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Gericht: Finanzgericht Münster
Beschluss verkündet am 12.06.2007
Aktenzeichen: 8 V 882/07 E
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 17
FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 V 882/07 E

Tenor:

Die Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 wird ab Fälligkeit bis einen Monat nach Entscheidung über den gegen den Bescheid eingelegten Einspruch oder dessen anderweitiger Erledigung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus diesem Änderungsbescheid gegenüber dem zuvor ergangenen Einkommensteuerbescheid 2000 vom 26.04.2004 ergebenden Mehrbeträge ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Zu entscheiden ist, ob Aussetzung der Vollziehung (AdV) wegen des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 deshalb zu gewähren ist, weil der Antragsgegner (das Finanzamt FA) in diesem Bescheid u. a. davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin (Astin.) durch die Einbringung der Anteile an der F Ag in N, AStraße 111 (im Folgenden: FAG) in die I Vermögensverwaltungs GmbH (StNr. XXX/XXXX/XXXX1), U (im Folgenden: I GmbH) eine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) veräußert habe.

Die Antragsteller (Ast.) sind seit dem 24.06.2000 verheiratet und werden im Streitjahr 2000 (unter der StNr. XXX/XXXX/XXXX2) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Ast. bezieht als Geschäftsführer der F-AG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem haben die Ast. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus verschiedenen Beteiligungen und Einkünfte aus Kapitalvermögen u. a. wegen verschiedener Wertpapier- und Aktiengeschäfte.

Das FA veranlagte die Ast. mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 31.10.2002 zunächst erklärungsgemäß nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In einer Anlage "Einkünfte aus Kapitalvermögen" zur Einkommensteuererklärung hatte die Astin. u. a. Einkünfte aus einer Fa. F GmbH, B-Straße 71, N (StNr. XXX/XXXX/XXXX3), in Höhe von 40.941,43 DM erklärt und eine entsprechende Steuerbescheinigung beigefügt. Außerdem gab sie bei den Einnahmen Zinsen aus Anteilsverkauf an der F GmbH in Höhe von 16.288,88 DM an. In einer weiteren Anlage wurden die Zinsen, die auf die insgesamt 12 Darlehensnehmer entfielen, im Einzelnen erläutert.

Das FA bat die Ast. mit Schreiben vom 17.10.2002 um einige Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung 2000, u. a. wegen der in der Anlage SO angegebenen Gewinne und Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften. Unter 4. dieses Schreibens führte das FA aus:

"Bitte erläutern Sie näher, worum es sich bei den Zinsen, der Frau NS anlässlich des Anteilsverkaufs an der F GmbH handelt und weisen Sie die Höhe nach. Wie hoch sind die ursprünglichen gegebenen Darlehen, wie hoch der momentane Stand? In 2000 sind zwei neue Schuldner hinzugekommen. Wurden weitere Anteile an der GmbH veräußert?"

Die Ast. teilten mit Schreiben vom 30.01.2003 dem FA u. a. zu Punkt 4. Folgendes mit:

"Frau NS hat Anteile an der F GmbH in 1998 veräußert. Um den Käufern die Bezahlung zu ermöglichen, hat sie ihnen in Höhe der Bezugspreise ein Darlehen gewährt, für die in der Regel neben der Tilgung auch Zinsen zu zahlen waren. Inzwischen sind alle Darlehen mit einer Ausnahme zurückgeführt worden. Die Restvaluta per 31.12.2002 beläuft sich 42.686,72 DM."

Außerdem führten die Ast. die Namen der Darlehensgeber, die Darlehensbeträge sowie den Zinssatz im Einzelnen auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens vom 30.01.2003 verwiesen.

In dem Einkommensteueränderungsbescheid 2000 vom 08.04.2003 setzte das FA die Einkommensteuer 2000 wie schon im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2000 vom 31.10.2002 auf 27.071,88 EUR (= 52.948 DM) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

In dem gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2000 vom 26.04.2004 sah das FA einen die im Jahr 2000 gezahlte Kirchensteuer übersteigenden Betrag der erstatteten Kirchensteuer im Veranlagungszeitraum 2002 in Höhe von 6.045 DM als rückwirkendes Ereignis für den Veranlagungszeitraum 2000 an und kürzte bei der Einkommensteuer 2000 die unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben um 6.045 DM. Über den hiergegen eingelegten Einspruch vom 19.04.2004 hat das FA noch nicht entschieden.

Im Jahr 2006 wurde bei der Astin. eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Prüfung erstreckte sich auf den Vorgang der Einbringung der Anteile der Astin. an der F-AG in die I GmbH.

Unter Punkt 2.1 stellte der Prüfer Folgendes fest:

"Frau NS hat im Rahmen einer Sachgründung zum 26.05.2000 ihre Anteile an der F-AG in die I GmbH (XXX/XXXX/XXXX1) eingebracht. Die Einbringung der Anteile erfolgt zum Teilwert.

Im Zeitpunkt der Einbringung war Frau NS an der F-AG in Höhe von 3,3 % beteiligt. In 1998 umfasst ihr Anteil noch 24,41 %.

Im Zeitpunkt der Einbringung (26.05.2000) galt als wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 EStG ein Anteil von mindestens 10 %. Frau NS war in 1998 noch zu 24,41 % beteiligt. Im Zeitpunkt der Einlage war sie zwar zu weniger als 10 % beteiligt, jedoch hatte innerhalb der letzten 5 Jahre eine wesentliche Beteiligung von mindestens 10 % bestanden.

Die im Rahmen der Einbringung aufgedeckten stillen Reserven sind noch als Einkünfte gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen.

Einlagewert der Anteile 1.119.552,30 DM abzgl. Abschaffungskosten 18.540,90 DM Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG 1.101.011,40 DM."

Das FA erließ daraufhin den gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommen steueränderungsbescheid 2000 vom 05.01.2007 und berücksichtigte darin für die Astin. die 1.101.011 DM bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb als Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG, den es gemäß § 34 Abs. 1 EStG der Besteuerung unterwarf. Dies führte zu von den Ast. zu zahlenden Mehrbeträgen für ESt, KiSt, SolZ und Zinsen zur ESt i. H. v. ingesamt 406.664,90 Euro.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruches trugen die Ast. vor, aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Betriebsprüfung bei der Astin. sei ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt worden. Wie auch schon im Prüfungsbericht beschrieben, sei die Astin. - jedenfalls bezogen auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum, in dem sie beteiligt gewesen sei - zu keiner Zeit an der F-AG wesentlich beteiligt gewesen. Diese nicht wesentliche Beteiligung sei im Wege der Sachgründung zum 26.05.2000 in die I GmbH zum Teilwert eingebracht worden. Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 17 EStG zum 01.01.1999 und einer rückwirkenden Betrachtung soll nun diese Einbringung mit Steuern belastet werden. Daher hätten bereits mehrere Finanzgerichte entschieden, aus verfassungsrechtlichen Gründen müsse für die Frage der wesentlichen Beteiligung während der letzten 5 Jahre immer auf die in dem jeweiligen früheren Jahr geltende Beteiligungsgrenze abgestellt werden. Der BFH habe dies anders gesehen, so dass zur Zeit ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Az.: 2 BvR 748/05 anhängig sei. Aus diesem Grunde bäten sie um Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG.

Gleichzeitig beantragten sie AdV des angefochtenen Steuerbescheides, da ansonsten ihre Existenz vernichtet würde und bei einem ggfl. positiven Entscheid des Verfassungsgerichts dieses auch nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Hilfsweise baten sie um Stundung bzw. Vollstreckungsaufschub.

Das FA, das über den Einspruch noch nicht entschieden hat, lehnte den AdV-Antrag mit Bescheid vom 13.02.2007 ab. Es meinte, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (§ 361 Abs. 2 AO).

Mit Urteil vom 01.03.2005 VIII R 25/02 BStBl. II 2005, 436 habe der BFH entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beteiligung "innerhalb der letzten fünf Jahre" i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 nicht für jeden abgeschlossenen Veranlagungszeitraum nach der jeweils geltenden Beteiligungsgrenze i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG zu bestimmen sei, sondern sich nach der im Jahr der Veräußerung geltenden Wesentlichkeitsgrenze richte. Diese Regelung sei auch verfassungsgemäß. Wegen der Einzelheiten der Begründung werde auf dieses Urteil Bezug genommen. Unter Beachtung dieser Grundsätze würden keinen ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestehen. Es sprächen daher keine Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes.

Den Antrag auf Stundung bzw. Vollstreckungsaufschub lehnte das FA ebenfalls ab (Bescheid vom 12.02.2007). Es meinte, in dem allgemeinen Hinweis auf die finanzielle Situation sehe es keinen Grund für eine Stundung und damit für eine Verschiebung der Fälligkeit. Ob persönliche Stundungsgründe im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen könnten, vermöge es zu prüfen, wenn die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse eingehend dargelegt würden. Die bisherige Antragsbegründung lasse die gebotene Prüfung der Ursache und des Umfangs evtl. möglicher Liquiditätsschwierigkeiten nicht zu, zumal auf die finanzielle Lage bisher lediglich mit dem Hinweis auf eine schwierige finanzielle Lage eingegangen worden sei. Für die Beurteilung persönlicher Stundungsgründe sei es zwingend erforderlich, dass nachgewiesen oder zumindest glaubhaft dargelegt würde, aufgrund welcher besonderer Umstände zur Zeit Mittel zur Tilgung der Steuern nicht vorhanden seien und auch nicht in zumutbarer Weise beschafft werden könnten. Eine detaillierte Vermögensübersicht über die vorhandenen Vermögenswerte liege dem FA bisher nicht vor. Ergänzend wies das FA darauf hin, dass es der Astin. zuzumuten sei, für den Fall, dass die pünktliche Abdeckung von Steuerschulden aus verfügbaren eigenen Mitteln nicht möglich sei, zur Begleichung der Steuerverbindlichkeiten einen Kredit aufzunehmen oder zweifelsfrei vorhandene Vermögenswerte zu beleihen bzw. zu verwerten.

Die Ast. begehren nunmehr bei Gericht AdV des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007, soweit ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG für die Sachgründung zum 26.05.2000 in Höhe von 1.101.011,40 DM angesetzt worden ist.

Sie meinen, an der durch das FA zugrunde gelegten Rechtsansicht des VIII. Senats des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 01.03.2005 VIII R 25/02 BStBl. II 2005, 436, Verfassungsbeschwerde eingelegt: BVerfG 2 BvR 748/05; vom 01.03.2005 VIII R 92/03 BStBl. II 2005, 398, Verfassungsbeschwerde eingelegt: BVerfG 2 BvR 753/05; vom 10.08.2005 VIII R 22/05 BFH/NV 2005, 2188, Verfassungsbeschwerde eingelegt: BVerfG 2 BvR 1738/05) bestünden begründete rechtliche Zweifel, die eine AdV erforderlich machen würden. Nach den zitierten Urteilen des VIII. Senats des BFH solle die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von 25 % auf 10 % und die damit verbundene Erfassung von in der Vergangenheit gebildeten Reserven grundsätzlich verfassungsgemäß sein.

Nach der von ihnen, den Ast., vertretenen Rechtsauffassung sei § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Weise auszulegen, dass es für die Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze vor 1999 allein auf die im zurückliegenden Veranlagungszeitraum jeweils maßgebliche Relevanzgrenze ankomme. Diese Auffassung werde von der ganz herrschenden Ansicht der Finanzgerichte, der Literatur, aber auch der Mitglieder anderer Senate des BFH vertreten. Die Rechtsfrage sei in mehreren Verfahren vom BVerfG zur Entscheidung angenommen worden. Lege man die von ihnen vertretene Rechtsansicht zugrunde, sei die Einbringung der Aktien der Astin. im Jahre 2000 steuerfrei erfolgt.

Der 8. Senats des Finanzgerichts Münster habe - zutreffend - durch Urteil vom 31.03.2004 entschieden, dass für Veräußerungen von Beteiligungen ab dem Jahr 1999 für die Frage, ob in den fünf Jahren vor der Veräußerung eine wesentliche Beteiligung in den Zeiträumen vor 1999 vorgelegen habe, die bis zu diesem Zeitpunkt gesetzlich festgelegte Wesentlichkeitsgrenze von mehr als 25 % bestehe (Finanzgericht Münster Urteil vom 31.03.2004 8 K 7113/01 F, Revision beim BFH anhängig VIII R 50/04, EFG 2004, 1616 ff).

Die Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze ab dem 01.01.1999 auf 10 % begründe nach Ansicht des Finanzgerichts Münster bei verfassungskonformer Auslegung keine Steuerpflicht nach § 17 EStG, wenn in den Jahren vor 1999 die bis dahin geltende Wesentlichkeitsgrenze von 25 % nicht überschritten worden sei. Gegen eine reine Wortlautauslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 und 4 EStG, nach der die ab 1999 geltende 10 %-Grenze zurückwirke, spräche, dass der Gesetzgeber die Relevanzschwelle erst ab dem 01.01.1999 herabgesetzt habe.

Diese Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster sei ganz überwiegend durch andere Finanzgerichte bestätigt worden.

Diese Auslegung sei - so übereinstimmend die Finanzgerichte - aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Nur hierdurch werde gewährleistet, dass die einkommensteuerliche Qualifikation der wesentlichen Beteiligung nicht nachträglich belastend verändert würde. Der Gesetzgeber habe zwar mit der ab 1999 geltenden Gesetzesänderung in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG die Wesentlichkeitsgrenze auf 10 % herabgesetzt. Gleichwohl sei aber für die bis dahin verwirklichten Veranlagungszeiträume die Wesentlichkeitsgrenze gerade nicht verändert worden.

§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der geänderten Fassung gelte nach § 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 erst ab dem Veranlagungszeitraum 1999. Bei gegenteiliger Auffassung werde gleichsam unterstellt, der Gesetzgeber habe für alle Beteiligungsverkäufe ab dem Jahre 1999 mit der neuen Wesentlichkeitsgrenze von 10 % zugleich auch die früher geltende Wesentlichkeitsgrenze von 25 % herabsetzen wollen. Zudem bleibe der Hauptzweck der 5-Jahresfrist, einen Gestaltungsmissbrauch durch gezielte, sukzessive Veränderung des Beteiligungsanteils vor einem Verkauf zu bekämpfen, bei verfassungskonformer Auslegung gewahrt. Denn der Steuerpflichtige könne seine Beteiligungsverhältnisse vor 1999 nicht mehr nachträglich ändern (Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 31.03.2004, a. a. O.).

Der VIII. Senat des BFH habe in Abweichung der zitierten finanzgerichtlichen Rechtsprechung entschieden. Nach dessen Urteilen vom 01.03.2005 und vom 10.08.2005 sei die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von 25 % auf 10 % und die damit verbundene Erfassung von in der Vergangenheit gebildeten Reserven grundsätzlich verfassungsgemäß. Diese Urteile würden allein die Rechtsauffassung des VIII. Senats des BFH widerspiegeln. Die höchstrichterliche Meinungsbildung sei bisher nicht abgeschlossen. Erst recht liege keine ständige Rechtsprechung vor. Im Gegenteil: die Ansicht des VIII. Senats des BFH stehe in offenem Widerspruch zu den Meinungen der Mitglieder anderer Senate. Führend kommentierende Bundesfinanzrichter würden auch nach dem Ergehen der Entscheidungen des VIII. Senats des BFH bei der Ansicht bleiben, für die Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze vor 1999 komme es allein auf die im zurückliegenden Veranlagungszeitraum jeweils maßgebliche Relevanzgrenze an.

Nach Ansicht von Gosch - Vorsitzender des I. Senats des BFH - Weber-Grellet - Mitglied des XI. Senats und Wendt als Mitglied des IV. Senats sei das Merkmal der "wesentlichen Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre" verfassungskonform auszulegen und für die Zeiträume vor 1999 die Beteiligungsgrenze von 25 % zugrunde zu legen. Kritisch in dieser Hinsicht habe sich auch Schneider - Mitglied des VI. Senats des BFH - geäußert.

Die Stellungnahmen von Gosch und Weber-Grellet seien zeitlich nach der Veröffentlichung der Urteile des VIII. Senats ergangen. Von einer einheitlichen oder gar ständigen Rechtsprechung i.S.d. Entscheidung des VIII. Senats könne in der Folge nicht die Rede sein.

In einem rechtlich vergleichbar gelagerten Fall habe der IX. Senat des BFH die Ansicht geäußert, die rückwirkende Steuerverstrickung von Gegenständen - dort Verlängerung der privaten Spekulationsfrist von Grundstücken - begegne schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel (BFH-Beschluss vom 05.03.2001 IX B 90/00 BStBl. II 2001, 405).

Ähnlich meine der II. Senat des BFH, die nachträgliche Verschlechterung von Rechtspositionen durch Rückwirkung von Steuerverstrickungszeiträumen stelle einen einschneidenden und daher verfassungskonform zu begrenzenden Eingriff in die Erwartung der betroffenen Steuerpflichtigen dar, so dass der getätigte Anteilserwerb steuerfrei bleibe (BFH-Urteil vom 08.11.2000, II R 64/98 BStBl. II 2001, 422).

Die Ansicht des VIII. Senats des BFH zur Rückwirkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG stelle sich auch im Vergleich zum Meinungsbild im Schrifttum als krasse Mindermeinung dar. Die von ihnen, den Ast., vertretene Rechtsansicht, dass das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre für jeden abgeschlossenen Veranlagungszeitraum nach der in diesem Veranlagungszeitraum jeweils geltenden Beteiligungsgrenze zu bestimmen sei, werde fast ausnahmslos sowohl von der Kommentarliteratur als auch von der Aufsatzliteratur gestützt.

Die Richtigkeit der Entscheidungen des VIII. Senats des BFH müsse daher als rechtlich zweifelhaft eingestuft werden. Entsprechende Verfassungsbeschwerden hierzu seien zur Entscheidung angenommen worden. Aus diesem Grunde sei die AdV des angefochtenen Einkommensteuerbescheides zu verfügen.

Die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 21.06.2006 sei auch verfahrensrechtlich ernstlich zweifelhaft. Es bestünden begründete Zweifel, ob die Voraussetzungen zur Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 26.04.2006 durch den Bescheid vom 04.01.2007 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgelegen haben.

Für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO fehle es an der grundlegenden Voraussetzung einer neuen Tatsache. Ändere das FA einen bestandskräftigen Steuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, so trage es nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen die objektive Feststellungslast dafür, dass die für die Änderung des Bescheids erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen würden, insbesondere dafür, dass diese neu seien.

§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO setze im Tatbestand das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen voraus. Die zur Sachentscheidung berufene Stelle in der Finanzbehörde dürfe die Tatsache im Zeitpunkt des Erlasses des zu ändernden Bescheids nicht gekannt haben. Die fehlende Kenntnis sei eine negative Tatsache. Vergleichbar mit der zivilprozessualen sekundären Darlegungslast treffe den Steuerpflichtigen eine gesteigerte Mitwirkungsobliegenheit allein bei besonderer Beweisnähe. Die Frage der Kenntnis einer Tatsache durch die zur Entscheidung berufenen Beamten sei eine innere Tatsache, die der Natur der Sache nach ganz vorrangig in die Beweissphäre des FA falle. Dem FA obliege es, die in dem Änderungsbescheid konkret neuen Tatsachen zu benennen, § 364 AO . Dies habe es bislang nicht getan. In dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 05.01.2007 werde lediglich erläutert, dass der Festsetzung die Ergebnisse der bei den Ast. durchgeführten Prüfung zugrunde liegen würden. In dem in Bezug genommenen Außenprüfungsbericht vom 12.10.2006 werde in tatsächlicher Hinsicht allein der - unstreitige - Einbringungsvorgang beschrieben. Zu der Frage, wann das FA Kenntnis von den die Änderung tragenden Tatsachen erlangt habe, würden keine Feststellungen getroffen. Schon dieser Umstand für sich genommen begründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Einkommensteuerbescheides vom 05.01.2007, die eine AdV rechtfertigen würde.

Zum Kenntnisstand des FA meinen die Ast., die Kenntnis ergebe sich zum Einen durch Übersendung der notariellen Verträge nach § 54 EStDV. Der zuständige Sachbearbeiter des FA habe zudem weit vor dem Erlass des vorletzten Einkommensteuerbescheides tatsächliche Kenntnis von der Sacheinbringung der Anteile durch die Astin. in die F-AG gehabt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des letzten ändernden Einkommensteuerbescheides 2000 vom 05.01.2007 seien diese Tatsachen daher nicht mehr neu gewesen. Die Unterlagen seien schon im Jahr 2000 kraft der notariellen Mitteilungspflicht nach § 54 EStDV an die Finanzverwaltung übermittelt worden. Danach hätten Notare dem Betriebsstättenfinanzamt der Kapitalgesellschaft, deren Anteile übertragen würden, binnen zwei Wochen nach der Beglaubigung eine Abschrift aller beglaubigten Urkunden zu übersenden, die die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand hätten. Gleiches gelte bei Gründung einer Kapitalgesellschaft.

Die I GmbH sei im Streitjahr beim FA steuerlich geführt worden (StNr.: XXX/XXXX/XXXX1). Dem FA seien sämtliche für den Einbringungsvorgang relevanten Verträge daher schon im Jahr 2000 übermittelt worden. Bei typischen Geschehensablauf sei davon auszugehen, dass der für die I GmbH zuständige Sachbearbeiter dem für die Ast. zuständigen Sachbearbeiter den Einbringungsvorgang durch Kontrollmitteilung oder in sonstiger Form mitgeteilt habe. Für den Beweis des Gegenteiles trage allein das FA die Feststellungslast.

Die Kenntniserlangung ergebe sich auch aufgrund des Fragenkataloges vom 05.07.2000. Durch Schreiben vom 05.07.2000 habe der zuständige Sachbearbeiter für die I GmbH sie, die Ast., zur Beantwortung eines umfangreichen Fragenkataloges zur Sachgründung am 26.05.2000 aufgefordert (Hinweis auf Anlage 7 des Schriftsatzes der Ast. vom 01.03.2007). Das FA habe die angeforderten Unterlagen benötigt - so das FA - um prüfen zu können, ob eine Steuerpflicht i.S.d. Einkommensteuer- und des Gewerbesteuerrechts bestehe. Die Angaben und ggfl. die Angaben für den Ehegatten und für die Kinder würden auch zur Festsetzung der zutreffenden Einkommensteuer- und Gewerbesteuervorauszahlungen verwendet.

Die angeforderten Unterlagen habe die Steuerberaterin der Ast., Frau L, mit Datum vom 10.10.2000 übersandt (Hinweis auf Anlage 8 zum Schriftsatz der Ast. vom 01.03.2007).

Auf Seite 2 des Fragenbogens sei angekreuzt gewesen, dass das Unternehmen der I GmbH durch Sachgründung entstanden sei. Der Sachgründungsbericht, aus dem sich die Einbringung der Aktien durch die Astin. ergeben habe, sei ausweislich des Kreuzes auf Seite 3 dem Fragebogen beigefügt gewesen. Zudem sei erklärt worden, dass die Sacheinlagen aus dem Privatvermögen stammen würden.

Der Sachbearbeiter des FA, der nach eigener Auskunft die Einkommensteuerpflicht des Sachgründungs- und Einbringungsvorganges der Ast. habe prüfen wollen, habe damit Kenntnis von sämtlichen steuerrelevanten Tatsachen des Einbringungsvorganges gehabt. Ab dem 10.10.2000 seien diese Tatsachen aus seiner Sicht nicht mehr neu gewesen.

Die Kenntniserlangung des FA ergebe sich im Übrigen durch das Telefonat am 23.08.2002. In diesem Telefonat habe die Sachbearbeiterin des FA, Frau W, wegen der Einzelheiten der Sachgründung der I GmbH angefragt. Die Steuerberaterin der Ast., Frau L, habe Frau W darauf hingewiesen, dass es sich bei der Einbringung um eine Sachgründung gehandelt habe. Aus diesem Grunde hätten die Einlage und die Kapitalrücklage nicht durch Zahlungsnachweise nachgewiesen werden können. Frau W habe bestätigt, dass ihr der Gesellschaftsvertrag vorliegen würde. Sie habe eine hausinterne Abklärung des Einbringungsvorganges zugesichert (Hinweis auf Aktennotiz der Frau L, Anlage 9 zum Schriftsatz der Ast. vom 01.03.2007).

Die Kenntniserlangung des FA ergebe sich außerdem durch die Prüffeldabfrage vom 17.10.2002. Mit Schreiben vom 17.10.2002 habe die für die Ast. zuständige Sachbearbeiterin, Frau K, hinsichtlich der Einkommensteuer 2000 angefragt, worum es sich bei den Zinsen anlässlich des Anteilsverkauf an der F-AG handele. Es seien u. a. Informationen zu sämtlichen getätigten privaten Veräußerungsgeschäften im Jahr 2000 sowie eine Zusammenstellung aller getätigten Käufe und Verkäufe des Veranlagungsjahres nach beiliegenden Muster angefordert worden (Hinweis auf Schreiben vom 17.10.2002, Anlage 10 zum Schriftsatz der Ast. vom 01.03.2007).

Die angeforderten Informationen und Unterlagen seien dem FA fristgerecht übermittelt worden.

Das Schreiben vom 17.10.2002 habe einer umfassen Überprüfung der innerhalb eines vom FA definierten schwerpunktmäßigen "Prüffeldes" gedient. Dieses Prüffeld habe sich im Streitfall auf steuerpflichtige Veräußerungsvorgänge von Wertpapieren aus dem Privatvermögen fokussiert. Es könne davon ausgegangen werden, dass die zuständige Sachbearbeiterin Frau K zur Auswertung alle amtsintern verfügbaren Unterlagen, insbesondere auch diejenigen des Veranlagungsbezirks der I GmbH zum Einbringungsvorgang herangezogen habe.

Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid sei sodann am 31.10.2002 in Kenntnis der beschriebenen Tatsachen ergangen. Er sei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen worden und durch den Änderungsbescheid vom 08.04.2003 korrigiert worden. Nach den Erläuterungen im Bescheid vom 08.04.2003 hätten die Änderungen auf den nachträglich gemachten Angaben zu den Einkünften aus Wertpapierveräußerungsgeschäften beruht. Der Vorbehalt der Nachprüfung sei aufgehoben worden. Ersichtlich sei der zuständige Sachbearbeiter des FA nunmehr davon ausgegangen, sämtliche steuerrelevanten Tatsachen, die Wertpapiergeschäfte und insbesondere den Einbringungsvorgang im Jahr 2000 abschließend geprüft zu haben.

Die Kenntniserlangung des FA ergebe sich außerdem durch das Auskunftsverlangen vom 10.02.2004. Mit diesem Schreiben habe das FA N, das für die F-AG zuständig sei, verschiedene Kopien von Kaufverträgen angefordert. Aus dem Anschreiben ergebe sich, dass dem FA der Einbringungsvertrag vom 26.05.2000 vorgelegen habe ("(...) die restlichen Anteile wurden lt. Vertrag vom 26.05.2000 in die Fa. I GmbH im Wege der Sachgründung eingelegt."), Hinweis auf Anlage 13 zum Schriftsatz der Ast. vom 01.03.2007.

Es könne unterstellt werden, dass das FA N den zuständigen Veranlagungsbezirk beim Ag. entsprechende Mitteilung über die Einbringungsvorgänge zur weiteren Auswertung habe zukommen lassen. Für die gegenteilige Tatsache der unterlassenen Mitteilung trage allein der Antragsgegner (Ag.) die Feststellungslast.

Das FA habe die begründeten Zweifel an den Voraussetzungen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entkräftet.

Die Behauptung des FA, der zuständige Sachbearbeiter habe erst nach Abschluss der Betriebsprüfung im Jahre 2006 Kenntnis von der Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse in den Jahre 1998 bis 2000 und von der Einbringung im Jahr 2000 erlangt, sei nicht glaubhaft gemacht. Die Pflicht zur Glaubhaftmachung steuererhöhender Tatsachen und Beibringung entsprechender Beweismittel treffe nach den allgemeinen Beweislastregeln allein das FA. Dem FA obliege die glaubhafte Darlegung, dass der für die Ast. zuständige Bearbeiter jeweils im Zeitpunkt des Erlasses eines jeden für das Jahr 2000 ergangenen Bescheids, der zeitlich dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid vorangehe, keine Kenntnis von dem Einbringungsvorgang im Jahr 2000 und der Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse in den Jahren 1998 und 1999 gehabt habe. Irrtümer des Sachbearbeiters über die rechtliche Würdigung dieser Tatsachen seien hierbei bedeutungslos.

Der angefochtene Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2000 sei am 05.01.2007 ergangen. Zuvor seien bereits der Erstbescheid vom 31.10.2000 sowie Änderungsbescheide am 08.04.2003 und am 26.04.2004 erlassen worden. Für jeden dieser Erlasszeitpunkte treffe das FA die Pflicht zur Glaubhaftmachung.

Immerhin sei unstreitig geblieben, dass dem für die I GmbH zuständigen Sachbearbeiter beim FA (StNr.: XXX/XXXX/XXXX1) die relevanten Einbringungs- und Veräußerungsverträge frühzeitig vorgelegen hätten. Umso mehr wäre zur Entkräftung ernstlicher Zweifel eine dezidierte Darstellung und lückenlose Dokumentation der Unkenntnis des Sachbearbeiters durch das FA erforderlich gewesen. Ein Informationsaustausch zwischen beiden Veranlagungsbezirken desselben FA liege nahe und sei nicht unüblich.

Der Ag. habe - wie oben ausgeführt - auf vielfältige Weise weit vor dem Erlass des vorletzten ändernden Einkommensteuerbescheides 2000 vom 26.04.2004 Kenntnis von den steuerrelevanten Tatsachen im Zusammenhang mit der Einbringung am 26.05.2000 erlangt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des letztmaligen Änderungsbescheides zur Einkommensteuer 2000 vom 05.01.2007 seien diese Tatsachen daher nicht mehr neu gewesen. Die unterbliebene Berücksichtigung des Einbringungsvorgangs in den vorhergehenden Steuerbescheiden könne in der Folge nur auf einer von der heutigen Rechtsauffassung abweichenden Ansicht des Ag. beruht haben. Die Änderung einer Rechtsansicht erfülle nicht die Voraussetzungen einer Korrekturmöglichkeit nach der AO für bestandskräftige Bescheide. Es würden aus diesem Grund begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 2000 bestehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Ast. vom 01.03.2007 nebst Anlagen und vom 16.04.2007 verwiesen.

Die Ast. beantragen,

den geänderten Einkommensteuerbescheid 2000 vom 05.01.2007 (StNr.: XXX/XXXX/XXXX2) ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen, soweit ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG für die Sachgründung zum 26.05.2000 in Höhe von 1.101.011,40 DM angesetzt worden sei.

Das FA beantragt,

den Antrag auf AdV zurückzuweisen.

Es meint, nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen, auf den Akteninhalt beschränkten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage seien keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit Einspruch vom 19.05.2004 angefochtenen Bescheides vom 26.04.2004 bzw. des geänderten Bescheides vom 05.01.2007 erkennbar. Der am 02.02.2007 eingelegte Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 05.01.2007 sei unzulässig, weil der Einspruch vom 19.05.2004 noch nicht erledigt sei. Der geänderte Bescheid vom 05.01.2007 sei gemäß § 365 Abs. 2 AO Gegenstand des Verfahrens geworden.

Zur Rückwirkung der Wesentlichkeitsgrenze meint das FA, in dem Urteil vom 01.03.2005 VIII R 25/02 a. a. O. habe der BFH ausgeführt, dass bei der Beurteilung der Frage, ob innerhalb der letzten fünf Jahre eine wesentliche Beteiligung bestanden habe, auf die im Zeitpunkt der Veräußerung gültige Wesentlichkeitsgrenze abzustellen sei. Er habe damit die Verwaltungsauffassung lt. R 17 Nr. 2 EStR 2005 bestätigt.

Die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von bisher 25 v. H. auf 10 v. H. in § 17 Abs. 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 und die damit verbundene Erfassung von der in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven sei jedenfalls dann verfassungsgemäß, wenn die Veräußerung - wie im Streitfall - erst nach dem Gesetzesbeschluss im Bundestag am 04.03.1999 vorgenommen worden sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 01.03.2005 VIII R 92/03 a. a. O.). In diesen Fällen sei lediglich von einer unechten Rückwirkung auszugehen, die nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Der VIII. Senat des BFH verneine insoweit verfassungsrechtliche Bedenken.

Zum Vorliegen einer neuen Tatsache meint das FA, es habe sich zu Recht im Einkommensteuerbescheid vom 05.01.2007 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt. Nach dieser Vorschrift seien Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt würden, die zu einer höheren Steuer führen würden. Der Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG in Höhe von 1.101.011,40 DM sei erst durch den Betriebsprüfer im Rahmen der Außenprüfung in der zutreffenden Höhe festgestellt worden. Die Veräußerung bzw. Einbringung der Anteile an der F-AG in die I GmbH durch die Astin. stelle eine Tatsache im Sinne des § 173 AO dar. Die Tatsache, dass die Astin. im Streitjahr 2000 an der F-AG in Höhe von 3,3 %, in 1998 jedoch zu 24,41 % beteiligt gewesen sei und daher im Zeitpunkt der Einbringung der Anteile zwar zu weniger als 10 %, jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre eine wesentliche Beteiligung von mindestens 10 % bestanden habe, sei erst während der Betriebsprüfung (Prüfungsbeginn: 15.08.2006) dem FA bekannt geworden. Der Betriebsprüfer habe am 13.06.2006 die Akten der Fa. F-AG (StNr.: XXX/XXXX/XXXX4) persönlich beim FA N abgeholt und am 06.07.2006 zurückgegeben (Hinweis auf Kopie der Fehlmappe für die ausgegebenen Akten).

Für die Frage der Neuheit einer Tatsache komme es nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auf die Kenntnis der zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Dienststelle an. Bekannt sei der zuständigen Dienststelle der Inhalt der dort geführten Akten.

In dem Bescheid vom 08.04.2003 sei der Vorbehalt der Nachprüfung nach Prüfung der Einkünfte aus den Wertpapierveräußerungsgeschäften aufgehoben worden. Zu diesem Zeitpunkt habe der zuständige Bearbeiter keine Kenntnis davon haben können, dass die Astin. einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG aus den Anteilen der F-AG erzielt gehabt habe.

Zwar hätten dem Veranlagungsbezirk der Fa. I GmbH (StNr. des FA: XXX/XXXX/XXXX1) - nicht dem Veranlagungsbezirk für die Einkommensteuer der Ast. (StNr. des FA: XXX/XXXX/XXXX3) - die für den Einbringungsvorgang relevanten Verträge vorgelegen. Daraus habe aber weder der für die I GmbH zuständige Veranlagungsbezirk - und noch weniger der für die Einkommensteuer zuständige Bezirk - erkennen können, dass die Astin. innerhalb der letzten fünf Jahre eine wesentliche Beteiligung von mindestens 10 % an der F-AG gehabt habe. Diese Tatsache sei erst dem Betriebsprüfer im Juni 2006 unter Hinzuziehung der Akten der F-AG offenbar geworden. Auch hätten keine evtl. Erkenntnisse aus den Steuererklärungen der Vorjahre entnommen werden können. Die Astin. hätten im Jahr 2000 geheiratet, so dass die Einkommensteuerakte der Ast. auch erst ab dem Veranlagungsjahr 2000 angelegt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Ag. vom 28.03.2007 verwiesen.

Der nach § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Antrag auf AdV ist zum größten Teil begründet.

Soweit das FA die Festsetzung der Mehrsteuern im Einkommensteueränderungsbescheid vom 05.01.2007 auf den Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG in Höhe von 1.101.011 DM wegen der Einbringung der Anteile an der F-AG durch die Astin. in die I GmbH beruht, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Insoweit ist der Antrag auf AdV begründet.

Entgegen der Auffassung der Ast. kann eine AdV für den Einkommensteueränderungsbescheid 2000 vom 05.01.2007 nicht ohne Sicherheitsleistung gewährt werden, da im Hauptverfahren nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von einem vollständigen Obsiegen der Ast. ausgegangen werden kann und da die Steuerforderungen gefährdet sind.

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll eine AdV dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die AdV kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechts- oder Tatfragen bewirken. Zwar brauchen für eine AdV ernstliche Zweifel nicht zu überwiegen. Eine AdV ist aber nur gerechtfertigt, wenn es sich bei den ernstlichen Zweifeln um Gründe von einigem Gewicht handelt. Bei der Beurteilung der Rechts- und Tatfragen beschränkt sich die Prüfung auf den vorgetragenen bzw. aus den Akten erkennbaren Sachverhalt und präsente Beweismittel (vgl. in diesem Sinne u. a. BFH-Beschlüsse vom 31.12.1993 VIII B 107/93 BStBl. II 1994, 300; vom 04.04.1996 V S 1/96, V B 6/96 BFH/NV 1996, 795 und vom 31.01.2002 V B 108/01 BFH/NV 2002, 835).

Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 liegen hier vor.

Hinsichtlich der materiellrechtlichen Würdigung beruht die Erfassung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG durch die Einbringung der Anteile der Astin. an der FAG in die I GmbH auf die vom VIII. Senat des BFH in seinen Urteilen vom 01.03.2005 VIII R 25/02 BStBl. II 2005, 436 (Verfassungsbeschwerde eingelegt: 2 BvR 748/05) und VIII R 92/03 BStBl. II 2005, 398 (Verfassungsbeschwerde eingelegt: 2 BvR 753/05) und vom 10.08.2005 VIII R 22/05 BFH/NV 2005, 2188 (Verfassungsbeschwerde eingelegt: 2 BvR 1738/05) vertretenen Rechtsgrundsätzen.

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für den streitigen Veranlagungszeitraum 2000 geltenden Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt I 1999, 402) gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war.

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung ist eine wesentliche Beteiligung gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als 1/4 unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. In der für den streitigen Veranlagungszeitraum geltenden Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 gilt wie bereits auch für den Veranlagungszeitraum 1999 eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 10 v. H. als wesentliche Beteiligung. In einer erneut geänderten Fassung, die ab dem Veranlagungszeitraum 2001 Geltung hat, hat der Gesetzgeber das Merkmal der wesentlichen Beteiligung ganz fallen gelassen. Er sieht nunmehr Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen in Höhe von mindestens 1 v. H. als steuerpflichtig an (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 Bundesgesetzblatt I 2000, 1433, nochmals teilweise geändert durch das Gesetz zur Änderung des Steuersenkungsgesetzes vom 19.12.2000, Bundesgesetzblatt I 2000, 1812). Nach den o. a. BFH-Urteilen des VIII. Senats des BFH soll die ab dem Jahr 1999 abgesenkte Wesentlichkeitsgrenze von 10 % bei der Prüfung der Frage, ob eine wesentliche Beteiligung in einem der letzten fünf Jahre vorliegt, auch für Zeiträume vor 1999 angewandt werden.

Die vom BFH beim Tatbestandsmerkmal "wesentliche Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre" in § 17 Abs. 1 Satz 1, 4 EStG vertretene Rechtsauffassung hält der erkennende Senat verfassungsrechtlich für ernstlich zweifelhaft. Er meint, dass auch unter Berücksichtigung der o. a. BFH-Urteile ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 und 4 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 in der vom VIII. Senat des BFH ausgelegten Weise bestehen.

Der erkennende Senat hat im Urteil vom 31.03.2004 8 K 7113/01 F EFG 2004, 1616 entschieden, dass für Veräußerungen von Beteiligungen ab dem Jahr 1999 für die Frage, ob in den fünf Jahren vor der Veräußerung eine wesentliche Beteiligung in den Zeiträumen vor 1999 vorgelegen hat, die bis zu diesem Zeitpunkt gesetzlich festgelegte Wesentlichkeitsgrenze von mehr als 25 v. H. zugrunde zu legen ist. Dies hat der Senat mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 17 Abs. 1 EStG begründet, wie sie auch in der Finanzgerichtsbarkeit und der Literatur befürwortet worden ist (vgl. hierzu die Fundstellen im BFH-Urteil vom 01.03.2005 VIII R 25/02 unter II. 2. der Gründe).

Der Senat ist der Auffassung, dass es trotz der o. a. BFH-Urteile vom 01.03.2005 und vom 10.08.2005 möglich ist, dass die vom erkennenden Senat vertretene Rechtsauffassung in den beim BVerfG wegen der o. a. Urteile des BFH anhängigen Verfassungsbeschwerden auch vom BVerfG vertreten wird.

Der Senat sieht sich hierin vor allem durch die fast einhellig kritischen Anmerkungen vieler Autoren in der Aufsatz- und Kommentarliteratur bestärkt, die auch nach Ergehen der o. a. BFH-Urteile eine Überprüfung der BFH-Urteile durch das BVerfG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 17 Abs. 1 EStG für erforderlich halten. Die Gründe, die der VIII. Senat des BFH für ein Absehen von einer verfassungskonformen Auslegung des § 17 Abs. 1 EStG genannt hat, und die er für die Verfassungsmäßigkeit des § 17 Abs. 1 EStG in seinen Urteilen aufgeführt hat, werden nicht als überzeugend angesehen. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der Überlegungen des IX. Senats des BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 16.12.2003 IX R 46/02 BStBl. II 2004, 284 (zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist für private Grundstücksgeschäfte) hinsichtlich des dort befürworteten weitergehenden Dispositionsschutzes der Steuerpflichtigen gegenüber Steuergesetzen mit unechter Rückwirkung.

So meint z. B. Weber-Grellet in seinen Anmerkungen zu den BFH-Urteilen vom 01.03.2005 VIII R 92/03 und VIII R 25/02 u. a., dass der VIII. Senat des BFH eine Vielzahl von Gründen anführe (Paradigmenwechsel bei der Veräußerungsgewinnbesteuerung, bestehende latente Steuerverstrickung, Ablösung des § 50 c Abs. 11 EStG) die nach Ansicht des VIII. Senats bei der Prüfung der Zulässigkeit einer sogenannten unechten Rückwirkung dazu führen würden, dass die Koordinaten zugunsten des staatlichen Änderungsinteresses sich verschoben hätten und die Änderung des § 17 EStG anders zu beurteilen sei, als dies bei der gesetzlichen Veränderung bei der Spekulationsfrist bei Grundstücken der Fall sei, wie sie dem Beschluss des IX. Senats des BFH vom 16.12.2003 IX R 46/02 zugrunde gelegen habe. Weber-Grellet hält trotz dieser Gründe, die Fälle für verfassungsrechtlich problematisch, in denen bei der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Jahr 1999 der Anteil an der Kapitalgesellschaft unter 10 v. H. gelegen habe. Denn in solchen Fällen habe der VIII. Senat des BFH für die Beurteilung des Bestehens einer relevanten Beteiligung während des zurückliegenden Fünf-Jahres-Zeitraumes eine nur "fiktive" wesentliche Beteiligung zugrunde gelegt. Ob diese Fiktion vor den Augen des BVerfG bestand haben werde, scheine fraglich (Weber-Grellet FR 2005, 646, 653).

Steinhauff meint u. a. in einer Anmerkung zum BFH-Urteil vom 01.03.2005 VIII R 25/02, dass der VIII. Senat des BFH mit seiner Wertung empfindlich den Dispositions- und Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen vernachlässige. Es sei zumindest besonders zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber übergangslos zuvor nicht steuerverhaftete, im Privatvermögen entstandene Wertzuwächse in einem Zeitraum erstmals steuerverstricke, in denen der Steuerpflichtige ebenfalls selbst bei Anwendung der herabgesetzten Beteiligungsgrenze nicht wesentlich beteiligt gewesen sei. Es bleibe zu hoffen, dass das Verfahren das Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Nachprüfung erreiche, und dieses den Weg einer verfassungskonformen Auslegung wähle oder aber von Verfassungs wegen eine Übergangsregelung hinsichtlich der Erfassung des im Privatvermögen entstandenen und nach der bis 1999 geltenden Rechtslage nicht steuerbaren Wertzuwachses durch den Ansatz des gemeinen Werts der Beteiligung zum 01.01.1999 einfordere (Steinhauff in Juris PR-SteuerR 23/2005 Anm. 2 m. w. N. zur Literatur).

Verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH äußern u. a. außerdem: Milatz, Tempich, GmbH R 2005, 707; Assmann DStR 2006, 1115; H. Weber DB 2005, 981 ; Paus FR 2005, 627.

Die Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH in den Urteilen vom 01.03.2005 wird ebenfalls von der Kommentarliteratur unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte, insbesondere wegen der mangelnden Berücksichtigung des Vertrauensschutzaspektes, abgelehnt (vgl. Ebling in Blümich, EStG-Kommentar Stand März 2007, § 17 Rdn. 109 a; Gosch in Kirchhof, EStG-Kommentar, 7. Aufl. 2007, § 17 Rdn. 79; Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommentar, Stand Februar 2006, § 17 der Rdn. 131 jeweils m. w. N.).

Aus den ernstlichen verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich von § 17 Abs. 1 und 4 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl. I 1999, 402) folgen im Streitjahr 2000 auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007.

Die Ast. haben auch ein berechtigtes Interesse an der AdV des angefochtenen Bescheides. Ihr verfassungsrechtlicher Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) tritt nicht hinter das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltswirtschaft zurück.

Die ständige Rechtsprechung des BFH hält bei ernstlichen Zweifeln an der Gültigkeit einer Rechtsnorm bislang ein berechtigtes Interesse des Ast. an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes für erforderlich. Geboten ist danach eine Interessenabwägung zwischen der einer AdV entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine AdV sprechenden individuellen Interessen der Steuerpflichtigen (BVerfG Urteil vom 21.02.1961 1 BvR 314/60 BVerfGE 12, 180 BFH-Beschluss vom 11.06.2003 IV B 47/03 BStBl. II 2003, 661 m. w. N.). Im Schrifttum wird diese vom BVerfG gebilligte Rechtsprechung zwar kritisiert (vgl. Seer, Steuer und Wirtschaft - StuW- 2001, 3, 17 f derselbe in Tipke/Kruse, AO, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rdn. 96, 97; Drüen, Finanz-Rundschau - FR - 1999, 289). Auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat die staatlichen Haushaltsinteressen bei der Abwägung zunehmend zurückgestellt und lässt es offen, ob sie diese Einschränkung überhaupt aufrechterhält (vgl. die Nachweise bei Seer in Tipke/Kruse a. a. O., § 69 FGO Rdn. 96). Der Senat kann offen lassen, ob er dem folgt, denn im Streitfall fällt jedenfalls die Interessenabwägung zugunsten der Ast. aus.

Ein sofortiger Vollzug des angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 würde dazu führen, dass die Ast. durch die Anwendung des § 17 Abs. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 wegen der im konkreten Fall festgesetzten Mehrbeträge von insgesamt 406.664 EUR einen erheblichen Verfassungsverstoß erfahren würden, obwohl diese Vorschrift evtl. vom BVerfG als verfassungswidrig angesehen wird.

Überwiegende öffentliche Belange, die es rechtfertigen könnten, den Rechtsschutzanspruch der Ast. zurückzustellen, sind dagegen nicht erkennbar. Insbesondere das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltswirtschaft ist im Streitfall nicht so gewichtig, um das Interesse der Ast. hintanzusetzen.

§ 17 EStG betrifft nur Steuerpflichtige, die in einem der letzten fünf Jahre vor dem Veräußerungsvorgang an einer Kapitalgesellschaft bzw. in dem Jahr des Veräußerungsvorgangs zwischen 10 v. H. und 25 v. H. beteiligt waren und die Anteile in den Jahren 1999 bzw. 2000 verkauft haben. Es sind somit davon nicht typische "Massenverfahren" erfasst, die erhebliche Breitenwirkung haben, weil fast alle Steuerpflichtigen von der zu beurteilenden Regelung betroffen sind. Eine Gefährdung des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung ist deshalb nicht erkennbar. Für eine derartige Gefährdung ist hier auch nichts vorgetragen worden (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 05.03.2001 IX B 90/00, BStBl. II 2001, 405 zur AdV in einem Fall, in dem es um die rückwirkende Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf 10 Jahre ging).

Angesichts der o. a. ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 kann es dahinstehen, ob auch verfahrensrechtliche Gründe die von den Ast. geltend gemachten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides dahingehend begründen können, dass die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 AO für eine Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 26.04.2004 nicht gegeben waren.

Entgegen der Auffassung der Ast. kann die AdV für den Einkommensteueränderungsbescheid vom 05.01.2007 nicht ohne Sicherheitsleistung gewährt werden, da im noch offenen Einspruchsverfahren nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von einem vollständigen Obsiegen der Ast. ausgegangen werden kann und die Steuerforderungen gefährdet sind.

Die Steuerforderungen sind hier schon deshalb als gefährdet anzusehen, weil die Ast. selbst vortragen, eine Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheides 2000 vom 05.01.2007 würde ihre Existenz vernichten. Auf eine Sicherheitsleistung kann auch nicht verzichtet werden, weil bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten des Begehrens der Ast. im Einspruchsverfahren nicht mit der dafür erforderlichen sehr hohen Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen der Ast. ausgegangen werden kann, mit der Folge, dass von einer Sicherheitsleistung gänzlich abgesehen werden könnte.

Eine Sicherheitsleistung erscheint auch nach Aktenlage zumutbar. Zum einen haben die Ast. erhebliche Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies deutet auf das Vorhandensein ggfl. beleihbarer Kapital- bzw. Anlagenbestände hin. Außerdem besitzen die Ast. ein beleihbares Grundstück. Zudem hatte der Ast. im Streitjahr 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 262.716 DM. Der Senat geht wegen fehlender gegenteiliger Angaben der Ast. davon aus, dass der Ast. auch in den Vorjahren sehr hohe Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit als Geschäftsführer der F-AG gehabt habe. Dieses spricht ebenfalls dafür, dass die Ast. in der Lage sind, sich notfalls bei Kreditinstituten die erforderlichen Sicherheitsleistungen zu besorgen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Tatsache, dass dem Begehren der Ast., die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, nicht entsprochen worden ist, wirkt sich auf die Kostenentscheidung nicht zu ihren Lasten aus (vgl. BFH-Beschluss vom 21.06.2005 X B 72/05, BFH/NV 2005, 1490 m. w. N.).

Der Senat hat die Beschwerde zum BFH gem. § 128 Abs. 3 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil bisher in vergleichbaren AdV-Fällen noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt und die Finanzämter im ganzen Bundesgebiet wegen fehlender Anweisung der Finanzverwaltung offensichtlich in derartigen Fällen vollstrecken wollen.

Ende der Entscheidung

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