinbarten Leistungen der Veräußerin nicht um eine Kaufpreisminderung, sondern rechtlich um der Kaufpreisforderung gegenüberstehende selbständige Verpflichtungen handelt. Wenn die Vertragsbeteiligten im vorliegenden Fall eine Kaufpreisminderung gewollt hätten, hätten sie dieses unschwer in die Verträge aufnehmen können.

Dass die Vertragsbeteiligten keine Minderung des Kaufpreises wollten, ergibt sich auch aus der Regelung in § 9 e des Vertrages vom 08.04.2003. Danach war bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück ganz oder teilweise lasten- und schuldenfrei zu den in § 5 genannten Kaufpreis ... wieder zu kaufen. Dieser Kaufpreis betrug gem. § 4 des Vertrages vom 22.01.2004, womit § 5 Abs. 1 des Kaufvertrages vom 08.04.2003 neugefasst worden ist, ca. 2.115.826,50 EUR und nicht etwa ein um 949.301 EUR geminderter Kaufpreis.

Die Klin. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das vertragsgegenständliche Grundstück sei nach Meinung aller Vertragsparteien mit einem wesentlichen baulichen Mangel behaftet gewesen, der den Wert des Grundstücks erheblich gemindert habe. Der sich unter Berücksichtigung dieses Mangels ergebende tatsächliche Verkehrswert habe auch im Ergebnis zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden sollen. Anstelle eines dem tatsächlichen Verkehrswert entsprechenden Bar-Kaufpreises sei jedoch ein überhöhter Bar-Kaufpreis (ohne Berücksichtigung des Mangels) und die Übernahme vertraglich bestimmter Kosten durch die Veräußerin vereinbart worden.

Bemessungsgrundlage beim Kauf ist grundsätzlich der Wert der Gegenleistung und nicht der Wert (Verkehrswert) des Grundstücks. Die vereinbarte Gegenleistung ist daher für die Besteuerung auch dann maßgeblich, wenn sie - und sei es erheblich - von dem Wert des Grundstücks abweicht. Auf die wirtschaftlichen und sonstigen Beweggründe der Vertragsbeteiligten, die die Höhe des vereinbarten Kaufpreises bestimmt haben, kommt es nicht an, sondern allein darauf, was nach dem Inhalt der Vereinbarungen rechtlich Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks ist (BFH-Urteil vom 05.03.1997 II R 81/94 BFH/NV 1997, 613).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.



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